Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2013, Az. 4 B 15/12

4. Senat | REWIS RS 2013, 6981

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Unterlassene Einholung eines Obergutachtens als Revisionsgrund


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche [X.]edeutung.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (st[X.]pr; so bereits [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>; siehe auch [X.]eschluss vom 1. Februar 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris Rn. 15).

4

Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob § 3 Abs. 3 der 12. [X.]ImSchV (ggf. [X.]. § 9 Abs. 1 der [X.]ergverordnung für Tiefbohrungen, Untergrundspeicher und für die Gewinnung von [X.]odenschätzen durch [X.]ohrungen im [X.] ), soweit nach dieser Vorschrift Sicherheitsabstände (Achtungsabstände) einzuhalten sind, um die Auswirkungen von [X.] so gering wie möglich zu halten, die Pflicht zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]ImSchG konkretisiert oder aber die Pflicht des Errichters und [X.]etreibers einer genehmigungspflichtigen Anlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]ImSchG näher bestimmt, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren zu treffen mit der Folge, dass die Pflicht, gemäß § 3 Abs. 3 der 12. [X.]ImSchV (ggf. [X.]. § 9 Abs. 1 [X.]) einen Sicherheitsabstand zur Auswirkungsbegrenzung von vernünftigerweise ausgeschlossenen [X.] einzuhalten, nicht nachbarschützend ist und keine bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] zwischen dem Anlagenbetreiber und einem benachbarten [X.]auherrn begründet,

und

ob bei der [X.]emessung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nach § 9 Abs. 1 [X.], § 3 Abs. 3 der 12. [X.]lmSchV dann, wenn als Grenze eine Wärmestrahlung gewählt wird, bei der letale Folgen selbst innerhalb eines Wohngebäudes unmittelbar zu erwarten stehen, im Gegenzug bei der [X.]etrachtung des Störfallszenarios eine Windstärke von 10 m/s, d.h. eine Starkwindlage, von dem Störfallbetrieb in Richtung auf das schutzwürdige Vorhaben ungeachtet ihrer konkreten Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen ist.

5

Diese Fragen rechtfertigen - soweit sie überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sind - die Zulassung der Revision nicht, weil es auf sie nicht (mehr) entscheidungserheblich ankommt. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 - [X.]VerwG 4 [X.] 11.11 - (zur [X.] in der amtlichen Sammlung vorgesehen) ist den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der [X.]/[X.] (sog. [X.]) an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.] enthaltenen [X.]s Rechnung zu tragen. Die Grundsätze, die der Senat in der vorbezeichneten Entscheidung entwickelt hat, finden - ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte - im Rahmen des öffentlich-rechtlichen [X.]elangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.], der eine besondere Ausprägung des nachbarlichen Gebots der Rücksichtnahme darstellt, entsprechende Anwendung. Damit kann sich ein unter die [X.]/[X.] fallender [X.]etrieb (wie hier - nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] - der [X.]etrieb der [X.]eigeladenen) darauf berufen, der von Art. 12 Abs. 1 der [X.]/[X.] geforderte "angemessene Abstand" werde durch ein geplantes [X.] nicht eingehalten; dieses sei gegenüber dem [X.]etrieb rücksichtslos. Dem entsprechend kommt es nicht mehr darauf an, ob § 3 Abs. 3 der 12. [X.]ImSchV (ggf. [X.]. § 9 Abs. 1 [X.]) selbst drittschützende Wirkung zukommt bzw. anhand welcher Faktoren der nach § 9 Abs. 1 [X.] bzw. § 3 Abs. 3 der 12. [X.]ImSchV erforderliche Sicherheitsabstand zu bemessen ist.

6

2. Die Entscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.[X.]) nötigt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (siehe zur "überholten" Grundsatzrüge etwa [X.]eschlüsse vom 11. Februar 1986 - [X.]VerwG 8 [X.] 7.85 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 240 = juris Rn. 3, vom 9. April 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 21.99 - juris Rn. 3 und vom 21. Februar 2000 - [X.]VerwG 9 [X.] - juris Rn. 6). Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Klägerin deshalb planungsrechtlich unzulässig sei, weil es [X.]elange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] beeinträchtige und damit zugleich zulasten der [X.]eigeladenen einen Verstoß gegen das in dieser Vorschrift enthaltene [X.] begründe ([X.]); auf S. 47 des Urteilsabdrucks werden zudem die Kriterien angewendet, die der [X.] in der Vorabentscheidung vom 15. September 2011 - [X.]. [X.]/10 - ([X.] 2011 Nr. [X.] = [X.] 2011, 763) genannt hat. Das entspricht dem Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.[X.]).

