Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2018, Az. 3 AZR 314/17

3. Senat | REWIS RS 2018, 2812

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Gegenstand

Dienstordnungs-Angestellter - Versorgung - Schadensersatz


Leitsatz

Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) (juris: BesVNG 2) gewährt einem ehemaligen Dienstordnungs-Angestellten eines bislang landesunmittelbaren Sozialversicherungsträgers bei einer Statusänderung in einen bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Versorgung nach Bundesrecht. Verstößt der Sozialversicherungsträger gegen den in dieser Bestimmung enthaltenen Regelungsauftrag, kommen Schadensersatzansprüche ehemaliger Dienstordnungs-Angestellter in Betracht.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 22. Februar 2017 - 6 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, nach welchen Regelungen sich die Versorgungsbezüge des [X.] im [X.]raum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 richten.

2

Der Kläger war als [X.] bei einer Rechtsvorgängerin der [X.] beschäftigt und bezieht seit dem 1. Juli 1994 Versorgungsbezüge. Die Beklagte ist aus einer Fusion mehrerer Innungskrankenkassen hervorgegangen.

3

Die am 1. Januar 2008 in [X.] getretene Dienstordnung der [X.] (im Folgenden DO 2008) bestimmt in ihrem § 26 Abs. 1, dass für die Versorgung der [X.] die Vorschriften für Landesbeamte des [X.] entsprechend gelten.

4

Mit Bescheid vom 1. Februar 2011 stellte das [X.] gegenüber der [X.] fest, dass diese nunmehr seiner Aufsicht unterliege. Die hiergegen gerichtete Klage hat das [X.] mit Urteil vom 27. Juni 2013 (- L 5 [X.]) abgewiesen. Die von der [X.] eingelegte Revision hat das [X.] durch Urteil vom 10. März 2015 (- B 1 [X.]/13 R - [X.] 118, 137) mit der Begründung zurückgewiesen, die Beklagte unterstehe seit dem 1. Februar 2011 der Aufsicht des [X.]s, da sie eine bundesunmittelbare Körperschaft sei.

5

Im Laufe des Revisionsverfahrens beim [X.] stellte die Beklagte mit Wirkung ab dem 1. Januar 2015 mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Versicherungsaufsicht eine neue Dienstordnung auf (im Folgenden DO 2015), die - wie bereits die vorherige DO 2008 - in § 26 Abs. 1 vorsah, dass für die Versorgung der [X.] die Vorschriften für Landesbeamte des [X.] entsprechend gelten.

6

Nach dem Urteil des [X.]s leitete die Beklagte das Anhörungsverfahren nach § 355 RVO zur Aufstellung einer neuen Dienstordnung ein und übersandte dem Kläger einen [X.]. Diese Dienstordnung wurde am 23. September 2015 vom Vorstand der [X.] aufgestellt und die Vertreterversammlung stimmte ihr am 29. September 2015 zu. Das [X.] erteilte am 2. November 2015 die erforderliche Genehmigung. Die Dienstordnung (im Folgenden DO 2016) trat nach § 30 Satz 1 DO 2016 am 1. Januar 2016 in [X.]. Sie sieht in § 26 Abs. 1 DO 2016 eine Versorgung nach den Vorschriften für [X.]beamte vor. Eine Regelung für eine rückwirkende Anwendung des Beamtenrechts des [X.] enthält die DO 2016 nicht. Seit dem 1. Januar 2016 gewährt die Beklagte dem Kläger dementsprechend eine Versorgung nach den Bestimmungen für [X.]beamte.

