Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. II ZR 189/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2090

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 189/10
Verkündet am:
23. Oktober 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2 -

Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2012 durch [X.]
Dr.
Bergmann,
[X.]
Strohn, die Richterinnen Caliebe
und
Dr.
[X.] sowie
den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] zu 4 wird das Urteil des 26. Zivilse-nats des
Kammergerichts vom 30.
August 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung -
auch über die Kosten des Revisionsverfah-rens
-
an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der
Kläger zu 4 beteiligte sich im Jahr 1998 über eine Treuhandkom-manditistin
mit insgesamt 160.000 DM an der
T.

LBB Fonds Zwölf
(im Folgenden: Fonds). Er 1
-
3 -

macht
gegen die [X.] als Gründungskommanditistin Ansprüche aus Pros-pekthaftung im engeren und weiteren Sinne geltend.
Das [X.] hat gegen die Kläger zu 1 bis 9 Versäumnisurteil erlas-sen und dieses hinsichtlich der Kläger zu 3 und 4 aufrechterhalten. Die Kläger zu 1 und 2 und 5 bis 9 haben ihre Klagen im ersten Rechtszug zurückgenom-men. [X.] hat die Berufung der Kläger zu 3 und 4 zurückge-wiesen. Der Kläger zu 3 hat seine Klage im Revisionsverfahren zurückgenom-men. Mit der
vom erkennenden [X.] zugelassenen Revision verfolgt
der
Klä-ger zu 4 (im Folgenden: Kläger) sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
Erfolg und führt
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
[X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
[X.] im engeren Sinne seien verjährt. Aber auch aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sei die Klage unbegründet.
In dem Prospekt werde entgegen der Auffassung des
[X.]
nicht aus-gesagt, dass die Mietgarantie auch Mietminderungen erfasse. Die Angaben zum Andienungsrecht der Anleger wiesen keine Fehler auf. Auch mache der Prospekt keine irreführenden Angaben zur Werthaltigkeit der Fondsimmobilien. Offen bleiben könne schließlich, ob unter die Mietgarantie auch die [X.] Nebenkosten fielen. Denn insoweit treffe die [X.] jedenfalls kein Verschulden. Die Mietgarantin habe insoweit zunächst Zahlungen geleistet und 2
3
4
5
6
-
4 -

sich erst nach Jahren auf den Standpunkt gestellt, die Mietgarantie erfasse die Nebenkosten nicht.
[X.] Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Kontrolle nicht in [X.] stand.
[X.] hätte die Frage, ob der Prospekt in ausreichendem Maße über den Umfang der Mietgarantie aufgeklärt hat, nicht offen lassen [X.]. Denn seine Erwägung, die [X.] treffe insoweit jedenfalls kein [X.], ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Die Prospektangaben zu dem [X.] sind unzureichend, weil sie auf eine falsche Risikoverteilung hinsichtlich der [X.]n Nebenkosten schließen lassen, soweit die Mietflächen nicht unter den [X.] fallen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s muss einem Anleger für seine [X.] ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageent-scheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nach-teile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden ([X.], Urteil vom 6. Oktober 1980 -
II ZR 60/80, [X.]Z 79, 337, 344; Urteil vom 7.
April 2003 -
II
ZR
160/02, [X.], 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 -
II
ZR
15/08, [X.], 176 Rn.
18; Urteil vom 22.
März 2010 -
II
ZR
66/08, [X.], 1030 Rn. 9; Urteil vom 23. April 2012 -
II
ZR
211/09, [X.], 1231 Rn.
13). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können ([X.], Urteil vom 6.
Oktober 1980 -
II
ZR
60/80, [X.]Z 79, 337, 344; Urteil vom 21.
Oktober 1991 -
II
ZR
204/90, [X.]Z 116, 7, 12; Urteil vom 10.
Oktober 1994 -
II
ZR
95/93, [X.], 1851, 7
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9
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-
5 -

