Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2007, Az. IV ZB 48/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3708

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[X.] [X.] 48/05 vom 23. Mai 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein

ZPO §§ 233 B, 85 Abs. 2 Der Prozessbevollmächtigte hat seine [X.] so rechtzeitig - zweck-mäßigerweise sofort nach Eingang des Urteils - vom Zeitpunkt der Zustellung und über die daraus folgenden Umstände der Rechtsmitteleinlegung zu unter-richten, dass die [X.] den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels auch un-ter Berücksichtigung einer ausreichenden Überlegungsfrist noch innerhalb der Rechtsmittelfrist erteilen kann; eine Information eine Woche vor Fristablauf ist auch in einfachen Fällen dann nicht rechtzeitig, wenn der [X.] Anhaltspunkte dafür hat, dass der Mandant nicht erreichbar sein könnte (Bestätigung und Fortführung von [X.], Beschluss vom 1. Oktober 1992 - [X.] - [X.], 630).
[X.], Beschluss vom 23. Mai 2007 - [X.] - [X.]

LG Landau - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] am 23. Mai 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivil-senats des [X.] vom 23. November 2005 wird auf Kosten des [X.] [X.]. Streitwert: Bis 65.000 •

Gründe: [X.] Der Kläger macht Leistungen aus einer bei der Beklagten unter-haltenen [X.] geltend. Das [X.] wies die Klage durch Urteil vom 15. Juli 2005 ab, das den [X.] am 21. Juli 2005 zugestellt wurde. Diese informierten den Kläger unter Übersendung des Urteils mit Schreiben vom 17. August 2005 über den Verfahrensausgang und die Möglichkeit, bis zum 19. August 2005 Berufung einlegen zu lassen. 1 Am 12. September 2005 legte der Kläger durch seine zweitinstanz-lichen Prozessbevollmächtigten Berufung ein und beantragte gleichzeitig 2 - 3 -

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung. Zur Begründung des [X.] hat er vorgetragen: Da er seit Übersendung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2005 von seinen damaligen Pro-zessbevollmächtigten nicht weiter informiert worden sei, habe er an ei-nem nicht mehr feststellbaren Tag im Juli in deren Kanzlei angerufen. Die sachbearbeitende Rechtsanwältin habe ihm keine weitergehenden Informationen gegeben, sie habe erklärt, man müsse abwarten, wie es weitergehen werde. Er habe bei diesem Telefonat erwähnt, er werde im August vorübergehend zur Luftveränderung an der [X.] sein. Vom 12. bis 26. August 2005 sei er im Urlaub auf [X.] gewesen. Das [X.] seiner Prozessbevollmächtigten vom 17. August 2005 sei ihm erst durch Zustellung der während des Urlaubs gesammelten Post am 27. August 2005 zur Kenntnis gelangt.
Durch Beschluss vom 23. November 2005 hat das Oberlandesge-richt den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt und die Berufung als unzu-lässig verworfen. Die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beruhe auf einem Verschulden der erstinstanzlichen [X.]n. Sie hätten den Kläger nach Zustellung des Urteils am 21. Juli 2005 unverzüglich vom Ausgang des Verfahrens in Kenntnis setzen müssen. Wäre dies geschehen, hätte er schon vor der Abreise in den [X.] über die Einlegung der Berufung entscheiden können. Davon abge-sehen liege auch ein eigenes Verschulden des [X.] vor. Bei dem ihm bekannten fortgeschrittenen Verfahrensstand habe er mit Zustellungen oder sonstigen Mitteilungen rechnen und deshalb dafür sorgen müssen, für seine Prozessbevollmächtigten am Urlaubsort erreichbar zu sein. 3 - 4 -

4 Dagegen richtet sich die vom Kläger eingelegte [X.]. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbe-schwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Be-schluss gewahrt sein müssen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Mai 2006 - [X.]/04 - NJW 2006, 2637 [X.]. 5), sind nicht erfüllt. Die entscheidungs-erheblichen Rechtsfragen sind geklärt. Der angefochtene Beschluss lässt zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht erkennen, insbesondere beruht er nicht auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Er entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] und erschwert dem Kläger den Zugang zum Berufungsgericht nicht in unzumutbarer Weise. 5 1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Frist zur Einlegung der Berufung in erster Linie durch ein schuldhaftes Verhalten der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des [X.] verursacht worden ist, das er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zu-rechnen lassen muss. 6 a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht nicht im [X.] zur Rechtsprechung des [X.], wonach der Rechtsanwalt jede Frist bis zu ihrem Ende uneingeschränkt ausnutzen darf. Die Beschwerde verkennt, dass der Rechtsanwalt zwar gegenüber dem Gericht die Rechtsmittelfrist bis zum letzten Tag ausschöpfen darf, gegenüber seinem Mandanten aber aus dem Anwaltsdienstvertrag (§§ 675, 611 BGB) weitergehende Pflichten hat ([X.], Beschluss vom 7 - 5 -