7

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gewährung von Versorgungsbezügen nach [X.]recht bereits für die [X.] vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015. Die Beklagte sei seit dem 1. Februar 2011 eine bundesunmittelbare Körperschaft und müsse deshalb von Gesetzes wegen Versorgungsbezüge nach [X.]recht gewähren. Die [X.], 2015 und 2016 verstießen gegen höherrangiges Recht und seien deshalb insoweit unwirksam. Er habe folglich seit dem 1. Februar 2011 einen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Versorgungsbezüge wie ein [X.]beamter. Jedenfalls schulde ihm die Beklagte wegen Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Aufstellung der Dienstordnungen Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der gewährten Versorgung nach schleswig-holsteinischem Landesrecht und der Versorgung nach [X.]recht.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm für die [X.] vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 Versorgungsbezüge auf der Grundlage des [X.]beamtenversorgungsgesetzes zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 1. Februar 2011 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm im Wege des Schadensersatzes für die [X.] vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 die Differenz zwischen Versorgungsbezügen auf der Grundlage des [X.]beamtenversorgungsgesetzes und des Landesbeamtenversorgungsgesetzes zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 1. Februar 2011 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem erstinstanzlich ausschließlich zur Entscheidung gestellten Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] den Hauptantrag abgewiesen und den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag als unzulässige Klageerweiterung in der Berufung angesehen. Mit der Revision verfolgt der Kläger Haupt- und Hilfsantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das [X.] hat den zulässigen Hauptantrag auf die [X.]erufung der [X.]n zu Recht abgewiesen. Der dem Senat infolge der Abweisung des [X.] zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag konnte zwar - entgegen der Auffassung des [X.]s - zulässigerweise in der [X.]erufungsinstanz klageerweiternd in den Rechtsstreit eingebacht werden. Der zulässige Hilfsantrag ist jedoch nicht begründet.

I. Die Revision ist nicht deshalb begründet, weil der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen [X.]esetzung des Gerichts nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO vorliegt.

Soweit der Kläger geltend macht, aufgrund der wortgleichen Ausführungen der angefochtenen Entscheidung und der zeitlich früheren Entscheidung einer anderen Kammer des [X.]s sei davon auszugehen, dass sich zumindest die Vorsitzenden beider Kammern abgestimmt hätten, führt dies nicht zu einer nichtordnungsgemäßen [X.]esetzung des erkennenden Gerichts. Eine nicht ordnungsgemäße [X.]esetzung des Gerichts iSv. § 547 Nr. 1 ZPO liegt zwar vor, wenn [X.] an dem Urteil mitgewirkt hat, der der Entscheidung zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt hat, § 309 ZPO (vgl. schon [X.] 27. Oktober 1955 - II [X.]/53 - zu [X.] der Gründe, [X.]Z 18, 350; MüKoZPO/[X.] 5. Aufl. § 547 Rn. 8). Allein aus der wörtlichen Übernahme von Teilen der Entscheidungsgründe aus einem früher ergangenen Urteil einer anderen [X.]erufungskammer in einem Parallelrechtsstreit kann jedoch - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht geschlossen werden, dass die Vorsitzende Richterin der anderen [X.]erufungskammer an dem später ergangenen, angefochtenen Urteil im Rechtssinne mitgewirkt hat.

II. Die Revision hat auch im Übrigen keinen Erfolg.

1. Das [X.] hat den Hauptantrag auf die [X.]erufung der [X.]n zu Recht abgewiesen. Er ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

a) Der Hauptantrag ist - entgegen der Auffassung der [X.]n - als Feststellungsantrag zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet und weist das notwendige Feststellungsinteresse auf.

aa) Der Klageantrag ist auf die Feststellung des [X.]estehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser [X.]estimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne [X.]eziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ([X.] 26. September 2017 - 3 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 160, 255). So verhält es sich hier. Der Kläger begehrt - bei zutreffendem [X.] - die Feststellung einer Verpflichtung der [X.]n, ihm bereits für die [X.] vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 Versorgungsbezüge nach den für [X.]beamte maßgebenden Versorgungsregelungen - und nicht nach den [X.]estimmungen für [X.]eamte des [X.] - zu gewähren und betrifft damit den Umfang der Leistungspflicht der [X.]n.

bb) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse liegt vor. Die [X.] bestreitet die vom Kläger geltend gemachte Verpflichtung. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. statt vieler [X.] 26. September 2017 - 3 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.]E 160, 255).

