Bundespatentgericht, Urteil vom 07.09.2022, Az. 6 Ni 12/22

6. Senat | REWIS RS 2022, 5174

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache - "Bremssystem mit elektromotorisch angetriebenem Kolben-Zylinder-System" – Schiedsverfahren – Schiedsspruch – fehlende Identität der Streitgegenstände – Offenbarung – teilweise Patentfähigkeit


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent [X.] 10 2005 063 659

hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2022 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.], Dipl.-Phys. Univ. Dr.-Ing. [X.], Dr. Söchtig und [X.]

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 10 2005 063 659 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Ansprüche die nachfolgende Fassung erhalten:

1. Bremsanlage, eine Betätigungseinrichtung (30), nämlich ein Bremspedal, einen [X.]ensor (38) zur Erfassung eines [X.] des [X.] und eine Steuer- und Regeleinrichtung (22) aufweisend, wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) unter Berücksichtigung des erfassten [X.] eine Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) mit einem Elektromotor (8) steuert, wobei die elektromotorische Antriebsvorrichtung ein bürstenloser Motor ist, der von [X.] (21) über drei Strange von einem Microcontroller (22) gesteuert wird, wobei die Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) einen Kolben (1, 1a) eines Kolben-Zylinder-Systems über eine nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt, so dass sich im Arbeitsraum (4', 4a', 4b') des Zylinders ein Druck einstellt, wobei der Arbeitsraum (4', 4a', 4b') über eine Druckleitung (13) mit einer [X.] in Verbindung ist, wobei bei Ausfall der Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) die Betätigungseinrichtung den Kolben (1) verstellt, gekennzeichnet durch: einen Stromsensor (23) zur Messung eines Stroms des Elektromotors, wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) dazu ausgebildet ist, entsprechend einer Verstärkerkennlinie eine stromproportionale Drucksteuerung vorzunehmen, wobei unter Verwendung des Stromsensors (23) eine Position des Kolbens angefahren wird, die einem bestimmten Druck entspricht,

wobei für die stromproportionale Drucksteuerung bei Inbetriebnahme ein [X.] angelegt wird, das verschiedenen Stromstärken Positionen des Kolbens zugeordnet, wobei ein weiteres [X.] (24) verwandt wird, um die Position eines Rotors der Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) zu bestimmen, und wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) bei nicht übereinstimmender Position des Kolbens (1) und Motormoment das [X.] adaptiert.

2. Bremsanlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuer- und Regeleinrichtung (22) dazu ausgebildet ist, die Strom- und Positionsmessung neben der Motorsteuerung zur indirekten Druckmessung nutzt.

3. Bremsanlage nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] unter Verwendung eines Ausgangskennfelds erstellt wird, wobei das Ausgangskennfeld aus einer [X.]-Kennlinie der [X.], einem Motorkennwert, Getriebewirkungsgrad und [X.] gebildet ist.

4. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet die Steuer- und Regeleinrichtung (22) die [X.] über die Geschwindigkeit des Kolbens (1) unter Berücksichtigung der [X.] Kennlinie der [X.] einregelt.

5. Bremsanlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Sensoreinrichtung die Stellung der Betätigungseinrichtung (30) ermittelt.

6. Bremsanlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Einrichtung zur Vorgabe oder Einstellung einer Kraft/Weg-Charakteristik der Betätigungseinrichtung (30) mit dieser in Wirkverbindung ist.

7. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass in der Druckleitung (13) zur [X.] (15, 17) mindestens ein von der Steuer- und Regeleinrichtung (22) gesteuertes Ventil (14, 16) angeordnet ist.

8. Bremsanlage nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Ventil (14, 16) nach Erreichen des erforderlichen [X.] im Bremszylinder (15, 17) schließt und zur Einstellung eines neuen [X.] geöffnet ist.

9. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 7 oder 8 insbesondere nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Ventil (14, 16) einen derart großen Öffnungsquerschnitt hat, dass es eine kleine Drosselwirkung besitzt.

10. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben (1) die erforderliche Druckänderung für die [X.] ([X.]) und das Antiblockiersystem (ABS) erzeugt.

11. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass eine Feder (9) den Kolben (1) oder die Antriebsvorrichtung kraftbeaufschlagt, wobei die Federkraft in die Richtung wirkt, das der Arbeitsraum vergrößert wird.

12. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Elektromotor (8) eine kleine Zeitkonstante und/oder ein großes Beschleunigungsvermögen aufweist.

13. Bremsanlage nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Elektromotor (8) bei geschlossenem Ventil (14, 16) mit einem Erregerstrom bestromt wird, der dazu ausreicht, den Kolben (1) gegen die Federkraft in Position zu halten.

14. Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Erzeugung der [X.] die [X.] nicht oder nicht in direkter mechanischer Verbindung mit dem Kolben oder der Antriebseinrichtung ist, und lediglich bei Ausfall der Antriebsvorrichtung oder bei Aktivierung des ABS der Kolben in mechanischer Verbindung mit der [X.] ist.

15. Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerung in Abhängigkeit der Bewegung und/oder Kraftbeaufschlagung des [X.] und/oder des Fahrzustandes und/oder Bremswirkung einer elektrischen Maschine eine entsprechende [X.] einregelt.

16. Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass ein Drucksensor zur Ermittlung des [X.] im Arbeitsraum des Zylinders vorgesehen ist.

17. Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuer- und Regeleinrichtung (22) einen Speicher hat, in dem ein/das [X.] mit verschiedenen Parametern zur Steuerung des Antriebs gespeichert ist.

18. Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuer- und Regeleinrichtung (22) unter Verwendung eines Inkrementalgebers des Elektromotors die Kolbenposition ermittelt.

19. Bremsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass der Kolben mittels Spindelantrieb angetrieben ist.

I[X.] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II[X.] Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

[X.] Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des [X.] Patents 10 2005 063 659 (im Folgenden: „Streitpatent“) mit der Bezeichnung „Bremssystem mit elektromotorisch angetriebenem Kolben-Zylinder-System“, das am 21. April 2005 angemeldet und am 27. Juni 2019 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent, das im Wege der Teilung aus der [X.] Patentanmeldung [X.] ([X.], [X.] vorgelegt als [X.]) hervorgegangen ist, nimmt keine Priorität in Anspruch.

2

Die Parteien des Rechtsstreits sind durch einen Patent- und [X.] vom 12. September 2011 verbunden (zur Akte gereicht als Anlage [X.], [X.]). Ziffer 12.3 des [X.] enthält folgende Schiedsabrede:

3

„12.3 Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der [X.] ([X.]) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden. Das Schiedsgericht kann auch über die Gültigkeit dieses Schiedsvertrages bindend entscheiden.

4

Der Vorsitzende des Schiedsgerichts muss die Befähigung zum Richteramt haben.

5

Es findet das [X.] Recht unter Ausschluss des Kollisionsrechts Anwendung. Vorschriften, die sich aus internationalen Vereinbarungen über den internationalen Kauf beweglicher Sachen ergeben, sind nicht anwendbar. Das Schiedsverfahren findet in [X.]r Sprache statt.

6

Erfüllungsort und ausschließlicher Schiedsort ist [X.].“

7

Ansprüche aus diesem Lizenzvertrag waren Gegenstand eines zwischen den Parteien bei der [X.] ([X.]) geführten, inzwischen beendeten Schiedsverfahrens ([X.].… ), im Rahmen dessen das Schiedsgericht zwei Teilschiedssprüche vom 19. August 2021 und vom 29. Dezember 2021 sowie eine Endentscheidung vom 14. Januar 2022 [X.] einer diese berichtigenden Entscheidung vom 25. März 2022 erlassen hat. Zum Inhalt dieser Entscheidungen und zum Wortlaut der im Schiedsverfahren gestellten Anträge der Parteien wird auf die in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2022 zur Akte gereichten Originale dieser Entscheidungen Bezug genommen.

8

Das Streitpatent wird von der Klägerin vollumfänglich angegriffen und umfasst insgesamt 22 Patentansprüche mit dem unabhängigen Patentanspruch 1 sowie den auf diesen unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen [X.]n 2 bis 22.

9

Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung sowie der fehlenden Patentfähigkeit in Form mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit geltend (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 [X.]).

Der unabhängige Patentanspruch 1 lautet in seiner erteilten Fassung mit eingefügter Merkmalsgliederung des Senats wie folgt:

1.1     

Bremsanlage,

1.1.1 

eine Betätigungseinrichtung (30), nämlich ein Bremspedal,

1.1.2 

einen [X.]ensor (38) zur Erfassung eines [X.] des [X.] und

1.1.3 

eine Steuer- und Regeleinrichtung (22) aufweisend,

1.2     

wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) unter Berücksichtigung des erfassten [X.] eine Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) mit einem Elektromotor (8) steuert,

1.3     

wobei die Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) einen Kolben (1, 1a) eines Kolben-Zylinder-Systems über eine nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt, so dass sich im Arbeitsraum (4', 4a', 4b') des Zylinders ein Druck einstellt,

1.4     

wobei der Arbeitsraum (4', 4a', 4b') über eine Druckleitung (13) mit einer Radbremse in Verbindung ist,

1.5     

wobei bei Ausfall der Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) die Betätigungseinrichtung den Kolben (1) verstellt,

gekennzeichnet durch:

        

1.6     

einen Stromsensor (23) zur Messung eines Stroms des Elektromotors,

1.7     

wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) dazu ausgebildet ist, entsprechend einer Verstärkerkennlinie eine stromproportionale Drucksteuerung vorzunehmen,

1.8     

wobei unter Verwendung des Stromsensors (23) eine Position des Kolbens angefahren wird, die einem bestimmten Druck entspricht.

