Bundespatentgericht, Urteil vom 04.11.2014, Az. 4 Ni 13/13

4. Senat | REWIS RS 2014, 1677

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 198 58 314

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2014 durch den Vorsitzenden [X.] sowie die Richterin Friehe, [X.] und Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth und die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 198 58 314 wird im Umfang der Ansprüche 1 und 2 sowie im Umfang des Anspruchs 5, soweit dieser auf die Ansprüche 1 oder 2 rückbezogen ist, im Umfang des Anspruchs 6, soweit dieser auf die Ansprüche 1, 2 oder 5 rückbezogen ist und im Umfang des Anspruchs 7, soweit dieser auf die Ansprüche 1, 2, 5 oder 6 rückbezogen ist, für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

[X.]er Beklagte ist eingetragener Inhaber des [X.] Patents 198 58 314 (Streitpatent), das am 17. [X.]ezember 1998 angemeldet wurde. [X.]ie Erteilung des Streitpatents wurde am 30. Oktober 2003 veröffentlicht, es ist in [X.]. Ein Einspruchsverfahren hat nicht stattgefunden.

2

[X.]as Streitpatent betrifft eine Anlage zur zentralen Erfassung der [X.]urchflussmenge von Abwässern und umfasst 12 Ansprüche, von denen der einzige unabhängige Patentanspruch 1 sowie die Patentansprüche 2, 5, 6 und 7 im Umfang des Antrags aus der mündlichen Verhandlung angegriffen sind.

3

Patentanspruch 1 lautet:

Abbildung

4

Hinsichtlich der weiteren angegriffenen Patentansprüche, die sämtlich unmittelbar oder mittelbar auf diesen Patentanspruch rückbezogen sind, wird auf die [X.] 58 314 C2 Bezug genommen.

5

Nach Ansicht der Klägerin ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht ausführbar, nicht neu und beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

6

Zum Stand der Technik beruft sie sich auf folgende Unterlagen:

7

[X.]3    

Betriebsanleitung [X.] 71-[X.] der [X.], 77761 [X.], Februar 1995

[X.]4    

Betriebsanleitung [X.] der [X.],  77761 [X.], April 1996

[X.]7    

[X.]: 1983-07 ([X.])

[X.]9    

Instruction Manual OCM II der Firma [X.], Februar 1991

[X.]9a     

Veröffentlichung der Nivus Kontrollgeräte GmbH

[X.]10     

[X.]E 694 03 781 T2

[X.]11     

[X.]E 32 23 393 [X.]

[X.]13     

Betriebsanleitung [X.] 72-[X.]

[X.]14     

Anschreiben vom 7. Juni 2013 und Bestätigung der Fa. VEGA

NK15   

Anschreiben vom 4. September 2014 und Bestätigung der Fa. VEGA

NK15a 

Auszug aus Preisliste 1994/95 der Fa. VEGA

NK15b 

Auszug aus Betriebsanleitung [X.] 514…[X.]

NK16   

Email und Anlage vom 4. September 2014

NK16a 

Betriebsanleitung Flowsonic [X.]MU 2260, Endress + Hause

NK16b 

[X.] [X.]MU 2260, Endress + Hause

8

Zur Begründung ihres Angriffs hat sie geltend gemacht, den im Patentanspruch 1 verwendeten Begriff der Kennlinie könne der Fachmann nicht ohne weiteres Zutun einordnen und verwerten, damit sei ihm die Ausführung des Streitpatents unmöglich.

9

[X.]er angegriffene Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber der [X.]3 und gegenüber der [X.]9 nicht neu. Alle Merkmale seien auch in der [X.]4 enthalten oder würden vom Fachmann beim Studium der [X.]4 mitgelesen. Gegenüber der [X.]11 sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents dem Fachmann nahegelegt. Auch die angegriffenen [X.] seien nicht patentfähig.

[X.]ie Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 198 58 314 im Umfang der Ansprüche 1 und 2 sowie

im Umfang des Anspruchs 5, soweit dieser auf die Ansprüche 1 oder 2 rückbezogen ist,

im Umfang des Anspruchs 6, soweit dieser auf die Ansprüche 1, 2 oder 5 rückbezogen ist, und

im Umfang des Anspruchs 7, soweit dieser auf die Ansprüche 1, 2, 5 oder 6 rückbezogen ist,

für nichtig zu erklären.

[X.]er Beklagte verteidigt das Streitpatent im Umfang des Angriffs nur beschränkt und beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit das Patent im angegriffenen Umfang mit folgenden, in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüchen verteidigt wird (Hauptantrag):

1. Anlage zur zentralen Erfassung der [X.]urchflussmenge von Abwässern, ausgestattet mit einer [X.] (11), dadurch gekennzeichnet, dass eine [X.] (3), ein Speicher (4) und eine Auswertungsvorrichtung (5) zentral vorhanden sind, dass ein zur Messung des Wasserstandes geeignetes Messgerät (1), bestehend aus [X.] (11) und [X.] (12) beim [X.] angeordnet ist, dass das Messgerät (1) über sein [X.] (12) mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbunden ist, und die Messwertübertragung und Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen, wobei das [X.] (12) den [X.]n entsprechende eingeprägte Stromsignale ausgibt, dass ein Ausgang der [X.] (3) mit dem Speicher (4) verbunden ist, in den die erfassten [X.] sind, dass ein Eingang der Auswertungsvorrichtung (5) mit dem Speicher (4) verbunden ist und dass die Auswertungsvorrichtung (5) derart ausgeführt ist, dass sie über ihren Eingang auf abgelegte [X.] zugreifen, ihnen mittels gespeicherter Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen Abwasservolumina zuordnen und durch deren Integration über die [X.] die [X.]urchflussmenge ermitteln kann.

2. Anlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Messgerät (1) in einem Abwasserkanal angeordnet ist.

5. Anlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Gleichspannungsquelle als Stromversorgung (2).

6. Anlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (12) zweipolig ist.

hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Patent im angegriffenen Umfang mit folgenden Ansprüchen verteidigt wird (Hilfsantrag 1):

1. Anlage zur zentralen Erfassung der [X.]urchflussmenge von Abwässern, ausgestattet mit einer [X.] (11), dadurch gekennzeichnet, dass eine [X.] (3), ein Speicher (4) und eine Auswertungsvorrichtung (5) zentral vorhanden sind, dass zumindest ein zur Messung des Wasserstandes geeignetes Messgerät (1), jeweils bestehend aus [X.] (11) und [X.] (12) beim [X.] angeordnet ist, dass mehrere Messgeräte (1) über ihre [X.]e (12) mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbindbar sind, und die Messwertübertragung und Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen, wobei das [X.] (12) den [X.]n entsprechende eingeprägte Stromsignale ausgibt, dass ein Ausgang der [X.] (3) mit dem Speicher (4) verbunden ist, in den die erfassten [X.] sind, dass ein Eingang der Auswertungsvorrichtung (5) mit dem Speicher (4) verbunden ist und dass die Auswertungsvorrichtung (5) derart ausgeführt ist, dass sie über ihren Eingang auf abgelegte [X.] zugreifen, ihnen mittels gespeicherter Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen Abwasservolumina zuordnen und durch deren Integration über die [X.] die [X.]urchflussmenge ermitteln kann.

2. Anlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Messgerät (1) in einem Abwasserkanal angeordnet ist.

5. Anlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Gleichspannungsquelle als Stromversorgung (2).

6. Anlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (12) zweipolig ist.

weiter hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Patent im angegriffenen Umfang mit folgenden Ansprüchen verteidigt wird (Hilfsantrag 2):

1. Anlage zur zentralen Erfassung der [X.]urchflussmenge von Abwässern, ausgestattet mit einer [X.] (11), dadurch gekennzeichnet, dass eine [X.] (3), ein Speicher (4) und eine Auswertungsvorrichtung (5) zentral vorhanden sind, dass ein zur Messung des Wasserstandes geeignetes Messgerät (1), bestehend aus [X.] (11) und [X.] (12) beim [X.] angeordnet ist, dass das Messgerät (1) über sein [X.] (12) mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbunden ist, und die Messwertübertragung und Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen, wobei das [X.] (12) den [X.]n entsprechende eingeprägte Stromsignale ausgibt, dass ein Ausgang der [X.] (3) mit dem Speicher (4) verbunden ist, in den die erfassten [X.] sind, dass ein Eingang der Auswertungsvorrichtung (5) mit dem Speicher (4) verbunden ist und dass die Auswertungsvorrichtung (5) derart ausgeführt ist, dass sie über ihren Eingang auf abgelegte [X.] zugreifen, ihnen mittels gespeicherter Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen Abwasservolumina zuordnen und durch deren Integration über die [X.] die [X.]urchflussmenge ermitteln kann, wobei das [X.] zweipolig ausgebildet ist.

2. Anlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Messgerät (1) in einem Abwasserkanal angeordnet ist.

5. Anlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Gleichspannungsquelle als Stromversorgung (2).

[X.]er Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen; er hält den verteidigten Gegenstand des Streitpatents für patentfähig und für ausführbar offenbart.

[X.]ie Klägerin hat die Verspätung des in der mündlichen Verhandlung überreichten [X.] gerügt. [X.]er Beklagte hat ausgeführt, das nunmehr aufgenommene Merkmal habe er dem Patentanspruch 7 entnommen, es sei auch in der Figur 2 der Patenschrift gezeigt. [X.]er erteilte Patentanspruch 7 lautet:

Abbildung

Hinsichtlich der weiter vorgelegten Schriften [X.]1 ([X.]E 38 23 614 C2), [X.]2 ([X.]E 43 20 295 [X.]), [X.]5 ([X.] 71-2…75-2 der [X.], 77761 [X.], Mai 1995), und [X.]12 ([X.]E 694 03 781 T2) hat die Klägerin nicht vorgetragen, inwieweit sich aus diesen eine mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatents ergibt.

[X.]er Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet. Auf [X.]. 185 ff. der Akten wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet, denn der jeweilige Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche ist sowohl in der Fassung nach dem Hauptantrag wie auch nach dem Hilfsantrag 2 wegen fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären, da sich die darin enthaltene technische Lehre für den Fachmann jedenfalls naheliegend aus dem Stand der Technik ergibt (§§ ^12 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.]).

Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Hilfsantrag 1 war nach § 83 Abs. 4 [X.] als verspätet zurückzuweisen. Die Klägerin hat die Verspätung der Verteidigung des [X.] mit einer geänderten Fassung gerügt und ausgeführt, sie müsse zu diesem Antrag im Hinblick auf das hinzugekommene Merkmale und diese Ausführungsform erneut im Stand der Technik recherchieren. Der Beklagte hat zwar ausgeführt, das nunmehr aufgenommene Merkmal entspreche dem Patentanspruch 7 und sei auch in der [X.]ur 2 der Patenschrift gezeigt. Der erteilte Patentanspruch 7 enthält dieses Merkmal allerdings nicht. Das Merkmal ist vielmehr der Beschreibung entnommen worden, nicht jedoch aus angegriffenen Ansprüchen, so dass für die Klägerin keine Veranlassung bestand, sich vorsorglich bereits hiermit zu beschäftigen und insoweit einen Stand der Technik zu recherchieren (B[X.] 4 Ni 13/11 Urt. [X.] – [X.]). Danach hätte es bei Berücksichtigung der erst nach Ablauf der nach § 83 Abs. 2 [X.] gesetzten Frist zur Stellungnahme und ohne weitere Entschuldigung geänderten Verteidigung des angegriffenen Patentanspruchs 1 einer Vertagung bedurft ([X.], Urteil vom 27.05.2014 – [X.] – [X.]). Der Beklagte hatte auch Veranlassung, aufgrund des qualifizierten Hinweises und der dort ausführlich begründeten vorläufigen Auffassung des Senats von der fehlenden Patentfähigkeit der nach Hauptantrag verteidigten erteilten Fassung der angegriffenen Patentansprüche innerhalb der dort gesetzten Fristen über weitere Beschränkungsmöglichkeiten nachzudenken und diese vorzubereiten. Im Hinblick darauf, dass auf die von der Klägerin beanspruchte Recherche eine Vertagung erforderlich wäre, liegen somit die Voraussetzungen für die Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 [X.] vor.

II.

1. Der Streitpatentgegenstand betrifft nach seinem erteilten Patentanspruch 1 eine Anlage zur zentralen Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern, ausgestattet mit einer [X.] (siehe [X.] [0001]).

Aus der Beschreibungseinleitung der [X.]chrift geht hervor, dass in [X.] verschiedentlich die Notwendigkeit besteht, die Durchflussmenge zu erfassen, wobei insbesondere auch die zeitliche Schwankung interessiert, um Rückschlüsse auf das Verhalten der Verbraucher, aber auch auf das Wassernetz an sich zu gestatten. Zur Ermittlung dient nach den weiteren Angaben des [X.] bislang entweder eine per Hand durchgeführte Messung, bei der die durchgelaufene Wassermenge direkt erfasst wurde, oder aber eine indirekte Messung über die Wasserhöhe, beispielsweise mittels eines Schwimmers, die unmittelbar am Messort die Durchflussmenge anzeigt ([X.] 38 23 614 C2). Zur Bestimmung des Wasserstands finden auch Echolotgeräte Verwendung, wobei deren Messergebnisse, wie bei Messung mittels Schwimmer, über Tabellen bzw. Kennlinien in weiterer Folge in das entsprechende pro [X.]einheit geflossene Volumen umgerechnet werden müssen.

Als ein dreiteiliges System zur Messung des Durchflusses in offenen oder geschlossenen Rohrleitungen wird in der [X.]chrift das in der [X.] 43 20 295 [X.] offenbarte Gerät beschrieben, das aus einem Simulationssystem besteht, durch welches Geschwindigkeitsverteilungen simuliert berechnet und auf entsprechende Datenträger gespeichert werden (siehe [X.] [0002]).

Nach den Angaben der [X.]chrift erweist sich bei der bisherigen Vorgehensweise aber die Ungenauigkeit der Messung als erheblicher Nachteil. Bei Handmessung tritt zu den dabei auftretenden Messfehlern noch der notwendigerweise lange zeitliche Abstand zwischen den Messungen als Fehlerquelle hinzu. Das Echolotgerät liefert zwar genaue Werte, ist aber Anwendungsbeschränkungen unterworfen, die sich daraus ergeben, dass es als Messwert eine [X.]annung ausgibt, so dass es im Wesentlichen unmittelbar am Standort abgelesen werden muss. Als weiteres Problem ist die notwendige Netzversorgung genannt, die nicht überall an den zur Messung geeignetsten Orten zur Verfügung steht (siehe [X.] [0003]).

2. Die Patentschrift bezeichnet es in Absatz [0004] danach als Aufgabe der Erfindung, eine Anlage zur Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern zur Verfügung zu stellen, die nicht auf [X.] angewiesen ist und die genaue Daten liefert.

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 eine Anlage zur zentralen Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern vor ([X.] hinzugefügt):

1. Anlage zur zentralen Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern,

2. ausgestattet mit einer [X.] (11),

dadurch gekennzeichnet, dass

3. eine [X.] (3), ein [X.]eicher (4) und eine Auswertungsvorrichtung (5) zentral vorhanden sind,

4.1 ein zur Messung des Wasserstandes geeignetes Messgerät(1),

4.2 bestehend aus [X.] (11) und [X.] (12),

4.3 beim [X.] angeordnet ist,

5. das Messgerät (1) über sein [X.] (12) mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbunden ist,

5.1 und die [X.] und Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen

6. wobei das [X.] (12) den [X.]n entsprechende eingeprägte [X.] ausgibt,

7. ein Ausgang der [X.] (3) mit dem [X.]eicher (4) verbunden ist, in den die erfassten [X.] ablegbar sind,

8. ein Eingang der Auswertungsvorrichtung (5) mit dem [X.]eicher (4) verbunden ist und

9. die Auswertungsvorrichtung (5) derart ausgeführt ist, dass sie über ihren Eingang auf abgelegte [X.] zugreifen,

10. ihnen mittels gespeicherter Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen [X.] zuordnen und

11. durch deren Integration über die [X.] die Durchflussmenge ermitteln kann.

