Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2020, Az. B 2 U 4/18 R

2. Senat | REWIS RS 2020, 2515

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2018 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. Januar 2017 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens aller drei Rechtszüge.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2012 einen Beitragszuschlag iHv 22 690,11 Euro erheben darf.

2

Die Beklagte veranlagte die Klägerin zu der [X.] 15.1 - [X.] in Dienstleistungsbereichen Stammpersonal - Gefahrklasse 0,77 - und zu der [X.] 15.2 - [X.] in allen anderen Bereichen - Gefahrklasse 7,97 - (Bescheid vom 3.11.2010). Am 5.12.2011 erlitt der bei der Klägerin beschäftigte [X.] einen Arbeitsunfall, als er im Lager eines Kunden verbotswidrig einen Gang betreten hatte. Die Beklagte bewilligte [X.] eine Rente aufgrund dieses Arbeitsunfallereignisses und zahlte im [X.] Rentenleistungen iHv 351,36 Euro aus. Zudem wendete sie im [X.] insgesamt 37 470,05 Euro für ambulante und stationäre Heilbehandlungen sowie sonstige Geldleistungen wie Verletztengeld ua aus. Für das [X.] setzte die Beklagte den von der Klägerin zu zahlenden Beitrag auf 226 901,09 Euro nebst Rentenaltlastumlage iHv 1272,20 Euro und Anteilen am berufsgenossenschaftlichen Ausgleichsverfahren auf insgesamt 256 147,35 Euro fest (Bescheid vom 15.5.2013).

3

Die Beklagte erhob nach Anhörung der Klägerin bei dieser für das [X.] einen Beitragszuschlag iHv 22 690,11 Euro. Dabei legte sie einen anrechenbaren Beitrag iHv 226 901,09 Euro und 50 Belastungspunkte zugrunde. Bei einer Einzelbelastung der Klägerin von 2,2036 und einer Durchschnittsbelastung von 0,4707 ergebe sich aufgrund der Abweichung der Einzelbelastung von der Durchschnittsbelastung um [X.] ein Beitragszuschlag iHv [X.] des anrechenbaren Beitrags (Bescheid vom 26.8.2013).

4

Die Klage vor dem [X.] blieb erfolglos (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und den Beitragszuschlagsbescheid aufgehoben (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat ausgeführt, § 29 der Satzung der Beklagten verstoße gegen Art 3 GG sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Satzungsregelung führe zu Wertungswidersprüchen und zu zufälligen bzw willkürlichen Ergebnissen. Zeitlich befristete Renten würden unbefristeten Renten gleichgestellt. Andererseits würden Renten bei einem ggf lebenslangen Bezug nicht berücksichtigt, wenn die Zahlungen den Wert von 10 000 Euro gerade im Beitragsjahr nicht erreichten. Die Höhe der Kosten sei von Zufälligkeiten wie Auszahlungszeitpunkt und Arbeitsverdienst des Versicherten abhängig. Ein Wertungswiderspruch liege auch insoweit vor, als Aufwendungen bei Arbeitsunfällen ohne Rente mit einem Punkt bewertet würden, bei [X.] aber zu einem Punktwert von 50 führen könnten.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 162 [X.]B VII. Die Satzung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Durch die Einführung einer beitragsmäßigen Grenze komme es auch zu einer Entlastung der versicherten Unternehmen. Die Grenze durch die aufgewandten Kosten von 10 000 Euro und die Anknüpfung an den Begriff der Rente dienten dazu, die Zahl der einzubeziehenden Arbeitsunfälle gering und von Relevanz zu halten. Der Grenzwert von 10 000 Euro sei sachlich gerechtfertigt, weil hiermit typisierend auf die Schwere des Unfalls abgestellt werde. Das L[X.] negiere den Gestaltungsspielraum der Beklagten und überspanne die sich aus Art 3 GG ergebenden Anforderungen.

