Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2000, Az. XII ZB 112/99

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1750

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[X.] ZB 112/99vom5. Juli 2000in dem [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 5. Juli 2000 durch den [X.] [X.] [X.] und die [X.] Hahne, [X.], [X.] und Prof. Dr. Wagenitzbeschlossen:Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des [X.] [X.]s Celle vom 30. Juni 1999 wird auf [X.] Beklagten zurückgewiesen.Wert: 46.109 DM.Gründe:[X.] Beklagten haben gegen das ihnen am 23. Februar 1999 zugestellteUrteil des [X.] am 23. März 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungs-begründungsfrist lief nach Verlängerung am 25. Mai 1999 ab. Am 31. Mai 1999haben die Beklagten die Berufung begründet und zugleich um Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist gebeten, weil sie diese schuldlos versäumt hätten. Dazu haben [X.] unter Vorlage einer anwaltlichen Versicherung ihres [X.] sowie einer eidesstattlichen Versicherung seiner BüroangestelltenG. vorgetragen: Die Berufungsbegründung sei am 25. Mai 1999 vonihrem Prozeßbevollmächtigten fertiggestellt und unterschrieben worden. [X.] die Übertragung des Diktats als auch die Fristenkontrolle seien von Frau- 3 -Güthoff-Wehr, einer ausgebildeten und zuverlässigen Rechtsanwalts- und No-targehilfin mit langjähriger beruflicher Erfahrung, ausgeführt worden. [X.] habe am 25. Mai 1999 schlichtweg vergessen, die [X.] mitzunehmen und in den Nachtbriefkasten des [X.]; der Schriftsatz habe am nächsten Tag noch dort gelegen, wo [X.] Tag zuvor bereitgelegt worden sei. Die Fristenkontrolle erfolge im Büro ih-res Prozeßbevollmächtigten EDV-gestützt. Die Erledigung der einzelnen [X.] werde dergestalt sichergestellt, daß [X.] über die an den [X.] ablaufenden Fristen hergestellt würden. Auf diesen Ausdruckenwerde die Erledigung der Fristen von der zuständigen Mitarbeiterin [X.] vermerkt. Es bestehe die strikte Anweisung, daß die an dem [X.] für die Fristenkontrolle zuständige Mitarbeiterin erst "Feierabend habe",wenn sämtliche Fristen erledigt seien und dies aus einem entsprechendenVermerk auf dem Ausdruck hervorgehe. Im vorliegenden Fall sei der Ablauf [X.] auf dem Fristenausdruck vom 25. Mai 1999 [X.] gewesen. Da die Erledigung regelmäßig von der Mitarbeiterin vermerktwerde, die z.B. einen Schriftsatz zum Nachtbriefkasten bringe, und zwar un-mittelbar bevor sie das Büro verlasse, sei infolge eines einmaligen Versehensauch der Erledigungsvermerk unterblieben.Das Berufungsgericht hat den Beklagten die begehrte [X.]. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Versäumung der [X.]sfrist beruhe letztlich auf einem Organisationsverschulden des [X.] der Beklagten, das darin liege, daß in seinem Büro keineEndkontrolle vorgesehen sei, die sicherstelle, daß fristwahrende Schriftsätzenicht nur tatsächlich gefertigt, sondern auch abgesandt [X.] 4 -I[X.] hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat [X.]. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zu-rückgewiesen. Das Vorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, ein ihnen ge-mäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmäch-tigten an der Fristversäumung auszuschließen.1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] gehört es zuden Aufgaben des Prozeßbevollmächtigten, dafür zu sorgen, daß ein fristge-bundener Schriftsatz hergestellt wird und rechtzeitig bei dem zuständigen [X.] eingeht. Zu diesem Zweck muß der Prozeßbevollmächtigte eine zuverläs-sige Fristenkontrolle organisieren. Er muß sicherstellen, daß die im Fristenka-lender vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigtgekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, einfristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht [X.] ist (Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 1990 - [X.] - [X.]R [X.]; vom 8. Dezember 1993 - [X.] 155/93 - [X.]; [X.], Beschluß vom 14. März 1996 - [X.]/96 -[X.]R aaO [X.] 5 und vom 9. September 1997 - [X.]/97 -NJW 1997, 3446, 3447). Darüber hinaus muß der Anwalt anordnen, die Erledi-gung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden [X.] anhand [X.] zu überprüfen ([X.], Beschlüsse vom 14. März 1996 aaO;vom 8. April 1997 - [X.] - NJW 1997, 2120, 2121; Senatsbeschluß vom17. Oktober 1990 aaO). Dabei gehört zu einer wirksamen [X.]eine Anordnung des Prozeßbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird,daß von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrendenSchriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht [X.] sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen überein-stimmen ([X.], Beschluß vom 2. Dezember 1996 - [X.] - [X.], 562).2. Ob im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten eine diesen Anforderungengenügende Fristenkontrolle organisiert war, erscheint nach dem Vorbringen [X.] zweifelhaft. Danach bleibt bereits offen, bei welchem Stand der [X.] eine [X.] in dem erstellten [X.] als erledigt zu kenn-zeichnen ist, so daß nicht beurteilt