7

3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt oder liegen jedenfalls nicht vor.

8

Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. [X.]eschlüsse vom 10. November 1992 - [X.]VerwG 3 [X.] - [X.] 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (st[X.]pr, vgl. etwa Urteil vom 14. Januar 1998 - [X.]VerwG 11 [X.] 11.96 - [X.]VerwGE 106, 115 <119>; [X.]eschlüsse vom 25. Januar 2005 - [X.]VerwG 9 [X.] 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> = juris Rn. 21, insoweit nicht veröffentlicht in [X.] 406.25 § 43 [X.]ImSchG Nr. 22 und vom 20. Dezember 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 38.10 - juris Rn. 18).

9

a) Soweit die Klägerin geltend macht, ein Verfahrensfehler liege darin, dass bereits der [X.]eschluss über die Zulassung der [X.]erufung verfahrensfehlerhaft ergangen sei, verkennt sie, dass sie die Zulassung der Revision mit einer solchen Rüge schon deshalb nicht erreichen kann, weil die Zulassung der [X.]erufung als unanfechtbare Vorentscheidung nach § 173 Satz 1 VwGO [X.]. § 557 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch das [X.]undesverwaltungsgericht grundsätzlich entzogen ist (vgl. etwa [X.]eschlüsse vom 30. September 2005 - [X.]VerwG 1 [X.] 26.05 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 82 = juris Rn. 6 und vom 14. Dezember 2006 - [X.]VerwG 1 [X.] 272.06 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 33 Rn. 3). Das gleiche gilt, soweit die [X.]eschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) abgelehnt hat ([X.]eschluss vom 13 September 2005 - [X.]VerwG 7 [X.] 14.05 - juris Rn. 20 f.); diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO ebenfalls unanfechtbar.

Der weiter in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Oberverwaltungsgericht habe die [X.]erufung zu Unrecht als zulässig erachtet, weil die [X.]eigeladene als [X.]erufungsführerin zur Zeit der Zulassung der [X.]erufung zwar Eigentümerin, nicht aber [X.]etreiberin des Gaskavernenspeichers gewesen sei, greift nicht, denn jedenfalls im für die Zulässigkeit der [X.]erufung maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011 war die [X.]eigeladene (unstreitig auch) [X.]etreiberin, womit unter diesem Gesichtspunkt gegen die Zulässigkeit der [X.]erufung keine [X.]edenken bestehen.

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 [X.]. § 138 Nr. 3 VwGO) verletzt. Das gilt sowohl hinsichtlich des Vorwurfs, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit bestimmten Ausführungen der Klägerin nicht auseinander gesetzt (1), nicht in das Verfahren eingeführte und zudem in [X.] verfasste [X.]eweismittel im Urteil verwertet (2) als auch in [X.]ezug auf den Vorhalt, es habe [X.]eweisanträge zu Unrecht abgelehnt (3).

(1) Ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, liegt vor, wenn das Gericht seiner Verpflichtung, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der [X.]eteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht nachkommt (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. November 1992 - 1 [X.]vR 168/89 u.a. - [X.]VerfGE 87, 363 <392>; [X.]VerwG, Urteile vom 29. November 1985 - [X.]VerwG 9 [X.] 49.85 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 177 und vom 20. November 1995 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.95 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.; jeweils m.w.[X.]). Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden ([X.]eschluss vom 21. Februar 2000 a.a.[X.] Rn. 8). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall liegt indessen nicht vor, wenn das Gericht den Sachvortrag eines [X.]eteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (vgl. etwa [X.]eschlüsse vom 22. Mai 2006 - [X.]VerwG 10 [X.] 9.06 - juris Rn. 14, vom 13. Dezember 2010 - [X.]VerwG 7 [X.] 64.10 - juris Rn. 24 und vom 21. Mai 2012 - [X.]VerwG 7 [X.] 70.11 - juris Rn. 12). Zudem verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen ([X.]VerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 [X.]vL 51/86 u.a. - [X.]VerfGE 87, 1 <33>).