6

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2018 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. Januar 2017 zurückzuweisen,

        

hilfsweise,

        

die Satzungsregelungen der Beklagten für eine Übergangszeit zum 31. Dezember 2021 für weiterhin anwendbar zu erklären.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht das Urteil des [X.] aufgehoben. Die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Variante 1 [X.]G) ist unbegründet, weil die angegriffenen Verwaltungsakte über die Auferlegung eines Beitragszuschlags und das entsprechende Zahlungsgebot für das Beitragsjahr 2012 rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten. Die Beklagte hat zu Recht einen von der Klägerin für das [X.] zu zahlenden Beitragszuschlag iHv 22 690,11 Euro festgesetzt. Die der Berechnung des Beitragszuschlags zugrunde liegenden Satzungsregelungen der [X.] sind nicht zu beanstanden.

9

I. Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Beitragszuschlags ist § 162 Abs 1 [X.]B VII (idF des Art 5 [X.] des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 24.7.2003, [X.] 1526) iVm § 29 der am 1.1.2012 in [X.] getretenen Satzung der [X.] vom 28.9.2011 (Genehmigung durch das [X.]) idF des am [X.] in [X.] getretenen 2. Nachtrags vom [X.] (Genehmigung durch das [X.] am 18.7.2013). Gemäß § 162 Abs 1 [X.]B VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Satz 1). Versicherungsfälle nach § 8 Abs 2 [X.] bis 4 [X.]B VII bleiben dabei außer Ansatz (Satz 2). Das Nähere bestimmt die Satzung, die dabei Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen kann (Satz 3). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (Satz 4). Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden (Satz 5).

Auf der Grundlage des § 162 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 [X.]B VII ist § 29 der Satzung der [X.] vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom [X.] ergangen. Danach werden jeder Unternehmerin bzw jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII und jeder Unternehmerin bzw jedem Unternehmer, die nach § 6 Abs 1 [X.] [X.]B VII freiwillig versichert sind, unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (Abs 1 Satz 1). [X.] sind nur Beitragspflichtige, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer [X.] abweicht (Abs 3 [X.] Satz 1). Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um [X.] über der Durchschnittsbelastung der [X.] liegt (Abs 3 [X.] Satz 2). Das [X.] wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle, der im Beitragsjahr festgestellten neuen [X.] und der Todesfälle (Abs 3 [X.]). Jedes Unternehmen erhält für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten - Sach- und Geldleistungen - bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten - Sach- und Geldleistungen - des Unfalls über 10 000 Euro einen Punkt sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue [X.] mit Kosten - Sach- und Geldleistungen - des Unfalls bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten - Sach- und Geldleistungen - des Unfalls über 10 000 Euro 50 Punkte (Abs 3 [X.] und 2). Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen (Abs 3 [X.]). Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag der Unternehmerin bzw des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen (Abs 3 [X.]). Der Zuschlag zum Beitrag beträgt [X.] des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags, wenn die Einzelbelastung um [X.] über der Durchschnittsbelastung der [X.] liegt (Abs 3 [X.]). Für die Berechnung der Beiträge nach [X.] und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem [X.] der Berufsgenossenschaft ergibt (Abs 3 [X.]).

II. Zu Recht hat die Beklagte nach diesen Vorschriften einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2012 iHv 22 690,11 Euro festgesetzt.

Der [X.] ist befugt, die Satzung der [X.] auszulegen, weil es sich dabei um revisibles Recht iS des § 162 [X.]G handelt. Nach dieser Vorschrift kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des [X.] geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des [X.] hinaus erstreckt. Da die Beklagte eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 1 Abs 2 Halbsatz 1 der Satzung iVm § 29 Abs 1 [X.]B IV), geht der Geltungsbereich ihrer Satzung über den Bezirk des [X.] hinaus (vgl dazu B[X.] Urteil vom [X.] - B[X.]E 31, 47, 48 = [X.] [X.] zu § 543 RVO), sodass offenbleiben kann, ob es sich bei den Satzungsregelungen nicht ohnehin um "Bundesrecht" handelt (so Fichte in Fichte/[X.], [X.]G, 3. Aufl 2020, § 162 Rd[X.]; [X.] in Eyermann, VwGO, 15. Aufl 2019, § 137 Rd[X.]6; [X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 162 Rd[X.], 17; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], 13. Aufl 2020, § 162 Rd[X.]; [X.] in jurisPK-[X.]G, 1. Aufl, Stand: [X.], § 162 Rd[X.]5).