b) Der Hauptantrag ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die [X.] ihm bereits für die [X.] vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 Versorgungsbezüge auf der Grundlage des [X.]eamtenversorgungsgesetzes gewährt. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 26 Abs. 1 der [X.] der [X.]. Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 des [X.] und Neuregelung des [X.]esoldungsrechts in [X.]und und Ländern (2. [X.]) vom 23. Mai 1975 ([X.] 1173), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze ([X.] - [X.]) vom 19. Oktober 2013 ([X.] 3836) noch unmittelbar aus dem 2. [X.].

aa) Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgungsbezügen im Streitzeitraum nach den für [X.]beamte geltenden Vorschriften aus § 26 Abs. 1 der [X.] 2016, 2015 und 2008 hat.

(1) Die Versorgungsansprüche des [X.] richten sich nach der jeweils geltenden Dienstordnung der [X.]n. Sein Versorgungsverhältnis wird durch die jeweilige Dienstordnung normativ geregelt (§§ 351, 352, 358 RVO). Dienstordnungs-Angestellte der Sozialversicherungsträger sind weder [X.]eamte noch haben sie einen öffentlich-rechtlichen Status. Dies ändert aber nichts daran, dass ihr Angestelltenverhältnis weitgehend öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Die [X.] der Sozialversicherungsträger sind dem öffentlichen Recht angehöriges, aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erlassenes autonomes Satzungsrecht. Es gestaltet normativ und zwingend die Arbeitsverhältnisse der Angestellten, die der Dienstordnung unterworfen sind. Der nach § 354 Abs. 1 RVO abzuschließende schriftliche Arbeitsvertrag unterstellt die Angestellten der Dienstordnung. Sobald der Vertrag geschlossen ist, wirkt die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein ([X.] 26. September 2017 - 3 [X.] - Rn. 20, [X.]E 160, 255).

(2) Die [X.] scheidet als Anspruchsgrundlage aus, denn sie enthält für den Streitzeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 keine Regelung. Sie ist erst zum 1. Januar 2016 und nicht rückwirkend zum 1. Februar 2011 in [X.] getreten.

(3) Ein Anspruch des [X.] folgt für die [X.] bis zum 31. Dezember 2014 nicht aus der DO 2008 und für das [X.] nicht aus der DO 2015. [X.]eide [X.] verweisen in ihrem jeweiligen § 26 Abs. 1 auf das [X.] für [X.]eamte des [X.] und bilden die Rechtsgrundlage für die Gewährung der Versorgungsbezüge des [X.] nach dem [X.]n Landesrecht im streitigen Streitzeitraum.

bb) Der Kläger kann sein [X.]egehren auch nicht mit Erfolg unmittelbar auf Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] stützen.

(1) Die [X.] ist jedenfalls seit dem 1. Februar 2011 eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dies hat das [X.] mit Urteil vom 10. März 2015 (- [X.] 1 A 10/13 R - Rn. 16 ff., [X.] 118, 137) erkannt. Die [X.] zieht dies im vorliegenden Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel.

(2) Nach Art. [X.] § 1 Abs. 1 2. [X.] haben bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im [X.]ereich der Sozialversicherung die - wie die [X.] - unter der Aufsicht des [X.]versicherungsamtes stehen, bei der Aufstellung ihrer [X.] den Rahmen des [X.]besoldungsgesetzes, insbesondere das für die [X.]beamten geltende [X.]esoldungs- und Stellengefüge, einzuhalten (Nr. 1) und alle weiteren Geld- und geldwerten Leistungen sowie die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die [X.]beamten geltenden [X.]estimmungen zu regeln (Nr. 2). Für landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im [X.]ereich der Sozialversicherung gilt dies gemäß Art. [X.] § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. [X.] mit der Maßgabe, dass an die Stelle des für [X.]beamte geltenden Rechts das für Landesbeamte geltende Recht tritt. Hierbei handelt sich um zwingende gesetzliche Vorgaben, von denen der Sozialversicherungsträger nicht - auch nicht zugunsten der [X.] und Versorgungsempfänger - abweichen darf (vgl. [X.] 21. Januar 2014 - 3 [X.] - Rn. 31, [X.]E 147, 138; 20. Februar 2008 - 10 [X.] - Rn. 16).