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt, die mit ihrem [X.]auantrag verfolgte Nutzung der ehemaligen [X.] als Wohnung verlange von der [X.]eigeladenen keine größeren Rücksichtnahmepflichten und keine weiteren Vorkehrungen als die auf dem Grundstück bereits regelmäßig praktizierte Nutzung der [X.] als Wochenend- und Freizeitwohnung sowie des Grundstückes als Garten, als unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe ([X.], 34, 48, 49) beleuchtet das Oberverwaltungsgericht die Folgen der Zulassung des klägerischen Vorhabens für die [X.]eigeladene. Dabei stellt es fest, dass die von der Klägerin derzeit ausgeübte Nutzung nicht genehmigt ist, mithin keinen [X.]estandsschutz genießt, und die [X.]eigeladene bei Zulassung des klägerischen Vorhabens erstmals auf eine legalerweise ausgeübte Wohnnutzung Rücksicht nehmen müsste, was gegebenenfalls zu nachträglichen [X.]etriebseinschränkungen führen könne. Damit erübrigen sich aber weitere Erörterungen im Hinblick auf eine etwaige "Vorbelastung", auf die die Klägerin offensichtlich abstellt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 3. Dezember 2009 - [X.]VerwG 4 [X.] 5.09 - ([X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 209 Rn. 14) an den [X.] verweist, sind die vom Senat dort gemachten Ausführungen zur [X.]erücksichtigung einer etwaigen Vorbelastung durch die - auch schon vom Oberverwaltungsgericht berücksichtigte - Entscheidung des [X.]s vom 15. September 2011 (a.a.[X.]) sowie das Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.[X.]) sachlich überholt. Danach ist das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar (Urteil vom 20. Dezember 2012 a.a.[X.] Rn. 34 a.E.).

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der [X.]eteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. etwa [X.]eschlüsse 31. Juli 1985 - [X.]VerwG 9 [X.] 71.85 - [X.] 310 § 98 VwGO Nr. 28 = juris Rn. 6 m.w.[X.], vom 19. März 1991 - [X.]VerwG 9 [X.] 56.91 - [X.] 310 § 104 VwGO Nr. 25 = juris Rn. 7, vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 = juris Rn. 4, vom 22. April 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 188.99 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 44 = juris Rn. 3 und vom 28. Januar 2003 - [X.]VerwG 4 [X.] 4.03 - [X.] 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 = juris Rn. 4). Daran fehlt es hier, soweit die Klägerin rügt, dass sich das Oberverwaltungsgericht das Handbuch zum Programm [X.] aus dem [X.] besorgt, es selbst vom [X.]en ins [X.] - soweit erforderlich - übersetzt und im Urteil verwertet habe, obwohl das Handbuch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und schon gar nicht in [X.] Übersetzung gewesen sei. Insofern legt sie schon nicht dar, was sie diesbezüglich bei ausreichender Gehörsgewährung (noch) vorgetragen hätte. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn die vom Oberverwaltungsgericht verwendeten Aussagen im [X.] Handbuch (es handelt sich um einen Satz) waren für das Gericht jedenfalls nicht entscheidungserheblich, das Urteil beruht mithin nicht hierauf. Denn das [X.]erufungsgericht hat die [X.]erechnungen des Gutachters der Klägerin auf der Grundlage des Programms [X.] bereits aufgrund der Angaben im [X.] sowie in dem Gutachten des [X.] als falsch bewertet ([X.]) und dieses Ergebnis nur noch ergänzend - im Wege einer Hilfsbegründung - durch das Handbuch zu besagtem Programm als bestätigt angesehen ([X.]). Diese Hilfsbegründung kann jedoch hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis (Feststellung der fehlerhaften Anwendung des Programms [X.] durch die Gutachter der Klägerin) etwas ändert.

(3) [X.] kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Oberverwaltungsgericht die [X.]eweisanträge Nr. 1 und 4 der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2011 abgelehnt hat.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht gegen eine nach Meinung eines [X.]eteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines [X.]eweisantrags ([X.]eschlüsse vom 7. Oktober 1987 - [X.]VerwG 9 [X.][X.] 20.87 - [X.] 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 31 und vom 14. Mai 2008 - [X.]VerwG 4 [X.] 46.07 - juris Rn. 28). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings dann verletzt, wenn die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich angesehenen [X.]eweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet ([X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 30. Januar 1985 - 1 [X.]vR 393/84 - [X.]VerfGE 69, 141 <143 f.> und vom 26. Juni 2002 - 1 [X.]vR 670/91 - [X.]VerfGE 105, 279 <311>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 24. März 2000 - [X.]VerwG 9 [X.] 530.99 - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16), mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 12. Oktober 1988 - 1 [X.]vR 818.88 - [X.]VerfGE 79, 51 <62>). Wie bereits ausgeführt, ist hierfür maßgebend auf den materiellrechtlichen Standpunkt der angegriffenen Entscheidung abzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfordert eine entsprechende Rüge den substantiierten Vortrag, dass die Ablehnung des [X.]eweisantrags fehlerhaft erfolgt ist, die [X.]egründung der Ablehnungsentscheidung im Gesetz keine Stütze findet und deshalb das rechtliche Gehör verletzt worden ist ([X.]eschluss vom 13. Dezember 2002 - [X.]VerwG 1 [X.] 95.02 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 67 = juris Rn. 6). Hieran fehlt es vorliegend.

