Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 4 C 5/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 3718

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kombination von Dauerwohnen und Ferienwohnen in einem sonstigen Sondergebiet


Leitsatz

1. Der Aufenthalt in Ferienwohnungen ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung.

2. Das dauernde Wohnen und die Nutzung von Ferienwohnungen können jedenfalls dann grundsätzlich in einem sonstigen Sondergebiet kombiniert werden, wenn die Nutzungen in einem Gebäude stattfinden. § 10 Abs. 1 und 4 BauNVO steht dem nicht entgegen.

3. Kombiniert die Gemeinde das dauernde Wohnen und die Nutzung von Ferienwohnungen, muss sie städtebaulichen Störpotenzialen im Rahmen der Abwägung Rechnung tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Genehmigung, eine Wohnung als Ferienwohnung zu nutzen.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung in einem als Wohngebäude mit zwei Wohnungen genehmigten Gebäude auf einer nordfriesischen Insel. Für das Grundstück setzt ein im Jahr 2012 erlassener Bebauungsplan ein Sondergebiet "[X.] und Touristenbeherbergung" fest. Nach den textlichen Festsetzungen dient das Sondergebiet dem [X.] und der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste. Für jede Gebäude-Einheit, unter anderem je Einzelhaus, ist mindestens eine Dauerwohnung vorzusehen. Allgemein zulässig sind Wohngebäude mit ausschließlich dauerwohnlicher Nutzung, Wohngebäude mit dauerwohnlicher Nutzung mit ein bis zwei Ferienwohnungen, zusammen höchstens drei Wohnungen, und Wohngebäude mit dauerwohnlicher Nutzung und Räumen für die Vermietung an Feriengäste. Ausnahmsweise sind sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Räume für freie Berufe zulässig.

3

Die Klägerin beantragte im März 2015, die Baugenehmigung zu ändern und die Nutzung ihrer Wohnung als Ferienwohnung zu genehmigen. Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren blieben erfolglos.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach vorheriger Übertragung auf den Einzelrichter abgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, nicht aber die Berufung zugelassen. Die angestrebte Nutzung als Ferienwohnung widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, weil [X.] Eigentums noch öffentlich-rechtlich gesichert sei, dass die andere Wohnung im Gebäude zum dauernden Wohnen genutzt werde. Der Bebauungsplan sei auch wirksam. Die Kombination von [X.] und Touristenbeherbergung sei in einem Sondergebiet nach § 11 [X.] zulässig, weil sie sich wesentlich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 [X.] unterscheide und die Nutzungen verträglich seien.

5

Die Klägerin hat unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beklagten Sprungrevision eingelegt. Sie hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er miteinander unvereinbare Nutzungen kombiniere. Würden die Nutzungen dagegen für verträglich gehalten, sei der Bebauungsplan gleichfalls unwirksam, weil in diesem Fall das Planungsziel ohne Festsetzung eines Sondergebietes erreichbar sei. Beklagter und Vertreter des [X.] verteidigen die Rechtsauffassung der Vorinstanz, die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

7

Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 VwG[X.] steht den [X.]eteiligten die Revision unter Übergehung der [X.]erufung zu, wenn - wie hier - Kläger und [X.]eklagter der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil zugelassen wird. Das [X.] ist an die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 2 Satz 2 VwG[X.] grundsätzlich auch dann gebunden, wenn das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwG[X.] übertragen hat und im weiteren Prozessverlauf eine Rückübertragung auf die Kammer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwG[X.] unterbleibt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 28. September 2004 - 1 [X.] 10.03 - [X.]VerwGE 122, 94 <95 f.>). Die [X.]indung nach § 134 Abs. 2 Satz 2 VwG[X.] bleibt auch bestehen, wenn - wie hier - entgegen § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwG[X.] die [X.]erufung nicht zugelassen worden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 25. März 1993 - 5 [X.] 45.91 - [X.]VerwGE 92, 220 <222 ff.>; Pietzner/[X.]ier, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwG[X.], Stand [X.]ktober 2016, § 134 Rn. 37).

8

Die Revision ist unbegründet. Nach Auffassung der Vorinstanz wi[X.]pricht die Nutzung der klägerischen Wohnung als Ferienwohnung den Festsetzungen des [X.]ebauungsplans, weil die Nutzung der anderen Wohnung in dem Gebäude zum dauernden Wohnen nicht gesichert sei ([X.]). Der [X.]ebauungsplan stehe der beantragten Nutzungsänderung entgegen. Diese Auslegung ist nach § 173 Satz 1 VwG[X.] i.V.m. § 560 ZP[X.] für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

9

Das Verwaltungsgericht hält den [X.]ebauungsplan für wirksam. Diese Annahme steht mit revisiblem Recht in Einklang.