Wegen des Wortlauts der [X.] bis 22 wird auf die [X.] 2005 063 659 [X.] Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Merkmale 1.6, 1.7 und 1.8 des Patentanspruchs 1 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart seien. So sei in der [X.] kein Stromsensor im Sinne des Merkmals 1.6, sondern lediglich ein „Shunt 23“, also ein Messwiderstand offenbart, der den Strom messe. Merkmal 1.7 enthalte eine unzulässige Erweiterung, da das in der Beschreibung der [X.] (vgl. [X.] 10 2005 018 649 [X.], [X.], Abs. [0062]) erwähnte [X.] mit als temperaturabhängig beschriebenen Kennlinien zu einer einzigen Kennlinie verallgemeinert worden sei, die nicht zwingend die Temperaturabhängigkeit berücksichtige. Die in Merkmal 1.8 beschriebene Strommessung ersetze lediglich eine direkte Druckmessung, werde aber nicht zum Anfahren einer bestimmten Position des Kolbens verwendet. Hierzu komme vielmehr ein separater Sensor ([X.] 24) für die Position des Rotors zum Einsatz (vgl. [X.], Abs. [0029]).

Die Klägerin beruft sich auf folgende Druckschriften:

 [X.]   

 [X.] 10 2005 063 659 [X.] ([X.]);

 [X.]   

 Unterlagen zur Teilanmeldung zum Streitpatent vom 24. Mai 2017;

 BP3   

 [X.] 10 2005 018 649 [X.] ([X.] zur [X.] zum Streitpatent);

 [X.]   

 Registerauszug des [X.] zum Aktenzeichen 10 2005 063 659.4 vom 15. Dezember 2020;

 BP5   

  Merkmalsgliederung der Klägerin zum Patentanspruch 1 des Streitpatents;

 [X.]   

 Teilschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 29. Dezember 2021([X.].…, geschwärzte Fassung);

 [X.]   

 vgl. Anlage [X.], Schwärzungen verändert;

 [X.]   

 [X.] 195 15 842 [X.], veröffentlicht am 31. Oktober 1996;

 [X.]   

 [X.] 199 39 950 [X.], veröffentlicht am 31. Mai 2000;

 [X.]   

  [X.] 4,812,723, veröffentlicht am 14. März 1989;

 [X.]   

 [X.] 2004/005095 [X.], veröffentlicht am 15. Januar 2004;

 NK5   

 [X.] 195 00 544 [X.], veröffentlicht am 18. Juli 1996;

 [X.]   

 [X.] 44 45 975 [X.], veröffentlicht am 27. Juni 1996;

 [X.]   

 [X.] 103 18 401 [X.], veröffentlicht am 11. Dezember 2003;

 [X.]   

 [X.] 35 02 165 [X.], veröffentlicht am 1. August 1985;

 [X.]   

 [X.] 6,634,724 B2, veröffentlicht am 21. Oktober 2003;

 [X.]0 

 Auszug aus der Online-Enzyklopädie „[X.]“ zum Stichwort “Servomotor“, zuletzt geändert am 7. Oktober 2020, abgerufen am 14. Dezember 2020;

 [X.]1 

 [X.] 103 27 553 [X.], veröffentlicht am 13. Januar 2005;

 [X.]2 

 [X.] 698 24 409 T2, veröffentlicht am 9. Juni 2004;

 [X.]3 

 [X.] 43 24 041 [X.], veröffentlicht am 19. Januar 1995;

 [X.]4 

 [X.] 33 01 042 [X.], veröffentlicht am 19. Juli 1984;

 [X.]5 

 [X.] 34 45 566 C2, veröffentlicht am 22. Mai 1997.

 [X.]6 

 Teilschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 19. August 2021([X.].…, geschwärzte Fassung, Seite 47 und 48, vgl. Anlage [X.];

 [X.]7 

 Teilschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 29. Dezember 2021([X.].…, geschwärzte Fassung, Teil B, vgl. Anlage [X.]).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch die Entgegenhaltung [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Darüber hinaus beruhe dieser nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend jeweils von einer der Druckschriften [X.], [X.] bzw. [X.] in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns sowie ausgehend von einer Kombination der Druckschriften [X.] mit der [X.] bzw. der Druckschriften [X.] und [X.]. Auch die [X.] enthielten nichts Patentfähiges.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 10 2005 063 659 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise

die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent in einer seiner Fassungen gemäß den Hilfsanträgen H[X.]A, H[X.]B, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]B, [X.], [X.], [X.]B, [X.], [X.] vom 20. Mai 2022 - in dieser Reihenfolge – richtet,

dies mit den Fassungen der Hilfsanträge H[X.]A, [X.], [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] in der Fassung gemäß Schriftsatz vom 4. April 2022 und mit den Fassungen der Hilfsanträge H[X.]B, [X.], [X.], [X.]B und [X.]B vom 20. Mai 2022.

Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag H[X.]A weist neben den Merkmalen des Anspruchs 1 der erteilten Fassung die nachfolgenden weiteren Merkmale auf:

- Eingefügt nach Merkmal 1.2:

1.2.1H1A

„wobei die elektromotorische Antriebsvorrichtung ein bürstenloser Motor ist, der von [X.] (21) über drei Stränge von einem Microcontroller (22) gesteuert wird,“.

- Eingefügt nach Merkmal 1.8:

1.9H1A

„wobei der Kolben (1) die erforderliche Druckänderung für die Bremskraftverstärkung ([X.]) und das Antiblockiersystem (ABS) erzeugt,“.

Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen [X.] bis 21 des Hilfsantrags H[X.]A wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag H[X.]B entspricht seiner Fassung nach Hilfsantrag 1A mit dem Unterschied, dass das Merkmal 1.9

1.9

Die Patentansprüche 2 bis 22 in der Fassung nach Hilfsantrag H[X.]B entsprechen ihrer erteilten Fassung.

Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag [X.] weist Merkmal 1.9

- Eingefügt nach Merkmal 1.2:

1.2.2H2A

„wobei die elektronische Antriebsvorrichtung ein bürstenloser Motor mit einer kleinen Zeitkonstante und/oder einem großen Beschleunigungsvermögen ist, der von [X.] (21) über drei Stränge von einem Microcontroller (22) gesteuert wird,“.

- Eingefügt nach Merkmal 1.9

1.10H2A

„und wobei der Arbeitsraum (4) über zwei oder mehr Druckleitungen (13) mit mehreren Bremszylindern (15, 17) in Verbindung ist, wobei jeweils ein Ventil (14, 16) in jeder Druckleitung (13) angeordnet ist.“.

Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen [X.] bis 20 des Hilfsantrags [X.] wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag [X.] weist die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag [X.] unter Streichung des Merkmals 1.9

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag [X.] weist die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag [X.] unter Hinzufügung der nachfolgenden Merkmale auf:

- Eingefügt nach Merkmal 1.8 in dieser Reihenfolge vor Merkmal 1.9

1.8.1H3A

„und wobei ein weiteres [X.] (24) verwandt wird,“,

1.8.1aH3A

„um die Position des Rotors der Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) zu bestimmen“,

1.8.1bH3A

„und über einen Zähler die Position des Kolbens anzugeben,“.

Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen [X.] bis 19 des Hilfsantrags [X.] wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag [X.] weist die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3A unter Streichung des Merkmals 1.9

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag [X.] weist über die im erteilten Anspruch aufgeführten Merkmale hinaus das Merkmal 1.9

1.10

Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen [X.] bis 21 des Hilfsantrags [X.] wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag [X.]B weist die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag [X.] unter Streichung des Merkmals 1.9

Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag [X.] entspricht der tenorierten Fassung.

Zum Wortlaut der Anspruchssätze nach den Fassungen der Hilfsanträge [X.], [X.]B, [X.] und [X.] wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, erhebt die Einrede der Schiedsbefangenheit (§ 1032 ZPO) und beruft sich [X.] darauf, dass einer Entscheidung des Senats über die Nichtigerklärung des Streitpatents nach Beendigung des zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahrens die Rechtskraft der Teilschiedssprüche vom 19. August und 29. Dezember 2021 ([X.]. [X.]-SV-2020-00417) entgegenstehe (§ 1055 ZPO). Da die Zurückweisung einer negativen Feststellungsklage als unbegründet im Umkehrschluss bedeute, dass das kontradiktorische Gegenteil positiv feststehe, stehe aufgrund des [X.] vom 19. August 2021 rechtskräftig fest, dass das Schiedsgericht befugt sei auszusprechen, dass die Schiedsklägerin verpflichtet sei, die Löschung der Vertragsschutzrechte nach §§ 22, 81 [X.] zu beantragen. Durch die Zurückweisung des Zwischenfeststellungswiderklageantrags 1b der [X.] vom 16. August 2021stehe aufgrund des [X.] vom 19. August 2021 rechtskräftig fest, dass für die Beurteilung des [X.] der Vertragsschutzrechte anstelle des erkennenden Senats das Schiedsgericht zuständig sei.

Dem die Nichtigkeitsklage stützenden Vorbringen der Klägerin tritt die Beklagte in allen Punkten entgegen und verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie mit insgesamt dreizehn Hilfsanträgen. Zumindest in einer dieser Fassungen erweise sich das Streitpatent als patentfähig.

Die Beklagte stützt ihren Vortrag auf folgende Unterlagen:

[X.]     