Die angegriffenen Ansprüche 2, 5, 6 und 7 sind auf den jeweils unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.

Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung ist gegenüber dem Hauptantrag folgendes Merkmal hinzugefügt ([X.] hinzugefügt):

12. wobei das [X.] zweipolig ausgebildet ist.

4. Zuständiger Fachmann für die Aufgabe ist ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur (FH oder Universität) der Fachrichtung Elektrotechnik, der mehrere Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Messtechnik, insbesondere der Abwasser-Messtechnik hat.

Dieser Fachmann kennt das Gebiet der Abwasser-/Kläranlagentechnik, und ihm sind die gesetzlichen Vorschriften und Normen auf dem Gebiet der Abwassertechnik geläufig. Dem Fachwissen sind daher die Verordnungen zur Eigenüberwachung von Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen (u. a. Anlage 1), Checklisten für die Kontrolle von Durchflussmessungen für Sachverständige und die einschlägigen Normen für die Durchflussmessung von Abwasser in offenen Gerinnen und Freispiegelleitungen (u. a. [X.]) zuzurechnen.

Aufgrund der Ausbildung und der Berufserfahrung auf dem Gebiet der Messtechnik gehört zum Grundlagenwissen des zuständigen Fachmanns die Signalübertragung zwischen Messsensoren und [X.] mittels Einheitssignal gemäß einschlägigen Fachbüchern und Normen (siehe auch [X.]). Als normierte Strom- und [X.]annungsbereiche ([X.] [X.] 60381-1/2) sind dem Fachmann dabei [X.] von 4 bis 20 mA, 0 bis 20 mA ([X.] [X.] 60381-1, 1982) und für [X.]annungen Bereiche von 0 bis 10V oder 2 bis 10V ([X.] [X.] 60381-2, 1978) geläufig. Weiter weiß der Fachmann auf Grund dieses Fachwissens, dass [X.] gegenüber [X.]en Vorteile aufweisen, wie dass das Stromsignal unempfindlicher gegenüber elektromagnetischen Störungen ist, die Genauigkeit des Messsignals nicht von [X.]annungsabfällen auf der Leitung beeinflusst wird, und dass durch die [X.] 4 mA … 20 mA der Messsensor vom [X.] gespeist werden kann.

III.

Verständnis der Lehre und Erläuterung der Merkmale

1. Die Besonderheit der im Anspruch 1 definierten Erfindung liegt nach Angaben der [X.]chrift Abs. [0006] darin, dass durch die Übertragung der Messwerte als Strom- und nicht als [X.] das eigentliche Messgerät räumlich entfernt von der Auswertung belassen werden kann. Die [X.] liefert Messwerte, die vom [X.] als Stromsignal an die [X.] weitergeleitet, dort detektiert und in weiterer Folge einem [X.]eicher zugeführt werden, auf den die Auswertungsvorrichtung zugreifen, aus den [X.]n mit Hilfe von Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen [X.] und daraus wiederum die Durchflussmenge innerhalb einer bestimmten [X.]dauer berechnen kann. Die [X.]chrift hebt hervor, dass die streitpatentgemäße Anordnung, bei der die Daten durch Ströme weitergeleitet und damit über viel größere Distanzen als bei [X.]annungen praktisch störungsfrei übertragen werden können, [X.], [X.]eicher und Auswertungsvorrichtung zentral bereitstellt und die Messungen von diesen zentralen Elementen weit vom Messpunkt entfernt stattfinden können [0006].

Damit ist es nach Angaben der [X.]chrift nun möglich, auch an Orten, die bisher nicht zugänglich waren, zu messen und des Weiteren auch die zeitliche Dichte der Messungen zu erhöhen, da nicht vor Ort jeweils abgelesen werden muss, sondern das Messgerät in seiner [X.] belassen werden kann. Durch diese Erhöhung der Häufigkeit der Messungen werde auch die Genauigkeit der Durchflussberechnung entscheidend gesteigert.

Abbildung

Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der [X.]chrift und zeigt in der [X.]ur 1 die erfindungsgemäße Anlage bestehend aus

Messgerät (1) mit [X.] (11) und [X.] (12), Stromversorgung (2), [X.] (3), [X.]eicher (4) und Auswertungsvorrichtung (5).

2. Insoweit hat der Beklagte ergänzend hervorgehoben, dass ein wesentlicher, weiterer Aspekt der streitpatentgemäßen Lehre darin bestehe, dass bei der erfindungsgemäßen Anlage – anders als im Stand der Technik, insbesondere anders als nach der Lehre der [X.] – die vor Ort von der eingesetzten [X.] (11) ermittelten Wasserstandsmengen der Abwässer als Rohdaten über das [X.] an die zentrale Erfassungs- und [X.] (3) übermittelt und dort ausgewertet und gespeichert werden, nicht jedoch bereits berechnete [X.]. Damit könne den gesetzlich geforderten Kontrollaspekten besser Rechnung getragen werden, und insbesondere werde aufgrund der [X.]eicherung der gemessenen [X.] als Rohdaten und nicht nur ihrer Generierung als Zwischenprodukte auch eine bis dahin nicht mögliche Selbstkontrolle korrekter Berechnung ermöglicht.