I. Maßgeblich für die rechtliche [X.]eurteilung ist die bei Erlass des [X.]ebauungsplans geltende [X.] in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 23. Januar 1990 ([X.] I S. 132), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. April 1993 ([X.] I [X.]66) (im Folgenden: [X.]).

Während des Revisionsverfahrens sind § 13a und § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/[X.] im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der [X.] vom 4. Mai 2017 ([X.] I S. 1057) in [X.] getreten (im Folgenden: [X.] 2017). Diese Vorschriften finden indes keine Anwendung. Denn Rechtsänderungen, die nach der Entscheidung der Vorinstanz eintreten, berücksichtigt das Revisionsgericht nur, wenn die Vorinstanz - entschiede sie anstelle des Revisionsgerichts -sie ebenfalls zu berücksichtigen hätte ([X.]VerwG, Urteile vom 11. September 2007 - 10 [X.] 8.07 - [X.]VerwGE 129, 251 Rn. 19, vom 23. Februar 2011 - 6 [X.] 22.10 - [X.]VerwGE 139, 42 Rn. 14 und vom 25. Juli 2017 - 1 [X.] 10.17 - NVwZ - RR 2017, 887 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall.

Für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm maßgebend ist die Rechtslage im Zeitpunkt ihres Zustandekommens. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind im Grundsatz (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam, soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt. [X.]ei [X.]ebauungsplänen ist insoweit der späteste in [X.]etracht kommende Zeitpunkt seine Inkraftsetzung ([X.]VerwG, Urteil vom 27. März 2014 - 4 [X.]N 3.13 - [X.]VerwGE 148, 230 Rn. 27). Die ohne Rückwirkung in [X.] getretenen § 13a und § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2017 wären daher für die Vorinstanz nicht maßgeblich gewesen: Die Vorschriften könnten weder einen [X.]ebauungsplan wirksam werden lassen, der bei seiner Inkraftsetzung nicht [X.]estandteil der Rechtsordnung geworden war, noch könnten sie die Unwirksamkeit eines wirksam erlassenen [X.]ebauungsplans herbeiführen. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber den Änderungen der [X.] nur klarstellende Funktion beigemessen hat ([X.]. 18/10942, S. 35; [X.]. 18/11439, [X.]). [X.]b diese Auffassung zutrifft, haben die Gerichte zu entscheiden. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist die rechtsprechende Gewalt berufen. Der Gesetzgeber ist dagegen zur authentischen Interpretation von Vorschriften nicht befugt ([X.], [X.]eschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 [X.]vL 5/08 - [X.]E 135, 1 Rn. 45).

II. Die Festsetzung eines sonstigen Sondergebietes "[X.] und Touristenbeherbergung" konnte auf § 11 Abs. 1 [X.] gestützt werden. Dies sieht das Verwaltungsgericht richtig ([X.] 12).

1. Wie von § 11 Abs. 1 [X.] gefordert, unterscheidet sich das festgesetzte Gebiet wesentlich von den [X.]augebieten nach den §§ 2 bis 10 [X.].

Ein wesentlicher Unterschied zu den Gebieten nach den §§ 2 bis 10 [X.] besteht, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. [X.] geregelten Gebietstypen zuordnen und sich deshalb sachgerecht auch nicht mit einer auf sie gestützten Festsetzung erreichen lässt ([X.]VerwG, Urteile vom 29. September 1978 - 4 [X.] 30.76 - [X.]VerwGE 56, 283 <286> und vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - [X.]VerwGE 147, 138 Rn. 12). Die allgemeine Zwecksetzung des [X.]augebietes ist das entscheidende Kriterium dafür, ob sich das festgesetzte Sondergebiet wesentlich von einem [X.]augebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 [X.] unterscheidet ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Juli 1997 - 4 [X.] 11.97 - [X.] 406.12 § 11 [X.] Nr. 22 [X.] und Urteil vom 28. Mai 2009 - 4 [X.]N 2.08 - [X.]VerwGE 134, 117 Rn. 10).

a) Das festgesetzte Sondergebiet unterscheidet sich wesentlich von einem reinen Wohngebiet nach § 3 [X.].

Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 [X.] dem Wohnen. Das festgesetzte Sondergebiet dient indes auch der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste. Diese Nutzung ist kein Wohnen im Sinne der [X.]. Der [X.]egriff des Wohnens im Sinne von § 3 Abs. 1 [X.] ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Kriterien müssen diejenigen erfüllen, denen die Unterkunft als Heimstätte dient ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 25. März 1996 - 4 [X.] 302.95 - [X.] 406.12 § 3 [X.] Nr. 12 S. 3 und vom 20. Dezember 2016 - 4 [X.] 49.16 - NVwZ 2017, 723 Rn. 7). Maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. März 1996 a.a.[X.]). [X.]ei Wohnungen oder Räumen für Feriengäste fehlt es an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist. Denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf ([X.], Urteil vom 19. Februar 2014 - 3 L 212/12 - [X.]; [X.], Urteile vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - [X.] und vom 15. Januar 2015 - 1 KN 61/14 - [X.] 2015, 492; [X.], [X.]eschluss vom 26. Januar 2017 - 5 S 1791/16 - [X.] 2017, 270 <271>; Stock, in[X.]/[X.]/Stock, [X.], 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 24; [X.]/[X.], VR 2014, 37; von [X.], [X.] 2015, 361 <362>; [X.], [X.], 112 <113>; [X.], [X.], 292 <293>; [X.]/von [X.], [X.], 12; Vietmeier, in: [X.], [X.], 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 26; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. 2017, § 3 [X.] Rn. 4; a.[X.], NVwZ 2016, 729 <731>; [X.]., [X.], 503 <504>).

In der Literatur wird erwogen, Wohnungen oder Räume für Feriengäste wie kleine [X.]etriebe des [X.] nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 [X.] zu behandeln, auch wenn es an beherbergungstypischen Nebenleistungen fehlt und die Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis selbst gestalten können ([X.], [X.], 112 <113>; [X.]/[X.], VR 2014, 37 <38 f.>; Stock, in[X.]/[X.]/Stock, [X.], 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 41; § 4a Rn. 25; [X.]., in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2017, § 4 [X.] Rn. 110; [X.]/Fieseler, [X.], 12. Aufl. 2014, § 3 Rn. 20). Diesen Gedanken greift § 13a Satz 2 [X.] 2017 auf (vgl. [X.]. 18/10942, S. 57).

Der [X.] braucht dem nicht nachzugehen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 8. Mai 1989 - 4 [X.] 78.89 - [X.] 406.11 § 31 [X.][X.]auG/[X.]auG[X.] Nr. 27 S. 3), weil sich auch bei dieser Sichtweise das festgesetzte Sondergebiet von einem reinen Wohngebiet wesentlich unterscheidet: Kleine [X.]etriebe des [X.] sind im reinen Wohngebiet als Ausnahme nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 [X.] zulässig. Im [X.]ebauungsplan kann daher nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 [X.] festgesetzt werden, dass diese Ausnahme allgemein zulässig ist. Eine solche Festsetzung müsste aber nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 [X.] die allgemeine Zweckbestimmung des [X.]augebietes wahren. Daran fehlt es. Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 [X.] dem Wohnen. In ihnen muss die Wohnnutzung eine beherrschende Stellung erlangen, weil das Gebiet in besonderer Weise der Erhaltung der [X.] dient. Der Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes wird daher überschritten, wenn ein Gebiet neben dem [X.] als weiterem Hauptzweck der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste dient. Denn diese Nutzung trägt durch den beständigen Wechsel der Nutzer Unruhe in das Gebiet hinein und verdrängt die Wohnnutzung aus ihrer beherrschenden Stellung.

b) Die Gemeinde konnte ihr Planungsziel nicht mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 [X.] erreichen.

Allgemeine Wohngebiete dienen nach § 4 Abs. 1 [X.] vorwiegend dem Wohnen. Näheres ergibt sich aus § 4 Abs. 2 [X.], der als allgemein zulässig Wohngebäude sowie Nutzungen nach den § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] nennt, die der Wohnnutzung zugeordnet sind, damit im Wohngebiet selbst eine Versorgungsinfrastruktur bereit gestellt werden kann, mit der sich die Grundbedürfnisse der [X.]evölkerung befriedigen lassen ([X.]VerwG, Urteil vom 7. September 2017 - 4 [X.] 8.16 - juris Rn. 7 ). In dem festgesetzten Sondergebiet sollen indes die Nutzungen nach dem § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] nicht zulässig sein. Ein solches Gebiet wahrt nicht die Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebietes ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 8. Februar 1999 - 4 [X.] 1.99 - [X.] 406.12 § 1 [X.] Nr. 26 S. 1 f.). Dies gilt auch, wenn eine nach § 4 Abs. 3 [X.] ausnahmsweise zulässige Nutzung nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 [X.] als allgemein zulässig festgesetzt würde ([X.]VerwG, Urteil vom 7. September 2017 a.a.[X.] Rn. 8 f.). Der [X.] kann daher offen lassen, ob die Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste vor Inkrafttreten des § 13a [X.] 2017 einer der Nutzungen des § 4 Abs. 3 [X.] zugeordnet werden könnte.