(3) Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] ordnet die Geltung des für die jeweiligen [X.]beamten maßgeblichen [X.]s für die ehemaligen [X.] jedoch nicht unmittelbar an. Vielmehr legt die [X.]estimmung den Sozialversicherungsträgern eine Pflicht zur Ausgestaltung ihrer Dienstordnung unter [X.]eachtung der gesetzlichen Vorgaben auf. Der [X.] selbst folgt hingegen ausschließlich aus der jeweiligen Dienstordnung (vgl. für landesunmittelbare Körperschaften [X.] 26. September 2017 - 3 [X.] - Rn. 21, [X.]E 160, 255).

(a) Gegen eine unmittelbare Anwendung von Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] spricht bereits der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Mit der Formulierung „haben … zu regeln“ wird zum Ausdruck gebracht, dass den bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts im [X.]ereich der Sozialversicherung eine Verpflichtung auferlegt werden soll, bei der Aufstellung der [X.] die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die [X.]eamtinnen und [X.]eamten des [X.] geltenden [X.]estimmungen zu regeln.

(b) Dieses Verständnis wird durch die [X.] gestützt. In der [X.]egründung des Gesetzesentwurfs ([X.]. 7/1906 S. 130) ist zu Art. [X.] § 1 Abs. 1 2. [X.] ausgeführt:

        

„[X.]ei der bundesgesetzlichen Regelung sollte der Selbstverwaltung diejenige Handlungsfreiheit belassen werden, deren sie zur eigenverantwortlichen Regelung bedarf. So kann auch die [X.] der Selbstverwaltung erhalten bleiben.“

Dieser Regelungswille zeigt, dass der [X.]gesetzgeber die Rechtsverhältnisse der [X.] nicht unmittelbar gestalten wollte.

cc) Ansprüche des [X.] auf Versorgung nach den [X.]estimmungen für [X.]beamte ergeben sich auch nicht deshalb, weil die [X.], 2015 und 2008 im streitbefangenen [X.]raum unwirksam wären. Dabei kann dahinstehen, ob die Unwirksamkeit einer Dienstordnung eine solche Rechtsfolge überhaupt nach sich ziehen kann. Zwar bleibt die [X.], indem sie dem Kläger in ihren [X.] keine Versorgung nach dem für [X.]beamte geltenden Recht gewährt hat, zu seinen Lasten hinter dem gesetzlichen Regelungsauftrag aus Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] zurück. Die hinter dem gesetzlichen Regelungsauftrag zurückbleibenden [X.]estimmungen in den [X.] sind aber deshalb nicht unwirksam. Die den ehemaligen [X.] - wie dem Kläger - aufgrund der [X.] gewährten Versorgungsleistungen nach [X.]m Landesrecht stehen den Versorgungsempfängern nach dem Regelungsauftrag aus Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] mindestens zu. Die im Vergleich zum [X.]n Landesrecht höhere Versorgung nach [X.]recht umfasst auch die geringere Versorgung nach den landesrechtlichen [X.]estimmungen. Lediglich die unterlassene Gewährung der höheren Versorgungsansprüche nach [X.]recht in der jeweiligen Dienstordnung kann rechtswidrig sein. Ein sich aus der unzureichenden Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags ergebendes pflichtwidriges Unterlassen der [X.]n könnte allenfalls geeignet sein, Schadensersatzansprüche zu begründen, nicht jedoch einen mit dem Hauptantrag verfolgten Erfüllungsanspruch.