3. Die anspruchsgemäße [X.] „zur zentralen Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern” [Merkmal 1] gibt hierbei lediglich an, dass die Anlage geeignet sein muss, die Durchflussmenge in Abwässern an einem zentralen Ort zu ermitteln. Die Anlage ist ausgestattet mit einem zur Messung des Wasserstandes geeigneten Messgerät (1), das beim [X.] angeordnet ist [Merkmale 4.1, 4.3], und eine [X.] (11) [Merkmal 2] enthält. Die Anordnung des Messgeräts beim Wasserstrom gibt der Anlage – wie die [X.] nach Merkmal 1 – lediglich ein Geeignetheitskriterium an. Diese Positionierung „beim [X.]“ setzt keine weitere Ausgestaltung der Anlage bzw. des Messgeräts voraus.

Das Messgerät (1) besteht aus [X.] (11) zur Messung des Wasserstandes mittels Echolot und [X.] (12) [Merkmale 2, 4.2], das mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbunden ist [Merkmale 4.2, 5]. Über die Ausgestaltung des [X.]s wird nach Merkmal 4.2 keine Aussage gemacht, es kann eine separates Modul oder lediglich eine Gerätekomponente sein. Es ist – wie die Vorrichtung nach den Merkmalen 2 und 3 – lediglich über die Funktionalität nach den Merkmalen 5 und 6 definiert als Schnittstelle zu [X.] und Stromversorgung mit Ausgang der [X.].

Weiter enthält die Anlage eine zentral vorhandene [X.] (3), einen [X.]eicher (4) und eine Auswertvorrichtung (5) [Merkmal 3], deren Ausgestaltung und Positionierung nicht näher bestimmt ist, ausgenommen, dass sie zentral vorhanden ist. Der Fachmann versteht unter solchen Vorrichtungen/Einheiten Module oder Gerätekomponenten, die die Erfassung und Auswertung der Daten vornehmen. Nach den Merkmalen 9 und 10 ist zumindest die Funktionalität der Auswertungsvorrichtung vorgegeben, wonach die Auswertungsvorrichtung auf abgelegte Messwerte zugreift und mittels Kennlinie die [X.] zuordnet und über die [X.]-Integration die Durchflussmenge ermitteln kann.

Eine Aussage über die Entfernung zwischen dem beim Abwasserkanal positionierten Messgerät (1) mit [X.] (11) und [X.] (12) und der zentralen Einheit mit der [X.] (3), dem [X.]eicher (4) und der Auswertungsvorrichtung (5) [Merkmal 3] trifft die Lehre nach Patentanspruch 1 nicht; in der Beschreibung des [X.] wird insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass die Messungen von den zentralen Elementen der [X.], des [X.]eichers und der [X.] weit entfernt durchgeführt werden können und nach einer erweiterten Ausführungsform auch bei mehreren Messgeräten die Messwerte zentral abgelesen werden können (Abs. 0009).

Das Messgerät (1) ist über sein [X.] (12) mit der [X.] (3) und einer Stromversorgung (2) verbunden [Merkmal 5]. Über das [X.] (12) und die Verbindungsleitung zwischen Messgerät (1) und [X.] (3) werden den [X.]n entsprechende und nach der durch Hauptantrag eingeschränkten Fassung „eingeprägte“ [X.] ausgegeben [Merkmal 6]. Es gehört zum üblichen [X.]rachgebrauch des Fachmanns, diese Messwerte als „eingeprägte“ [X.] zu bezeichnen, d. h. den [X.]n kann eindeutig ein Messwert zugeordnet werden. Dies geschieht in der Regel mittels linearer Kennlinie (y = ax + b), eine von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung interpretierte Lehre als proportionale Korrelation (als homogene lineare Zuordnung mit b = 0; d. h. die Stromhöhe entspricht der [X.]) ist unüblich, da damit der Messbereich nicht dem realen Messbereich angepasst werden kann. Diese einschränkende Auslegung findet auch keine Rechtfertigung durch die Ausführungen in der [X.]chrift, da dort nur der Begriff des „eingeprägten Stroms“ ohne nähere Erläuterung verwendet wird (vgl. [X.]. 2 Z. 8 - 9).

Nach den Merkmalen 9 und 10 ist die Funktionalität der Auswertungsvorrichtung (5) der [X.] (3) vorgegeben. So greift die Auswertungsvorrichtung auf abgelegte Messwerte zu, ordnet ihnen mittels Kennlinie die [X.] zu und kann über die [X.]-Integration die Durchflussmenge ermitteln. Das geflossene [X.] pro [X.]einheit im Merkmal 10 entspricht dabei den Begriffen Durchfluss und Volumenstrom, wie sie in der Norm [X.], Seite 2 rechte [X.]alte definiert werden. Den Begriff „Kennlinie“ interpretiert der Fachmann nach Merkmal 10 dahingehend, dass die gemessenen [X.] für den Wasserstand über bekannte [X.] (z. B. [X.]h-Kurve) aus dem (Abwasser-) Volumenstrom ermittelt werden können. Dies ergibt sich auch aus den Angaben im [X.] [0002], wonach „Messergebnisse, ..., über Tabellen bzw. Kennlinien in weiterer Folge in das entsprechende pro [X.]einheit geflossene Volumen umgerechnet werden müssen.“

IV.

