Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.04.2019, Az. 5 C 2/18

5. Senat | REWIS RS 2019, 7919

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Gegenstand

Rückforderung von Wohngeld; Gerichtskostenfreiheit


Leitsatz

1. Die Unwirksamkeitsregelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 WoGG setzt einen wirksam erlassenen Bewilligungsbescheid voraus und erfasst keine Fälle, in denen der Ausschlussgrund bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides vorgelegen hat.

2. Streitigkeiten um Wohngeldsachen sind Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO, für die nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben werden (Änderung der Rechtsprechung des Senats).

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von Wohngeld.

2

Die Klägerin wohnte mit ihren drei volljährigen Kindern, darunter ihrem [X.], in einer Mietwohnung und beantragte Anfang Februar 2012 die Weiterleistung von Wohngeld. In dem Antragsformular wurde die Frage, ob ein Haushaltsmitglied Transferleistungen beziehe oder beantragt habe, mit "nein" beantwortet.

3

Mit Bescheid vom 26. April 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 31. Juli 2012 Wohngeld in Höhe von 362 € monatlich und zahlte ihr dieses aus. Bei der Berechnung des Wohngeldes wurde auch der [X.] als Haushaltsmitglied berücksichtigt.

4

Dieser hatte am 10. Januar 2012 bei dem Jobcenter einen Leistungsantrag gestellt. Daraufhin hatte ihm das Jobcenter mit Bescheid vom 8. Februar 2012 antragsgemäß Leistungen nach dem [X.] einschließlich Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 25. Januar bis zum 31. Juli 2012 gewährt.

5

Im September 2012 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass ihr [X.] Transferleistungen vom Jobcenter beziehe. Mit Bescheid vom 28. November 2012 forderte die Beklagte die Klägerin auf, das ihr für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 erbrachte Wohngeld in Höhe von 2 172 € zurückzuerstatten. Die auf § 50 Abs. 2 SGB X gestützte Rückforderung begründete die Beklagte damit, dass der [X.] vom 26. April 2012 wegen des Transferleistungsbezuges des [X.] gemäß § 28 Abs. 3 [X.] unwirksam geworden und der Wohngeldanspruch ab 1. Februar 2012 erloschen sei.

6

Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage bei dem Verwaltungsgericht erhoben. Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte der Klägerin auf deren Antrag rückwirkend Wohngeld für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2012 ohne Berücksichtigung des [X.] als Haushaltsmitglied in Höhe von insgesamt 1 206 €. Diesen Betrag zahlte die Beklagte nicht aus, sondern rechnete ihn gegen den entsprechenden Teil der in ihrem Rückforderungsbescheid vom 28. November 2012 ausgewiesenen Forderung auf. Insoweit erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils eingestellt und die Klage im Übrigen, d.h. hinsichtlich der noch im Streit stehenden Rückforderung in Höhe von 966 €, abgewiesen.

7

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rückforderungsbescheid der Beklagten sei in dem noch streitigen Umfang rechtmäßig. Er beruhe auf § 50 Abs. 2 SGB X. Die Wohngeldleistungen seien insoweit zu Unrecht erbracht worden, weil der Bewilligungsbescheid gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] teilunwirksam erlassen worden sei. Die Vorschrift sei zwar grundsätzlich auf Fallkonstellationen zugeschnitten, in denen der Ausschlussgrund erst nach der Wohngeldfestsetzung eintrete. Sie finde aber auch auf Fälle wie den vorliegenden Streitfall Anwendung, bei denen der Ausschlussgrund schon vor der Wohngeldfestsetzung vorgelegen habe.

8

Mit der hiergegen erhobenen Revision rügt die Klägerin insbesondere eine Verletzung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.].

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil des [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil des [X.] steht mit [X.]recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht in Einklang. Es beruht auf einer nicht zutreffenden Auslegung des § 28 Abs. 3 Satz 1 des [X.] ([X.]) vom 24. September 2008 ([X.]) i.d.[X.] vom 20. Dezember 2011 ([X.] [X.]). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Unrecht angenommen, diese Vorschrift sei auch auf Fälle anwendbar, in denen der zum Ausschluss des Wohngeldes führende Grund bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides gegeben war. Die streitbefangene Rückforderung von Wohngeld ist daher weder durch die von der [X.] in Bezug genommene Regelung des § 50 Abs. 2 des [X.] ([X.]) i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 ([X.] [X.]), für den hier maßgeblichen [X.]raum zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. April 2012 ([X.] I S. 579), gerechtfertigt (1.), noch ist sie durch eine sonstige Rechtsgrundlage gedeckt (2.). Weil der Rückforderungsbescheid der [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids deshalb rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist er im noch streitigen Umfang, d.h. soweit er einen Erstattungsbetrag von mehr als 1 206 € festsetzt, aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Ein Erstattungsanspruch der [X.] ergibt sich nicht aus § 50 Abs. 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind (Satz 1), wobei die Regelungen der §§ 45 und 48 [X.] entsprechend gelten (Satz 2).

