Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. I ZB 96/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1641

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[X.] vom 2. Oktober 2008 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Auswärtiger Rechtsanwalt VII ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 Beauftragt ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selb-ständiger beruflicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG; § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]) oder eine qualifizierte Einrichtung, die in die Liste qualifizierter Einrich-tungen nach § 4 des [X.] eingetragen ist (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG; § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]), einen nicht am Ort des Prozessge-richts ansässigen Rechtsanwalt mit der Verfolgung eines Wettbewerbsversto-ßes (§ 3 UWG) bzw. eines Verstoßes gegen die §§ 307 bis 309 BGB (§ 1 [X.]) oder gegen [X.] (§ 2 [X.]), zählen die Reise-kosten dieses Rechtsanwalts zum Prozessgericht nicht zu den notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. [X.], [X.]. v. 2. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 2. Oktober 2008 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 17. Zivilsenats des [X.] vom 8. Oktober 2007 wird auf Kos-ten des [X.] zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 396,26 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Der Kläger nahm die Beklagte in einem wettbewerbsrechtlichen Streit gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3, § 3 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Im Termin vor dem [X.] war der in [X.] ansässige Kläger durch einen in [X.] niedergelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten. Nachdem die Beklagte den Unterlassungsanspruch anerkannt hatte, erging ein Anerkenntnisurteil, in dem das [X.] der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegte. 1 - 3 - Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger - soweit im Rechtsbe-schwerdeverfahren von Bedeutung - beantragt, auch die Reisekosten seines [X.]er Prozessbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in [X.] einschließ-lich eines Tage- und Abwesenheitsgeldes in Höhe von insgesamt 421,26 • fest-zusetzen. Das [X.] hat insoweit lediglich 25 • ersparte Kosten für die sonst notwendige Unterrichtung eines Rechtsanwalts am Prozessort als erstat-tungsfähig anerkannt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen [X.] erstrebt der Kläger weiterhin die Festsetzung der Reisekosten seines Pro-zessbevollmächtigten in der von ihm geltend gemachten Höhe. 2 I[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ebenso wie das [X.] lediglich fikti-ve Kosten in Höhe von 25 • für die Information eines Prozessbevollmächtigten am Sitz des [X.] als erstattungsfähig anerkannt, die sonst [X.] gewesen wäre. Hierzu hat es ausgeführt: 4 Die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts zum Prozessgericht stellten keine notwendigen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar. Der Kläger müsse als Verbraucherverband im Sinne des § 4 [X.] in der Regel wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung in der Lage sein, ei-nen Prozessbevollmächtigten am Sitz des [X.] schriftlich oder tele-fonisch zu instruieren. Der Kläger könne seine satzungsgemäße Aufgabe, [X.] rechtlich zu beraten, nur durch juristisch entsprechend ausgebildete Mitarbeiter erfüllen und beschäftige neben einem [X.] und einem weiteren juristischen Mitarbeiter zwei Volljuristen mit zweitem Staatsexamen. Unter diesen Umständen könne er sich nicht darauf berufen, dass diesen [X.] - 4 - arbeitern andere Aufgaben zugewiesen seien und er deshalb entgegen den gesetzlichen Anforderungen personell nicht in der Lage sei, seine satzungsge-mäßen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. 6 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Erstat-tungsfähigkeit der Reisekosten hängt davon ab, ob es für den Kläger notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des [X.], sondern in [X.] ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint. a) Allerdings handelt es sich im Allgemeinen um notwendige Kosten ei-ner zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte [X.] einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung [X.]. Eine Ausnahme besteht indessen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauf-tragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantenge-spräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird ([X.], [X.]. v. 18.12.2003 - [X.], [X.], 448 = [X.], 495 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; [X.]. [X.], [X.], 301, 303). 