1853; Urteil vom 7.
April 2003 -
II
ZR
160/02, [X.], 1086, 1088). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder [X.], so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen ([X.], Urteil vom 1.
März 2004 -
II
ZR
88/02, [X.], 1104, 1106).
b)
Diesen Anforderungen wird der verwendete Prospekt nicht gerecht. Der [X.] kann die vom Berufungsgericht in Bezug auf die Mietgarantie unter-lassene Auslegung uneingeschränkt
selbst vornehmen, weil der Emissions-prospekt über den Bezirk des [X.] hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht ([X.], Urteil vom 22.
März 2007 -
III
ZR
218/06, [X.], 871 Rn. 6; Urteil vom 19.
Juli 2011 -
II
ZR
300/08, [X.], 1657 Rn. 46; Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR
211/09, [X.], 1231 Rn.
14).
Der Prospekt klärt den Anleger auch unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre (vgl. [X.], Urteil vom 31.
März 1992 -
XI
ZR
70/91, [X.], 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 -
III
ZR 300/05, [X.], 1507 Rn. 8) nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich der [X.]n Nebenkosten auf, soweit Mietflächen nicht unter den [X.] fallen. Wie der [X.] für insoweit im [X.] mehrerer Schwesterfonds entschieden hat, er-weckt der Prospekt den Eindruck, dass [X.] Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht
dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den dem [X.] unterfallenden Flächen von dem Mieter bzw. Garanten zu tragen sind
([X.], Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR
30/10, juris Rn. 14
zu [X.], 9 und 13; Beschluss vom
11
12
-
6 -

13. Dezember 2011 -
II
ZB
6/09, [X.], 117 Rn. 33 zu [X.]; [X.] vom 23.
April 2012 -
II
ZR
211/09, [X.], 1231 Rn.
15
ff. und II
ZR
118/10, juris Rn.
14 ff., jeweils zu [X.]). Die Begriffe General-mietvertrag und Mietgarantie werden in dem Prospekt unterschiedslos nebenei-nander verwendet. Dies musste bei dem Anleger den Eindruck hervorrufen, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.
Ob das tatsächlich der Fall ist oder ob sich die Mietgarantin zu Recht un-ter Bezug auf das von ihr eingeholte Rechtsgutachten vom 1. Juni 2004 auf den Standpunkt stellt, die Nebenkosten nicht zu schulden, muss hier nicht entschie-den werden. Denn der Prospekt war in jedem Fall unrichtig, weil die Übernahme der umlagefähigen Nebenkosten durch die Mietgarantin in dem Vertragswerk jedenfalls nur unzureichend umgesetzt war. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Mietgarantin nach den Feststellungen des [X.] später auf den Standpunkt stellen konnte, im Rahmen der Mietgarantie nicht zum Aus-gleich [X.]r Nebenkosten verpflichtet zu sein, ohne dass diese durch ein Rechtsgutachten untermauerte Auffassung der Mietgarantin auch un-ter Berücksichtigung des bis dahin gegenteiligen gemeinsamen Verständnisses als offensichtlich haltlos zurückgewiesen werden konnte. Regelte der [X.] die Übernahme der [X.]n Nebenkosten aber [X.] insoweit nicht hinreichend deutlich, so liegt eine die Haftung wegen [X.]s bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB begründende Pflichtverletzung schon darin, dass die [X.] we-der für eine deutlichere Fassung des [X.]s Sorge getragen hat, die derartige, nicht ohne weiteres ausräumbare Zweifel an der Verpflichtung der Mietgarantin zur Zahlung auch der Nebenkosten verhindert hätte, noch die [X.] auf die Gefahr einer gegenteiligen Auslegung des Vertrages 13
-
7 -