Eine "ohne Verwaltungsakt zu Unrecht" im Sinne von § 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] erbrachte Leistung kann auch dann vorliegen, wenn die Leistung aufgrund eines Verwaltungsakts erfolgt, der von Anfang an unwirksam ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2013 - [X.] EG 7/12 R - [X.], 180 Rn. 36 f.; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], Stand November 2014, § 50 Rn. 38). Allerdings ist der Bewilligungsbescheid der [X.] vom 26. April 2012, der ihrer streitigen Wohngeldleistung an die Klägerin zugrunde lag, weder von Anfang an unwirksam gewesen noch unwirksam geworden; er war - was für die Rückforderung nach § 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht genügt - lediglich von Anfang an rechtswidrig und wäre deshalb nur einer von der [X.] nicht ausgesprochenen Rücknahme zugänglich gewesen.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] als der für das Eintreten der [X.] allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage sind nicht erfüllt. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] wird der Bewilligungsbescheid von dem [X.]punkt an unwirksam, ab dem ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied nach den §§ 7 und 8 Abs. 1 [X.] vom Wohngeld ausgeschlossen ist. Zwar lag ein solcher Ausschlussgrund vom Wohngeld für ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied vor (a). § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar, weil die Vorschrift keine Fälle erfasst, in denen der Ausschlussgrund nicht nach Ergehen des Bewilligungsbescheides eingetreten ist, sondern - wie hier - bereits vor seinem Erlass vorgelegen hat (b).

a) Die Anforderung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.], dass ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied nach den §§ 7 und 8 Abs. 1 [X.] vom Wohngeld ausgeschlossen ist, war - wovon die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgehen - bereits vor Erlass des [X.] der [X.] vom 26. April 2012 erfüllt.

Denn der im Haushalt der Klägerin lebende [X.], der bei der Berechnung des Wohngeldes (§ 4 Nr. 1, § 19 [X.]) grundsätzlich als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen war (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 6 Abs. 1 [X.]), hatte am 10. Januar 2012 bei dem Jobcenter beantragt, ihm ab dem 25. Januar 2012 Leistungen nach dem [X.] unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft zu gewähren, die ihm mit Bescheid vom 8. Februar 2012 bewilligt wurden. Er war deshalb bereits vor Erlass des [X.] am 26. April 2012 nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] als Empfänger von [X.] in der [X.] vom 1. Februar 2012 (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b [X.]) bis zum 31. Juli 2012 (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a [X.]) vom Wohngeld ausgeschlossen.

b) Die in § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] angeordnete Rechtsfolge des Unwirksam-"Werdens" des Bewilligungsbescheides ist hier jedoch nicht eingetreten.

Zu dem [X.]punkt, als der materielle Ausschlussgrund bereits vorlag und die [X.] hätte eintreten können, war noch kein Bewilligungsbescheid im Sinne dieser Vorschrift erlassen worden. § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] setzt jedoch einen (zunächst) wirksam erlassenen Bewilligungsbescheid voraus [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand März 2015, § 28 Rn. 36; [X.], in[X.]/[X.]/[X.], [X.], 1. Aufl. 2015, § 28 Rn. 27; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] Sozialrecht, 52. Edition, Stand 1. März 2019, § 28 [X.] Rn. 16), der durch nachträglich eintretende Umstände unwirksam wird. Der Senat folgt nicht der von der Vorinstanz (im [X.] an das [X.], Urteil vom 18. März 2014 - L 9 AS 969/12 - juris Rn. 31) vertretenen Ansicht, dass nach § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] der Fall des [X.] dem des [X.] gleich stehe. Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] erfasst die Vorschrift keine Fälle, in denen der Ausschlussgrund bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides vorlag; die Rechtsfolge des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] kann vielmehr nur dann ausgelöst werden, wenn der zum Ausschluss des Wohngeldes führende Grund nach dem Ergehen des Bewilligungsbescheides eingetreten ist.

aa) Dieses Verständnis erschließt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die anordnet, dass der Bewilligungsbescheid ab dem [X.]punkt unwirksam "wird", ab dem ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied nach den §§ 7 und 8 Abs. 1 [X.] vom Wohngeld ausgeschlossen ist. Nach dem allgemeinen und insbesondere dem juristischen Fachsprachgebrauch muss danach zunächst ein Bewilligungsbescheid existent und wirksam sein, bevor ein Umstand zu seiner Unwirksamkeit führen kann. Ein Bewilligungsbescheid kann nur unwirksam "werden", wenn er zunächst wirksam erlassen worden und nicht von Anfang an unwirksam gewesen "ist".

