Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 4 CN 6/17

4. Senat | REWIS RS 2017, 3720

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Gegenstand

Kombination von Dauerwohnen und Ferienwohnungen in einem sonstigen Sondergebiet; maßgeblicher Zeitpunkt bei Rechtsänderung


Leitsatz

1. Der Aufenthalt in Ferienwohnungen ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung.

2. Ein Gebiet, in dem das Wohnen als Nutzung zwar überwiegt, dem Aufenthalt in Ferienwohnungen aber ein das Gebiet mitprägender Anteil zukommen soll, unterscheidet sich im Sinne von § 11 Abs. 1 BauNVO wesentlich von einem allgemeinen Wohngebiet.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bebauungsplan, der ein sonstiges Sondergebiet zur Unterbringung von Anlagen und Einrichtungen des [X.]s und der Fremdenbeherbergung ausweist.

2

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die im April 2014 bekannt gemachte 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. ... "..." der Antragsgegnerin, einer auf einer [X.] Insel gelegenen Gemeinde. Der Bebauungsplan überplant ein bebautes und zuvor als allgemeines Wohngebiet festgesetztes Gebiet als sonstiges Sondergebiet. Die textlichen Festsetzungen bestimmen u.a.:

"1.1. Sonstiges Sondergebiet '- [X.] und Gästebeherbergung' gemäß § 11 [X.]

1.1.1 Zweckbestimmung und Art der Nutzung (gemäß § 11 [X.] [X.]. § 9 (1) Nr. 1 BauGB)

Das Sonstige Sondergebiet '- [X.] und Gästebeherbergung' [Sondergebiet nach § 11 Baunutzungsverordnung ([X.])] dient überwiegend der Unterbringung von Anlagen und Einrichtungen des [X.]s sowie weiterhin untergeordnet der Fremdenbeherbergung.

(1) Zulässig sind

 a) Wohngebäude mit Wohnungen zum dauerhaften Aufenthalt,

 b) Unterkünfte zur Fremdenbeherbergung für einen ständig wechselnden Personenkreis (Ferienappartements) im räumlichen und funktionalen Zusammenhang zu Wohngebäuden im Sinne von (1) a,

 c) Räume für freie Berufe.

(2) Ausnahmsweise zulässig sind:

 Läden zur Versorgung des täglichen Bedarfs für Bewohner und Gäste mit einer Größe bis zu 400 m² Verkaufsfläche,

 Schank- und [X.] ohne besondere Betriebseigentümlichkeiten mit einer Größe des Gastraums bis zu 150 m² Grundfläche,

 nicht störende Handwerksbetriebe,

 Anlagen für Verwaltungen sowie

 Anlagen für kirchliche, kulturelle, [X.] und gesundheitliche Zwecke.

1.1.2 Zulässige Zahl der Wohnungen und Ferienappartements in Wohngebäuden (gemäß § 11 [X.] [X.]. § 9 (1) Nr. 1 und 6 BauGB)

(1) Je Wohngebäude ist mindestens eine Wohnung zum dauerhaften Aufenthalt vorzusehen.

(2) Die Anzahl der Wohnungen in Bezug auf die überbaubare Fläche, wird wie folgt begrenzt:

 bis 200 m² überbaubare Fläche höchstens 2 Wohnungen zum dauerhaften Aufenthalt,

 über 200 m² bis 250 m² überbaubare Fläche höchstens 3 Wohnungen zum dauerhaften Aufenthalt,

 über 250 m² überbaubare Fläche höchstens 4 Wohnungen zum dauerhaften Aufenthalt.

(3) Die Anzahl der Ferienappartements zur Fremdenbeherbergung wird auf insgesamt 2 je Wohngebäude begrenzt."

3

Der Antragsteller ist Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, für die eine private Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Garten" festgesetzt ist. Die Grundstücke sind mit eingeschossigen, als Erdhügel in Erscheinung tretenden Bunkern bebaut, die der Antragsteller als Wohngebäude nutzen möchte.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Die Gebietsfestsetzung sei in einem Sondergebiet nach § 11 [X.] zulässig. Dessen Zweck entspreche nicht dem eines allgemeinen Wohngebiets. Denn es solle eine Mischung von [X.] und Ferienwohnungen mit einem gewissen Übergewicht der Dauerwohnnutzung entstehen, bei der dem Ferienwohnen ein das Gebiet mitprägender Anteil zukomme. Eine solche Mischung könne in einem Sondergebiet festgesetzt werden. Auch im Übrigen sei der Bebauungsplan nicht zu beanstanden.