 Lizenzvertrag vom 12. September 2011

[X.]     

Merkmalsgliederung der Beklagten;

[X.]     

Auszug aus dem im Schiedsverfahren eingereichten Schriftsatz der Nichtigkeitsklägerin vom 17. Dezember 2020;

NB5     

Auszug aus dem im Schiedsverfahren eingereichten Schriftsatz der Nichtigkeitsklägerin vom 17. September 2021;

[X.]     

Auszüge aus dem Endschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 14. Januar 2022 mit korrigierter Fassung vom 25. März 2022([X.]. …);

 NB7   

 vgl. Anlagen [X.], [X.], Schwärzungen verändert;

 NB8   

 Teilschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 19. August 2021([X.].…, geschwärzte Fassung);

NB9     

Auszug aus: Musielak/[X.], ZPO, 19. Aufl. 2022, § 1032 Rdnr. 8 und § 1040 Rdnr. 13;

[X.]0   

OLG München, Beschluss des vom 27. Februar 2020 - 34 Sch 15/17;

 [X.]1 

  Endschiedsspruch des [X.] Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. vom 14. Januar 2022([X.]. …, geschwärzte Fassung);

[X.]2   

Auszug aus der [X.]-Schiedsordnung 2018, S. 28-29.

Die Klägerin hält ihre Klage für zulässig und erachtet die [X.], die Einrede entgegenstehender Rechtskraft und sämtliche Hilfsanträge der Beklagten als unzulässig. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, da sie im Schiedsverfahren eine Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts über den Bestand der dortigen Vertragsschutzrechte in Abrede gestellt habe. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei in der jeweiligen Fassung sämtlicher Hilfsanträge unzulässig erweitert und nicht ausführbar. Darüber hinaus beruhe er jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hinsichtlich der Hilfsanträge vom 20. Mai 2022 (H[X.]B, [X.], [X.] [X.]B und [X.]B) hat die Klägerin die Verspätungsrüge erhoben.

Nach einem Wechsel der Verfahrenszuständigkeit hat der Senat mit Verfügung vom 25. Januar 2022 zur Frage der Zulässigkeit der Klage Stellung genommen und nachfolgend die zunächst am 8. Dezember 2021 beschlossene Anordnung einer abgesonderten Verhandlung über diese Frage mit Beschluss vom 7. Februar 2022 aufgehoben. Am 3. Februar 2022 hat er den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 [X.] zukommen lassen und diesen mit Hinweis vom 2. März 2022 ergänzt. In der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2022 hat der Senat den Parteien einen weiteren rechtlichen Hinweis erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2022, auf die in der Verhandlung zur Akte gereichten Originale der Schiedssprüche und auf die weitere Verfahrensakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Das [X.] erweist sich weder in seiner erteilten Fassung, noch in der Fassung einer der [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]B, jedoch in der aus dem Tenor ersichtlichen - zulässigen - Fassung des [X.] vom 4. April 2022 als rechtsbeständig. Insoweit stehen ihm die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht entgegen (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, [X.], Nr. 4 [X.]). Die Klage war insoweit teilweise abzuweisen.

[X.]

Die Klage ist zulässig.

1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die - vor Beginn der mündlichen Verhandlung rechtzeitig erhobene - Einrede der Schiedsvereinbarung, § 1032 Abs. 1 ZPO, entgegen. Unabhängig davon, ob die §§ 1025 ff. ZPO überhaupt zu denjenigen Vorschriften der Zivilprozessordnung gehören, die im Patentnichtigkeitsverfahren über die Verweisung des § 99 Abs. 1 [X.] Anwendung finden (verneinend: Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Auflage, § 99 [X.]. 15) und diese Einrede im Patentnichtigkeitsverfahren statthaft ist, vermag sich die [X.] auf sie nicht mit Erfolg zu berufen.

a. Dem Schiedsvertrag ist keine Regelung zu entnehmen, die einem Schiedsgericht die Befugnis einräumen würde, die [X.] zur Beseitigung nicht rechtsbeständiger Schutzrechte zu verpflichten.

b. In dem Schiedsverfahren mit dem Aktenzeichen …, auf welches die [X.] zur Geltendmachung ihrer Einrede Bezug nimmt, ist am 14. Januar 2022 zudem ein [X.] ergangen. Nachdem das Schiedsgericht seine Tätigkeit beendet und die in diesem Verfahren in Bezug genommene, in Ziffer 12.3 des [X.] vom 12. September 2021 enthaltene [X.] damit voll ausgeschöpft hat, ist die Einrede der Schiedsvereinbarung jedenfalls entfallen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2009 – [X.], NJW-RR 2009, 790 ff. [X.]. 33 unter Verweis auf [X.] Karlsruhe WM 2008, 1854, 1856, [X.]. 26; [X.], ZPO, 6. Auflage, § 1032 [X.]. 23 m. [X.]).

Auf den Seiten 6 und 10 des [X.]s ist ausgeführt, dass der [X.] vom 19. August 2022 den Parteien am 20. August 2021, der [X.] vom 29. Dezember 2022 den Parteien am 10. Januar 2022 zugestellt wurde, dies jeweils unter Setzung einer Frist zur Stellung etwaiger Berichtigungs-, Ergänzungs- und Auslegungsanträge im Sinne des Art. 40.1 und 40.2 [X.], wobei Anträge dieser Art nicht gestellt wurden. Wie auf Seite 10 des [X.]s vermerkt ist, wurde die Schlussverfügung des Schiedsgerichts gem. Artikel 31 [X.] den Parteien am 13. Januar 2022 übermittelt. Das Schiedsverfahren hat daher mit dem – am 25. März 2022 auf Antrag im Kostenpunkt berichtigten – [X.] im Sinne des § 1056 Abs. 1 ZPO vom 14. Januar 2022 sein Ende gefunden. Die Monatsfrist des Art. 40.3 [X.] ist anschließend verstrichen, ohne dass ein gem. Art. 40.2 [X.] auf Auslegung des Schiedsspruchs oder Präzisierung des Tenors gerichteter Antrag gestellt worden wäre. An die Stelle einer [X.] ist somit, - ihre vorab zu prüfende Zulässigkeit im Patentnichtigkeitsverfahren zugunsten der [X.] einmal vorausgesetzt -, ggf. der von der [X.] ebenfalls geltend gemachte Einwand entgegenstehender Rechtskraft gemäß § 1055 ZPO getreten (vgl. hierzu [X.], a. a. [X.], § 1032 [X.]. 23 m. [X.] in [X.] 119).

2. Die von der [X.] erhobene Einrede entgegenstehender Rechtskraft des [X.]s vom 19. August 2021 (Aktenzeichen … ) gemäß § 1055 ZPO steht der Zulässigkeit der [X.] ebenfalls nicht entgegen.

Auch an dieser Stelle bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die §§ 1025 ff. ZPO im Patentnichtigkeitsverfahren über die Verweisung des § 99 Abs. 1 [X.] überhaupt Anwendung finden (vgl. dazu oben Ziffer 1), ob die Nichtigerklärung eines Patents oder die [X.] Entscheidung, die Patentinhaberin zu verpflichten, gegenüber dem [X.] den Verzicht auf ein Patent zu erklären, wirksam Gegenstand einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien sein können (vgl. hierzu näher Busse/Keukenschrijver/[X.], [X.], 9. Auflage, Vor § 143, [X.]. 21 m. w. N; [X.]/[X.], ZPO, 34. Auflage, § 1030, [X.]. 14 ff. m. [X.]; Anders/[X.], ZPO, 80. Auflage, § 1030 [X.]. 6 Stichwort „Patentsachen“ m. w. N; Musielak/Voit, ZPO, § 1030 [X.]. 3 m. w. N; [X.]/Münch, a. a. [X.], § 1030 [X.]. 34, § 1025 [X.]. 9, § 1029 [X.]. 93-99). Inwieweit ein auf eine dieser Rechtsfolgen gerichteter Schiedsspruch gemäß § 1055 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen würde und welche Auswirkungen dies ggf. nach Erhebung der Einrede der Rechtskraft gem. § 1055 ZPO auf die Zulässigkeit dieser [X.] hätte, ist in diesem Verfahren ebenfalls nicht entscheidungserheblich.

Nämliches gilt für die Frage, ob die hier erhobene Einrede wegen eines möglicherweise widersprüchlichen Verhaltens der [X.] unbeachtlich sein könnte, nachdem die [X.] im Schiedsverfahren die Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts über den Rechtsbestand der dortigen Vertragsschutzrechte verneint, diese in vorliegendem Verfahren hingegen bejaht hat (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 20. April 2021 – [X.], NJW-RR 2021, 791 – [X.] und widersprüchliches Verfahrensverhalten).

Denn eine Sperrwirkung im Sinne eines Wiederholungsverbots vermag der [X.] vom 19. August 2021, die materielle Rechtskraft seines Tenors (vgl. hierzu näher [X.], a. a. [X.], § 1055 [X.]. 16) einmal vorausgesetzt, in diesem Patentnichtigkeitsverfahren schon deshalb nicht zu entfalten, weil die Streitgegenstände jenes [X.]s und dieser [X.] nicht identisch sind:

Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung verbietet eine erneute Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (vgl. näher [X.]/Vollkommer, ZPO 34. Aufl., Vor § 322 [X.]. 17, 22; m. [X.]). Auch der [X.] vom 19. August 2021 hat zwischen den Parteien grundsätzlich die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§§ 1055, 322 Abs. 1 ZPO). Ziffer 2 seines Tenors hat jedoch einen anderen Streitgegenstand als diese [X.].