c) Die Festsetzung eines [X.] verfehlte das gemeindliche Planungsziel gleichfalls. Denn das Mischgebiet dient nach § 6 Abs. 1 [X.] dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Kennzeichnend ist die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe sowie deren wechselseitige Verträglichkeit ([X.]VerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 [X.] 34.86 - [X.]VerwGE 79, 309 <311>). Es verstößt gegen die Zweckbestimmung des [X.], wenn - wie hier - wesentliche Teile der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 [X.] bezeichneten Nutzungsarten ausgeschlossen werden (Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2017, § 6 [X.] Rn. 19).

d) Schließlich schied die Festsetzung eines Sondergebietes nach § 10 Abs. 1 [X.], das der Erholung dient, aus. Denn mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Sondergebietes ist das [X.] nicht vereinbar ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - [X.]VerwGE 147, 138 Rn. 11).

2. Das [X.] und die Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste durften wie geschehen in einem sonstigen Sondergebiet kombiniert werden (in diese Richtung [X.], Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - [X.]; [X.]/von [X.], [X.], 12 <15>; [X.], [X.], 292 <295 f.>; Schmidt-Eichstaedt, [X.] 2016, 225 <229 f.>; von [X.], [X.] 2015, 361 <365 f.>; a.[X.], NVwZ 2016, 729 <732>).

Die Festsetzungsmöglichkeiten aus den Katalogen der [X.]augebietsvorschriften lassen sich in einem Sondergebiet nicht beliebig kombinieren. Ein "[X.]" außerhalb der Möglichkeiten der §§ 2 bis 10 [X.] ist aber zulässig, wenn sich die Verträglichkeit der Nutzungen aus den Regelungen der [X.] herleiten lässt ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 4 [X.]N 2.08 - [X.]VerwGE 134, 117 Rn. 15). Nach dem [X.]surteil vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - ([X.]VerwGE 147, 138 Rn. 12) wi[X.]pricht eine Mischung von Nutzungen dagegen jedenfalls dann den städtebaulichen Vorstellungen des Verordnungsgebers, wenn die Nutzungen jeweils die allgemeine Zweckbestimmung eines [X.]augebietes charakterisieren und sich darin nicht decken oder überschneiden. Dies ist hier nicht der Fall.

a) § 10 [X.] verhält sich zu Sondergebieten, die der Erholung dienen, und benennt als solche Gebiete insbesondere Wochenendhaus-, Ferienhaus- und [X.]ampingplatzgebiete.

§ 10 [X.] regelt damit nicht abschließend solche Nutzungen, die einer Unterbringung zur Erholung dienen, wie die [X.]estimmungen über die Zulässigkeit von [X.]eherbergungsbetrieben zeigen (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 3 Nr. 1, § 4a Abs. 2 Nr. 3, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). § 10 [X.] ist aber auch keine umfassende Regelung solcher Unterbringungen, die der Erholung dienen und in denen die Gäste ihre Häuslichkeit selbst gestalten. Für ihre gegenteilige Rechtsauffassung kann sich die Klägerin nicht auf das [X.]surteil vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - ([X.]VerwGE 147, 138) berufen. Gegenstand dieses Urteils war die bauplanerische Festsetzung eines [X.]es von dauerndem Wohnen und der Nutzung von Wochenendhäusern. Der [X.] hat in § 11 [X.] keine taugliche Rechtsgrundlage für die Verknüpfung von Wochenendhausgebiet und ausnahmsweise zulässiger Wohnnutzung gesehen (a.a.[X.] Rn. 12). Das im Urteil behandelte "zeitweilige[...] Wohnen für Erholungszwecke" (a.a.[X.] Rn. 12 a.E.) meint das dort verfahrensgegenständliche Wohnen in einem Wochenendhaus, wie es Gegenstand von § 10 Abs. 3 [X.] ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, die Zulässigkeit eines zeitweisen [X.] bei eigener Gestaltung der Häuslichkeit sei in § 10 [X.] abschließend geregelt, hat der [X.] in dieser Entscheidung weder ausdrücklich noch der Sache nach aufgestellt.

b) § 10 Abs. 1 und 4 [X.] hat Ferienhausgebiete zum Gegenstand. Davon nicht erfasst ist der Aufenthalt in Ferienwohnungen, die sich in einem Gebäude mit [X.] befinden, also mit diesem in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen.