Die Gegenstände des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 2 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Patentfähigkeit von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag

1.1. Der geänderte Patentanspruch 1 nach Hauptantrag erweist sich auch unter Berücksichtigung einer nicht auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe beschränkten Prüfung als zulässig, insbesondere führen die hinzugefügten Merkmale nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung oder zu einer Erweiterung des Schutzbereich des [X.]. Gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 wurde in den Merkmalen 2 und 4.2 die Messmethode nach dem Echolot-Prinzip eingefügt. Weiter wurde in den Merkmalen 6, 7 und 9 die Art des Messwerts als Wasserstands-Messwert präzisiert, der an die [X.] ausgegeben wird und von dieser verarbeitet wird, und das Merkmal 5.1 hinzugefügt, wonach die [X.] und die Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen.

Diese Merkmale sind ursprünglich als zur Erfindung gehörend offenbart und führen lediglich zu einer Beschränkung des Schutzbereichs des [X.].

Die Verwendung einer [X.] (Merkmale 2 und 4.2) ist in Abs. [0006] [X.]. 1 Z. 65 - [X.]. 2 Z. 5 (Offenlegungsschrift [X.]. 2 Z. 2 - 10) als zur Erfindung gehörend offenbart:

„Das [X.] ist insbesondere mit der [X.] und der Stromversorgung verbunden und gibt die Messwerte als Stromsignal aus, wodurch bei Einsatz eines Echolots, welches herkömmlicher Weise die Werte als Ausgangsspannung zur Verfügung stellt, nicht mehr die Notwendigkeit besteht, den Ort des [X.] nahe dem Ort der Messung einzurichten, da sich Ströme über viel größere Distanzen praktisch störungsfrei übertragen lassen.“

Die Messung der [X.] nach den Merkmalen 6, 7 und 9 ist offenbart in [X.]. 2 Z. 1 (herkömmlicher Weise) i. V. m. den bekannten Geräten [X.]. 1 Z. 26 - 31 (Offenlegungsschrift [X.]. 1 Z. 25 - 30):

„Zur Bestimmung des Wasserstands finden auch Echolotgeräte Verwendung, wobei deren Messergebnisse, wie bei Messung mittels Schwimmer, über Tabellen bzw. Kennlinien in weiterer Folge in das entsprechende pro [X.]einheit geflossene Volumen umgerechnet werden müssen.“

und [X.]. 2 Z. 12 - 20 (Offenlegungsschrift [X.]. 2 Z. 17 - 25):

„Die Auswertungsvorrichtung kann auf den [X.]eicher zugreifen und berechnet aus diesen Werten des Wasserstandes mit Hilfe von Kennlinien die entsprechenden pro [X.]einheit geflossenen [X.] und daraus wiederum die Durchflussmenge innerhalb einer bestimmten [X.]dauer, indem über die geflossenen [X.] integriert wird, wobei vorher etwa eine Interpolation über die Werte vorgenommen werden kann.“

Das zusätzliche Merkmal 5.1 entspricht dem erteilten abhängigen Anspruch 6. Die „Einprägung“ der [X.] gemäß Merkmal 6 ist den [X.] und dem Streitpatent als erfindungsgemäße Lehre für die Übertragung der [X.] zu entnehmen (vgl. Streitpatent [X.]. 2 Z. 8 - 9, Offenlegungsschrift [X.]. 2 Z. 13 - 14).

1.2. Ausgehend von dem Stand der Technik, insbesondere wie ihn die [X.] repräsentiert, erweist sich die Lehre nach [X.] für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt als nahegelegt, Art. 56 EPÜ.

1.2.1. Die Ausgangslage der Durchflussmessungen im [X.] stellte sich nach dem Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt des [X.] wie folgt dar:

1.].

Abbildung

2 und 4.1].

4.2 ist.

4.3, wonach das [X.] als Teil des Messgeräts (1) „beim [X.]“ angeordnet ist.

5].

6 bezogen auf die [X.] – entsprechend den berechneten [X.]n eingeprägte [X.] aus (vgl. NK16b Abschnitt „Gerätespezifikation Anzeige und Ausgänge“: „ 0/4...20mA Ausgang proportional zum Durchfluss ...“).

Durch den vorgesehen [X.] des Messgeräts an Fernanzeigegeräte, [X.], [X.], [X.] oder [X.] beinhaltet die Lehre nach der [X.] auch bereits das Prinzip der zentralen Überwachung des Abwassermesssystems in einer zentralen Überwachungseinheit, ohne jedoch die als Zwischenwerte generierten Messwerte über den Wasserstand selbständig zu übertragen und zu speichern. So zeigt NK16b S. 18 beispielhaft die Verbindung des Auswertgeräts mit einem [X.].

3]. Dabei ist die Auswertungsvorrichtung (Prozessor des [X.] mit Auswerteprogramm) mit dem [X.]eicher verbunden [= Merkmal 8] und kann in diesen [X.]eicher Messdaten ablegen [= Merkmal 7 ohne Präzisierung auf 9 ohne Präzisierung auf

In welcher Art die Messwerte im [X.]-[X.]eicher abgelegt werden, ist von den übertragenen Daten abhängig. Bei dem Gerät nach der [X.] können lediglich [X.] im [X.]eicher der [X.] bzw. dem [X.] abgelegt werden. Soweit die Klägerin im Hinblick auf die [X.] und S. 30 [X.]alte V6/[X.] in Frage gestellt hat, ob danach nicht auch wahlweise der Wasserstand angezeigt und diese Daten an den [X.]eicher übertragen werden können, hat der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass diese [X.]sstellen eindeutig keinen derartigen [X.]sgehalt belegen, sondern die [X.] nur die durch die als [X.] arbeitende Zentraleinheit DMU2260 berechneten [X.] an die Fernanzeigegeräte oder Auswertungsvorrichtung und [X.]eichereinheit übermittelt.