In Ziffer 2 des Tenors (vgl. [X.] vom 19. August 2021, Seite 1) hat das Schiedsgericht den Antrag der hiesigen Nichtigkeitsbeklagten und dortigen Schiedsklägerin vom 4. Januar 2021 (vgl. [X.], Seite 19) zurückgewiesen.

Dieser Antrag war darauf gerichtet,

„im Wege der Zwischenfeststellungswiderklage festzustellen, dass das Schiedsgericht nicht befugt ist, auszusprechen, dass die Schiedsklägerin verpflichtet ist, die Löschung der Vertragsschutzrechte nach §§ 22, 81 [X.] zu beantragen“.

Analog § 133 BGB hat der [X.] den Tenor „aus sich selbst heraus“, unter Heranziehung der Entscheidungsgründe auszulegen, nachdem die Monatsfrist für eine Interpretation beim Schiedsgericht, § 1058 Abs. 1 [X.] ZPO, nicht mehr offensteht. Diese Auslegung ergibt, dass das Schiedsgericht in seinem ersten [X.] über eine Verfahrensfrage grundsätzlicher Art, aber nicht über den Rechtsbestand des [X.] entschieden hat. Ziffer 2 des Tenors betrifft die abstrakte Frage, ob der Inhaber eines Vertragsschutzrechts, die dortige Schiedsklägerin, im Rahmen des anhängigen Schiedsverfahrens grundsätzlich verpflichtet werden kann, auf seine vertraglichen Schutzrechte zu verzichten – mithin, ob eine Verpflichtung zum Widerruf von Schutzrechten grundsätzlich schiedsfähig ist. Diese Frage hat das Schiedsgericht im Ergebnis bejaht.

So heißt es unter Ziffer B.2 der Entscheidung vom 19. August 2021 (Seite 47) zur Frage der Zulässigkeit des Feststellungsantrags: „Insbesondere hat die [X.] ein rechtliches Interesse an der vorab zu treffenden Feststellung, ob der den Streitstoff erheblich ausweitende Antrag auf Löschung der Vertragsschutzrechte überhaupt schiedsfähig ist“. Entsprechend führt das Schiedsgericht nachfolgend unter Ziffer [X.] zur Begründetheit des Antrags aus (Seite 47): „Die Zwischenfeststellungswiderklage ist unbegründet, denn der [X.] in seiner in der Verfahrenskonferenz erläuterten Bedeutung ist schiedsfähig“ (Unterstreichungen jeweils durch den [X.]).

Dies korrespondiert mit den Ausführungen des Schiedsgerichts in seinem weiteren [X.] vom 29. Dezember 2021 zum gleichen Verfahren. Hier heißt es zur Frage der Schiedsfähigkeit einer Vereinbarung betreffend die Verpflichtung zum Widerruf von Schutzrechten (Seite 14): „Zwar wäre eine solche Regelung grundsätzlich schiedsfähig, wie in Ziff. [X.]. des [X.]s vom [X.], S. 47/48, im Einzelnen ausgeführt ist.“ Das Schiedsgericht verweist hier zur Frage der grundsätzlichen Schiedsfähigkeit einer entsprechenden [X.] auf seine Ausführungen zur Unbegründetheit des [X.] in seiner Entscheidung vom 19. August 2021.

Die Parteien verbindet damit zwar der als Anlage [X.] vorgelegte Lizenzvertrag vom 12. September 2011, welcher in Ziffer 12.3 die oben zitierte [X.] enthält. Auch zählt das [X.] zu den im Lizenzvertrag benannten [X.], vgl. Anlage [X.], [X.], [X.] 2, „[X.]“, Teilanmeldung zur [X.] 018 649.

Da sich der Streitgegenstand des Tenors Ziffer 2 des [X.]s vom 19. August 2021, die abstrakte Frage der generellen Schiedsfähigkeit einer Verpflichtung zum Widerruf von [X.], nicht mit dem Streitgegenstand dieser auf die Beseitigung des [X.] gerichteten [X.] deckt, steht die Einrede entgegenstehender Rechtskraft gemäß § 1055 ZPO der Zulässigkeit dieser [X.] jedoch insoweit nicht entgegen.

3. Gleiches gilt für die von der [X.] weiter erhobene Einrede entgegenstehender Rechtskraft des [X.]s vom 29. Dezember 2021 (Aktenzeichen …) gemäß § 1055 ZPO:

In Ziffer 1 des Tenors seiner Entscheidung vom 29. Dezember 2021 (vgl. dort Seite 9) hat das Schiedsgericht die folgenden [X.] 1 und 2 der [X.] und Schiedswiderklägerin vom 18. August 2021 zurückgewiesen:

1. „Es wird festgestellt, dass für die Beurteilung des [X.] der Vertragsschutzrechte

1. (a) das Schiedsgericht zuständig ist, falls das Schiedsgericht davon ausgeht, dass Ziffer 2.3 [X.] bei unterstellter Nutzung der technischen Lehre der Vertragsschutzrechte die Streitgegenstände erfasst, und andernfalls

(b) das Schiedsgericht nicht zuständig ist.

2. festzustellen, dass das Schiedsgericht die Schiedsklägerin im Fall der Annahme seiner Zuständigkeit für die Beurteilung des [X.] eines Vertragsschutzrechts zum vollständigen bzw. teilweisen Widerruf des Vertragsschutzrechts verpflichten kann, wenn das Schiedsgericht dieses Vertragsschutzrecht vollständig bzw. teilweise für nicht rechtsbeständig erachtet.

Eine analog § 130 BGB vorzunehmende Auslegung von Ziffer 1 des Tenors der Entscheidung vom 29. Dezember 2021 ergibt, dass das Schiedsgericht durch die Zurückweisung dieser Anträge vom 18. August 2021 ebenfalls keine den Rechtsbestand des [X.] berührende Entscheidung getroffen hat. Zum Ausdruck gebracht hat das Schiedsgericht vielmehr die Befassung mit einem prozessualen Gesichtspunkt des Schiedsverfahrens: Es hat sich nicht für befugt erachtet, die Schiedsklägerin zum vollständigen bzw. teilweisen Widerruf eines der Vertragsschutzrechte des Lizenzvertrags vom 12. September 2011 zu verpflichten.

So heißt es auf Seite 14 unter Ziffer 2 der Entscheidungsgründe wörtlich: „Die [X.] 1. und 2. sind unbegründet. Das Schiedsgericht hat nicht die Befugnis, die Schiedsklägerin zum vollständigen bzw. teilweisen Widerruf eines [X.] zu verpflichten, auch dann nicht, wenn und soweit es der Auffassung wäre, dass ein Streitgegenstand bei unterstellter Nutzung der technischen Lehre dieses [X.] von der Lizenzerteilung gemäß Ziff. 2.3 [X.] Gebrauch mache. Zwar wäre eine solche Regelung grundsätzlich schiedsfähig, wie in Ziff. [X.]. des [X.]s vom [X.], S. 47/48, im Einzelnen ausgeführt ist. Hierauf wird verwiesen. Eine solche Regelung ist dem Lizenzvertrag vom 1.9./12.9.2011 jedoch nicht zu entnehmen. (…)“.

Zur Begründung folgen im [X.] vom 29. Dezember 2021 Ausführungen dazu, dass eine ausdrückliche Regelung des genannten Inhalts in dem Lizenzvertrag nicht enthalten sei (Seite 14, 2. a), und eine Pflicht der Lizenzgeberin zur Beseitigung nicht rechtsbeständiger Schutzrechte weder der von der [X.] herangezogenen Ziff. 5.4 [X.] (Seite 14, 2. b) noch der von der [X.] zitierten Ziff. 11.2 [X.] (Seite 15, 2. c) zu entnehmen sei. Auch aus anderen vertraglichen oder rechtlichen Gesichtspunkten sei eine Beseitigungspflicht mit Wirkung erga omnes gemäß dem gestellten Antrag nicht erkennbar (Seite 15, 2. d). Dem vorliegenden Antrag könne auch nicht als „minus" ein Anspruch der [X.] auf einen Verzicht der Schiedsklägerin auf Vertragsschutzrechte inter partes entnommen werden (Seite 15, 2. e).

Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass von dieser Auslegung die [X.] selbst ausgegangen ist, als sie in ihrem Schriftsatz vom 14. Januar 2022 (dortige Seite 3) unter Verweis auf den angeführten [X.] – im Ergebnis zutreffend – ausgeführt hat: „Das Schiedsgericht kommt damit letztlich zu dem Ergebnis, dass dieses nicht zuständig für eine Entscheidung über den Rechtsbestand der Vertragsschutzrechte im beantragten Umfang ist.“

Der Streitgegenstand des Tenors Ziffer 1 des [X.]s vom 29. Dezember 2021 entspricht somit ebenfalls nicht dem Streitgegenstand dieser [X.]. Diese ist ungeachtet der von der [X.] erhobenen Einreden und auch im Übrigen zulässig.

I[X.]