7 aa) Dies ist unter anderem regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen [X.] um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung den Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereiten und die [X.] daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des [X.] ansässi-gen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Anders [X.] es sich allerdings dann, wenn das gewerbliche Unternehmen über keine Rechtsabteilung verfügt oder zwar über eine Rechtsabteilung verfügt, diese 8 - 5 - aber für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht mit der schriftli-chen Instruktion auswärtiger Rechtsanwälte betraut hat. Solche Unternehmen müssen sich nicht so behandeln lassen, als ob sie eine Rechtsabteilung hätten oder als ob ihre Betriebsorganisation auf die schriftliche Unterrichtung wech-selnder Rechtsanwälte am jeweiligen [X.] eingerichtet wäre. Für ein Unternehmen besteht keine Obliegenheit oder gar Verpflichtung, eine entspre-chende interne Organisation vorzusehen oder vorzuhalten. Die Verfolgung von Rechtsverstößen - auch solchen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - gehört nicht zu den originären Aufgaben eines kaufmännischen Unternehmens (vgl. [X.] [X.], 301, 303; [X.]. v. 28.6.2006 - [X.], [X.], 3008 [X.]. 9 ff.; [X.]. v. 23.1.2007 - [X.], [X.], 1289 [X.]. 15 = [X.], 957 - Auswärtiger Rechtsanwalt VI; Urt. v. 8.5.2008 - I ZR 83/06, [X.], 928 [X.]. 13 ff. = [X.], 1188 - Abmahnkostenersatz; Urt. v. 17.7.2008 - I ZR 219/05, [X.], 1449 [X.]. 36 = [X.], 1449 - [X.]). bb) [X.] Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständi-ger beruflicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG; § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]) und qualifizierte Einrichtungen, die - wie der Kläger - in die Liste qualifi-zierter Einrichtungen nach § 4 des [X.] eingetragen sind (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG; § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]), sind wie Unter-nehmen mit eigener Rechtsabteilung zu behandeln. Solche Verbände und Ein-richtungen müssen personell, sachlich und finanziell so ausgestattet sein, dass sie auch ohne anwaltlichen Rat in der Lage sind, in typischen und durchschnitt-lich schwierigen Fällen Wettbewerbsverstöße (§ 3 UWG) bzw. Verstöße gegen die §§ 307 bis 309 BGB (§ 1 [X.]) und gegen [X.] (§ 2 [X.]) zu erkennen und zu verfolgen. Sie müssen daher regelmäßig in der Lage sein, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des [X.] schrift-lich und telefonisch zu instruieren ([X.] [X.], 448 - Auswärtiger 9 - 6 - Rechtsanwalt IV; [X.] [X.], 301, 303). Solchen Verbänden und Einrich-tungen steht - anders als gewerblichen Unternehmen - insoweit nicht frei, wie sie sich intern organisieren. Die Verfolgung von Gesetzesverstößen im Sinne der § 3 UWG, §§ 1, 2 [X.] gehört zu den ihnen vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben. Ihre Klage- und Anspruchsbefugnis hängt davon ab, dass sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, in [X.] und durchschnittlich schwierigen Fällen derartige Gesetzesverstöße zu erkennen und zu verfolgen. Ihnen ist es daher zwar unbenommen, einen Pro-zessbevollmächtigten mit der Verfolgung solcher Verstöße zu betrauen. Sie können sich aber im Rahmen der Kostenerstattung regelmäßig nicht darauf berufen, es sei ihnen nicht möglich gewesen, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des [X.] schriftlich oder telefonisch zu instruieren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verband oder die Einrichtung sich zu einer solchen Unterrichtung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten nicht in der Lage sieht, weil hierfür keine qualifizierten Mitarbeiter beschäftigt oder die [X.] an und für sich qualifizierten Mitarbeiter anderweitig eingesetzt werden (a.A. [X.], [X.]. v. 11.12.2006 - 20 W 86/06, juris [X.]. 9). cc) Diese Beurteilung des [X.] schließt es allerdings nicht aus, die Mehrkosten, die durch die Zuziehung eines am Sitz des Verbandes oder der Einrichtung ansässigen Rechtsanwalts entstehen, ausnahmsweise dann als notwendig anzuerkennen, wenn dargetan wird, dass zum Zeitpunkt der Beauf-tragung des Anwalts eine persönliche Kontaktaufnahme unverzichtbar erschien ([X.] [X.], 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; [X.], 301, 303). 10 b) Nach diesen Maßstäben ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die im Zusammenhang mit der Reise zum Prozessge-richt in [X.] entstandenen Auslagen des [X.]er Prozessbevollmächtigten des [X.] nicht als notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfol-11 - 7 - gung anerkannt hat. Der Kläger verfügt, wie auch die Rechtsbeschwerde ein-räumt, über juristische Mitarbeiter, die zur schriftlichen oder telefonischen In-formation auswärtiger Prozessbevollmächtigter in der Lage sind. Diese Mitar-beiter sind nach Lage der Dinge auch mit der Prüfung von [X.] befasst. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass im Streitfall ausnahmsweise ein persönliches Gespräch der Mitarbeiter des [X.] mit dem Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen wäre. Unter diesen Um-ständen ist es kostenrechtlich nicht zu billigen, dass der Kläger nicht einen am Ort des [X.] ansässigen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung beauftragt hat. II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 12 Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Koch Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 01.02.2007 - 1 O 521/05 - [X.], Entscheidung vom 08.10.2007 - 17 W 137/07 -

Meta

I ZB 96/07

02.10.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. I ZB 96/07 (REWIS RS 2008, 1641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1641

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17 W 137/07

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