Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.03.2018, Az. B 9 SB 93/17 B

9. Senat | REWIS RS 2018, 12630

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Rolle des Sachverständigen als Gehilfe des Richters - rechtliches Gehör - keine Überraschungsentscheidung bei streitiger Erörterung mehrerer unterschiedlicher Gutachten - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Schwerbehindertenrecht - Merkzeichen G - Berücksichtigung von psychischen Störungen ohne Auswirkungen auf die Gehfähigkeit - Versorgungsmedizinische Grundsätze - Darlegungsanforderungen


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 16. November 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin [X.] aus H.
 beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. [X.]er Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines [X.]rades der Behinderung ([X.]dB) von 80 und die Zuerkennung des [X.] [X.]ieses Begehren hat das [X.] mit Urteil vom 16.11.2017 verneint. [X.]ie beim Kläger vorliegende mittelgradige psychische Störung sei mit einem Einzel-[X.]dB von 40, das [X.] mit einem Einzel-[X.]dB von 20 und die entzündliche [X.]armerkrankung ohne Einfluss auf den Kräfte- und Ernährungszustand mit einem Einzel-[X.]dB von 10 einzustufen. [X.]a das seelische Leiden zu einer Intensivierung des Schmerzerlebens im Rahmen der orthopädischen Beeinträchtigungen führe, sei ein [X.] von 50 gerechtfertigt. Hinsichtlich einer sich nicht auf das [X.] auswirkenden psychischen Störung seien die Voraussetzungen des Merkzeichens [X.] nur dann erfüllt, wenn ihre Auswirkungen mit denen der Regelbeispiele bei Anfällen und Störungen der Orientierungsfähigkeit nach Teil [X.] der Anlage zu § 2 [X.] ([X.]) vergleichbar seien. [X.]emäß Teil [X.] der Anlage zu § 2 [X.] entfalteten [X.] infolge geistiger Behinderung grundsätzlich jedoch erst ab einem [X.]dB von wenigstens 70 Merkzeichenrelevanz. Bei einem [X.]dB unter 80 komme eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht. [X.]ie Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Vielmehr bedinge das seelische Leiden, das ursächlich für die vom Kläger beschriebenen Konzentrations- und [X.] sei, nach den überzeugenden gutachterlichen Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen [X.] vom [X.] lediglich einen Einzel-[X.]dB von 40. Auch der Befundbericht des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie [X.]r. H. vom 12.5.2016 und der Entlassungsbericht der M.-Klinik vom [X.] rechtfertigten keine andere Beurteilung.

2

[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BS[X.] eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) für die [X.]urchführung des [X.]s unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

3

II. 1. [X.]er [X.] ist abzulehnen. Nach § 73a [X.] S[X.][X.] iVm § 114 [X.] ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem [X.] bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. [X.] bleiben kann, ob der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für PKH erfüllt. Er hat die notwendige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt 117 Abs 2 und 4 ZPO). Jedenfalls hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht (dazu unter 2.). [X.]amit entfällt zugleich die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH (§ 73a [X.] S[X.][X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

4

2. [X.] ist unzulässig. Seine Begründung vom [X.] genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.]) und des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.]) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 S[X.][X.]).

5

a. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. [X.]er Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner [X.]arlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum [X.]anzen vgl BS[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). [X.]iesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6

aa. [X.]er Kläger hält zunächst folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam,

        

"ob bei psychischen Erkrankungen ohne Auswirkungen auf das [X.]ehvermögen eine Vergleichbarkeit mit den Regelfällen bei Anfällen und Störungen der Orientierungsfähigkeit überhaupt an der Höhe des [X.]dB festzumachen, bzw. die Vergleichbarkeit auf die Höhe des [X.]dB zu beschränken ist",

        