werden kann, ob die fristwahrende Maß-nahme büromäßig abschließend ausgeführt worden ist. Deshalb kann [X.] werden, daß eine Überprüfung der Erledigung erstmals [X.] der abendlichen [X.] stattfindet. Dafür spricht auch [X.] der Beklagten in ihrem Wiedereinsetzungsantrag. Nach ihrer [X.], die Erledigung werde regelmäßig von der Mitarbeiterin vermerkt, [X.].B. einen Schriftsatz zum Nachtbriefkasten bringe, und zwar unmittelbar bevorsie das Büro verlasse, entspricht es offensichtlich der anwaltlichen Anordnung,wenn die Erledigung einer [X.] erst zu diesem Zeitpunkt vermerkt wird.Unter diesen Umständen kann indessen auch die gesamte [X.] erst am Ende eines [X.] stattfinden.Es erscheint fraglich, ob in diesem Fall die pauschale anwaltliche An-ordnung, daß "Feierabend" erst sei, wenn sämtliche Fristen erledigt seien unddies aus einem Vermerk aus dem [X.] hervorgehe, für eine funkti-onsfähige Fristenkontrolle ausreicht. Angesichts der erforderlichen umfangrei-chen Prüfungen könnte es einer spezifizierten Anordnung bedürfen, aus dersich ergibt, daß und wie die Erledigung jeder einzelnen Sache zu überprüfenist, etwa durch einen Vergleich der gefertigten Schriftsätze mit dem[X.], damit die einzelnen Arbeitsschritte in der abendlichen [X.] -nicht vernachlässigt werden. Ob das Unterlassen einer derartigen Anordnungbereits einen Schuldvorwurf rechtfertigt, kann aber letztlich dahinstehen.3. Zur Sicherung der Fristwahrung muß jedenfalls Vorsorge dafür ge-troffen werden, daß die für das Gericht bestimmte Post auch tatsächlich [X.] selben Tag zum Gericht gelangt (Senatsbeschluß vom 8. Dezember 1993aaO und vom 27. November 1996 - [X.] 177/96 - [X.]R aaO Ausgangskon-trolle 8). Diesem Erfordernis kann organisatorisch grundsätzlich dadurchRechnung getragen werden, daß ein besonderes Fach vorgesehen wird, dasausschließlich zum Ablegen eilbedürftiger, nach [X.] durch einen [X.] oder Boten zuzustellender Gerichtspost bestimmt ist, verbunden mitder allgemeinen Weisung, darin befindliche Schriftsätze nicht ohne Rückspra-che mit dem sachbearbeitenden Anwalt zu anderen Zwecken als dem der Zu-stellung zu entnehmen (Senatsbeschluß vom 15. Februar 1995 - [X.]229/94 - [X.]R aaO Fristenkontrolle 39).Daß ihr Prozeßbevollmächtigter sein Büro dementsprechend organisierthätte, haben die Beklagten in dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargetan.Erst mit der sofortigen Beschwerde haben sie vorgetragen, im Büro ihres [X.] bestehe die Anweisung, die [X.]n in dem dafür be-stimmten roten Fristenkörbchen bereitzulegen.Dieses Vorbringen kann indessen nicht berücksichtigt werden. [X.] nach § 570 ZPO eine Beschwerde grundsätzlich auch auf neue Tatsa-chen gestützt werden. Soweit sich die Beschwerde jedoch gegen einen [X.] ablehnenden Beschluß richtet, ist zu beachten, daß alleTatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, inner-halb der zweiwöchigen Antragsfrist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) vorgetra-gen werden müssen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige- 7 -Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war, dürfen nach Frist-ablauf erläutert und vervollständigt werden (st.Rspr., vgl. z.B. [X.] 17. Oktober 1990 aaO [X.]). In diesem Bereich hält sich das [X.] der Beklagten indessen nicht. Vielmehr schieben sie neuen Vor-trag über eine büroorganisatorische Maßnahme nach, auf deren Außerachtlas-sung das [X.] die Versagung der beantragten [X.] hat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 20. Mai 1992 - [X.] 43/92 -[X.]R ZPO § 234 Abs. 1 Begründung 6 und vom 17. Oktober 1990 aaO).Abgesehen davon wäre das nachträgliche Vorbringen der Beklagtenauch nicht geeignet, das Bestehen zur Fristsicherung ausreichender Maßnah-men darzutun. Da davon auszugehen ist, daß die [X.] insge-samt am Ende eines [X.] erfolgen darf (siehe oben unter 2.), müssendie [X.]n zu diesem Zweck dem roten Fristenkörbchen entnommen undneben der Kontrolle der Erledigung auch auf ihre korrekte Abfassung, etwa [X.] von Anlagen, die Unterzeichnung durch den Anwalt und der-gleichen, überprüft werden. Erforderlich ist deshalb eine anwaltliche Anord-nung, die gleichwohl den rechtzeitigen Eingang bei Gericht gewährleistet undverhindert, daß Schriftsätze im Zuge der erforderlichen Kontrolle an einerStelle- 8 -abgelegt werden, an der ihre Mitnahme vergessen werden kann. Zu diesemZweck hätte etwa eine Anordnung erfolgen können, daß die [X.] in einen bestimmten Korb zu legen sind und - ohne entsprechendeWeisung - erst unmittelbar zum Zweck der Beförderung zum Gericht wiederherausgenommen werden dürfen (vgl. auch [X.] Beschluß vom 9. [X.] aaO). Ohne den hiernach nicht auszuschließenden Organisationsmangelwäre die Berufungsbegründung möglicherweise noch rechtzeitig zum Oberlan-desgericht gelangt.[X.] Hahne [X.] [X.] Wagenitz

Meta

XII ZB 112/99

05.07.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2000, Az. XII ZB 112/99 (REWIS RS 2000, 1750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1750

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