Die dem zugrunde liegende Unterscheidung, dass ein Bescheid, der - wie der [X.] - die Merkmale des Verwaltungsakts (§ 31 [X.], § 35 VwVfG) erfüllt, entweder bereits aufgrund des Vorliegens eines [X.]es bei seinem Erlass unwirksam "ist" oder erst durch einen nach seinem Erlass eintretenden [X.] unwirksam "wird", entspricht dem Fachsprachgebrauch, wie er insbesondere in grundlegende Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts Eingang gefunden hat. Danach "ist" ein Verwaltungsakt nichtig und damit von Anfang an unwirksam, wenn schon zum [X.]punkt seines Erlasses ein [X.] vorlag (§ 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 und 2 [X.], § 43 Abs. 3, § 44 Abs. 1 und 2 VwVfG). Demgegenüber bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch [X.]ablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 [X.], § 43 Abs. 2 VwVfG). Dies bedeutet, dass er "unwirksam wird", wenn nach seinem Erlass einer der vorgenannten Gründe eintritt, die seinem "[X.]" entgegenstehen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die vorgenannte grundlegende rechtsdogmatische Unterscheidung dem Gesetzgeber des [X.] nicht nur bekannt war, sondern dass er diese auch bei der Normierung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] zugrunde gelegt hat. Hätte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] darauf erstrecken wollen, dass ein bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides erfüllter Ausschlussgrund (von Anfang an) zur Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides führt, hätte er dementsprechend (auch) angeordnet, dass ein Bewilligungsbescheid unwirksam "ist", wenn ein vom Wohngeld [X.] Haushaltsmitglied berücksichtigt worden ist.

bb) Angesichts des nahezu eindeutigen [X.] könnte sich ein davon abweichender Norminhalt allenfalls ergeben, wenn sich für einen diesbezüglichen Willen des Gesetzgebers, dem Gesetz einen von dem allgemeinen Fachsprachgebrauch abweichenden Inhalt beizumessen, im Wege systematischer, historisch-genetischer oder teleologischer Auslegung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] deutliche Hinweise ergäben, deren Gewicht dasjenige des Ergebnisses der [X.] überstiege. Das ist jedoch hinsichtlich keiner dieser Interpretationsmethoden der Fall. Vielmehr bestätigt deren Anwendung den Wortlautbefund.

(1) Dies gilt zunächst für den binnensystematischen Zusammenhang, der zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 28 Abs. 3 [X.] besteht. Denn die Ausrichtung an dem Bewilligungsbescheid und die Orientierung daran, ob der Bewilligungsbescheid unwirksam ist, bleibt oder erst unwirksam wird, liegt auch der Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 2 [X.] zugrunde, wonach im Fall des § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.] der Bewilligungsbescheid unwirksam "bleibt".

Gegen ein Abweichen von allgemeinen fachsprachlichen Grundsätzen im Rahmen des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] und für die Annahme, dass nach dieser Vorschrift nur nachträglich eintretende Ausschlussgründe die [X.] auslösen, spricht auch der systematische Blick auf § 28 Abs. 5 [X.]. Diese Vorschrift ordnet unter anderem an, dass die wohngeldberechtigte Person von der "Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides zu unterrichten" ist. Auch diese Regelung geht mithin in zeitlicher Hinsicht von einem (wirksam erlassenen) Bewilligungsbescheid aus, der (durch nachträglich eingetretene Gründe) unwirksam geworden ist und ordnet an, dass die wohngeldberechtigten Personen über dessen Unwirksamkeit zu informieren sind.

Ein weiterer systematischer Anhalt ergibt sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Danach trifft sowohl die wohngeldberechtigte Person als auch das Haushaltsmitglied, "an welches das Wohngeld nach § 26 Abs. 1 Satz 2 gezahlt wird", die Pflicht, der Wohngeldbehörde unverzüglich ihre bzw. seine Kenntnis über die zum Leistungsausschluss eines Haushaltsmitgliedes führenden Umstände mitzuteilen. Dies wiederum setzt implizit voraus, dass zunächst ein wirksamer Bewilligungsbescheid ergangen ist, auf dessen Grundlage das Wohngeld "gezahlt wird".

Für die Annahme, dass die Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] nur die Fälle erfasst, in denen ein zur Unwirksamkeit führender Ausschlussgrund nach Erlass des Bewilligungsbescheides eingetreten ist, sprechen ferner die systematischen Bezüge zu den Bestimmungen des § 25 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 [X.]. Diese Vorschriften enthalten Regelungen über den Beginn eines Bewilligungszeitraums, wenn "ein Bewilligungsbescheid nach § 28 Abs. 3 unwirksam geworden" ist (§ 25 Abs. 3 Satz 3 [X.]) bzw. lassen einen neuen Bewilligungszeitraum am [X.] beginnen, an dem "die Unwirksamkeit des [X.] eintritt" (§ 25 Abs. 5 [X.]). Sie gehen damit ebenfalls implizit von einem zunächst wirksam erlassenen Bewilligungsbescheid aus, der durch nach seinem Erlass eintretende Umstände unwirksam wird.

(2) Auch die Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien spricht dafür, dass der Gesetzgeber die [X.] des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] nur durch solche Ausschlussgründe auslösen wollte, die nach Erlass des [X.] eingetreten sind.

