Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.03.2013, Az. IV ZR 143/11

4. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7649

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Gegenstand

Private Krankenversicherung: Verfassungswidrigkeit der Beschränkung der Portabilität der Alterungsrückstellungen beim Versicherungswechsel auf Basistarifverträge


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 29. Juni 2011 wird gemäß § 552a ZPO auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt [X.].

Gründe

1

I. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.] war gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der [X.] nimmt insoweit zunächst auf die Gründe des Beschlusses vom 24. Oktober 2012 Bezug, mit dem er auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen hat.

2

II. Die Ausführungen im Schriftsatz des Klägervertreters vom 24. Januar 2013 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

3

1. Der [X.] hält daran fest, dass die in § 204 [X.] getroffene Regelung den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

4

a) Der Kläger macht geltend, dass Prüfungsgegenstand des Beschlusses des [X.] vom 10. Juni 2009 ([X.] 123, 186) nur der Grundrechtsschutz der beschwerdeführenden Versicherungsunternehmen gewesen sei und das Gericht keinen Anlass gehabt habe, den Grundrechtsschutz eines wechselwilligen Versicherungsnehmers zu überprüfen. Dabei übergeht er den Umstand, dass das [X.] die auch auf eine Verletzung von Art. 14 GG gestützte Verfassungsbeschwerde der damaligen Beschwerdeführer zu 6 und 7 unter anderem mit der Begründung als unzulässig angesehen hat, dass sie durch die gesetzliche Neuregelung ausschließlich begünstigt würden, indem ihnen ein neues zusätzliches Recht eingeräumt werde (aaO 231). Eine Verletzung von Art. 14 GG durch die Nichteinräumung der vom Kläger begehrten Übertragungsmöglichkeit scheidet damit aus.

5

b) [X.] ist auch die Auffassung des [X.], dass der Gesetzgeber die ihm zustehende weitgehende Gestaltungsfreiheit überschritten hätte, indem er die in einen [X.] bei einem anderen Versicherer wechselnden Versicherungsnehmer von der (befristeten) Übertragbarkeit der Alterungsrückstellungen ausgeschlossen hat. Das [X.] hat den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen insbesondere auch aufgrund der Erwägung gebilligt, dass sich für die Bestandskunden der privaten Krankenversicherung keine wesentliche Verbesserung ihrer Wechseloptionen ergebe, weil ihnen die Mitnahme eines Teils der Alterungsrückstellungen lediglich in den Basistarif ermöglicht wird (aaO 260). Der Umstand, dass auf diese Weise der Grundrechtseingriff zu Lasten der Versicherer gering gehalten wird, stellt einen hinreichenden sachlichen Grund für die Differenzierung der Rechtsfolgen bei einem Wechsel zu einem anderen Versicherer in den Basistarif einerseits und den [X.] andererseits dar. Die Regelung verstößt damit nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sondern liegt im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraums.

6

Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 204 Abs. 1 [X.] eine teilweise Portabilität und eine wettbewerbliche Situation für alle [X.], auch bei einem Wechsel zu einem anderen Unternehmen unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer in den Basistarif oder in den [X.] wechselt, schaffen wollte, kann entgegen den Ausführungen im Schriftsatz vom 24. Januar 2013 nicht der Gesetzesbegründung zu § 178f [X.] im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-[X.]stärkungsgesetz - [X.]; BT-Drucks. 16/3100, dort S. 80 f., 206 f. zu [X.]) entnommen werden. Denn die insoweit weitergehende Regelung nach § 178f [X.]-E ist gerade nicht Gesetz geworden. An ihre Stelle ist die differenzierende Regelung in § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] getreten.

7

2. Schon mangels eines Verstoßes einer am Wortlaut orientierten Auslegung des § 204 [X.] gegen Grundrechte der Versicherten ist eine hiervon abweichende "verfassungskonforme Auslegung" gegen den Wortlaut des Gesetzes nicht geboten, ohne dass es noch entscheidend darauf ankommt, ob eine solche Auslegung auch dem gesetzgeberischen Willen zuwiderliefe.

8

3. Nach alledem kann es schließlich dahinstehen, welche Rechtsfolgeanordnungen durch das [X.] im Falle einer Unvereinbarkeit der Regelung mit Art. 3 GG möglich wären.

Mayen                          Wendt                                     Felsch

               Lehmann                        Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 143/11

06.03.2013

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 24. Oktober 2012, Az: IV ZR 143/11, Beschluss

Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 204 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst b VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.03.2013, Az. IV ZR 143/11 (REWIS RS 2013, 7649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7649


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1148/13

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1148/13, 26.06.2013.


Az. IV ZR 143/11

Bundesgerichtshof, IV ZR 143/11, 06.03.2013.

Bundesgerichtshof, IV ZR 143/11, 24.10.2012.


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1 BvR 1148/13 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Beschränkte Portabilität der Altersrückstellungen für Altverträge in der privaten Krankenversicherung (§ 204 Abs 1 …


IV ZR 175/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

IV ZR 143/11

Zitiert

IV ZR 333/07

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