1. Die Erfindung betrifft nach ihrer Beschreibung in der [X.]chrift eine Bremsanlage.

In den Absätzen [0002] bis [0004] ist hierzu ausgeführt, dass moderne Bremsanlagen zum einen eine [X.], d. h. Umsetzung der [X.] in ein entsprechendes verstärktes Bremsmoment an den Radbremsen, sowie zum anderen eine Bremskraftregelung über offene oder geschlossene Regel- und [X.] realisierten. Als Übertragungsmittel des mittels bzw. auf Grundlage der Pedalbetätigung wie der [X.] erzeugten [X.] werde bis auf wenige Ausnahmen im [X.] hierbei eine hydraulische Leitung eingesetzt. Weit verbreitet sei eine Aufteilung in [X.] zwischen [X.] oder Bremskraftsteuerung und Bremskraftregelung in einer Hydraulikeinheit, wobei die Hydraulikeinheit aus [X.], [X.] für 2-Kreis-Bremssyteme, Elektromotor zum Pumpenantrieb, hydraulischem Speicher und mehreren Druckgebern bestehe. Diese Konfiguration werde vorwiegend bei Systemen wie Antiblockiersystem, Antischlupfsystem, elektronisches Stabilitätsprogramm oder auch elektrohydraulischer Bremse eingesetzt.

Die Systeme für [X.] und Hydraulikeinheit seien sehr weit entwickelt, insbesondere die Steuer- und Regelfunktionen für das Antiblockiersystem bis hin zum elektronischen Stabilitätsprogramm. [X.] sei hierbei durch die druckgeführte Steuerung von [X.] eine sehr feine Dosierung des Bremsdruckes möglich, mit dem auch eine variable Bremskraftabstimmung möglich sei (vgl. Absatz [0007] der [X.]chrift).

Dem [X.] liegt nach der Beschreibung der [X.]chrift als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine neuartige Bremsanlage bereitzustellen, die klein und kompakt in ihren Abmessungen ist. Das erfindungsgemäße Bremssystem zeichne sich dabei vorteilhaft dadurch aus, dass es eine [X.] und eine Servoeinrichtung auf kleinstem Raum pro [X.] mittels lediglich einer Kolben-Zylinder-Einheit realisiere. Die Kolben-Zylinder-Einheit diene gleichsam für den [X.] und [X.], zur Realisierung der ABS- und Antischlupfregelung sowie bei Ausfall der Energieversorgung oder Fehlfunktion der Antriebsvorrichtung (vgl. Absätze [0015] und [0017] der [X.]chrift).

2. Als hierfür zuständigen Fachmann sieht der [X.] ein Team an, welches aus einem Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik (Dipl.-Ing. oder M. Sc.) und einem Ingenieur der Elektrotechnik (Dipl.-Ing. oder M. Sc.) besteht. Dieses Team ist bei einem Fahrzeughersteller oder Zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von Bremssystemen befasst und verfügt auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung. Der [X.] sieht dieses Team als notwendig an, da das [X.] bereits zu dessen Verständnis umfangreiches Fachwissen zum einen in dem Bereich der Kraftfahrzeugbremsanlagen inklusive deren Steuerung und Regelung, sowie zum anderen in dem Bereich der Elektrotechnik zur Steuerung und Regelung des in der Bremsanlage integrierten Elektromotors vorraussetzt.

3. Dieses Team geht bei den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 von folgendem Verständnis aus:

Die gemäß Merkmal 1.1 beanspruchte Bremsanlage ist, wie sich aus der Gesamtoffenbarung der [X.]chrift ergibt, zum Einsatz in einem Fahrzeug vorgesehen.

Sie umfasst zunächst folgende Bauteile:

a) Gemäß Merkmal 1.1.1 eine Betätigungsvorrichtung in Form eines „[X.]“, welches in üblicher Art und Weise von dem Fahrer des Fahrzeugs bedienbar ist.

b) Gemäß Merkmal 1.1.2 einen „[X.]sensor“, der geeignet ist, den [X.] des [X.] zu erfassen. Das [X.] nennt als Beispiel hierfür einen Sensor 38, der nach dem [X.] aufgebaut ist (vgl. Absatz [0044] der [X.]chrift).

c) Gemäß Merkmal 1.1.3 eine „Steuer- und Regeleinrichtung“, wie etwa einen Mikrocontroller 22 (vgl. Absatz [0025] der [X.]chrift).

d) Gemäß einem Teilmerkmal des Merkmals 1.3 ein „Kolben-Zylinder-System mit zumindest einem Kolben und einem Zylinder mit Arbeitsraum“, wobei sich über den Kolben in dem Arbeitsraum des Zylinders ein Druck einstellen lässt.

e) Gemäß Merkmal 1.4 eine „Druckleitung“, über die der Arbeitsraum mit einer Radbremse in Verbindung steht, sodass etwa ein in dem Arbeitsraum 4a, 4b, 4c durch Betätigung des Kolbens 1, 1a eingestellter Druck über die Druckleitung 13 an die Radbremsen, etwa zur Betätigung derer, weitergeleitet werden kann.

f) Gemäß Merkmal 1.2 eine „Antriebsvorrichtung mit einem Elektromotor“, wobei die Steuer- und Regeleinrichtung diese unter Berücksichtigung des durch den [X.]sensor erfassten [X.]s steuert.

g) Gemäß Merkmal 1.6 einen „[X.]“ zur Messung eines Stroms des Elektromotors der Antriebsvorrichtung. Im Ausführungsbeispiel wird diese Messung mittels eines in der Leitung des Elektromotors angeordneten Shunts 23 realisiert. Ein solcher kann in Gestalt eines resistiven Widerstands in Serienschaltung bei Messung der an diesem abfallenden Spannung fachüblich zur Bestimmung des Stromes, also der Stromstärke, herangezogen werden (vgl. Absatz [0025] der [X.]chrift), wobei das Patent offensichtlich auf den für Elektromotoren typischen festen Zusammenhang zwischen Strom und Drehmoment auch im blockierten Zustand des Elektromotors – wenn dieser zur statischen Bremsdruckkrafterzeugung bei Drehzahl Null bestromt wird - abstellt.

h) Gemäß einem weiteren Teilmerkmal des Merkmals 1.3 eine „nicht-hydraulische Getriebevorrichtung“, mittels derer der Kolben von der Antriebsvorrichtung verstellt werden kann. Im ersten, in [X.]ur 1 der [X.]chrift dargestellten Ausführungsbeispiel treibt etwa das Ritzel des Elektromotors 8 den Kolben 1 über Zahnräder 6, 7 und eine Zahnstange 5a an (vgl. Absatz [0025] der [X.]chrift). Alternativ offenbart [X.]ur 9 der [X.]chrift einen Spindelantrieb 65, 67, der innerhalb des [X.] des Elektromotors angeordnet ist (vgl. auch Absätze [0066] bis [0068] der [X.]chrift).

Diese Bremsanlage ist dazu hergerichtet, dass in Abhängigkeit des durch den [X.]sensor erfassten [X.]s mittels der Antriebsvorrichtung über die nicht-hydraulische Getriebevorrichtung und den Kolben in dem Arbeitsraum des [X.] ein Druck eingestellt werden kann, der an die Radbremsen über die Druckleitung weitergeleitet werden kann. Dies erfolgt nach Maßgabe der Merkmale 1.7 und 1.8.

In Absatz [0025] der [X.]chrift ist diesbezüglich angegeben, dass die Strom- und Positionsmessung neben der [X.]teuerung zur indirekten Druckmessung genutzt werden könne, da das Motormoment des Elektromotors proportional zur Druckkraft sei. Hierfür müsse im Fahrzeug bei Inbetriebnahme ein „[X.]“ angelegt werden, in dem den verschiedenen Stromstärken unter der Berücksichtigung weiterer Nebenparameter, wie etwa der Temperatur, die Position des Kolbens zugeordnet wird. Dieses [X.] könne dann auch während des Betriebs laufend adaptiert werden.

Im Betrieb der Bremsanlage werde entsprechend einer „Verstärkerkennlinie“ eine Position des Kolbens angefahren, die entsprechend dem vorbenannten „[X.]“ einem bestimmten Druck entspricht. Solche Verstärkerkennlinien sind in [X.]ur 7 der [X.]chrift dargestellt. Sie zeigen die Abhängigkeiten zwischen [X.] S, [X.] FP und [X.] für verschiedene Betriebsmodi der Bremsanlage; sie stellen somit quasi die Verstärkungscharakteristik des Bremskraftverstärkers für jeden bzw. einen gewählten [X.] dar. Jedem Modus ist eine separate Verstärkerkennlinie zugeordnet. So stellen die Verstärkerkennlinie 59 die Abhängigkeiten für den [X.] und die Verstärkerkennlinien 58 und 58a die Abhängigkeiten für den Regelbetrieb dar (vgl. Absätze [0058] bis [0061] der [X.]chrift). In beiden Fällen ergeben sich so jeweils unterschiedliche [X.]/Bremsdruck-Charakteristika.

Zur Drucksteuerung sind sowohl die Verstärkerkennlinie - zur Ermittlung des gewünschten Soll-[X.] -, wie auch das [X.] - zur Einsteuerung des gewünschten Soll-[X.] über den Elektromotor – notwendig.

Die Merkmale 1.7 und 1.8 sind in diesem Sinne auszulegen. Die Steuer- und Regeleinrichtung ist somit ausgebildet, entsprechend einer Verstärkerkennlinie, die die Abhängigkeit zwischen [X.] und einzustellendem Bremsdruck vorgibt, eine Drucksteuerung vorzunehmen, wobei diese Drucksteuerung stromproportional erfolgt. Der Begriff „proportional“ zielt hierbei allgemein auf eine reproduzierbare Abhängigkeit des bewirkten Drucks von dem den quasistatisch betriebenen Elektromotor beaufschlagenden Strom. Dem Wortbestandteil „proportional“ kommt hierbei nicht zwingend die Bedeutung der Vorgabe einer linearen Abhängigkeit zu.