1. Oktober 1992 - [X.] - [X.], 630 unter 2 a). Nach [X.] Rechtsprechung des [X.] (Beschlüsse vom 1. Oktober 1992 aaO m.w.N. und vom 12. März 1969 - [X.] 1061/68 - [X.], 635 unter 2) hat der Prozessbevollmächtigte seine [X.] so rechtzeitig - zweckmäßigerweise sofort nach Eingang des Urteils - vom Zeitpunkt der Urteilszustellung in Kenntnis zu setzen und sie über die daraus folgenden Umstände der Rechtsmitteleinlegung zu unterrichten, dass die [X.] den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels auch unter Berücksichtigung einer ausreichenden Überlegungsfrist noch innerhalb der Rechtsmittelfrist erteilen kann. Er darf es seinem Mandanten nicht zumuten, gegebenenfalls erst am Tag des Fristablaufs - und damit ohne jede Überlegungsfrist - vor die Entscheidung gestellt zu werden, ob er ein Rechtsmittel einlegen wolle. Zudem kommt allgemein in Betracht, dass der Mandant an diesem Tag nicht erreichbar oder verhindert ist. Unter Berücksichtigung der üblichen Übermittlungsdauer muss sogar in einfachen Fällen die vollständige geschuldete Unterrichtung mindestens eine Woche vor Fristablauf erfolgen. Eine Information eine Woche vor Fristablauf ist aber in jedem Fall dann nicht rechtzeitig, wenn der Pro-zessbevollmächtigte Anhaltspunkte dafür hat, dass der Mandant nicht er-reichbar sein könnte. b) Daran gemessen haben die erstinstanzlichen Prozessbevoll-mächtigten ihre Informationspflicht schuldhaft verletzt. Sie hätten den Kläger nicht erst mit Schreiben vom 17. August 2005 und damit knapp fünf Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (22. August 2005) über die am 21. Juli 2005 erfolgte Zustellung des Urteils und über die sich daraus er-gebenden Umstände der Berufungseinlegung unterrichten dürfen. [X.] waren sie dazu - zumindest telefonisch - bereits im Juli 2005 ver-pflichtet. Denn der Kläger hatte die sachbearbeitende Rechtsanwältin in 8 - 6 -

dem von ihm geschilderten Telefonat auf die für August 2005 geplante Reise an die [X.] hingewiesen. Sie musste deshalb damit rechnen, dass der Kläger im August 2005 vor Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht mehr erreichbar war und einen Auftrag zur Einlegung der Berufung nicht rechtzeitig erteilen konnte. Deshalb kommt es, anders als die [X.] meint, nicht darauf an, ob das Schreiben vom 17. August 2005 noch am selben [X.] aufgegeben worden ist. Die [X.]n konnten ohne Verschulden weder am 17. August 2005 noch etwa eine Woche vor Fristablauf davon ausgehen, den Kläger werde die ge-schuldete Information vor Fristablauf erreichen. Aus dem Schreiben vom 17. August 2005 ergibt sich im Übrigen, dass eine frühere Mitteilung wohl beabsichtigt war, aber wegen Urlaubsabwesenheit der [X.] Rechtsanwältin versehentlich unterblieben ist. Dies entschuldigt sie nicht. Ein Rechtsanwalt hat nicht nur bei absehbarer Verhinderung durch Krankheit (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 1996 - [X.] - NJW 1996, 1540 unter [X.]), sondern erst recht bei Urlaubsab-wesenheit für einen Vertreter zu sorgen.
Die verspätete Unterrichtung des [X.] war damit für die [X.] der Frist jedenfalls mitursächlich. Aus dem Verhalten des [X.] nach dem 27. August 2005 ergibt sich, dass er die Berufung bei pflichtgemäßem Verhalten seiner Prozessbevollmächtigten rechtzeitig hätte einlegen lassen. 9 - 7 -

10 2. Auf ein eigenes Verschulden des [X.] an der Fristversäu-mung und die Ausführungen der Beschwerde hierzu kommt es danach nicht an. Terno [X.] [X.] Dr. [X.]

Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.07.2005 - 4 O 544/04 - [X.], Entscheidung vom 23.11.2005 - 1 U 140/05 -

Meta

IV ZB 48/05

23.05.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2007, Az. IV ZB 48/05 (REWIS RS 2007, 3708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3708

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