5

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er hält den Bebauungsplan für unwirksam. Es habe kein sonstiges Sondergebiet nach § 11 [X.] festgesetzt werden dürfen. Das Planungsziel lasse sich durch Festsetzung eines Regelbaugebietes unter Ausschöpfung der Möglichkeiten nach § 1 Abs. 5 und 9 [X.] erreichen. Dies gelte für die Kombination von [X.] und Ferienwohnen jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Zweckbestimmung überwiegend das [X.] und nur nachrangig das Ferienwohnen sei. Die Antragsgegnerin und der Vertreter des [X.] verteidigen die Rechtsauffassung des [X.].

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angegriffene Urteil steht mit revisiblem Recht im Einklang.

7

I. Maßgeblich für die rechtliche [X.]eurteilung ist die bei Erlass des [X.]ebauungsplans geltende [X.] in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 23. Januar 1990 ([X.] I S. 132), zuletzt geändert durch Art. 2 des [X.] in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des [X.] vom 11. Juni 2013 ([X.] I S. 1548) (im Folgenden: [X.]).

8

Während des Revisionsverfahrens sind die §§ 13a und 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/[X.] im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der [X.] vom 4. Mai 2017 ([X.] I S. 1057) in [X.] getreten (im Folgenden: [X.] 2017). Diese Vorschriften finden indes keine Anwendung. Denn Rechtsänderungen, die nach der Entscheidung der Vorinstanz eintreten, berücksichtigt das Revisionsgericht nur, wenn die Vorinstanz - entschiede sie anstelle des [X.] - sie ebenfalls zu berücksichtigen hätte ([X.]VerwG, Urteile vom 11. September 2007 - 10 [X.] 8.07 - [X.]VerwGE 129, 251 Rn. 19, vom 23. Februar 2011 - 6 [X.] 22.10 - [X.]VerwGE 139, 42 Rn. 14 und vom 25. Juli 2017 - 1 [X.] 10.17 - NVwZ-RR 2017, 887 Rn. 12). Das ist hier nicht der Fall.

9

Für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm maßgebend ist die Rechtslage im Zeitpunkt ihres Zustandekommens. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind im Grundsatz von Anfang an (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam, soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt. [X.]ei [X.]ebauungsplänen ist insoweit der späteste in [X.]etracht kommende Zeitpunkt seine Inkraftsetzung ([X.]VerwG, Urteil vom 27. März 2014 - 4 [X.]N 3.13 - [X.]VerwGE 149, 229 Rn. 27). Die ohne Rückwirkung in [X.] getretenen §§ 13a und 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2017 wären daher für die Vorinstanz nicht maßgeblich gewesen: Die Vorschriften könnten weder einen [X.]ebauungsplan wirksam werden lassen, der bei seiner Inkraftsetzung nicht [X.]estandteil der Rechtsordnung geworden war, noch könnten sie die Unwirksamkeit eines wirksam erlassenen [X.]ebauungsplan herbeiführen. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber den Änderungen der [X.] nur klarstellende Funktion beigemessen hat ([X.]. 18/10942 S. 35; [X.]. 18/11439 [X.]). Ob diese Auffassung zutrifft, haben die Gerichte zu entscheiden. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist die rechtsprechende Gewalt berufen. Der Gesetzgeber ist dagegen zur authentischen Interpretation von Vorschriften nicht befugt ([X.], [X.]eschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 [X.]vL 5/08 - [X.]E 135, 1 Rn. 45).

II. Die Festsetzung eines Sondergebietes "[X.] und Gästebeherbergung" konnte auf § 11 Abs. 1 [X.] gestützt werden. Dies sieht das Oberverwaltungsgericht richtig (UA S. 6 ff.).

1. Wie von § 11 Abs. 1 [X.] gefordert, unterscheidet sich das festgesetzte Gebiet wesentlich von den [X.]augebieten nach den §§ 2 bis 10 [X.].