10 und 11].

1.2.2. Hiervon ausgehend stellte sich dem angesprochenen Fachmann die objektive Aufgabe, die bekannten Anlagen zur Erfassung der Durchflussmenge von Abwässern, insbesondere eine Anlage mit zentraler Erfassung wie nach der [X.] den geänderten gesetzlichen Anforderungen im Hinblick auf die zu erhebenden und zu überwachenden Daten über [X.] und Durchflussmenge anzupassen und zu verbessern. Dabei ist es grundsätzlich für den Fachmann selbstverständlich, zu klären, welche Messdaten aus technischer Sicht oder aber aufgrund gesetzlicher Vorgaben aufgezeichnet und/oder überwacht werden müssen.

Auch der in der mündlichen Verhandlung anwesende Erfinder erläuterte hierzu, dass er von einem Gerät nach der [X.] ausgegangen sei, jedoch mit diesem Gerät zum Anmeldungszeitpunkt eine nach den gesetzlichen Vorschriften konforme Eigenüberwachung, wie sie die in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2014 von der Beklagten überreichten Verordnung zur Eigenüberwachung nebst Checkliste (Anlagen 1 und 2 zum Protokoll) fordert, nur mittels [X.] möglich gewesen sei (siehe auch Patentschrift Abs. [0003] und [0004]). Ausgangspunkt seiner Überlegungen sei deshalb der geforderte Überwachungsaspekt gewesen, da nach der danach maßgeblichen [X.]-Norm ([X.]) die Pflicht bestehe, sowohl [X.]n als auch Durchflussberechnungen auf Basis der hinterlegten [X.]H Kennlinien zu protokollieren. Aufgrund dieser Anforderungen zum Anmeldezeitpunkt mache es auch Sinn, die Rohdaten nicht nur als Zwischenprodukte zu generieren, sondern langfristig zu speichern, um auch die korrekte Umrechnung der [X.] in die Durchflussmenge kontrollieren zu können.

1.2.3. In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung des [X.] eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich. Vielmehr können auch Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleuten, die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben und auch nicht technische Vorgaben eine Rolle spielen ([X.], Beschluss vom 20. Dezember 2011 – [X.], [X.], 378 – [X.]). Der Fachmann hat jedenfalls Anlass, anhand der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen abzuklären, welche Lösungswege unter rechtlichen Aspekten hinreichende Aussicht auf einen erfolgreichen Einsatz am Markt haben (vgl. ([X.] Urt. v. 10. Dezember 2013, [X.] = GRUR 2014, 349 – Anthocyanverbindung). Derartige rechtliche Bestimmungen sind im vorliegenden Fall die Verordnungen zur Eigenüberwachung von Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen, beispielsweise die [X.] vom 25. September 1995 (siehe in der mündlichen Verhandlung überreichte Anlage 1), auch in Verbindung mit den zugehörigen Normen (u. a. [X.] 19559 = [X.]).

omax oberhalb des Beginns der Verziehung bestimmt …“). Dabei wird in dieser Norm für die berührungslose Wasserstandsmessung ein Gerät nach dem Echolot-Prinzip angegeben (vgl. [X.] 6.2 „Von den zahlreichen möglichen Messverfahren zur berührungslosen Wasserstandsmessung haben sich bisher lediglich die nach dem [X.] arbeitenden Geräte durchsetzen können. Hierbei wird von einem oberhalb des Wasserspiegels abgeordneten [X.] ein kurzer Impuls ausgesandt, der nach Reflexion an der Wasseroberfläche vom inzwischen als Empfänger geschalteten Sensor als Echo registriert wird….“). In der mündlichen Verhandlung legte der Beklagtenvertreter dazu dar, dass sowohl Wasserstandshöhen als auch Durchfluss-Berechnungen auf Basis der hinterlegten [X.]H-Kennlinien zu protokollieren sind, um zu überprüfen, ob die Umrechnung der Wasserstandsmenge in die Durchflussmenge korrekt erfolgt ist.

Dem Fachmann musste sich daher unmittelbar die Überlegung aufdrängen, wie nach dem Vorbild der [X.] die Überwachung mit Hilfe des hochgenauen [X.]s durchzuführen ist, aber auch die Eigenüberwachung nach Vorgaben der gesetzlichen Vorschriften, die erst nach Markteinführung des Geräts [X.] entstanden sind, realisiert werden kann.

Aufgrund der gesetzlich geforderten Eigenüberwachung samt der geforderten [X.]eicherung der [X.] erkannte der Fachmann die Relevanz des [X.]s für die Überwachung der Anlage, und es war für ihn daher nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, den Wasserstand zu überwachen und aufzuzeichnen. Dabei war für den Fachmann zu klären, wie die mit dem [X.] gemessenen [X.] für die geforderte Eigenüberwachung protokolliert und aufgezeichnet werden können. Diese Forderung könnte in einer erweiterten Mikroprozessor-Einheit der [X.] erfüllt werden, jedoch war sich der Fachmann bewusst, damit den bereits erkannten Vorteil der zentralen Überwachung und Aufzeichnung aufzugeben. Daher war der Fachmann veranlasst, nach weiteren Lösungen suchen. Wie die [X.] belegt, bot sich hierfür im Griffbereich des Fachmanns als eine Möglichkeit die Übertragung der [X.] an die zentrale Einheit an (vgl. [X.] [X.] 30 - 32: „Es versteht sich, dass die Messungen laufend über Kabel oder auch drahtlos an eine entfernte, z. B. für mehrere Messstellen zentrale, [X.] weitergegeben werden können, …“).