(3.1) Der [X.]eweisantrag Nr. 1 der Klägerin zielte auf die Einholung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen für Physik, insbesondere für Strömungsphysik, bezüglich der Innenrauhigkeit des [X.] in der [X.] 2 (Nr. 1.1), der Unwahrscheinlichkeit eines sog. Guillotinebruchs am [X.] (Nr. 1.2), der fehlenden [X.]erücksichtigung einer starken Kontraktion und eines starken Reibungsverlusts am Übergang von [X.] zum [X.] in den [X.]erechnungen des [X.] von 2006 und des [X.] von 2011 (Nr. 1.3), der maximalen Höhe des [X.] am [X.] (Nr. 1.4) sowie dazu, dass die zum Abriss des [X.]es notwendige Druckbelastung am [X.] nicht auftreten könne (Nr. 1.5).

Diesen [X.]eweisantrag hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Die Klägerin sieht hierin einen Verfahrensfehler. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung gegebenen [X.]egründung stelle dies eine vorweggenommene [X.]eweiswürdigung dar und beinhalte die Aussage, das Gericht halte den Sachverhalt bereits für hinreichend geklärt. Mit einer solchen [X.]egründung könne ein [X.]eweisantrag nicht in rechtmäßiger Weise abgelehnt werden.

Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den [X.] die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (Urteile vom 6. Februar 1985 - [X.]VerwG 8 [X.] 15.84 - [X.]VerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - [X.]VerwG 9 [X.] 12.87 - [X.] 310 § 98 VwGO Nr. 31 = juris Rn. 10). Die Entscheidung eines Tatsachengerichts über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich in seinem tatrichterlichen Ermessen (z.[X.]. Urteil vom 8. Juni 1979 - [X.]VerwG 4 [X.] 1.79 - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120 = NJW 1980, 900). Die unterlassene Einholung eines Obergutachtens stellt deshalb nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn sich dem [X.]erufungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren [X.]eweiserhebung hätte aufdrängen müssen ([X.]eschluss vom 13. März 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 5), weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die [X.]ildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (st[X.]pr, u.a. Urteil vom 19. Dezember 1968 - [X.]VerwG 8 [X.] 29.67 - [X.]VerwGE 31, 149 <156> = [X.] 448.0 § 8a [X.] Nr. 2; [X.]eschlüsse vom 10. März 1977 - [X.]VerwG 6 [X.] 38.76 - [X.] 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 und vom 30. August 1993 - [X.]VerwG 2 [X.] 106.93 - juris Rn. 2). Von diesen Grundsätzen ist das [X.]erufungsgericht ausweislich der [X.]egründung der Entscheidung über die Ablehnung des [X.]eweisantrags, die es in seinem Urteil ([X.], 45, 46) noch weiter präzisiert hat, rechtsfehlerfrei ausgegangen. Von einer unzulässigen vorweggenommenen [X.]eweiswürdigung kann damit keine Rede sein. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr angenommen, dass durch die in das Verfahren eingeführten Gutachten ihm die erforderliche Sachkunde bereits soweit vermittelt wurde, um im Wege der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) den vorliegend maßgeblichen Mindestabstand zwischen dem klägerischen Vorhaben und dem Gaskavernenspeicher der [X.]eigeladenen bestimmen zu können. Das Oberverwaltungsgericht hat sich des Weiteren auf den Seiten 39 bis 46 des Entscheidungsabdrucks ausführlich mit den in das Verfahren - auch von Seiten der Klägerin - eingebrachten bzw. den von ihm eingeholten Gutachten auseinander gesetzt, hat diese umfassend gewürdigt und ist bezüglich des maßgeblichen Sicherheitsabstandes letztlich der durch das [X.]-Gutachten bestätigten Ansicht des [X.] gefolgt, weil es dieses für überzeugend gehalten hat ([X.]7). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auseinander.