Aus dem vom Kläger angezogenen Urteil des [X.]arbeitsgerichts ([X.] 15. November 2001 - 6 [X.] [X.]E 99, 348) ergibt sich nichts anderes. Im dort entschiedenen Fall wandte sich der Kläger gegen eine Regelung einer Dienstordnung, die unzulässig in ihm aufgrund des Alimentationsprinzips aus Art. 33 Abs. 5 GG iVm. §§ 351, 353 Abs. 1 RVO zustehende Rechte eingegriffen hat. Deshalb konnte der dortige Kläger seine Rechte erfolgreich geltend machen. Das 2. [X.] gewährt jedoch gerade keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Versorgung entsprechend den für [X.]beamte geltenden [X.]estimmungen. Auf die Rüge des [X.], das [X.] habe seinen Vortrag zur angezogenen Entscheidung übergangen, kommt es daher nicht an.

2. Der dem Senat nach Abweisung des [X.] zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar ist die vom Kläger in der [X.]erufungsinstanz vorgenommene [X.] - entgegen der Auffassung des [X.]s - zulässig. Der Hilfsantrag, mit dem der Kläger Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufstellung der [X.] und der DO 2015 geltend macht, ist unbegründet und insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

a) Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 10. Februar 2017 vorgenommene [X.] ist zulässig.

aa) Die nachträgliche Geltendmachung eines [X.] ist eine objektive Klagehäufung, auf die die Vorschriften über die Klageänderung nach §§ 533, 263, 264 ZPO entsprechend anwendbar sind ([X.] 22. Januar 2015 - I [X.] - Rn. 13). Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der [X.]erufungsinstanz ist auch im Revisionsverfahren nach dem Maßstab des § 533 ZPO zu entscheiden, wenn das [X.] diese nicht zugelassen hat (vgl. [X.] 14. Juni 2017 - 10 [X.] - Rn. 38; 12. Juli 2016 - 9 [X.] - Rn. 44).

bb) Die vom Kläger im [X.]erufungsverfahren vorgenommene Klageänderung ist zulässig.

(1) Zwar liegt keine Einwilligung des Gegners iSv. § 533 Nr. 1 Alt. 1 ZPO vor. Die [X.] hat der Klageänderung in der [X.]erufungsinstanz vielmehr ausdrücklich widersprochen. Jedoch ist die „Sachdienlichkeit“ iSv. § 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO zu bejahen. Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, für den es entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des anhängigen Verfahrens bildet und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt ([X.] 6. April 2004 - [X.]/02 - zu II 2 a der Gründe). Dies ist vorliegend zu bejahen. Die Einbeziehung von Schadensersatzansprüchen dient der effizienten Erledigung der zwischen den Parteien streitbefangenen Punkte.

(2) Die Klageänderung wird auch iSv. § 67 ArbGG iVm. § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt, die das [X.]erufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die [X.]erufung ohnehin zugrunde zu legen hatte. Zwar hat der Hilfsantrag einen anderen Klagegrund und damit einen anderen Streitgegenstand als der Hauptantrag, selbst wenn es sich um ein einheitliches Klageziel handeln sollte (vgl. [X.] 5. Juli 2016 - XI ZR 254/15 - Rn. 24 f., [X.]Z 211, 189). Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar (vgl. [X.] 24. Mai 2018 - 6 [X.] - Rn. 21 ff.). Allerdings sind die (neu) vorgetragenen Tatsachen selbst unstreitig und damit im [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.] 18. November 2004 - [X.]/03 - zu II 2 der Gründe, [X.]Z 161, 138). Der Kläger hat seinen Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung der [X.]n im Schriftsatz vom 10. Februar 2017 darauf gestützt, dass die [X.] bei der Aufstellung der [X.] eine Regelung zum rückwirkenden Inkrafttreten hinsichtlich der Versorgung der ehemaligen [X.] hätte aufnehmen müssen und er dies auch bereits im Rahmen der Anhörung zum Erlass der [X.] geltend gemacht hat. Auch im Übrigen ergibt sich der maßgebliche Sachverhalt aus dem Vorbringen des [X.], mit dem er Rechtsverletzungen durch die [X.] geltend macht.