Bei dem sich danach aufdrängenden Lösungsansatz, den [X.] im Gerät nach der [X.] an die zentrale Einheit auszugeben, konnte der Fachmann auch hinsichtlich der Realisierbarkeit von einer angemessenen Erfolgserwartung ausgehen ([X.] [X.], 803 – [X.]; [X.], Urt. v. 6.3. 2012 – [X.]; [X.], 123 – Escitalopram), da im [X.] nach der [X.] die [X.] nach der Auswertung des [X.]s bereits als [X.] vorliegen und der Fachmann diese lediglich auf der bereits vorhandenen 4..20mA-Schnittstelle an die zentrale Steuerung liefern musste. Mit anderen Worten, der Fachmann musste das in der [X.] vorhandene [X.]-System zur Realisierung der angestrebten Lösung nur so umkonstruieren, dass es nun auch die Umrechnung der [X.] in [X.] vornehmen konnte. Mit der [X.] des Wasserstandes an das Aufzeichnungsgerät hatte der Fachmann die gesetzlichen Forderungen erfüllt, unabhängig davon, dass weitere Vorteile, wie eine mögliche Kostenneinsparung und/oder bessere Kundenanpassung an die [X.] und bessere Fehlerdiagnose des [X.] hiermit zusätzlich verbunden sind.

5]. [X.] exemplarisch wird dies in der Druckschrift [X.] gezeigt, in der ein intelligenter [X.] über eine 4-20mA-[X.] gespeist wird (vgl. [X.] S. 1 Z. 16 - 19: „[X.] hat üblicherweise seinen eigenen elektrischen Leistungsbedarf, und oftmals ist es zweckmäßig, diesen Leistungsbedarf über den in der Schleife fließenden Strom abzudecken.“, Anspruch 1).

Für den von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Energiebedarf des [X.]s liefert auch das Streitpatent keine Lösung, sondern überlässt über die im Streitpatent angegebene Verkabelung hinaus alles Weitere dem [X.] Leser. Der Fachmann wird von den angesprochenen Schwierigkeiten der Energieversorgung auch nicht von der Realisierung der Stromversorgung mittels 4...20mA-[X.] abgehalten, sondern er wird im Stand der Technik nach Lösungsansätzen suchen. Dabei greift er beispielsweise wiederum auf die Druckschrift [X.] zurück, die eine Stromversorgung eines Messsensors mit hohem Energiebedarf offenbart, wobei das dort offenbarte Prinzip – entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters - auch für einen Ultraschallsensor verwendet werden kann (vgl. [X.] S. 2 Z. 30 - 33). Die dargestellte Lösung zeigt einen [X.], wodurch die von der [X.] zur Verfügung stehende Leistung wirksamer genutzt werden kann (vgl. [X.] S. 4 Z. 16 - 17, [X.] 5 - 13). Damit waren die Schwierigkeiten bei der Stromversorgung eines [X.]s und eine Übertragung des bekannten Prinzips auf das Gerät der [X.] lediglich als fachmännisch anzusehen.

Gleichzeitig die – aus dem Fachwissen bekannte – [X.] und Stromversorgung auf denselben Leitungen und die – nahe liegende – Übertragung der [X.] an die zentrale [X.] vorzusehen, ist als handwerklich anzusehen und lag für den Fachmann daher nahe.

Die Anlage gemäß Patentanspruch 1 beruht folglich in der Fassung des [X.] nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

2. Hilfsantrag 2

2.1 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass das zusätzliche Merkmal 12 hinzugenommen wurde:

12. wobei das [X.] zweipolig ausgebildet ist.

Diese Änderung ist zulässig. Sie geht auf die [X.] nach Anspruch 6 in der ursprünglichen Anmeldung sowie der Patentschrift zurück, wonach eine Anlage beansprucht wird, die dadurch gekennzeichnet ist, dass „[X.] und Stromversorgung auf denselben Leitungen erfolgen.“

2.2 Das in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 zusätzliche Merkmal 12 ist bereits bei der 4-20mA-[X.] und Stromversorgung auf denselben Leitungen der [X.] offenbart (vgl. [X.] S. 1 Z. 1 - 3: „Die vorliegende Erfindung betrifft einen über eine Schleife gespeisten intelligenten Zweidraht-Prozessvariablen [X.].“, [X.]. 1). Für den Fachmann lag eine zweipolige Ausbildung des [X.]s daher nahe.

3. Weitere Patentansprüche

Da die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, dass die [X.] nicht isoliert verteidigt werden, bedarf es insoweit keiner weiteren Ausführungen zu einem isolierten Erhalt einzelner weiterer Patentansprüche des verteidigten [X.] ([X.]. v. 15. Januar 2013, 4 Ni 13/11 – [X.]). Dass die zusätzlichen Merkmale, die in der verteidigten Fassung eines auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentanspruchs vorgesehen sind, zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen könnten, ist im Übrigen weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich ([X.], Urteil vom 29. September 2011 – [X.]/08 – Sensoranordnung, [X.], 149 ff., [X.]. 96).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

4 Ni 13/13

04.11.2014

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 04.11.2014, Az. 4 Ni 13/13 (REWIS RS 2014, 1677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1677

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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