Ein wesentlicher Unterschied zu den Gebieten nach den §§ 2 bis 10 [X.] besteht, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. [X.] geregelten Gebietstypen zuordnen und sich deshalb sachgerecht auch nicht mit einer auf sie gestützten Festsetzung erreichen lässt ([X.]VerwG, Urteile vom 29. September 1978 - 4 [X.] 30.76 - [X.]VerwGE 56, 283 <286> und vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - [X.]VerwGE 147, 138 Rn. 12). Die allgemeine Zwecksetzung des [X.]augebiets ist das entscheidende Kriterium dafür, ob sich das festgesetzte Sondergebiet wesentlich von einem [X.]augebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 [X.] unterscheidet ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Juli 1997 - 4 [X.] 11.9 - [X.] 406.12 § 11 [X.] Nr. 22 S. 4 und Urteil vom 28. Mai 2009 - 4 [X.]N 2.08 - [X.]VerwGE 134, 117 Rn. 10).

a) Das festgesetzte Sondergebiet unterscheidet sich wesentlich von einem reinen Wohngebiet nach § 3 [X.].

Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 [X.] dem Wohnen. Das festgesetzte Sondergebiet dient indes auch der [X.]. Diese Nutzung ist kein Wohnen im Sinne der [X.]. Der [X.]egriff des Wohnens im Sinne von § 3 Abs. 1 [X.] ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Kriterien müssen diejenigen erfüllen, denen die Unterkunft als Heimstätte dient ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 25. März 1996 - 4 [X.] 302.95 - [X.] 406.12 § 3 [X.] Nr. 12 S. 3 und vom 20. Dezember 2016 - 4 [X.] 49.16 - NVwZ 2017, 723 Rn. 7). Maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. März 1996 - 4 [X.] 302.95 - a.a.[X.]). [X.]ei der [X.], die hier in Ferienappartements angeboten werden soll, fehlt es an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist. Denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf ([X.], Urteil vom 19. Februar 2014 - 3 L 212/12 - [X.]RS 82 Nr. 77; [X.], Urteile vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - [X.]RS 82 Nr. 21 und vom 15. Januar 2015 - 1 KN 61/14 - Zf[X.]R 2015, 492; [X.], [X.]eschluss vom 26. Januar 2017 - 5 S 1791/16 - Zf[X.]R 2017, 270 <271>; Stock, in[X.]/[X.]/Stock, [X.], 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 24; [X.]/[X.], VR 2014, 37 <37 f.>; von [X.], [X.] 2015, 361 <362>; [X.], [X.], 112 <113>; [X.], [X.], 292 <293>; Reidt/von [X.], [X.], 12; Vietmeier, in: [X.]önker/[X.]ischopink, [X.], 2014, § 3 Rn. 26; [X.], in: [X.]/[X.], [X.]auG[X.] [X.], 8. Aufl. 2017, § 3 [X.] Rn 4; a.[X.], NVwZ 2016, 729 <731>; [X.]., V[X.]l[X.]W 2015, 503 <504>).

In der Literatur wird erwogen, Wohnungen oder Räume für Feriengäste wie kleine [X.]etriebe des [X.]eherbergungsgewerbes nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 [X.] zu behandeln, auch wenn es an beherbergungstypischen Nebenleistungen fehlt und die Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis selbst gestalten können ([X.], [X.], 112 <113>; [X.]/[X.], VR 2014, 37 <38 f.>; Stock, in[X.]/[X.]/Stock, [X.], 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 41, § 4a Rn. 25; [X.]., in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2017, § 4 [X.] Rn. 110; Fickert/Fieseler, [X.], 12. Aufl. 2014, § 3 Rn. 20). Diesen Gedanken greift § 13a Satz 2 [X.] 2017 auf (vgl. [X.]. 18/10942 S. 57).

Der Senat braucht dem nicht nachzugehen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 8. Mai 1989 - 4 [X.] 78.89 - [X.] 406.11 § 31 [X.][X.]auG/[X.]auG[X.] Nr. 27 S. 3). Denn die Antragsgegnerin möchte in dem festgesetzten Sondergebiet solche Nutzungen jedenfalls ausnahmsweise zulassen, die in reinen Wohngebieten auch nicht ausnahmsweise zulässig sind, wie Schank- und [X.], nicht störende Handwerksbetriebe, auch wenn diese nicht zur Deckung des täglichen [X.]edarfs für die [X.]ewohner des Gebiets dienen, Anlagen für Verwaltungen und Anlagen für kirchliche, kulturelle und gesundheitliche Zwecke, die nicht den [X.]edürfnissen der [X.]ewohner dies Gebiets dienen. Hierfür steht das reine Wohngebiet nicht zur Verfügung.

b) Ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 [X.] wollte die Gemeinde nicht festsetzen.