"ob die Unfähigkeit, sich den Lebensraum um sich herum zu erschließen, weil man psychisch krank, wahrnehmungsgestört, pseudodement, desorientiert, etc., ist entweder mit einem [X.]dB auch unter 70/80 wegen der Regelung in Teil [X.], [X.], letzter Satz, als besonderen Einzelfall bei nicht abschließender Aufzählung der Regelbeispiele und im Hinblick auf die immer schwerer und häufiger werdenden psychischen Erkrankungen rechtlich gleichzusetzen ist i.S.v. Teil [X.], [X.] f VM[X.]",

        

"ob im Rahmen der Rechtsfortbildung auch bei einer psychischen Beeinträchtigung, die sich nicht spezifisch auf das [X.]ehvermögen auswirkt, auch andere Regelbeispiele und geringere [X.]dB als Vergleichsmaßstab in Betracht zu ziehen sind, vor dem Hintergrund der Regelung in Teil [X.], [X.] f letzter Satz und vor dem Hintergrund der schweren Beeinträchtigung der Raumentfaltung durch psychische Erkrankungen",

        

"ob bei psychischen Erkrankungen, die eine Wahrnehmungsstörung, Orientierungslosigkeit bis hin zur Pseudodemenz beinhalten, nicht sogar eine psychische Beeinträchtigung ergibt, die sich dadurch spezifisch auf das [X.]ehvermögen auswirkt, dass es im Ergebnis auf dasselbe herauskommt, ob jemand einen Ort nicht erreichen kann, weil die Beine ihn nicht hintragen oder weil die Beine ihn woanders hintragen, und er sein avisiertes Ziel jedenfalls nicht erreicht."

7

[X.]er Senat lässt offen, ob und inwieweit der Kläger damit hinreichend klar bezeichnete Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.] dargetan hat. Jedenfalls hat er die (erneute) Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellungen nicht hinreichend aufgezeigt. Nach seinem Vortrag in der Beschwerdebegründung stützt der Kläger die vom ihm begehrte Zuerkennung des Merkzeichens [X.] insbesondere auf eine bei ihm vorliegende - sich nicht unmittelbar auf sein [X.] auswirkende - psychische Störung. In diesem Zusammenhang weist er selbst auf das Urteil des Senats vom 11.8.2015 ([X.] SB 1/14 R - [X.] 4-3250 § 69 [X.]1) hin. Er behauptet zwar, dass sich aus dieser Entscheidung keine Antworten auf die gestellten Fragen ergäben. [X.]er Kläger versäumt es jedoch, sich mit dieser Entscheidung auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob sich bereits aus den dortigen Ausführungen und Hinweisen hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragestellungen ergeben. [X.]enn auch dann gilt eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt (stRspr, [X.] Beschluss vom 14.9.2017 - B 5 R 258/17 B - Juris Rd[X.]0).

8

[X.]er Senat hat in seinem vorgenannten Urteil vom 11.8.2015 seine Rechtsprechung bekräftigt, dass auch eine psychische Störung zum Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens [X.] führen kann. Hierzu hat er Senat ua ausgeführt (aaO Rd[X.]1-22):

"[X.]er umfassende Behindertenbegriff im Sinne des § 2 [X.] S[X.]B IX gebietet im Lichte des verfassungsrechtlichen als auch des unmittelbar anwendbaren UN-konventionsrechtlichen [X.]iskriminierungsverbots (Art 3 Abs 3 S 2 [X.][X.]; Art 5 Abs 2 UN-Behindertenrechtskonvention) die Einbeziehung aller körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. (…) Anspruch auf Nachteilsausgleichs [X.] hat deshalb auch ein schwerbehinderter Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen als den in Teil [X.] [X.] Buchst d bis f der Anlage zu § 2 [X.] genannten Regelfällen dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis mit gleich schweren Auswirkungen auf die [X.]ehfunktion gleichzustellen ist (vgl BS[X.] Urteil vom [X.] - [X.] 3-3870 § 60 [X.]). [X.]ies gilt auch für psychosomatische oder psychische Behinderungen und Krankheitsbilder (…).