Eine Forderung nach dem vorbenannten „[X.]“ enthält Patentanspruch 1 jedoch nicht. Denn Merkmal 1.8 beansprucht lediglich allgemein, dass die Bremsanlage dazu geeignet ist, unter der Verwendung des [X.]s eine Position des Kolbens anzufahren, die einen Bremsdruck in dem Arbeitsraum erzeugt, wie er sich nach der Verstärkerkennlinie auf der Basis des [X.]s des [X.] ergibt. Ebenso ist die Verwendung des [X.]s gemäß Merkmal 1.8 nicht ausschließlich. So wird etwa im erteilten Patentanspruch 19 als Weiterbildung das Vorsehen eines Drucksensors zur Ermittlung des [X.] beansprucht (vgl. auch Absätze [0103] und [0104] der [X.]chrift), ebenso wie die [X.] zusätzlich über einen Inkrementalgeber des Elektromotors (vgl. Absatz [0106] der [X.]chrift) als mögliche den Druck abbildende Größe bestimmt werden kann.

Darüber hinaus ist die Bremsanlage gemäß Merkmal 1.5 derart konzipiert, dass bei Ausfall der Antriebsvorrichtung der Kolben mittels der Betätigungseinrichtung, also des [X.], verstellbar ist. Somit kann ein Notbetrieb der Bremsanlage gewährleistet werden. Im Ausführungsbeispiel wird zur Realisierung dieser Funktionalität nach den [X.]uren 2 und 3 der [X.]chrift ein Wegsimulator, der den [X.]sensor enthält, elektromagnetisch entkoppelt; der Kolben 1 wird nach Überwindung eines [X.] über einen mit dem Bremspedal mechanisch gekoppelten Hebel 26 unmittelbar verstellt, wodurch ohne die Gegenwirkung des [X.] ein geringerer Übersetzungssprung – bei entsprechender Dimensionierung des Kolbens – realisierbar ist (vgl. Absätze [0045], [0046] und [0051] der [X.]chrift). Eine andere Variante, bei der im Notbetrieb der Wegsimulator vom Kolben entkoppelt ist und die Betätigungseinrichtung den Kolben direkt mittels des [X.] verstellt, ist in [X.]. 9 dargestellt (vgl. auch Absatz [0069] der [X.]chrift).

III .

In seiner erteilten Fassung hat das [X.] keinen Bestand.

1. Der Patentanspruch 1 erweist sich in seiner erteilten Fassung als nicht rechtsbeständig. So ist sein Gegenstand zwar den ursprünglichen Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörig zu entnehmen. Er ist aber nicht patentfähig, da er ausgehend von der der Druckschrift [X.] entnehmbaren Lehre unter Berücksichtigung der [X.] [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

a) Der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist zulässig offenbart.

Hinsichtlich der hier beachtlichen Anmeldeunterlagen der [X.] (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 4) wird im Folgenden auf die inhaltsgleiche Offenlegungsschrift der [X.], der [X.] 2005 018 649 [X.], eingereicht als Druckschrift [X.], Bezug genommen.

Der ursprünglich eingereichte Patentanspruch 1 beansprucht bereits eine Bremsanlage, die der Bremsanlage gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung entspricht. Sie ist ursprungsoffenbart. Dies stellen auch die Parteien nicht in Abrede.

Darüber hinaus kann das vorstehend definierte Fachteam die Merkmale 1.6, 1.7 und 1.8 in der unter Punkt II–3 dargelegten auch in deren Kombination den Anmeldeunterlagen als ursprünglich zur Erfindung gehörig offenbart entnehmen.

i. Merkmal 1.6: Dem Absatz [0029] der Druckschrift [X.] ist zu entnehmen, dass der Strom des Elektromotors mittels eines Shunts 23 gemessen wird. Ein solcher Shunt ist ein niederohmiger Widerstand, mit dem sich mittelbar die Stromstärke messen und somit sensieren lässt. Der ursprünglich eingereichte Patentanspruch 27 verallgemeinert dieses konkrete Beispiel. So ist dort in allgemeinerer Form beansprucht, dass die Steuerung den Bremsdruck im Arbeitsraum des Zylinders aus dem Antriebsstrom des Antriebs ermittelt wird.

Ein wie hier formuliertes Merkmal ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung dabei unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung, etwa in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, als zu der angemeldeten Erfindung gehörig entnehmbar war (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2001 – [X.], [X.], 49, Rn. 33 – Drehmomentübertragungseinrichtung). Dies trifft hier, wie dargelegt, zu.

Darüber hinaus benennt auch der der [X.] unmittelbar folgende Satz in Absatz [0029] der Druckschrift [X.] eine Strommessung allgemein. Zu deren Ausführung ist ein dafür notwendiger [X.] für den Fachmann selbstverständlich, bedarf deshalb keiner besonderen [X.], sondern wird "mitgelesen" im Sinne der Entscheidung des [X.] vom 16. Dezember 2008 – [X.], [X.] [X.], 382 – Olanzapin.

ii. Merkmal 1.7: In Absatz [0049] der Druckschrift [X.] ist dargelegt, dass der [X.]sensor ein [X.] zum elektronischen Steuergerät liefert, welches entsprechend einer Bremskraftverstärker-Kennlinie, wie sie in [X.]ur 7 beschrieben ist, eine Bewegung der Kolben über den Elektromotor bewirkt. Absatz [0062] der Druckschrift [X.] führt zu der Verstärkerkennlinie darüber hinaus aus, dass die in [X.]ur 7 dargestellte Kennlinie einen Mittelwert eines Streubandes zeige, welches auch temperaturabhängig sei. Auch hier erkennt der Fachmann, dass die gelehrte Berücksichtigung der Temperatur bei der Festlegung der Kennlinie lediglich eine Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt, so dass auch das Merkmal 1.7 keine unzulässige Erweiterung darstellt.

iii. Merkmal 1.8: Absatz [0029] der Druckschrift [X.] lehrt, dass sowohl die Strommessung, wie auch die Positionsmessung des Rotors zur indirekten Druckmessung und damit zur Positionierung des Kolbens genutzt werden können. Die Aufnahme lediglich der Strommessung – mit der Folge einer entsprechenden vorrichtungstechnischen Beschaffenheit der Regeleinrichtung (1.1.3) und somit der Bremsanlage insgesamt (1.1) bzw. des dazu notwendigen [X.]s in den erteilten Patentanspruch 1 ist hier zulässig, da eines von mehreren Ausführungsbeispielen, die zusammengenommen, aber auch jedes für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, zusammen oder aber auch getrennt mit in den Anspruch mitaufgenommen werden können (vgl. [X.] - Drehmomentübertragungseinrichtung, a. a. [X.] unter II 3 b cc ; [X.], Beschluss vom 23. Januar 1990 – [X.], [X.], 432 – [X.] ([X.]); [X.], Urteil vom 24. Januar 2012 – [X.], [X.], 475, [X.]. 34 – [X.], [X.] [X.], 1124, [X.]. 52 – Polymerschaum).

b) Der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

So ist der Druckschrift [X.] eine Bremsanlage für ein Kraftfahrzeug zu entnehmen, die ein Bremspedal (brake pedal) 12 und einen ([X.] (displacement sensor) 14 zur Erfassung des [X.] des [X.] aufweist. Darüber hinaus umfasst die Bremsanlage einen Elektromotor (motor) 9, der von einer Steuer- und Regeleinrichtung (controller) 11 angesteuert wird, wobei die Steuer- und Regeleinrichtung 11 hierzu unter anderem die von dem [X.]sensor 14 ausgesendeten Signale nutzt (vgl. Spalte 3, Zeilen 28 bis 37; [X.]ur 1). Der Elektromotor 9 treibt ein Zahnradgetriebe (transmitting means) 10 an, das aus mehreren Ritzeln (gears) 21, 22, 23 und einem [X.] (output member) 5 besteht, wobei das Zahnradgetriebe einen Kolben (piston) 7 eines [X.] 6, 7 verstellt, so dass sich im Arbeitsraum des [X.] beim indizierten Bremsbetrieb ein Druck einstellt (vgl. Spalte 3, Zeilen 35 bis 50, sowie Spalte 4, Zeilen 38 bis 48; [X.]ur 1). Denn der Arbeitsraum des [X.] steht über eine Druckleitung (liquid passage) 15 mit einer Radbremse in Verbindung. Damit ist aus der Druckschrift [X.] eine Bremsanlage gemäß der Merkmale 1.1 bis 1.4 des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung vorbekannt.

Gemäß Spalte 6, Zeilen 18 bis 24, ist die Bremsanlage derart konzipiert, dass im Falle eines Ausfalls des Elektromotors 9 mittels des [X.] 12 der Kolben 7 unmittelbar betätigt werden kann. Somit geht aus der Druckschrift [X.] auch das Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung hervor, so dass durch die Druckschrift [X.] in der Folge eine Bremsanlage gemäß dem Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs vorweggenommen ist.

Die der Druckschrift [X.] entnehmbare Bremsanlage kann in mehreren verschiedenen [X.] betrieben werden. So führt die Beschreibung in Spalte 6, Zeile 29 bis Spalte 7, Zeile 26 die Betriebsarten „[X.]“, „parking retention“, „regenerative braking“ und „[X.]“ ausdrücklich an. Der jeweilige Betrieb mit einhergehender Ansteuerung des [X.] bedingt zwingend – so vom Fachmann zwanglos mitgelesen - eine in der Steuer- und Regeleinrichtung 11 abgelegte Verstärkerkennlinie, denn ohne einen für diese verschiedenen Modi jeweils differenziert festgelegten Bezug zwischen der jeweiligen Pedalstellung und des einzustellenden Soll-[X.] ist ein bestimmungsgemäßer Betrieb auch dieser bekannten Bremsanlage nicht realisierbar.