§ 10 [X.] erhielt seine maßgebliche Fassung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der [X.] vom 15. September 1977 ([X.] [X.]). Der seinerzeitige Verordnungsgeber kannte die Vermietung von [X.] oder Wohnungen in Gebäuden, die im Übrigen dem dauernden Wohnen dienten (von [X.], [X.] 2015, 361 <362>; vgl. [X.]/Fieseler, [X.], 4. Aufl. 1979, § 10 [X.]. 34), wollte sie indes keiner Regelung unterwerfen. Die Regelung der zunächst als Sondergebiete nach § 11 [X.] vorgesehenen und auf [X.]eschluss des [X.]undesrates dem § 10 [X.] zugeordneten Ferienhausgebiete ([X.]R-Drs. 261/77 S. 6, 34; [X.]R-Drs. 261/77 <[X.]eschluß> [X.] ff.) sollte wachsenden Erholungsmöglichkeiten und -bedürfnissen Rechnung tragen, dem Wunsch nach Erholung in landschaftlich reizvoller Umgebung entsprechen und entsprechende [X.]au- und Siedlungswünsche auf geeignete Standorte lenken, wie sie etwa in naturnahen Gebieten, in Wäldern, an Seen oder in unmittelbarer Strandnähe an der Küste zu finden sind ([X.]/Fieseler, [X.], 4. Aufl. 1979, § 10 [X.]. 1 f.; vgl. auch [X.], Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - [X.]). Dies findet seinen Ausdruck in der Ermächtigung der Gemeinden in § 10 Abs. 4 Satz 2 [X.], die Grundfläche der Ferienhäuser "unter [X.]erücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten" festzusetzen. [X.]ereits die damalige Literatur unterschied von den in § 10 Abs. 4 [X.] geregelten [X.] solche "Feriengebiete", in denen innerhalb von Wohngebieten einzeln gelegene Ferienwohnungen vermietet wurden, und die "beson[X.] am Meer, auf den ([X.] oder im Gebirge in vielfältiger Form anzutreffen" seien ([X.]/Fieseler, [X.], 4. Aufl. 1979, [X.]. 34). Dass für solche Nutzungen Regelungen zu erwarten gewesen seien, wie die Klägerin geltend macht, bleibt spekulativ. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber insoweit einen Regelungsbedarf angenommen hat.

Der begrenzte Regelungswille des Verordnungsgebers kommt im Wortlaut der Norm zum Ausdruck. Gebäude, in denen dauerndes Wohnen und der Ferienaufenthalt in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen, sind keine "Ferienhäuser". In [X.] nach § 10 Abs. 4 Satz 1 [X.] sind vielmehr Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Die Rechtsprechung ging daher davon aus, dass Ferienhäuser nicht selten ein minderer Standard an technischen Installationen im Hinblick auf Küche, [X.]ad und Toilette kennzeichne und auch Festigkeit, Dauerhaftigkeit und Isolierung hinter den Anforderungen zurückblieben, die an Wohnhäuser gestellt würden (so [X.]VerwG, Urteil vom 12. März 1982 - 4 [X.] 59.78 - [X.] 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 186 S. 29). Dieses Leitbild erfasst nicht Gebäude, die auch dem dauernden Wohnen dienen.

§ 22 Abs. 1 Satz 3 [X.]auG[X.] bestätigt dieses Verständnis. Danach ist die Zweckbestimmung eines Gebietes für den Fremdenverkehr unter anderem anzunehmen bei Wochenend- und [X.], die im [X.]ebauungsplan festgesetzt sind, sowie bei sonstigen Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen, die durch [X.]eherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt sind. Der Gesetzgeber geht in dieser erstmals durch Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes über das [X.]augesetzbuch vom 8. Dezember 1986 ([X.] I [X.]91) als § 22 Abs. 2 Satz 3 [X.]auG[X.] erlassenen Vorschrift zum einen davon aus, dass Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung grundsätzlich zulässig sind, zum anderen davon, dass die von solchen Nutzungen geprägten Gebiete keine Ferienhausgebiete im Sinne des § 10 Abs. 1 und 4 [X.] sind.

c) Die Klägerin bekämpft die Auffassung der Vorinstanz, die im [X.]ebauungsplan geregelten Ferienwohnungen ähnelten aus bodenrechtlicher Sicht und hinsichtlich ihres Störpotenzials eher den Räumen von [X.]eherbergungsbetrieben als einem Ferienhaus ([X.] 9). Dies führt nicht zum Erfolg der Revision.