Schwerbehinderte Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen hat der Senat schon in der Vergangenheit von der Vergünstigung des Nachteilsausgleichs [X.] nicht generell ausgeschlossen, sondern lediglich psychische Beeinträchtigungen, durch welche die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sein kann, ohne dass das [X.] betroffen ist, auf eine Vergleichbarkeit mit den Regelfällen bei Anfällen und Störungen der Orientierungsfähigkeit beschränkt (BS[X.] Beschluss vom 10.5.1994 - 9 BVs 45/93 - Juris). Für psychische Beeinträchtigungen, die sich spezifisch auf das [X.] auswirken, gilt diese Beschränkung indessen nicht. In solchen Fällen sind auch andere Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab in Betracht zu ziehen (…)."

9

[X.]ie Kläger setzt sich nicht damit auseinander, warum sich auf [X.]rundlage dieser Senatsrechtsprechung die von ihm aufgeworfenen Fragestellungen nicht beantworten lassen. Er beschäftigt sich überdies - anders als geboten - nicht hinreichend mit den hier einschlägigen Inhalten des Teils [X.] [X.] der Anlage zu § 2 [X.]. Schließlich hat der Kläger in diesem Zusammenhang aber auch die Klärungsfähigkeit der von ihm formulierten Fragen nicht in ausreichendem Maße aufgezeigt. Er legt nicht dar, ob und inwieweit die Fragen jeweils für sich nach Maßgabe der das BS[X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (vgl § 163 S[X.][X.]) zu den psychischen [X.]esundheitsstörungen und den daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen des [X.] in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wären. [X.] hypothetische Fragestellungen muss das BS[X.] nicht beantworten. Sollte der Kläger mit seinen Fragestellungen die Schlussfolgerungen des [X.] aus der zitierten Senatsrechtsprechung bezogen auf seinen Einzelfall in Frage stellen wollen, wendet er sich gegen die Unrichtigkeit der Rechtsanwendung in seinem Einzelfall. Hierauf kann jedoch eine [X.]rundsatzrüge nicht gestützt werden (vgl Senatsbeschluss vom 21.8.2017 - [X.] SB 3/17 B - Juris Rd[X.]3).

bb. Soweit der Kläger schließlich im Zusammenhang mit seinem Begehren nach einem [X.] von 80 als grundsätzlich bedeutsam die Frage aufwirft, "ob einem medizinischen Sachverständigen überhaupt eine Kompetenz dahingehend zugeschrieben werden kann, die tatsächlichen Sachverhaltsfeststellungen zu den Einschränkungen der Antragsteller unter die juristischen Begriffe von [X.]esetzen oder der VM[X.] zu subsumieren", setzt er sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung des BS[X.] zur Rolle des medizinischen Sachverständigen als "[X.]ehilfe des [X.]erichts" im sozialgerichtlichen Verfahren auseinander (vgl zB Senatsbeschluss vom 8.5.2017 - [X.] V 78/16 B - Juris Rd[X.]2; BS[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 40/16 B - Juris Rd[X.]0). [X.]er medizinische Sachverständige soll dem [X.] seine besondere medizinische Sachkunde zur Verfügung stellen. [X.]rundlage sind dabei stets die neuesten Erkenntnisse des Fachgebiets des Sachverständigen (Senatsbeschluss vom 2.12.2010 - [X.] VH 3/09 B - Juris Rd[X.]4). [X.]ie Rechtsfragen muss der [X.] aber selbst entscheiden, wie hier die Frage über die Einschätzung des ([X.]esamt-)[X.]dB, wozu der Sachverständige indes Rat geben und Vorschläge machen muss (vgl [X.] in [X.][X.]/[X.]/[X.]/[X.], S[X.][X.], 12. Aufl 2017, § 118 Rd[X.]1a). Überdies hat der Kläger die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der aufgeworfenen Fragestellung nicht aufgezeigt.

b. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.] vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 S[X.][X.]) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. [X.]arüber hinaus ist die [X.]arlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. [X.]emäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 S[X.][X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 [X.] S[X.][X.] und auf eine Verletzung des § 103 S[X.][X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

[X.]er Kläger rügt eine Verletzung seines rechtlichen [X.]ehörs. [X.]as [X.] habe vor Erlass seines Urteils nicht erkennen lassen, dass es entgegen der Einschätzung des S[X.] "nicht von einer schweren Störung im Rechtssinne" ausgehe, sondern den medizinischen Sachverhalt nur unter eine "mittelgradige Störung subsumieren möchte und dass es dadurch eine wesentlich geringeren [X.]dB und in der Folge auch keinen vergleichbaren Regelfall für das Merkzeichen [X.] annehmen möchte".

Soweit der Kläger damit eine Verletzung rechtlichen [X.]ehörs (§ 62 S[X.][X.], Art 103 Abs 1 [X.][X.]) durch Erlass einer Überraschungsentscheidung geltend machen will, vermag ihm auch dies nicht zur Zulassung der Revision zu verhelfen.

[X.]er Anspruch der Beteiligten auf rechtliches [X.]ehör verpflichtet das Prozessgericht nur dann zu einer vorherigen Erörterung der für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden [X.]esichtspunkte, wenn das [X.]ericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen [X.]esichtspunkt zur [X.]rundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine [X.] gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbevollmächtigter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 327/16 B - Juris RdNr 7 mwN).

[X.]ies ist nach der Beschwerdebegründung nicht anzunehmen. Vielmehr muss in einem tatsachengerichtlichen Verfahren, in dem aus den Angaben von mehreren behandelnden Ärzten, des versorgungsärztlichen [X.]ienstes und von Sachverständigen unterschiedliche Bewertungen für die [X.]esamteinschätzung der Behinderungen abgeleitet und zwischen den Beteiligten streitig erörtert werden, jeder Beteiligte, also auch der Kläger, damit rechnen, dass das [X.]ericht auch zu seinen Ungunsten entscheiden kann (vgl Senatsbeschluss vom 11.7.2017 - [X.] SB 15/17 B - Juris Rd[X.]2). [X.]er Kläger behauptet nicht, dass ihm die Sachverständigengutachten und die medizinischen Berichte, auf die sich das [X.] bei seiner Entscheidungsfindung gestützt hat, nicht bekannt gewesen seien. Welche Schlussfolgerungen das [X.]ericht aus den Tatsachen bzw [X.] ziehen wird, muss es vorab nicht mitteilen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das [X.]ericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf die in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 9.2.2017 - [X.] SB 83/16 B - Juris RdNr 6 mwN).

Soweit der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 S[X.][X.]) durch das [X.] geltend macht, hat er bereits keinen von ihm bis Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aufrecht erhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet. Ein Verfahrensmangel kann aber gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 S[X.][X.] nur dann auf eine Verletzung des § 103 S[X.][X.] gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Mit seiner Rüge, das [X.] habe die "[X.]renzen der Beweiswürdigung überschritten (§ 128 [X.] S[X.][X.])", kann der Kläger im [X.] von vornherein nicht gehört werden. [X.]enn gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 S[X.][X.] kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 [X.] S[X.][X.] gestützt werden.

c. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 S[X.][X.]).

3. [X.]ie Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 S[X.][X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen [X.].

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 S[X.][X.].

Meta

B 9 SB 93/17 B

08.03.2018

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Hannover, 23. April 2015, Az: S 25 SB 779/11, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, § 106 Abs 3 Nr 4 Alt 2 SGG, § 118 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 69 Abs 4 SGB 9, § 146 Abs 1 S 1 SGB 9, § 3 Abs 1 Nr 7 SchwbAwV, Anlage Teil D Nr 1 Buchst f VersMedV, § 404a ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.03.2018, Az. B 9 SB 93/17 B (REWIS RS 2018, 12630)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12630

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