Die Klägerin ist als Mitglied der [X.] gemäß § 3 [X.], Versicherungen, Verwaltungen, freie Berufe und besondere Unternehmen - der Satzung beitragspflichtig (hierzu unter 1.). Anzuwenden ist auf den hier erhobenen Beitragszuschlag für 2012 § 29 der Satzung der [X.] vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom [X.]. Soweit hierin eine unechte Rückwirkung liegen könnte, war diese jedenfalls zulässig (dazu unter 2.). Die Klägerin war für das Beitragsjahr 2012 zuschlagspflichtig, weil ihre Einzelbelastung um [X.] über der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer [X.] lag (hierzu unter 3.). Zutreffend hat die Beklagte auch den Zuschlag iHv 22 690,11 Euro festgesetzt (hierzu unter 4.). Die von der [X.] angewandten Satzungsbestimmungen sind von der Ermächtigung des § 162 Abs 1 [X.]B VII gedeckt (hierzu unter 5.) und verstoßen in ihrer Anwendung auf die Klägerin nicht gegen Verfassungsrecht (hierzu unter 6.).

1. Die Klägerin gehörte als Mitglied der [X.] der [X.], Versicherungen, Verwaltungen, freie Berufe und besondere Unternehmen - mit der Unternehmensart 32 - [X.]arbeitsunternehmen - an. Mit bestandskräftigem Bescheid vom [X.] waren von ihr für das [X.] Beiträge iHv insgesamt 256 147,35 Euro erhoben worden. Da sie weder gemeinnützig ist, noch ihr tatsächlich errechneter Beitrag unterhalb des [X.] lag, war sie nicht gemäß § 29 Abs 3 [X.] Satz 3 der Satzung vom [X.] ausgenommen.

2. Die Beklagte hat ohne Rechtsverstoß auf das [X.] für das Beitragsjahr 2012 § 29 der Satzung vom 28.9.2011 idF des 2. Nachtrags vom [X.] angewandt. Der zweite Nachtrag trat nach seiner ausdrücklichen Regelung am [X.] in [X.]. [X.], die einen anderen Geltungszeitraum anordneten, fehlen. Das [X.] für das Beitragsjahr 2012 konnte erst ab [X.] und damit erst unter der Geltung des 2. Nachtrags beginnen, denn nach § 29 Abs 3 [X.] der Satzung der [X.] wird das Verfahren jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr und damit das vorangegangene Beitragsjahr durchgeführt.

Durch die Neuregelung in § 29 Abs 3 [X.] und 2 der Satzung idF des 2. Nachtrags vom [X.] wurde gegenüber der bisherigen Fassung der Norm der Begriff "Kosten" des Unfalls bzw der [X.] um den Zusatz "Sach- und Geldleistungen" ergänzt. Es kann offenbleiben, ob sich - wie die Beklagte meint - durch diese Hinzufügung die bisherige, bis zum 31.12.2012 geltende Rechtslage überhaupt nicht änderte, sondern durch den 2. Nachtrag lediglich eine Klarstellung erfolgte (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - [X.]E 135, 1 Rd[X.]5). Aus der Sicht der betroffenen Unternehmer dürfte es sich jedenfalls um eine Verschlechterung der Rechtslage gehandelt haben, weil nunmehr für die [X.] ab [X.] klar geregelt ist, dass sonstige Kosten des Unfalls auch bei neu festgestellten [X.] nicht nur die Aufwendungen für Rentenzahlungen, sondern auch [X.] die für Heilbehandlungen sind. Doch auch wenn die Änderungen durch den 2. Nachtrag vom [X.] rückwirkende Geltung zum [X.] entfalten würden, wäre dies im vorliegenden Falle zulässig.