Dies erschließt sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung zu der Vorgängerregelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.], dem § 30 Abs. 4 des [X.] i.d.[X.]. 3 Nr. 9 Buchst. b des [X.] zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2004 ([X.] I S. 3450) - [X.] a.F. -. In der Einzelbegründung zu dieser Vorschrift ([X.]. 15/3943 [X.]) heißt es, sie solle bewirken, dass die Leistung von Wohngeld zeitnah dann ende, wenn Familienmitglieder, die bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt worden waren, "nach [X.]" Empfänger einer Transferleistung (i.S.d. in § 1 Abs. 2 [X.] a.F. geregelten Ausschlussgrundes) werden. Der Bewilligungsbescheid sei "kraft Gesetzes auflösend bedingt". Weiter heißt es: "Der Bewilligungsbescheid wird nach § 30 Abs. 4 Satz 1 [X.] - neu - unwirksam, wenn er nachträglich der Regelungsaussage des § 1 Abs. 2 [X.] widerspricht".

Die vorgenannten gesetzgeberischen Erwägungen zu § 30 Abs. 4 [X.] a.F. liegen in unveränderter Weise der dieser Vorschrift nachfolgenden und sie ersetzenden Regelung des § 28 Abs. 3 [X.] zugrunde, die im Zuge der Neufassung des [X.] durch Art. 1 des Gesetzes vom 24. September 2008 ([X.]) Eingang in das [X.] gefunden hat. In der Begründung des diesbezüglichen Gesetzesentwurfs wird ausgeführt, dass die Regelung des § 30 Abs. 4 [X.] a.F. auf § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] "reduziert werden" solle ([X.]. 16/6543 S. 106).

Gegenüber der klaren Aussage in den Gesetzesmaterialien, dass die [X.] der vorgenannten Regelungen (nur) im Falle "nachträglicher" bzw. "nach [X.]" eintretender Ausschlussgründe ausgelöst werden soll, treten andere Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren von ihrem Gewicht her deutlich zurück. Entgegen der Ansicht des [X.] ist den Ausführungen in der Begründung des Entwurfs, die sich zur Neufassung des § 24 Abs. 2 Satz 2 [X.] verhalten ([X.]. 16/6543 S. 103), keine bedeutsame Aussagekraft für die hier zu klärende Frage beizumessen. Zwar ist in der Gesetzesbegründung zu dieser Regelung ausgeführt worden, sie solle "verhindern, dass ein Wohngeldbescheid im Moment seines Erlasses bzw. seiner Bekanntgabe aufgrund zwingender gesetzlicher Änderungsvorschriften sofort unwirksam würde oder zu ändern wäre" ([X.]. 16/6543 S. 103). Allerdings ist diese im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Ansicht bereits insofern alternativ formuliert, als sie offenlässt, ob ein Bescheid unwirksam würde oder ob er zu ändern (bzw. ganz oder teilweise aufzuheben) wäre. Zudem ist diese Erwägung - anders als die oben genannten klaren Aussagen zu § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] - nicht im Zusammenhang oder in Bezug auf die hier in Rede stehende Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] angestellt worden, sondern verhält sich spekulativ zu den Rechtswirkungen, deren Eintritt durch die Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 [X.] verhindert werden soll. Selbst wenn man diese Äußerung auch auf § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] bezöge, könnte daraus nichts Gewichtiges für die hier in Rede stehende Frage hergeleitet werden, zu welchem [X.]punkt ein Ausschlussgrund nach §§ 7, 8 Abs. 1 [X.] eingetreten sein muss, um die [X.] des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] auslösen zu können. Denn die in der Gesetzesbegründung geäußerte Rechtsmeinung zu § 24 Abs. 2 Satz 2 [X.] hat jedenfalls im Wortlaut des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] keinerlei Niederschlag gefunden.

(3) Schließlich rechtfertigen auch Sinn und Zweck des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] keine Abweichung von dem zuvor ermittelten Auslegungsergebnis.

Wie schon die Vorgängerregelung des § 30 Abs. 4 [X.] a.F. soll auch diese Bestimmung auf [X.] zur Umsetzung des sog. wohngeldrechtlichen Vereinfachungsmodells dienen ([X.]. 15/3943 S. 8), wonach die Kosten der Unterkunft im Falle eines entsprechenden Bedarfs zur Verhinderung von Doppelleistungen und zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes vollständig im Rahmen eines einzigen [X.] Sicherungssystems abgedeckt werden sollen (vgl. [X.]. 15/1516 S. 48). Insoweit ist zwar auch § 28 Abs. 3 [X.] dazu bestimmt, der Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung zu dienen, indem die Vorschrift kraft ihrer Unwirksamkeitsanordnung die Grundlage für eine unmittelbare Leistungseinstellung schaffen und hieran anknüpfend ein behördliches Aufhebungsverfahren entbehrlich machen soll. Allerdings bezieht sich diese Zwecksetzung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] ausweislich der Gesetzesmaterialien nur auf die - nach den gesetzgeberischen Vorstellungen wohl in erster Linie praktisch bedeutsame - Fallgestaltung der nach Erlass eines Bewilligungsbescheides eintretenden Änderungen (vgl. [X.]. 15/3943 [X.] zu § 30 Abs. 4 [X.] a.F.). Ein darüber hinausgehender spezifischer Zweck der Vorschrift, auch die Fälle zu erfassen, in denen ein Ausschlussgrund bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides vorlag, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Die Ausklammerung dieser Fälle führt regelmäßig auch nicht zu einer Vereitelung der mit der Regelung des § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] verfolgten Verwaltungsvereinfachung. Ist der Wohngeldstelle bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides bekannt, dass dem [X.] entgegenstehende Transferleistungen beantragt oder bewilligt worden sind, soll sie dies vielmehr grundsätzlich bereits bei ihrer Bewilligungsentscheidung berücksichtigen (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Sie kann dann gegebenenfalls durch gänzliche oder teilweise Versagung des Wohngeldes einer Doppelleistung sowie einem etwaigen Erstattungsverfahren entgegenwirken und auf diesem Wege dem gesetzgeberischen Zweck der Verwaltungsvereinfachung Rechnung tragen.