durch die Mietgarantin hingewiesen hat (vgl. [X.], Urteil vom 21.
März 2005
-
II
ZR
149/03, [X.], 763, 765; Urteil vom 3. Dezember 2007 -
II
ZR
21/06, [X.], 412 Rn. 9).
2. Dieser Prospektfehler ist erheblich. Es ist ein die Werthaltigkeit der An-lage entscheidend beeinflussender Faktor, dass der Fonds bei den [X.],
die unter den [X.] fallen, mit den [X.]n [X.] belastet werden kann, weil ein Anspruch aus dem [X.] gegen die Mietgarantin nicht gegeben ist oder jedenfalls die ernstliche Ge-fahr besteht, dass ein solcher Anspruch aufgrund einer nicht hinreichend deutli-chen Fassung des Vertrags wegen erheblicher rechtlicher Zweifel tatsächlich nicht durchgesetzt werden kann.
Nach der Lebenserfahrung
machen
die Mietnebenkosten regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil der Miete aus (vgl. [X.], Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR
30/10, juris Rn.
15; Beschluss vom 13.
Dezember 2011 -
II
ZB
6/09, [X.], 117 Rn. 35). Das gilt auch für [X.]. Dabei muss auch im Hinblick auf das Investitionsvolumen von über 1
Mrd. DM für den Gesamtfonds nicht für jede einzelne Fondsimmobilie festge-stellt werden, ob sie unter den [X.] oder unter die Mietgarantie fällt, da unstreitig beide Verträge angewandt wurden (vgl. [X.], Urteil v.
23.
April 2012 -
II ZR 211/09, [X.], 1231 Rn. 17).

3. Damit kommt es auf die Frage, ob der Prospekt noch weitere Unrich-tigkeiten aufweist, nicht an.
4. [X.] hat -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
nicht festgestellt, ob dieser Prospektfehler für den Beitritt des [X.] ursächlich geworden ist. Das
wird es in der neu eröffneten mündlichen Verhandlung [X.] haben.

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8 -

5. [X.] hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die [X.] jedenfalls kein Verschulden an dem Prospektfehler treffe.
Bei der Haftung aus § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB wird das Verschulden des pflichtwidrig handelnden Schuldners gemäß §
280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Es ist also Sache der [X.]n, Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass sie den Prospektfehler und damit die Falschberatung des
[X.]
ausnahmsweise nicht verschuldet hat.
Dafür genügt es entgegen der Auffassung des [X.] nicht, dass sich die [X.] auf die anfängliche Zahlung der Nebenkosten durch die Mietgarantin beruft. Denn der [X.]n wird gerade zur Last gelegt, dass sie weder
für eine deutlichere, abweichende Auslegungen -
auch erst später
-
nicht zulassende Formulierung des [X.]es gesorgt noch die Anleger auf das bestehende Risiko einer abweichenden Auslegung hingewiesen hat.
Danach wäre die [X.] nur dann entschuldigt, wenn sie mit einer Aus-legung des Vertrages, wie sie jetzt von der Mietgarantin vertreten wird, nicht hätte rechnen können. Dazu hat das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Der bloße Hinweis auf die -
möglicherweise rechtsirr-tümliche
-
Praxis der Vorjahre genügt insoweit nicht. Eine solche Annahme liegt auch nicht nahe. Zwar mag sich die [X.] insoweit in einem Rechtsirrtum befunden haben. Ein Rechtsirrtum wirkt aber nur dann entschuldigend, wenn er seinerseits nicht verschuldet ist. Daran stellt die Rechtsprechung hohe [X.] ([X.], Urteil vom 11. Januar 1984 -
VIII ZR 255/82, [X.]Z 89, 296, 303; Urteil vom 14.
Juni 1994 -
XI
ZR
210/93, [X.], 1350; Urteil vom
20. September 2011 -
II ZR 234/09, [X.], 2097 Rn. 16). Es ist nicht ersicht-lich, dass diese hier erfüllt wären.

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-
9 -

I[X.] Damit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, [X.] die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Für das weitere Verfahren verweist der [X.] auf seine Ausführungen im
Urteil vom 23. April 2012 (II
ZR
211/09, [X.], 1231 Rn. 29 ff.) zu dem ver-gleichbaren [X.].

Bergmann

Strohn

Caliebe

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.06.2009 -
2 [X.]/06 -

KG, Entscheidung vom [X.] -
26 [X.] -

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22

Meta

II ZR 189/10

23.10.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. II ZR 189/10 (REWIS RS 2012, 2090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2090

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 189/10

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