a) § 29 der Satzung bewirkt jedenfalls keine echte Rückwirkung. Mit dem [X.] ist bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (stRspr; vgl zB Beschluss vom [X.] - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - [X.]E 45, 142, 167 f; Urteil vom 23.11.1999 - 1 [X.] - [X.]E 101, 239, 262; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 Rd[X.]2, jeweils mwN), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl zB Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302, 318; Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - [X.]E 135, 1 Rd[X.]9 mwN; vgl auch zB B[X.] Urteil vom [X.] KR 19/09 R - [X.] 4-5562 § 8 [X.] Rd[X.]8 f; B[X.] Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014-109 = juris Rd[X.]1 ff mwN), zu unterscheiden (vgl etwa B[X.] Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R - B[X.] [X.] 4- 2500 § 269 [X.] Rd[X.]7). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl zB [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]E 11, 139, 145 f; Urteil vom 23.11.1999 - 1 [X.] - [X.]E 101, 239, 263; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 Rd[X.]2). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem [X.]punkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvL 14/02 - [X.]E 127, 1, 16 f). So liegt es regelmäßig, wenn der Gesetzgeber eine nicht nur vorläufig geregelte bereits entstandene Schuld nachträglich abändert (vgl zB im Steuerrecht bei nachträglicher Veränderung einer bereits entstandenen Steuerschuld: [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvL 14/02 - [X.]E 127, 1, 18 f; Beschluss vom [X.] - 2 BvR 748/05 [X.] - [X.]E 127, 61, 77 f; Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 Rd[X.]4).

Daran fehlt es hier, denn durch den 2. Nachtrag der Satzung wird gerade nicht eine bereits entstandene Rechtsposition der Klägerin nachträglich entwertet. Die Neufassung des § 29 der Satzung durch den 2. Nachtrag vom [X.] mit Wirkung zum [X.] knüpft zwar tatbestandlich an die [X.] eingetretenen Unfälle und festgestellten [X.]n an. Sie regelt jedoch hier mit ihrem Inkrafttreten am [X.] aber nur das erst im Jahre 2013 noch durchzuführende [X.] (zur Zuordnung der Änderung von Normen des Steuerrechts mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum zur Kategorie der unechten Rückwirkung vgl [X.] Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 Rd[X.]4 f mwN).

b) Auch wenn die Neufassung des § 29 der Satzung in dem 2. Nachtrag vom [X.] eine sog unechte Rückwirkung entfalten würde, wäre diese zulässig und würde die Rechte der Klägerin nicht unverhältnismäßig einschränken. Eine unechte Rückwirkung, die auch als "tatbestandliche Rückanknüpfung" bezeichnet wird (siehe [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]E 72, 200, 242; [X.] Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - [X.]E 97, 67, 79; [X.] Urteil vom 5.2.2004 - 2 BvR 2029/01 - [X.]E 109, 133, 181), liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (stRspr; vgl zB [X.] Urteil vom [X.] - [X.]E 43, 291, 391; [X.] Beschluss vom 13.5.1986 - 1 BvR 99/85 - [X.]E 72, 175, 196; [X.] Beschluss vom 11.10.1988 - 1 BvR 743/86 - [X.]E 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten [X.] bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (stRspr; [X.] vgl zB Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 mwN; Beschluss vom 24.3.1998 - 1 BvL 6/92 - [X.]E 97, 378, 389 = [X.] 3-2500 § 48 [X.]; B[X.] Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014-109 = juris Rd[X.]2).

Für die Klägerin sind hier keine Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes erkennbar, die der Anwendung der ab [X.] geltenden Neuregelung entgegenstehen könnten. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und des Vertrauens der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage (vgl dazu [X.] Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - [X.]E 132, 302 Rd[X.]5 mwN) überwog hier das Interesse der [X.] und ihrer Mitglieder an dem baldigen Inkrafttreten einer handhabbaren und klaren Regelung des [X.]s, nachdem Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung des Begriffs "Kosten" des Unfalls bzw der festgestellten neuen [X.] in der bisherigen Fassung der Norm aufgetreten waren. Dass die Klägerin vorliegend auf einen unveränderten Fortbestand des § 29 der Satzung vertrauen durfte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere konnte sie nicht davon ausgehen, dass Arbeitsunfälle, für die 2012 eine Verletztenrente bewilligt wurde, nur dann zu einem Zuschlag führen, wenn der im [X.] bewilligte Gesamtbetrag der Rentenzahlungen nur in diesem Jahr alleine 10 000 Euro überschritt. Insofern waren die Formulierungen in § 29 der noch 2012 geltenden Fassung der Satzung zu unbestimmt und auslegungsbedürftig. Die Beklagte ging, wie bereits ausgeführt, zwar davon aus, dass sich die Rechtsfolge des 2. Nachtrags bereits aus der bisherigen Fassung der Norm ergab, sodass dieser 2. Nachtrag jedenfalls Rechtsklarheit herstellte, was - auch bei einer ggf unechten Rückwirkung der Norm - jedenfalls deren Zulässigkeit auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zur Folge hätte. Denn selbst eine echte Rückwirkung einer Norm ist unter dem Gesichtspunkt der Bereinigung einer unklaren Rechtslage ggf zulässig.