2. Als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Rückforderungsbescheid der [X.] kommt auch die Regelung des § 50 Abs. 1 [X.] nicht in Betracht. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat ihren [X.] vom 26. April 2012 nicht aufgehoben. Sie hat vielmehr angenommen, dass dieser bereits kraft Gesetzes (gem. § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.]) unwirksam sei, und deshalb - aus ihrer Sicht konsequent - von einer Rücknahme des Bewilligungsbescheides abgesehen.

Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann zwar in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind (§ 43 Abs. 1 [X.]). Eine Umdeutung des auf § 50 Abs. 2 [X.] gestützten [X.] in einen Rücknahmebescheid unter gleichzeitiger Festsetzung der Erstattungsforderung (§§ 45, 50 Abs. 1 und 3 [X.]) kommt jedoch nicht in Betracht. Sie scheitert hier jedenfalls daran, dass die Beklagte keine Ermessenserwägungen angestellt hat, die auf die Rücknahme des das Wohngeld bewilligenden Verwaltungsaktes gerichtet gewesen sind, es also an einer Voraussetzung für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte nach § 45 [X.] fehlt (vgl. auch BSG, Urteil vom 10. März 1987 - 3 RK 7/86 - [X.] 1300 § 50 Nr. 15).

3. Die Entscheidung, dass die Beklagte die (außergerichtlichen) Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen hat, folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Das [X.] hat (unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.] des [X.] ) im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die vorliegende [X.] gerichtskostenfrei ist (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

Für Verfahren der in § 188 Satz 1 VwGO unter anderem genannten "Angelegenheiten der Fürsorge" (mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes) werden nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) nicht erhoben. Der Begriff der "Angelegenheiten der Fürsorge" bezieht sich auf Fürsorgemaßnahmen in einem weiteren Sinne und erfasst Sachgebiete, in denen [X.] Leistungen mit primär fürsorgerischer Zwecksetzung vorgesehen sind (a). Weil dazu nach dem heutigen Stand der rechtlichen Bewertung auch die [X.] nach dem [X.] gehören (b), sind für diesbezügliche Streitigkeiten keine Gerichtskosten zu erheben (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO). Die bislang von dem Senat vertretene gegenteilige Rechtsauffassung, die durch das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 1972 - 8 C 127.71 - ([X.]E 41, 115 <126>) begründet worden ist (diesem zuletzt folgend [X.], Beschluss vom 5. März 2015 - 5 KSt 6.15 - juris Rn. 6), ist durch die Rechtsentwicklung überholt und wird aufgegeben.

a) Zu den "Angelegenheiten der Fürsorge" im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO gehören alle in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallenden Sachgebiete, die Fürsorgemaßnahmen im weiteren Sinne zum Gegenstand haben und nicht schon unter eines der übrigen in § 188 Satz 1 VwGO aufgezählten Sachgebiete fallen. Erfasst werden insbesondere Sachgebiete, in denen Leistungen mit primär fürsorgerischer Zwecksetzung vorgesehen sind, für die regelmäßig kennzeichnend ist, dass bestimmte Einkommens- und gegebenenfalls Vermögensgrenzen nicht überschritten werden dürfen (vgl. bereits [X.], Urteil vom 17. Januar 1980 - 5 C 62.78 - [X.] 412.4 § 2 [X.] Nr. 38 S. 14 f.; Beschlüsse vom 10. Dezember 2004 - 5 B 47.04 - [X.] 2005, 29 und vom 20. April 2011 - 6 C 10.10 - [X.] 310 § 188 VwGO Nr. 18 S. 1 f.).