Dem räumlichen Nebeneinander von dauerndem Wohnen und Erholungsuchenden sind städtebauliche Störpotenziale eigen. Diese gehen über die Frage nach dem [X.] und der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen hinaus ([X.]VerwG, Urteil vom 25. November 1983 - 4 [X.] 64.79 - [X.]VerwGE 68, 207 <211>). So kann die [X.] durch häufige Nutzerwechsel, Unterschiede im Tagesablauf oder vermehrte Nutzung von Außenwohnbereichen auch in den Abend- und Nachtstunden gestört werden. Solche Störungen mögen zunehmen, je mehr die Erholungsuchenden "unter sich" bleiben, während die räumliche Nähe zu [X.] sozial kontrollierend wirken kann (vgl. von [X.], [X.] 2015, 361 <365 f.>: "[X.]"), zugleich aber Konflikte verschärfen mag. Ausmaß und Akzeptanz von Störungen hängen auch davon ab, welche Erholungsuchenden - etwa jüngere Wochenendtouristen oder ältere Urlauber mit mehrwöchigen Aufenthalten - ein Gebiet typischerweise aufsuchen und ob das Gebiet im Übrigen touristisch oder beispielsweise großstädtisch geprägt ist. Diese beispielhaft aufgezählten Konfliktlagen unterliegen stetem Wandel.

Konflikte sind damit beim Aufeinandertreffen von dauerndem Wohnen und Erholungsaufenthalten unabhängig davon denkbar, ob sich die Erholungsuchenden etwa in [X.]eherbergungsbetrieben, Ferienhäusern oder Ferienwohnungen der hier geregelten Form aufhalten. Der Klägerin ist zuzugeben, dass das Konfliktpotenzial der beiden letztgenannten Formen des [X.] unter einzelnen Aspekten vergleichbar sein mag. Innerhalb der Grenzen des Art. 3 Abs. 1 GG ist es aber Sache des Verordnungsgebers der [X.] zu entscheiden, ob ein erwartetes Störpotenzial Anlass gibt, eine Mischung dieser jeweiligen Nutzung mit dem dauernden Wohnen in einem sonstigen Sondergebiet als von vornherein nicht festsetzungsfähig zu regeln. Eine solche [X.]estimmung hat die [X.] für die hier geregelte Form des [X.] nicht getroffen. Die aufgezeigten Störpotenziale werden damit nicht planungsrechtlich irrelevant. Es obliegt vielmehr den Gemeinden, ihnen in der jeweiligen städtebaulichen Situation im Rahmen der Abwägung Rechnung zu tragen.

3. Die getroffene Festsetzung genügt dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 [X.]auG[X.]. Das Verwaltungsgericht hat sie als sachgerecht und städtebaulich vernünftig gewürdigt. Relevante Nutzungskonflikte seien nicht bekannt geworden ([X.] 12). Diese Wertung ziehen die [X.]eteiligten nicht in Zweifel. Die Klägerin hat auch weitere [X.]edenken gegen den [X.]ebauungsplan nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwG[X.].

Meta

4 C 5/16

18.10.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 6. Juli 2016, Az: 8 A 155/15, Urteil

§ 10 Abs 1 BauNVO vom 22.04.1993, § 10 Abs 4 BauNVO vom 22.04.1993, § 11 BauNVO vom 22.04.1993, § 3 Abs 1 BauNVO vom 22.04.1993, § 4 Abs 1 BauNVO vom 22.04.1993, § 6 Abs 1 BauNVO vom 22.04.1993, § 22 Abs 1 S 3 BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 134 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 4 C 5/16 (REWIS RS 2017, 3718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3718

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 CN 6/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Kombination von Dauerwohnen und Ferienwohnungen in einem sonstigen Sondergebiet; maßgeblicher Zeitpunkt bei Rechtsänderung


3 K 58/16 (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern)


3 K 253/15 (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern)


4 CN 8/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Bebauungsplan; Sondergebiet "Wohnen mit Beherbergung"


2 A 3543/17 SN (Verwaltungsgericht Schwerin)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvL 5/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.