3. [X.] lag die Einzelbelastung der Klägerin um [X.] über der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer [X.]. Für die Berechnung der Einzelbelastung waren 50 Belastungspunkte aufgrund des Arbeitsunfalls des [X.] zu berücksichtigen (dazu unter a). Dies ergab eine Einzelbelastung von 2,2036 (dazu unter b), die die Durchschnittsbelastung von 0,4707 aller Unternehmen der [X.] 15 mit den [X.] und 15.2 des Gefahrtarifvertrages der [X.] um [X.] überstieg (dazu unter c).

a) Der Arbeitsunfall des Beschäftigten [X.] im Dezember 2011, für den ihm [X.] Verletztenrente iHv 351,36 Euro bewilligt wurde, führte in diesem Jahr zu Kosten von über 10 000 Euro, denn die Beklagte gewährte Sachleistungen - [X.] Heilbehandlung - und hatte sonstige Kosten iHv weiteren 37 470,05 Euro und damit insgesamt 37 821,41 Euro. Gemäß § 29 Abs 3 [X.] Spiegelstrich 2 der Satzung waren damit aufgrund der [X.] neu festgestellten [X.] des Beschäftigten [X.] 50 Punkte zugrunde zu legen. Nach § 29 Abs 3 [X.] Satz 2 Spiegelstrich 2 idF des 2. Nachtrags vom [X.] sind nicht nur die Rentenzahlungen, sondern auch sonstige Kosten für Sachleistungen und Geldleistungen, die aufgrund des Arbeitsunfalls entstanden sind, zu berücksichtigen (vgl dazu auch B[X.] Urteil vom [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Bei dem Unfall handelte es sich nicht um einen Wegeunfall oder einen durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden von nicht zum Unternehmen der Klägerin gehörenden Personen verursachten Unfall (vgl § 29 Abs 1 Satz 2 der Satzung), weil nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) die unfallbringende Verrichtung des Verletzten bei verbotswidrigem Betreten eines Ganges erfolgte und damit - unabhängig von der Frage, ob Mitarbeiter des [X.] insoweit Dritte sind, oder sich die Klägerin auch deren Verhalten zurechnen lassen muss - die rechtliche Würdigung des [X.], dass kein ausschließliches Fremdverschulden von [X.] vorlag, nicht zu beanstanden ist (vgl B[X.] Urteil vom 30.6.1999 - [X.] U 29/98 R - [X.] 3-2200 § 725 [X.] Rd[X.]1).

b) Die für den Beitragszuschlag zu errechnende Einzelbelastung betrug 2,2036. Zur Berechnung der Einzelbelastung waren nach § 29 Abs 3 [X.] Buchst a der Satzung die Punkte des Unternehmens der Klägerin zu addieren (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag der Klägerin für das Beitragsjahr zu beziehen. Zu berücksichtigen waren aufgrund des Unfalls ihres Beschäftigten [X.] im Jahre 2011 [X.] 50 Belastungspunkte. Für die Berechnung des Beitrags der Klägerin im Beitragsjahr war gemäß § 29 Abs 3 [X.] der Satzung nur der Beitragsanteil auf dem [X.] für die Beklagte iHv 226 901,09 Euro zugrunde zu legen. Dies ergab eine Einzelbelastung von 2,2036 (= [50 x 10 000] : 226 901,09).