aa) Dieses Verständnis, das zu einer Einbeziehung der Streitigkeiten um Wohngeld führt, steht mit dem Wortsinn der Vorschrift in Einklang. Der Begriff der Angelegenheiten der Fürsorge ist in der Weise fachsprachlich geprägt, dass er sich als Querschnittsbegriff nicht nur auf ein bestimmtes (Leistungs-) Gesetz, sondern auf die [X.] bezieht, welche die öffentliche Fürsorge in einem sozialstaatlichen Sinne zum Gegenstand haben. Zu den Leistungen der öffentlichen Fürsorge sind zwar traditionell insbesondere die Leistungen zu zählen, die - wie die Sozialhilfe - der Sicherung der Lebensgrundlagen bzw. des Existenzminimums und damit der Gewährleistung eines der Menschenwürde genügenden Daseins dienen; der Begriff ist jedoch fachsprachlich nicht darauf beschränkt, sondern erstreckt sich jedenfalls im Kontext der Regelung über die [X.] auf Fürsorgeleistungen in einem weiteren Sinne (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 1972 - 8 C 127.71 - [X.]E 41, 115 <126 f.>), mit denen der Gesetzgeber auf bestimmte Bedarfslagen reagiert und deren Gewährung er typischerweise von bestimmten Einkommens- und Vermögensgrenzen abhängig macht.

bb) Dieser Befund wird durch rechtssystematische Erwägungen bestärkt. Der Fürsorgebegriff des § 188 Satz 1 VwGO knüpft ausweislich des aus der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Hinweises des Gesetzgebers an den Begriff der Fürsorge in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 [X.] an und stimmt mit diesem im Wesentlichen überein (vgl. [X.]. 15/3867 S. 4). Der damit in Bezug genommene Begriff der "öffentlichen Fürsorge" im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 [X.] ist nach der Rechtsprechung des [X.] weit zu verstehen und umfasst alle Reaktionen des Gesetzgebers auf Situationen zumindest potenzieller Bedürftigkeit, wobei es genügt, wenn eine - sei es auch nur typisierend bezeichnete und nicht notwendig akute - Bedarfslage im Sinne einer mit besonderen Belastungen einhergehenden Lebenssituation besteht, auf deren Beseitigung oder Minderung das Gesetz zielt ([X.], Urteile vom 28. Mai 1993 - 2 [X.] u.a. - [X.]E 88, 203 <329 f.> und vom 21. Juli 2015 - 1 [X.] - [X.]E 140, 65 Rn. 29; Beschluss vom 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - [X.]E 97, 332 <341>). Diesem weiten Begriff der öffentlichen Fürsorge im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 [X.] wird daher nach überwiegender Rechtsmeinung auch das Wohngeldrecht zugeordnet (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 30. November 2005 - 3 A 8488/05 - juris Rn. 14; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], Stand November 2018, Art. 74 Rn. 108; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 18a; [X.], in: v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.], Band 2, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 58; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 41; Hering, [X.], 8 <14>; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], Stand August 2006, § 26 Rn. 16). Auch wenn und soweit die Regelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 [X.] als Grundlage der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des [X.] durch die insoweit speziellere Regelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 [X.] für das Wohnungswesen verdrängt wird (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zum Grundgesetz, Stand Juli 2014, Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 11), ändert dies nichts an der Weite des (mit § 188 Satz 1 VwGO übereinstimmenden) Fürsorgebegriffs, der auch die sozialstaatliche Leistung des Wohngeldes erfasst.

cc) Die historisch-genetische Betrachtung der Regelung über die [X.] steht dem ermittelten Auslegungsergebnis nicht entgegen, sondern bestärkt es.

Mit der Änderung des § 188 der Verwaltungsgerichtsordnung durch das Gesetz vom 20. August 1975 ([X.] I S. 2189) war der in dieser Norm bis dahin verwendete Begriff der "allgemeinen öffentlichen Fürsorge" durch den Begriff der Sozialhilfe ersetzt worden. Diese Gesetzesfassung, die vom 15. September 1975 bis Ende 2004 Geltung beanspruchte, benannte nicht mehr wie die ursprüngliche Regelung "die Sachgebiete der allgemeinen öffentlichen Fürsorge, der Tuberkulosehilfe und der [X.] Fürsorge für Kriegsopfer", sondern bezog sich auf die "Sachgebiete der Sozialhilfe, der Jugendhilfe, der [X.], der [X.] sowie der Ausbildungsförderung." Durch die weitere und bis heute maßgebliche Änderung (durch Art. 2 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 - [X.] I S. 3302), mit der die Vorschrift des § 188 Satz 1 VwGO ihre geltende Fassung erhalten hat, ist der Begriff der "Fürsorge" wieder eingeführt worden. Der nunmehr vorangestellte Begriff der Angelegenheiten der Fürsorge (mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes) greift damit den tradierten Begriffsinhalt der Fürsorge im weit verstandenen Sinne wieder auf. Darunter fallen zwar nach der Gesetzesbegründung "insbesondere finanzielle, wirtschaftliche oder gesundheitliche Leistungen, die dem Hilfsbedürftigen ein Leben ermöglichen, das der Menschenwürde entspricht" ([X.]. 15/3867 S. 4). Das in dieser Formulierung vorangestellte Wort "insbesondere" deutet jedoch darauf hin, dass der Anwendungsbereich des § 188 Satz 1 VwGO über die damit in erster Linie umschriebenen Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums hinausgeht. Insgesamt spricht die Wiedereinführung des weiten Begriffs der - die Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes ausdrücklich ausnehmenden und deshalb darüber hinausgehenden - Angelegenheiten der Fürsorge dafür, dass damit alle Sachgebiete erfasst werden sollen, in denen Leistungen mit primär fürsorgerischer Zwecksetzung vorgesehen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 20. April 2011 - 6 C 10.10 - [X.] 310 § 188 VwGO Nr. 18 S. 1 f.).

dd) Das bisherige Auslegungsergebnis wird schließlich durch den Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber in § 188 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Halbs. 1 VwGO vorgesehenen [X.] bekräftigt.