b) Der Kläger kann Schadensersatzansprüche wegen möglicher Vertragspflichtverletzungen nicht mit Erfolg geltend machen.

aa) Gemäß § 241 Abs. 2 [X.]G[X.] kann jede Partei nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet sein. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter [X.]erücksichtigung der Interessen und [X.]elange beider Vertragsparteien nach [X.] und Glauben verlangt werden kann. Die [X.] gilt auch für die Vermögensinteressen der Arbeitnehmer (vgl. [X.] 26. April 2018 - 3 [X.] - Rn. 10 mwN). Rechtsverletzungen bei der Umsetzung des Regelungsauftrags aus Art. [X.] § 1 Abs. 1 2. [X.] können eine vertragliche Pflichtverletzung darstellen, wenn sie sich zulasten des [X.] auswirken und deshalb Grundlage für Schadensersatzansprüche sind. Die Rechtsverletzung muss jedoch gleichzeitig eine Verletzung der [X.] darstellen.

bb) Danach stehen dem Kläger wegen der Verletzung der [X.] keine Schadensersatzansprüche gegen die [X.] zu.

(1) Aus § 280 Abs. 1 [X.]G[X.] folgen nicht deshalb Schadensersatzansprüche, weil die [X.] in der [X.] keine rückwirkende Regelung für die Gewährung von Versorgung nach [X.]recht oder in der DO 2015 ausschließlich eine Versorgung aufgrund der für [X.] Landesbeamte geltenden Vorschriften vorgesehen hat.

(a) Die [X.] hat nicht gegen Art. [X.] § 1 Abs. 1 2. [X.] verstoßen, indem sie in die [X.] keine [X.]estimmung über deren rückwirkendes Inkrafttreten aufgenommen hat; eine Verletzung ihrer vertraglichen [X.] scheidet deshalb aus. Zwar ist die [X.] seit dem 1. Februar 2011 eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. [X.] 10. März 2015 - [X.] 1 [X.]/13 R - [X.] 118, 137). Sie ist deshalb nach Art. [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. [X.] verpflichtet, ua. die Versorgung der ehemaligen [X.] im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die [X.]beamten geltenden [X.]estimmungen zu regeln. Die Regelung soll aber ausweislich der Gesetzesbegründung, der „Selbstverwaltung diejenige Handlungsfreiheit belassen werden, deren sie zur eigenverantwortlichen Regelung bedarf. So kann auch die [X.] der Selbstverwaltung erhalten bleiben“ ([X.]. 7/1906 S. 130). Diese eigenverantwortliche Regelung kommt letztlich nur bei der Frage der Schaffung von [X.] und damit dem [X.]punkt des Inkrafttretens von [X.] in [X.]etracht. Jedenfalls im [X.]ereich der Innungskrankenkasse ist der Wechsel der Aufsichtsbehörde ein dynamischer Prozess, da nach der Rechtsprechung des [X.]s die Frage, ob eine Innungskrankenkasse der [X.]- oder Landesaufsicht unterliegt, nicht nur von deren Satzung, sondern auch von den geschäftlichen Aktivitäten ihrer Mitglieder abhängt ([X.] 10. März 2015 - [X.] 1 [X.]/13 R - aaO). Gerade dort eröffnet sich bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in den [X.] ein Gestaltungsspielraum, wie ihn der Gesetzgeber in Art. [X.] § 1 Abs. 1 2. [X.] vorgesehen hat. Mit der [X.] hat die [X.] von dieser vom Gesetzgeber belassenen Handlungsfreiheit Gebrauch gemacht.

(b) Ein Schadensersatzanspruch des [X.] folgt auch nicht daraus, dass die [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2015 die DO 2015 erlassen und in § 26 Abs. 1 DO 2015 noch auf die Versorgung nach [X.]m Landesrecht verwiesen hat. Insoweit liegt ebenfalls kein Verstoß gegen die aus § 241 Abs. 2 [X.]G[X.] folgende [X.] der [X.]n vor.