(3.2) Schließlich rügt die Klägerin, auch [X.]eweisantrag Nr. 4 sei in der mündlichen Verhandlung unzulässigerweise abgelehnt worden. Danach sollte den Gutachtern der Gegenseite aufgegeben werden, ihre iterative [X.]erechnung des [X.] einschließlich der zugehörigen [X.] vorzulegen, sowie der Klägerin und ihrem Sachverständigen Gelegenheit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen. Das Oberverwaltungsgericht lehnte diesen [X.]eweisantrag mit der [X.]egründung ab, die eingeforderten Vorlagen würden erkennbar keine relevanten Erkenntnisse erbringen. Die [X.]eschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht insofern vor, den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt zu haben (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil es seine Entscheidung nur auf ein Gutachten stützen dürfe, das schlüssig und nachvollziehbar sei. Das setze gerade im Streit um wissenschaftliche Fragen voraus, dass die methodischen und rechnerischen Schritte, mit denen ein Sachverständiger zu einer Erkenntnis gelangt sei, nachvollzogen werden könnten. Dem habe der [X.]eweisantrag Nr. 4 gedient. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Inwieweit Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der [X.]eweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO), die sich regelmäßig nicht allgemeingültig beantworten lässt ([X.]eschlüsse vom 1. April 2009 - [X.]VerwG 4 [X.] 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - [X.]VerwG 4 [X.] 77.09 - juris Rn. 44). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Eingabegrößen und die [X.]erechnungsgrundlagen im Anhang der Stellungnahme des [X.] aufgeführt sind ([X.]). Hinweise, auf durchgreifende, die Aussagekraft der Abschätzung in relevantem Umfang relativierende Fehler bei den [X.]erechnungsgrundlagen, welche Anlass hätten geben können, die angelegten [X.] anzufordern, hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Urteilsgründe ([X.]) nicht gefunden. Vor diesem Hintergrund hätte die [X.]eschwerde darlegen müssen, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und der [X.]erechnungen Fehler unterlaufen sein könnten (Urteil vom 13. Oktober 2011 - [X.]VerwG 4 A 4000.09 - juris Rn. 61 a.E. für eine Verkehrsprognose). Daran fehlt es.

c) Letztlich liegt auch keine sogenannte aktenwidrige Entscheidung vor.

Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen [X.] (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene [X.]ehauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben ([X.]eschluss vom 19. November 1997 - [X.]VerwG 4 [X.] 182.97 - [X.] 406.11 § 153 [X.]auG[X.] Nr. 1 = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren [X.]eweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (z.[X.]. Urteil vom 2. Februar 1984 - [X.]VerwG 6 [X.] 134.81 - [X.]VerwGE 68, 338). Diese Voraussetzungen sind durch die [X.]eschwerde nicht dargetan.

(1) Die Klägerin rügt, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, weil es davon ausgehe, dass bei Erreichen einer Wärmestrahlung von 12 kW/qm ein Wohngebäude regelmäßig keinen hinreichenden Schutz mehr biete, sondern mit letalen Folgen zu rechnen sei ([X.]9). Aus den Akten ergebe sich - so die Klägerin - jedoch genau das Gegenteil. Dieser Einwand greift nicht durch. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der genannten Passage im Urteil vom 15. Dezember 2011 lediglich um eine Ungenauigkeit in der Diktion handelt. Das folgt daraus, dass das Oberverwaltungsgericht im weiteren Verlauf seiner Prüfung davon ausgeht, dass der Wert von 12 kW/qm aufgrund der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes von 85 m durch das verfahrensgegenständliche Gebäude (ca. 75 m Entfernung) überschritten wird und es infolgedessen zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme komme. Die Annahme, dass die typischen in [X.] anzutreffenden Gebäude bei einer Wärmestrahlung von mehr als 12 kW/qm - somit auch das klägerische Gebäude - keinen ausreichenden Schutz vor letalen Folgen mehr bieten, entspricht jedoch der Aktenlage.

(2) Die Klägerin rügt des Weiteren, dass das Oberverwaltungsgericht bezüglich des der Ausbreitungsbetrachtung zugrunde zu legenden Massenstroms, d.h. der im Störfall auftretenden Emissionen am [X.], hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Parameter (Ideal-/Realgasverhalten, Druck, Strömungsdurchmesser/[X.], [X.] 2002) von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen sei. Insofern legt sie jedoch schon keinen "offensichtlichen" bzw. "zweifelsfreien" Widerspruch entsprechend obigen Grundsätzen dar, sondern ersetzt die [X.]eweiswürdigung des [X.] durch eine eigene. Das gilt umso mehr, als die genannten Parameter, ihre [X.]estimmung und ihre [X.]edeutung für den maßgeblichen Sicherheitsabstand zwischen den [X.]eteiligten sowie den Gutachtern im Verfahren heftig umstritten waren. Damit fehlt es bereits an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung.

4. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

Meta

4 B 15/12

28.03.2013

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 15. Dezember 2011, Az: 2 A 2645/08, Urteil

§ 96 VwGO, § 98 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 402 ZPO, § 412 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2013, Az. 4 B 15/12 (REWIS RS 2013, 6981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6981

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