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat die Zweckbestimmung des [X.]augebietes dahin ausgelegt, dass ein Gemisch von Nutzungen gewollt sei, in der das ([X.] zwar überwiege, dem Ferienwohnen jedoch ein das Gebiet mitprägender Anteil zukommen solle. Es solle kein Wohngebiet mit leichten Abstrichen, sondern eher eine Mischung Dauer-/Ferienwohnungen mit einem gewissen Übergewicht der Dauerwohnnutzung entstehen ([X.]). Diese Auslegung des Ortsrechts ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob sich das Instanzgericht bei der Anwendung und Auslegung irrevisiblen Rechts so weit vom zugrunde liegenden Gesetz entfernt hat, dass der Zusammenhang mit dem Gesetz nicht mehr hinreichend erkennbar und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt - auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung - verständlich ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Januar 2008 - 9 [X.] 81.07 - [X.] 401.0 § 171 AO Nr. 1 Rn. 8). Dies ist nicht der Fall. Den [X.]ebauungsplan kennzeichnet ein Spannungsverhältnis: Während die Zweckbestimmung die [X.] als "untergeordnet" bezeichnet, lassen die textlichen Festsetzungen immerhin zwei Ferienappartements je Wohngebäude zu. Dieses Spannungsverhältnis hat das Oberverwaltungsgericht aufgelöst, indem es eine Mischung aus [X.] und Ferienwohnungen angenommen hat, bei welcher dem [X.] lediglich ein "gewisses Übergewicht" ([X.]) zukommt. Dies ist ohne Weiteres nachvollziehbar.

An[X.] als der Antragsteller meint, ist der [X.]ebauungsplan auch nicht wegen innerer Wi[X.]prüchlichkeit unwirksam, weil der festgesetzte Zweck von den textlichen Festsetzungen abweicht (vgl. auch [X.]VerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 4 [X.]N 4.03 - [X.]VerwGE 120, 239 <243 ff.> zur Auslegung der [X.]egründung eines [X.]ebauungsplans). Denn das zur Auslegung des irrevisiblen Rechts berufene Oberverwaltungsgericht hat einen solchen Wi[X.]pruch im [X.]ebauungsplan nicht erkannt. Es hat vielmehr der Zweckbestimmung einen Inhalt beigemessen, der mit den textlichen Festsetzungen in Einklang zu bringen ist. Dass die Auslegung des [X.] ihrerseits unvollständig oder in sich wi[X.]prüchlich (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 7. März 2017 - 9 [X.] 20.15 - KommJur 2017, 314 = juris Rn. 20) sein könnte, zeigt der Antragsteller nicht auf.

Die Auslegung des [X.] hält auch der Kritik stand, der [X.]ebauungsplan lasse eine ausschließliche Wohnbebauung zu und stelle nicht sicher, dass das untergeordnete Ziel der [X.] überhaupt erreicht werde. Einer solchen Sicherung bedurfte es schon aus tatsächlichen Gründen nicht. Der [X.]ebauungsplan soll das Entstehen von Ferienwohnungen begrenzen und Wohnraum für das dauernde Wohnen erhalten. Hiervon gehen auch die [X.]eteiligten aus. Die Möglichkeit, es könne sich ausschließlich Wohnbebauung entwickeln, liegt so fern, dass es einer planerischen Vorsorge nicht bedurfte. Im Übrigen könnte einer solchen Entwicklung im Genehmigungsverfahren unter Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] begegnet werden (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 [X.] 34.86 - [X.]VerwGE 79, 309 <310 ff.>).

bb) Ihr Planungsziel konnte die Gemeinde auch unter Einsatz der Möglichkeiten des § 1 Abs. 5 ff. [X.] nicht durch Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets erreichen.

Allerdings erscheint es denkbar, unter Anwendung des § 1 Abs. 5 und 9 [X.] die nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] allgemein zulässigen Nutzungen der Läden zur Versorgung des täglichen [X.]edarfs für [X.]ewohner und Gäste (hier: bis zu 400 m² Verkaufsfläche) (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), der Schank- und [X.] (hier: ohne besondere [X.]etriebseigentümlichkeiten mit einer Größe des Gastraums bis zu 150 m² Grundfläche) (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), die nicht störenden Handwerksbetriebe (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) sowie die Anlagen für kirchliche, kulturelle, [X.] und gesundheitliche Zwecke (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) zu ausnahmsweise zulässigen Nutzungen herunterzustufen. Die allgemein zulässigen Anlagen für sportliche Zwecke (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) wären nicht zulässig nach § 1 Abs. 5 [X.], ebenso nicht die ansonsten ausnahmsweise zulässigen Gartenbaubetriebe und Tankstellen (§ 4 Abs. 3 Nr. 4 und 5 [X.]). Erreichbar wäre das Planungsziel der Gemeinde aber nur dann, wenn Ferienappartements [X.]etriebe des [X.]eherbergungsgewerbes (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.]) oder sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.]) sein sollten und damit nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 [X.] als allgemein zulässig festgesetzt werden könnten, wie dies § 13a [X.] 2017 in [X.] an Stimmen in der Literatur annimmt (vgl. für die Annahme sonstiger Gewerbebetriebe Reidt/von [X.], [X.], 12 <12 f.>; [X.], [X.], 292 <294>).