Auf Basis dieser Verstärkerkennlinien erfolgt den Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 35 bis 42, sowie Spalte 4, Zeilen 38 bis 48 der Druckschrift [X.] entsprechend die Drucksteuerung, wobei der eingesteuerte Druck unmittelbar auf die Radbremsen wirkt, denn weitere technische Steuerungsmittel, wie etwa in die Druckleitung integrierte Ventile oder gar eine Hydraulikeinheit, sind in Bezug auf die der Druckschrift [X.] entnehmbaren Bremsanlage [X.] weder offenbart noch angeregt.

Als Steuerungsvariable in Bezug auf den Elektromotor, mittels dessen der Druck in den Arbeitsraum eingesteuert wird, nennt die Druckschrift [X.] in Spalte 3, Zeile 38 das Motordrehmoment (commanded torque) des Elektromotors. In Spalte 4, Zeilen 41 und 42, sowie Spalte 5, Zeile 55 wird hierzu auf den [X.]trom ([X.]; … while controlling the drive current…) verwiesen, ohne dieses jedoch genauer im Detail auszuführen. Dies stellt in sich keinen Widerspruch dar, denn für den Fachmann sind Motordrehmoment und [X.]trom gegeneinander austauschbar, da diese im quasistationären Betriebszustand des Elektromotors – im auf die Drehzahl Null abgebremsten Zustand findet die Drucksteuerung nach dem Verständnis des Fachmanns in Bezug auf die Bremswirkung der Radbremsen statt - unmittelbar voneinander abhängen; nichts Anderes liest der Fachmann beim [X.] mit.

Dieses Vorgehen entspricht einer stromproportionalen Drucksteuerung entsprechend einer Verstärkerkennlinie, so wie es Merkmal 1.7 fordert. Dass die Bremsanlage der Druckschrift [X.] darüber hinaus weitere Sensoren, etwa zur Positionsbestimmung des Kolbens (displacement sensor 14), oder einen Druckmesser in der Bremsleitung (pressure sensor) 16 umfasst, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, insoweit auch das [X.] dies als weitere Ausgestaltung der in dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchten Bremsanlage lehrt.

Ein in diesem Zusammenhang verwendeter [X.] ist der Druckschrift [X.] diesbezüglich zumindest explizit jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr überlässt die Druckschrift [X.] die konstruktive Umsetzung der Ansteuerung des Elektromotors - mit Ausnahme der zuvor zitierten Textstellen mit dem Fokus auf [X.]trom und Motordrehmoment - dem Fachmann. Der Argumentation der [X.] folgend vermag die Druckschrift [X.] daher das Merkmal 1.6 zumindest nicht explizit und damit in der Folge auch das Merkmal 1.8 nicht vollständig zu offenbaren, so dass die beanspruchte Bremsanlage zumindest neu gegenüber dem Inhalt der Druckschrift [X.] ist.

Allerdings ist für den Fachmann zur Ansteuerung des Elektromotors mittels des diesem zugeführten Stroms die Kenntnis der Stromstärke zwingende Vorrausetzung, so dass der Einsatz eines [X.]s – als präsentes fachübliches, dem elementaren Grundlagenwissen zuzurechnendes und mitzulesendes Mittel - zur Messung des Stroms für ihn auf der Hand liegt und somit naheliegend ist. Der Einsatz eines solchen [X.]s, wie mit Merkmal 1.6 gefordert, bedingt dann in der Folge, dass, wie in Merkmal 1.8 beansprucht, unter Verwendung dieses [X.]s eine Position des Kolbens angefahren wird, die einem bestimmten, durch die Verstärkerkennlinie vorgegebenen Soll-Druck entspricht.

Selbst unter der Annahme, dass die wenigen, der Druckschrift [X.] entnehmbaren Angaben hinsichtlich der Ansteuerung des Elektromotors den Fachmann dort nicht ohne weiteres zur Anwendung eines fachüblichen [X.]s ausreichend anleiten sollten oder der Fachmann der Druckschrift [X.] lediglich die Ansteuerung auf Basis des [X.] entnehmen könnte, vermögen die betrachteten Merkmale eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Denn in beiden Fällen besteht für den Fachmann bei der technischen Umsetzung der Lehre der [X.] Anlass, hierzu anderweitig nach Lösungswegen oder Anregungen zu suchen (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2009 – [X.], [X.], 746 ([X.]) – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Dabei gibt ihm die Druckschrift [X.] ein Vorbild. Sie offenbart ebenfalls eine Bremsanlage, deren Bremsdruckgeber 2 durch einen Elektromotor 6 unter Zwischenschaltung eines Getriebes 7 antreibbar ist. Dabei erhält der Elektromotor 6 sein Einschaltsignal von einem Steuergerät, dem ein elektrisches [X.] von einem fahrerbetätigbaren Bremswertgeber zuführbar ist, vgl. Spalte 1, Zeilen 42 bis 54. Die Höhe des einzustellenden [X.] in der Bremsanlage steht dabei, wie dort explizit ausgeführt, in einem Zusammenhang mit der Stromstärke, die den Elektromotor 6 beaufschlagt (vgl. Spalte 2, Zeilen 16 bis 19), so wie es die Merkmale 1.7 und 1.8 fordern. Das Vorsehen eines [X.]s ist dabei auch hier für den Fachmann aus analogen Gründen zwingend erforderlich, wobei darüber hinaus auch die Anwendung eines „Shunts“, wie für das Ausführungsbeispiel im [X.] angesprochen, durch das elementare Grundlagenwissen motiviert ist.

2. Wie in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, verteidigt die [X.] das [X.] ausdrücklich als geschlossenen Anspruchssatz. Da sich der erteilte Patentanspruch 1 nicht als rechtsbeständig erweist, hat das [X.] in seiner erteilten Fassung insgesamt keinen Bestand. Dem Begehren der [X.] entsprechend sind an ihrer Stelle die Fassungen der Hilfsanträge in der beantragten Reihenfolge zu prüfen.

IV.

In den Fassungen der [X.] bis [X.]B hat das [X.] jeweils keinen Bestand.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung der Hilfsanträge H[X.]A und [X.] erweist sich jeweils als nicht patentfähig. So sind die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche zwar für den Fachmann ausführbar, sie beruhen aber ausgehend von der der Druckschrift [X.] entnehmbaren Lehre zumindest unter Berücksichtigung der [X.] [X.] für den Fachmann – d.h. das Team von Fachleuten nach der Definition im Abschnitt 2 - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei dessen Wissen durch die Druckschrift [X.] belegt ist. Auf die Frage der [X.] der nun beanspruchten Gegenstände im - zulässigen - Rahmen der [X.] kommt es hier insoweit nicht an. Ebenso bedarf es in der Folge auch keiner Beurteilung der weiteren Patentansprüche dieser beiden Anträge.

Da die Patentansprüche 1 der [X.] und [X.] auf dem Patentanspruch 1 der erteilten Fassung aufbauen, wird zu den bereits in diesem Patentanspruch enthaltenen Merkmalen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

a) Der in Merkmal 1.2 benannte Elektromotor wird durch das neu hinzugefügte Merkmal 1.2.1

Mit dem Merkmal 1.2.1

Wie die Klägerin zwar zutreffend ausführt, ist in Bezug auf das Merkmal 1.2.1

Gleiches gilt für Merkmal 1.9

Das ebenfalls für den Fachmann ausführbare Merkmal 1.9

b) Sowohl die Druckschrift [X.] wie auch die Druckschrift [X.] überlassen die Auswahl eines für den konkreten Anwendungsfall geeigneten Elektromotors dem zuständigen Fachmann. Denn keine der beiden Druckschriften gibt für den in den jeweiligen Bremsanlagen verwendeten Elektromotor weitere Konkretisierungen an oder lehrt explizit bestimmte, durch den Elektromotor zu erfüllende Spezifikationen. Ein wie durch das Merkmal 1.2.1

Die von der [X.] vorgebrachte Argumentation, wonach der Fachmann ausgehend von der Lehre der Druckschriften [X.] oder [X.] auch anderweitige Elektromotoren in Betracht ziehen könnte, mag zutreffen. Darauf kommt es aber hier nicht an. Denn wenn ein bestimmtes Mittel als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum allgemeinen Fachwissen gehört und sich auch in dem konkret zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt, ist eine Anwendung aus fachlicher Sicht nicht allein deshalb untunlich, weil dieses Mittel generell bestimmte Nachteile aufweist oder weil im konkreten Zusammenhang auch andere Ausführungsformen in Betracht kommen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juni 2021 – [X.], [X.], 1277 ([X.]) – [X.], [X.], Urteil vom 11. März 2014 –[X.] –, [X.], 647, [X.]. 26 – Farbversorgungssystem).