Nach den bereits aus der Gesetzesbegründung zur Einführung der Verwaltungsgerichtsordnung i.d.F. vom 21. Januar 1960 ([X.] I S. 17) zu entnehmenden Motiven entsprach die "generelle Einführung der Gebührenfreiheit in Angelegenheiten der [X.] und allgemeinen öffentlichen Fürsorge" nach Ansicht des damaligen Gesetzgebers "einer dringenden Notwendigkeit" ([X.]. 3/55 S. 49). Dabei ist die Überlegung, "dass mittellose oder minderbemittelte Kläger in den Sachgebieten des § 188 Satz 1 VwGO häufiger vorkommen", ein Grund dafür gewesen, die [X.] für diese Sachgebiete allgemein einzuführen. Aus Gründen der Vereinfachung ist sie als umfassende Pauschalregelung getroffen worden, bezogen auf die Art der Streitigkeit, ohne Rücksicht auf die (finanziellen) Verhältnisse der in einem Einzelfall an einer Rechtsstreitigkeit Beteiligten ([X.], Urteil vom 28. November 1974 - 5 C 18.74 - [X.]E 47, 233 <238>). Zudem ist mit der Einführung der [X.] eine Gleichstellung der in § 188 VwGO aufgezählten Sachen mit den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Sachen bezweckt worden, weil die in § 188 VwGO angeführten Sachgebiete und die der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Sachgebiete als gleichartig angesehen wurden ([X.], Urteil vom 15. April 1964 - 5 C 45.63 - [X.]E 18, 216 <220>).

Insoweit bestehen Übereinstimmungen mit den Zwecksetzungen, die hinter der Entscheidung des Gesetzgebers stehen, im Grundsatz die Kostenfreiheit im Sozialverwaltungsverfahren (§ 64 Abs. 1 Satz 1 [X.]) zu gewährleisten, die auch Streitigkeiten um Wohngeld erfasst. Diese Kostenfreiheit soll dazu beitragen, dass sich niemand aus finanziellen Gründen gehindert sieht, seine [X.] Ansprüche geltend zu machen oder die Tätigkeit der Sozialbehörden in Anspruch zu nehmen (vgl. etwa [X.], in: [X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2015, § 64 Rn. 2). Diese Zwecksetzung findet ihre Fortsetzung in der in § 183 S[X.] grundsätzlich angeordneten Kostenfreiheit für das sozialgerichtliche Verfahren. Die diesbezügliche Gesetzesbegründung verweist auf ein "Schutzbedürfnis" des typisierend aufgezählten, privilegierten Personenkreises und spricht von der Notwendigkeit eines "besonderen [X.] Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes" ([X.]. 14/5943 S. 28 f.).

Obgleich sich die Regelungstechnik des § 188 VwGO von derjenigen des § 183 S[X.] unterscheidet (vgl. [X.], Beschluss vom 12. März 2013 - 6 KE 12/13 - juris Rn. 7 f. m.w.N.), lässt sich auch die Zwecksetzung der [X.] nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO dahin umschreiben, dass diese der Durchsetzung der [X.] Rechtsansprüche dienen und die Chancengleichheit zwischen den Recht suchenden Hilfebedürftigen und den Behörden ermöglichen soll (vgl. zur [X.], DVBl 1973, 28 <29>). Dieser Zwecksetzung entspricht es, solche der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zugewiesenen Gesetzesmaterien von den Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO als erfasst anzusehen, die als Ausdruck staatlicher Fürsorge [X.] Ansprüche vermitteln und bei denen nach der Annahme des Gesetzgebers typischerweise eine nach Einkommens- und Vermögensgrenzen zu bestimmende Bedürftigkeit besteht, die es rechtfertigt, die dadurch berechtigten Personen in gleicher Weise durch die [X.] zu begünstigen, wie dies bei den in § 188 Satz 1 VwGO ausdrücklich genannten Gesetzesmaterien der Fall ist.

b) Von dem vorangehend ermittelten Inhalt des Begriffs der "Angelegenheiten der Fürsorge" im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO ist jedenfalls nach der heute gebotenen rechtlichen Bewertung auch das Sachgebiet des Wohngeldrechts erfasst. Das Wohngeld stellt sich als eine vom Einkommen (§ 4 Nr. 3, §§ 13 ff. [X.]) und (zumindest mittelbar auch) vom Vermögen (§ 21 Nr. 3 [X.]) abhängige Sozialleistung dar (vgl. § 11 Satz 1, § 26 Abs. 1, § 68 Nr. 10 [X.]), die als Bestandteil des [X.] Sicherungssystems der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient (vgl. § 1 Abs. 1 [X.]).