Zum [X.]punkt der Aufstellung und dem Inkrafttreten dieser Dienstordnung war das Revisionsverfahren vor dem [X.] gegen das Urteil des [X.] (27. Juni 2013 - L 5 [X.] -) noch nicht beendet. Solange die [X.] noch mit gut vertretbaren Gründen eine andere gerichtliche Entscheidung erreichen will, ist sie arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, ihre eigene Rechtsposition bereits durch die Übernahme einer gegenläufigen Rechtsauffassung bei der Aufstellung einer neuen Dienstordnung aufzugeben. Die vertragliche [X.] verlangt nicht, eine eigene berechtigte Interessenwahrnehmung hintanzustellen. Die Entscheidung des [X.]s (10. März 2015 - [X.] 1 [X.]/13 R - [X.] 118, 137) zeigt, dass die [X.] im Rechtsstreit mit dem [X.]versicherungsamt bis dahin höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfragen zur Entscheidung gestellt hat.

(2) Die [X.] ist dem Kläger auch nicht zum Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Verzugs mit dem Erlass der [X.] nach § 280 Abs. 2, § 286 [X.]G[X.] verpflichtet, weil sie eine Regelung zur Versorgung entsprechend dem [X.]recht verzögert hat. Durch die Verzögerung einer Regelung zur Versorgung der ehemaligen [X.] nach den für [X.]beamte geltenden [X.]estimmungen hat die [X.] sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht. [X.]is zur Entscheidung des [X.]s vom 10. März 2015 (- [X.] 1 [X.]/13 R - [X.] 118, 137) hat die [X.] nicht gegen ihre vertraglichen [X.]en verstoßen, da sie - wie vorstehend ausgeführt - nicht verpflichtet war, eine ihrer eigenen Rechtsposition widersprechende Regelung in die Dienstordnung aufzunehmen. Die [X.] hat dann zeitnah das Verfahren zur Aufstellung der [X.] eingeleitet, einen entsprechenden Entwurf erarbeitet, nach § 355 Abs. 1 RVO alle volljährigen Angestellten gehört, die nach § 355 Abs. 2 Satz 1 RVO erforderliche Zustimmung der Vertreterversammlung eingeholt und den nächsten vernünftigen [X.]punkt des Inkrafttretens, nämlich den Jahreswechsel 2015/2016, für das Inkrafttreten der Neuregelung gewählt.

c) Zur Entscheidung über Ansprüche aus Amtshaftung nach Art. 34 GG iVm. § 839 [X.]G[X.] sind die Gerichte für Arbeitssachen nach § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht berufen (vgl. [X.] 14. Dezember 1998 - 5 [X.] - zu II 3 der Gründe).

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Wemheuer    

        

        

        

    H. Trunsch    

        

    [X.]runke     

                 

Meta

3 AZR 314/17

16.10.2018

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lübeck, 11. Mai 2016, Az: 5 Ca 454 b/16, Urteil

Art VIII § 1 Abs 1 Nr 2 BesVNG 2, § 280 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2018, Az. 3 AZR 314/17 (REWIS RS 2018, 2812)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 428-429 REWIS RS 2018, 2812

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 AZR 547/17 (Bundesarbeitsgericht)

Dienstordnungs-Angestellter - Versorgung - Fusion


3 AZR 829/11 (Bundesarbeitsgericht)

DO-Angestellte - Versorgung bei Fusion von Krankenkassen


3 AZR 905/11 (Bundesarbeitsgericht)

DO-Angestellte - Versorgung bei Fusion von Krankenkassen


3 AZR 946/11 (Bundesarbeitsgericht)

DO-Angestellte - Versorgung bei Fusion von Krankenkassen


Referenzen
Wird zitiert von

4 Ca 1110/17

11 Sa 903/18

3 Sa 98/21

12 Sa 462/22

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