Dies mag auf sich beruhen. Selbst wenn eine solche Festsetzung konstruktiv möglich erschiene, müsste in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 5 und § 6 Nr. 2 [X.] die allgemeine Zweckbestimmung des [X.]augebiets nach § 4 Abs. 1 [X.] gewahrt bleiben. Daran fehlt es. Das allgemeine Wohngebiet wird als kollektive Wohngemeinschaft mit einem grundsätzlichen Ruhebedürfnis begriffen ([X.]VerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 [X.] 1.02 - [X.]VerwGE 116, 155 <160>; [X.]eschluss vom 31. Juli 2013 - 4 [X.] 8.13 - [X.]auR 2013, 1996 Rn. 8). Es unterscheidet sich nur graduell, nicht aber prinzipiell von einem reinen Wohngebiet ([X.]VerwG, Urteil vom 12. August 1999 - 4 [X.]N 4.98 - [X.]VerwGE 109, 246 <256>). Die Wohnnutzung muss vorherrschen, Wohngebäude und Wohnungen im Vergleich zu anderen Nutzungen zahlenmäßig überwiegen (Stock, in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2017, § 4 [X.] Rn. 19) und den [X.] des Gebiets auch unter [X.]erücksichtigung der anderen zulässigen Anlagen erkennbar prägen ([X.]VerwG, Urteil vom 7. September 2017 - 4 [X.] 8.16 - juris Rn. 7 ). Nach der für das Revisionsgericht maßgebenden Auslegung des [X.] ist die Zweckbestimmung "überwiegendes [X.]" indes nicht der Zweckbestimmung "dient vorwiegend dem Wohnen" des § 4 Abs. 1 [X.] gleichzusetzen, weil dem Ferienwohnen ein das Gebiet mitprägender Anteil zukommen soll ([X.]). Damit könnte das Planungsziel der Gemeinde, wie es in der Zweckbestimmung des [X.] seinen Ausdruck findet, mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets auch unter Nutzung der Möglichkeiten des § 1 Abs. 5 ff. [X.] nicht erreicht werden.

c) Die Festsetzung eines Mischgebietes verfehlte das gemeindliche Planungsziel ebenso. Das Mischgebiet dient nach § 6 Abs. 1 [X.] dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Kennzeichnend ist die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe sowie deren wechselseitige Verträglichkeit ([X.]VerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 [X.] 34.86 - [X.]VerwGE 79, 309 <311>). Es verstößt gegen die Zweckbestimmung des Mischgebiets, wenn - wie hier - wesentliche Teile der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 [X.] bezeichneten Nutzungsarten ausgeschlossen werden (Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2017, § 6 [X.] Rn. 19).

d) Schließlich schied die Festsetzung eines Sondergebietes nach § 10 Abs. 1 [X.], das der Erholung dient, aus. Denn mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Sondergebietes ist das [X.] nicht vereinbar ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 4 [X.]N 7.12 - [X.]VerwGE 147, 138 Rn. 11).

2. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Kombination von dauerndem Wohnen und Ferienappartements in dem hier geforderten räumlichen und funktionalen Zusammenhang in einem sonstigen Sondergebiet zulässig ist ([X.] f. unter [X.]erufung auf [X.], Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - [X.]RS 82 Nr. 21). Dies trifft aus den Gründen des [X.] vom heutigen Tag in der Sache 4 [X.] 5.16 zu. Die [X.]eteiligten haben dem nicht wi[X.]prochen.

Die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen, ebenso wenig die weiteren Ausführungen des angegriffenen Urteils. Verstöße gegen [X.] Recht sind auch insoweit nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

4 CN 6/17

18.10.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: CN

vorgehend OVG Lüneburg, 9. August 2016, Az: 1 KN 65/15, Urteil

§ 11 Abs 1 BauNVO vom 11.06.2013, § 13a BauNVO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 4 CN 6/17 (REWIS RS 2017, 3720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3720

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