c) Die Einzelbelastung der Klägerin von 2,2036 überstieg die Durchschnittsbelastung aller Unternehmen der [X.] 15, [X.] und 15.2, des Gefahrtarifvertrages der [X.], die 0,4707 betrug. Die Klägerin gehört den Gefahrtarif(teil)stellen 15.1 ([X.]arbeit - Beschäftigte im Dienstleistungsbereich und Stammpersonal) bzw 15.2 ([X.]arbeit - Beschäftigte in allen anderen Bereichen) an. Die Abweichung betrug [X.] und damit [X.]. Dieser Vergleich hätte auch nicht nur jeweils innerhalb der Gefahrtarifteilstellen erfolgen dürfen. Zwar weichen die Gefahrklassen für die beiden Tarifteilstellen 15.1 und 15.2 hier erheblich voneinander ab (Gefahrklassen 0,77 und 7,97), jedoch ist das Unternehmen der Klägerin gerade zu beiden Teil-[X.]n veranlagt worden, sodass eine nachträgliche Aufspaltung in zwei Untergruppen nicht gefordert werden kann und wohl auch technisch nicht möglich wäre. Zudem ist nicht ersichtlich, dass durch die Bildung dieser gemeinsamen "Vergleichsgruppe" aller Unternehmen der [X.] 15 im Rahmen des [X.]s der Gestaltungsspielraum des [X.] überschritten worden ist (zur Zulässigkeit der Bildung gemeinsamer [X.]n vgl B[X.] Urteil vom 11.4.2013 - [X.] U 8/12 R - B[X.]E 113, 192 = [X.] 4-2700 § 157 [X.]).

4. Aufgrund der Abweichung von [X.] und damit einer wesentlichen Abweichung der Einzelbelastung der Klägerin von der Durchschnittsbelastung [X.], die gemäß § 29 Abs 3 [X.] der Satzung bereits bei [X.] beginnt, war für diese ein Beitragszuschlag iHv 22 690,11 Euro zu zahlen. § 29 Abs 3 [X.] der Satzung bestimmt, dass bei einer Abweichung von [X.] der Zuschlag [X.] des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags beträgt. Dies ergab bei einem Beitrag der Klägerin iHv 226 901,09 Euro einen Beitragszuschlag iHv 22 690,11 Euro.

5. Die hier anzuwendenden Satzungsbestimmungen der [X.] zur [X.] sind mit höherrangigem Recht, insbesondere mit § 162 [X.]B VII, vereinbar. Den Unfallversicherungsträgern als ihre Angelegenheiten selbst regelnde öffentlich-rechtliche Körperschaften ist bei der Beitragsgestaltung ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung autonomes Recht setzen (vgl B[X.] Urteil vom [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/17 R - [X.] 4-2700 § 183 [X.] und vom 11.4.2013 - [X.] U 8/12 R - B[X.]E 113, 192 = [X.] 4-2700 § 157 [X.] jeweils mwN). Das von der Vertreterversammlung erlassene autonome Satzungsrecht muss auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhen. Ob der [X.] die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat, hat der [X.] nicht zu prüfen. Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die Satzungsregelungen anzuführen sind (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/17 R - [X.] 4-2700 § 183 [X.] mwN).

Die hier angewandten Satzungsbestimmungen genügen diesen Anforderungen. Die Regelungen der Satzung über die Beitragszuschlagserhebung und -berechnung sind durch die Vorschrift des § 162 Abs 1 [X.]B VII gedeckt. § 162 Abs 1 Satz 3 und Satz 4 [X.]B VII ermächtigen die gewerblichen Berufsgenossenschaften, durch [X.], die sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale richten, unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle aufzuerlegen. Nach § 162 Abs 1 Satz 2 [X.]B VII bleiben Versicherungsfälle nach § 8 Abs 2 [X.] bis 4 [X.]B VII dabei außer Ansatz. Der Ermächtigung in § 162 Abs 1 Satz 3 [X.]B VII entsprechend hat die Beklagte in ihrer Satzung die Erhebung von Zuschlägen geregelt. Sie hat insbesondere in § 29 ihrer Satzung bei der Berechnung des Beitragszuschlags sowohl die Anzahl der Arbeitsunfälle als auch durch die Differenzierung danach, ob eine Rente bewilligt wurde, deren Schwere und die Höhe der Aufwendungen zugrunde gelegt.