Zwar ist der primär fürsorgerische Charakter des Wohngeldes ursprünglich insoweit fraglich gewesen, als der Gesetzgeber mit dem [X.] nach früherer Einschätzung in gewichtiger Weise den Zweck der Wohnraumförderung verfolgt und das Wohngeld als Teil der öffentlichen Wohnungsbaufinanzierung angesehen hat (vgl. [X.]. 6/1116 S. 29). Zudem hatte § 1 des [X.] alter Fassung ([X.] a.F.) bis zum Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 4. August 1980 ([X.] I S. 1159) am 1. Januar 1981 den Hinweis enthalten, dass das Wohngeld keine Leistung der Sozialhilfe sei (vgl. darauf bezugnehmend [X.], Beschluss vom 14. November 1969 - 1 BvL 4/69 - [X.]E 27, 220 <221, 227>).

Den heutigen Regelungen des [X.] kann hingegen ein die fürsorgerische Zwecksetzung erheblich überlagernder und sie von anderen Sozialleistungen kategorial abgrenzender Zweck der Wohnraumförderung nicht mehr entnommen werden. Ob und inwieweit das Wohngeld als Leistung der Sozialhilfe im weiteren Sinne anzusehen ist oder nicht, ist insoweit unerheblich. Überdies ist die entsprechende Aussage in § 1 [X.] a.F. bereits durch das Wohngeldänderungsgesetz vom 4. August 1980 ([X.] I S. 1159) mit der Begründung gestrichen worden, der Zusatz sei entbehrlich geworden, nachdem mit dem Inkrafttreten des durch Gesetz vom 11. Dezember 1975 ([X.] I S. 3015) eingeführten Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - das [X.] und das [X.]sozialhilfegesetz besondere Teile des Sozialgesetzbuchs geworden seien ([X.]. 8/3903 S. 78).

Nach der heutigen Regelung des § 1 Abs. 1 [X.] dient das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dies spricht ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des [X.] in das Sozialgesetzbuch und den im dortigen [X.] normierten wohngeldbezogenen Regelungen zum Ausdruck gebracht hat. Das [X.] gilt danach als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs (§ 68 Nr. 10 [X.]). § 7 [X.] normiert - korrespondierend mit § 26 [X.] - das [X.] Recht auf Zuschuss zu den Aufwendungen für erforderlichen Wohnraum für denjenigen, dem aus diesen Aufwendungen Belastungen erwachsen, die ihm im Hinblick auf sein Einkommen nicht zugemutet werden können. Zu der im Gesetzgebungsverfahren streitigen Frage, ob das Wohngeldrecht in das Sozialgesetzbuch einbezogen werden sollte, hat sich nicht die Ansicht (insbesondere des [X.]rates) durchgesetzt, die das Wohngeld als ein in erster Linie der Wohnungsbauförderung dienendes Instrument gesehen hat. Vielmehr entsprach es der [X.], dass das Wohngeld eine Sozialleistung sei, die enge sozialpolitische und rechtliche Gemeinsamkeiten mit den anderen im Sozialgesetzbuch genannten Sozialleistungen aufweise und deshalb in das Sozialgesetzbuch einbezogen werden müsse (vgl. [X.]. 6/3764 S. 39; [X.]. 7/868 S. 44 sowie [X.], in: [X.], jurisPK-[X.], 3. Aufl. 2018, § 7 Rn. 2; Palsherm, in: [X.], jurisPK-[X.], 3. Aufl. 2018, § 26 Rn. 1). Daraus ist erkennbar, dass das Wohngeldrecht nach dieser gesetzgeberischen Wertung entsprechend den Grundprinzipien des [X.] die primäre Zielsetzung verfolgt, der Verwirklichung [X.]r Gerechtigkeit und [X.]r Sicherheit zu dienen, und zwar durch eine Minderung der wirtschaftlichen Belastung einerseits und die Verwirklichung angemessenen Wohnens andererseits ([X.], in: [X.]/[X.], [X.], Stand August 2006, § 7 Rn. 2 m.w.N.).

Das Wohngeld hat sich jedenfalls im Zuge dieser Rechtsentwicklung zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt ([X.], Beschluss vom 30. November 2005 - 3 A 8488/05 - juris Rn. 20), deren primär fürsorgerechtlicher Charakter es gebietet, Wohngeldsachen den Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO zuzuordnen, für deren Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten keine Gerichtskosten zu erheben sind (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

Meta

5 C 2/18

23.04.2019

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 5. Dezember 2017, Az: 4 A 223/15, Urteil

§ 28 Abs 3 S 1 WoGG, § 188 S 1 VwGO, § 188 S 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.04.2019, Az. 5 C 2/18 (REWIS RS 2019, 7919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7919

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