Auch das Merkmal 1.9

Die in der Verhandlung vorgetragene Argumentation der [X.], dass keine der als Stand der Technik im Verfahren befindlichen Druckschriften eine Bremsanlage ohne Hydraulikeinheit offenbare, welche für den [X.] und [X.] sorge, und somit die Merkmale 1.9

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.] erweist sich ebenfalls jeweils als nicht patentfähig. So sind die Bremsanlagen im Umfang dieser beiden Patentansprüche zwar für den Fachmann wiederum ausführbar, sie beruhen aber ausgehend von der der Druckschrift [X.] entnehmbaren Lehre unter Berücksichtigung der [X.] [X.] jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, hierbei wiederum das durch die Druckschrift [X.] belegte Fachwissen voraussetzend. Auf die Frage der [X.] der nun beanspruchten Gegenstände im - zulässigen - Rahmen der [X.] kommt es daher auch hier ebenso wenig an, wie es in der Folge auch keiner Beurteilung der weiteren Patentansprüche dieser Anträge im Übrigen bedarf.

Da die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge [X.] und [X.] auf dem jeweiligen Patentanspruch 1 der Fassung nach den Hilfsanträgen H[X.]A und [X.] aufbauen, wird zu den bereits in diesen Patentansprüchen enthaltenen Merkmalen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

a) Das gegenüber den Fassungen der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen H[X.]A und [X.] den Patentansprüchen gemäß der Hilfsanträge [X.] und [X.] jeweils neu hinzugefügte Merkmal 1.2.2

Gleiches gilt für das den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge [X.] und [X.] jeweils hinzugefügte Merkmal 1.10

b) Die gemäß Merkmal 1.2.2

Hinsichtlich des Merkmals 1.10

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.] erweist sich ebenfalls jeweils als nicht patentfähig. So sind die Bremsanlagen der beiden Patentansprüche zwar für den Fachmann wiederum ausführbar, sie beruhen aber ausgehend von der der Druckschrift [X.] entnehmbaren Lehre unter Berücksichtigung der [X.] [X.] jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei für das Fachwissen wiederum die Druckschrift [X.] als Beleg herangezogen werden kann. Auf die Frage der [X.] der nun beanspruchten Gegenstände im - zulässigen - Rahmen der [X.] kommt es auch hier insoweit nicht an. Ebenso bedarf es in der Folge keiner Beurteilung der weiteren Patentansprüche dieser Anträge im Übrigen.

Da die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge [X.] und [X.] auf dem jeweiligen Patentanspruch 1 der Fassung nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.] aufbauen, wird zu den bereits in diesen Patentansprüchen enthaltenen Merkmalen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

a) Die gegenüber den Fassungen der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.] den Patentansprüchen gemäß der Hilfsanträge [X.] und [X.] jeweils neu hinzugefügten Merkmale 1.8.1

Der Argumentation der Klägerin, dass die beanspruchte Bremsanlage aufgrund der neu hinzugefügten Merkmale 1.8.1

b) Wie vorstehend dargelegt, ist es zur Ansteuerung des in Merkmal 1.2.1

Auch Merkmal 1.8.1b

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.]B erweist sich ebenfalls jeweils als nicht patentfähig. So sind die Bremsanlagen der beiden Patentansprüche zwar für den Fachmann wiederum ausführbar, sie beruhen aber ausgehend von der der Druckschrift [X.] entnehmbaren Lehre unter Berücksichtigung der [X.] [X.] jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei die Zugehörigkeit einzelner Maßnahmen zum Fachwissen wiederum durch die Druckschrift [X.] wie auch durch die Druckschriften [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] belegt ist. Auf die Frage der [X.] im - zulässigen - Rahmen der Anmeldung der nun beanspruchten Gegenstände kommt es auch hier insoweit nicht an. Ebenso bedarf es in der Folge keiner Beurteilung der weiteren Patentansprüche dieser Anträge.

Da die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge [X.] und [X.]B auf dem jeweiligen Patentanspruch 1 der Fassung nach den Hilfsanträgen [X.] und [X.] aufbauen, wird zu den bereits in diesen Patentansprüchen enthaltenen Merkmalen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

a) Das neu hinzugefügte Merkmal 1.10

Zwar mag der Wortlaut des Merkmals 1.10

b) Auch das Merkmal 1.10

5. Aus diesen Gründen hat das [X.] in den Fassungen der Hilfsanträge H[X.]A bis [X.]B jeweils keinen Bestand. Auf die von der Klägerin hinsichtlich der Hilfsanträge [X.], [X.], [X.] und [X.]B erhobene Verspätungsrüge kam es angesichts dessen nicht mehr an.

V.

In der zulässigen Fassung des [X.] erweist sich das [X.] hingegen als rechtsbeständig.

1. Die Bremsanlage gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]ist für den Fachmann ausführbar, den ursprünglichen Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörig zu entnehmen sowie neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.

a) In den Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag [X.] sind gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 die Merkmale 1.2.1

1.11 H5    

„wobei für die stromproportionale Drucksteuerung bei Inbetriebnahme ein [X.] angelegt wird, das verschiedenen Stromstärken Positionen des Kolbens zugeordnet,“,

1.12 H5    

 „und wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) bei nicht übereinstimmender Position des Kolbens (1) und Motormoment das [X.] adaptiert.“.

Zur Auslegung der Merkmale 1.2.1

Gemäß dem neuen Merkmal 1.11

Stimmen in der Folge im Betrieb der Bremsanlage die Ist-Position des Kolbens nicht mehr mit der Position des Kolbens überein, welche sich bei einem am Elektromotor anliegenden Strom gemäß dem [X.] ergeben sollte, dann ist die Steuer- und Regeleinrichtung gemäß Merkmal 1.12

Merkmal 1.12

Die Bestimmung der Ist-Position des Kolbens lässt der Anspruch hierbei offen. Zwar wird gemäß den Merkmalen 1.8.1

Das vorstehend beschriebene Vorgehen bewirkt und eine entsprechende vorrichtungstechnische Ausgestaltung bedingt, dass im Betrieb der Bremsanlage das [X.] laufend adaptiert und dieses [X.] in der Folge bei der Steuerung zugrunde gelegt wird. Auf Absatz [0025] der [X.]chrift wird verwiesen.

Wie dargelegt, ist die gemäß Patentanspruch 1 beanspruchte Bremsanlage auch mit den hinzugefügten Merkmalen 1.2.1

b) Die Fassung des Patentspruchs 1 gemäß Hilfsantrag [X.] ist zulässig.

Die dort beanspruchte Bremsanlage ist mit den gegenüber der erteilten Fassung neu hinzugefügten Merkmalen den ursprünglichen Anmeldeunterlagen zu entnehmen. Die Merkmale 1.2.1

Das Vorbringen der Klägerin, wonach aufgrund der Aufnahme dieser Merkmale eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege, da nicht der vollständige Inhalt des Absatzes [0029] in den Patentanspruch mitaufgenommen wurde, so etwa die in diesem Absatz noch aufgeführte konstruktive Ausbildung der nicht-hydraulischen Getriebevorrichtung oder in Bezug auf den vorliegenden Patentanspruch das Merkmal 1.2.2

c) Die in Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag [X.] beanspruchte Bremsanlage ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nur neu, sie beruht gegenüber diesem Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

So können die Merkmale 1.2.1

Soweit die Klägerin ausführt, dass bereits die Druckschrift [X.] mit Verweis auf Spalte 6, Zeilen 29 ff., verschiedene Kennlinien offenbaren würde, die je nach Bedarf Verwendung finden würden, trifft dies zu. Bei diesen Kennlinien handelt es sich aber nicht um ein [X.] im Sinne der Auslegung, welches Stromstärken Positionen des Kolbens zuordnet, sondern um Kennlinien, welche den Zusammenhang zwischen [X.]tellung und [X.] des Kolbens darstellen, also um Verstärkerkennlinien. Darüber hinaus ist das Vorsehen verschiedener Kennlinien oder selbst [X.]er, von denen je nach Bedarf eine bzw. eines ausgewählt wird, nicht mit der anspruchsgemäßen Adaption gleichzusetzen, bei der ein vorgegebenes [X.] im Betrieb auf Grundlage der erfassten Kenngrößen durch ein neues [X.] ersetzt - im Sinne von überschrieben - wird. Die Druckschrift [X.] kann daher keine Anregung zur Adaption des [X.]es geben oder dies gar vorwegnehmen.

Auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang benannte Druckschrift [X.] vermag dies nicht. Diese offenbart eine Gewichtung verschiedener Eingangsgrößen, hier Temperatur und [X.], zur Bestimmung eines Sollwerts, hier [X.], einer Bremsanlage. Diese Gewichtung findet damit in Bezug auf die Verstärkerkennlinie der Bremsanlage statt und nicht in Bezug auf ein patentgemäßes [X.]. Darüber hinaus ist diese Gewichtung ebenso nicht mit der patentgemäßen Adaption vergleichbar.

2. Die Merkmale der abhängigen Patentansprüche 2 bis 19 gehen über reine Selbstverständlichkeiten hinaus, sie begegnen insoweit keinen Bedenken. Solche hat die Klägerin auch nicht vorgebracht.

V[X.]

Aus diesen Gründen erweist sich das [X.] in der Fassung des [X.] als rechtsbeständig. Auf die weiteren Hilfsanträge [X.], [X.]B, [X.] und [X.] kam es angesichts dessen nicht mehr an.

VI[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

Meta

6 Ni 12/22

07.09.2022

Bundespatentgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 22 Abs 1 PatG, § 21 Abs 1 Nr 1 PatG, § 21 Abs 1 Nr 2 PatG, § 21 Abs 1 Nr 4 PatG, § 99 Abs 1 PatG, § 1025 ZPO, § 1032 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 07.09.2022, Az. 6 Ni 12/22 (REWIS RS 2022, 5174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5174

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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