6. Die Regelung des § 29 der Satzung der [X.] verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz iS des Art 3 Abs 1 GG gebietet zwar, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt nur dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und [X.] unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/17 R - [X.] 4-2700 § 183 [X.] mwN).

Die von der [X.] in § 29 ihrer Satzung vorgenommenen Differenzierungen sind danach mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Eine Berechnung des Zuschlags anhand einer periodenbezogenen Berücksichtigung von Aufwendungen innerhalb eines eng begrenzten [X.] ist eine rein technische Regelung. Sie knüpft nicht an personengebundene Merkmale an, sondern entspricht § 162 Abs 1 Satz 4 [X.]B VII, wonach maßgebend für die Erhebung eines Beitragszuschlags neben der Zahl und Schwere der Unfälle die dafür entstehenden Aufwendungen sein sollen. Dementsprechend bedurfte es keiner Differenzierung der Rentenfälle zwischen solchen mit lebenslangem und solchen mit kurzzeitigem Rentenbezug. Das Abstellen auf die Gesamtkosten im Beitragsjahr, wenn in diesem Jahr der Arbeitsunfall bekannt oder eine Rente bewilligt wurde, entspricht Sinn und Zweck des Beitragszuschlags. Dieser soll positive Anreize zu einer verbesserten Unfallverhütung durch die Unternehmer bewirken. Ein solcher Effekt kann nur eintreten, wenn sich verstärkte [X.] auch in absehbarer [X.] für den Unternehmer wirtschaftlich auswirken (vgl dazu auch B[X.] Urteil vom [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Entgegen der Auffassung des [X.] durfte der [X.] ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch § 29 Abs 3 [X.] der Satzung sowohl das Bekanntwerden eines Arbeitsunfalls als auch die Rentenbewilligung für diesen kumulativ in einem Jahr für die Erhebung des Beitragszuschlags berücksichtigen. Durch diese Regelung findet neben dem Kriterium der Anzahl der Unfälle zusätzlich das Kriterium der Schwere des Unfalls Berücksichtigung. Der [X.] durfte im Rahmen seiner Satzungsautonomie pauschalierend als Indiz für die Schwere des Unfalls auf die Bewilligung einer Verletztenrente abstellen, weil die Verletztenrente nur bei erheblicheren Unfallfolgen zu gewähren ist, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um [X.] infolge des Unfalls über die 26. Woche hinaus bedingen (vgl § 56 [X.]B VII). Ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG hat der [X.] auch mithilfe der Mindestkostengrenze von 10 000 Euro und des Belastungspunktesystems die Unfallschwere zulässig beurteilt, weil erhebliche Verletzungen regelmäßig höhere Kosten verursachen und diese somit ein tauglicher Indikator für die Schwere des Unfalls sind. Soweit das [X.] hier auf [X.] bei der Anwendung der Satzung abgestellt hat, erreichen diese Diskrepanzen nach Überzeugung des [X.]s nicht das Ausmaß, das bei einer typisierenden Regelung - gerade im Bereich der Satzungsautonomie - im Lichte des Art 3 Abs 1 GG nicht mehr hinnehmbar wäre. Im Übrigen wirkt sich vorliegend der [X.]punkt des Bekanntwerdens des [X.] ohnehin nicht aus, weil sich die Klägerin alleine gegen einen Beitragszuschlag für das Folgejahr 2012 wehrt.

Der [X.] hat zu der hier maßgeblichen Satzung auch entschieden (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen), dass Rentennachzahlungen für länger zurückliegende Jahre keine "Aufwendungen" iS des § 162 Abs 1 Satz 4 [X.]B VII sind, nach denen sich die Höhe der Zuschläge richten darf. Insofern dürfte der [X.] wohl nicht ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch § 29 Abs 3 [X.] der Satzung sowohl das Bekanntwerden eines Arbeitsunfalls als auch die Rentenbewilligung für diesen ohne jede zeitliche Begrenzung kumulativ für die Erhebung des Beitragszuschlags berücksichtigen. Hier ist diesem Grundsatz der "Akt[X.]lität" des [X.]s (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) jedoch Rechnung getragen, weil zwischen dem Unfallereignis Ende 2011 und dem [X.]raum des [X.] der notwendige zeitliche Zusammenhang vorlag.

Die Satzungsregelungen berücksichtigen im Übrigen ermächtigungskonform die Größe des jeweiligen Betriebs und die Anzahl der Mitarbeiter (ohne Versicherungsfall) nicht. Das Kriterium der Betriebsgröße oder das Verhältnis der Arbeitsunfälle zur Gesamtbelegschaft wird in § 162 [X.]B VII - im Gegensatz zur Schwere der Arbeitsunfälle - nicht erwähnt (vgl hierzu im Einzelnen B[X.] Urteil vom [X.]). Schließlich ist auch unter Berücksichtigung des [X.], der letztlich dem [X.] zugrunde liegt, nicht zu beanstanden, dass die Beklagte Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung mit Beitragszuschlägen belastet. Zwar mag im Einzelfall fraglich sein, ob der Arbeitgeber als Verleiher hinreichenden Einfluss auf die Arbeitsgestaltung und Arbeitsbedingungen beim Entleiher der Arbeitnehmer hat. Der [X.] durfte hier noch zulässigerweise typisierend unterstellen, dass der Präventionsgedanke beim Verleiher, dem Arbeitgeber des Verletzten, Wirkung entfalten kann.

Im Rahmen der rein technischen Prüfung der Ungleichbehandlung auf der niedrigsten Eingriffsstufe des Art 3 Abs 1 GG ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, dass nach den Satzungsregelungen ein Arbeitsunfall, der neben einer geringen Rente hohe sonstige Sachaufwendungen verursacht hat, zu einem Beitragszuschlag führen kann. Die Beklagte durfte auch insoweit typisierend in ihrer Satzung davon ausgehen, dass die hohen Sachaufwendungen ein zutreffendes Indiz für die Schwere eines Unfalls ist. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Erhebung des Beitragszuschlags von [X.] ihres zu zahlenden Beitrags unzumutbar belastet wird.

III. Der Hilfsantrag der [X.] auf Erlass einer Fortgeltungsanordnung der Satzungsregelungen war nicht zu bescheiden, weil er - auflösend bedingt - nur für den Fall gestellt worden ist, dass der [X.] der Revision der Klägerin stattgeben und die Satzungsregelungen für nichtig halten würde. Es kann deshalb offenbleiben, ob die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überhaupt befugt wären, eine zeitlich befristete Fortgeltung rechtswidriger Satzungen anzuordnen. Der [X.] hat es zwar aus zwingenden Gründen ausnahmsweise zugelassen, gesetzes- oder verfassungswidrige Vorschriften einer Satzung für eine Übergangszeit weiter anzuwenden, wenn die Nichtanwendung der Norm zu untragbaren Ergebnissen führen würde, die von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sind als ein Zustand, bei dem es dem Betroffenen zugemutet wird, die Anwendung einer rechtswidrigen Norm für eine begrenzte [X.] hinzunehmen (B[X.] Urteile vom 4.12.2007 - [X.] U 36/06 R - [X.] 4-2700 § 182 [X.] Rd[X.]9 f und vom 7.12.2004 - [X.] U 43/03 R - B[X.]E 94, 38, 46 = [X.] 4-2700 § 182 [X.] Rd[X.]9). An dieser Rechtsprechung bestehen allerdings Zweifel, weil es für die Anordnung der übergangsweisen Weitergeltung einer Satzungsnorm durch das B[X.] keine Rechtsgrundlage gibt (vgl dazu B[X.] Urteil vom 4.12.2014 - [X.] U 11/13 R - B[X.]E 118, 9 = [X.] 4-2700 § 161 [X.], Rd[X.]8 ff mwN; vgl auch BVerwG Urteil vom 27.11.2019 - 9 C 4/19 - HFR 2020, 314 Rd[X.]0).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

Meta

B 2 U 4/18 R

23.06.2020

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Heilbronn, 23. Januar 2017, Az: S 5 U 1185/14, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2020, Az. B 2 U 4/18 R (REWIS RS 2020, 2515)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2515

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