Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2014, Az. B 1 KR 62/12 R

1. Senat | REWIS RS 2014, 4459

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - unwirtschaftliche Behandlung - Vergütungsanspruch - kein Unterlaufen des umfassend geltenden Wirtschaftlichkeitsgebotes


Leitsatz

1. Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten unwirtschaftlich, kann es auch nach Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems von der Krankenkasse allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre.

2. Das im Recht der Krankenversicherung gesetzlich zugelassene Vertragsrecht ist kein Mittel, um das umfassend geltende Wirtschaftlichkeitsgebot zu unterlaufen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 23. August 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1734,74 [X.] festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das nach § 108 [X.] zugelassene Krankenhaus der Beklagten behandelte die bei der klagenden Krankenkasse ([X.]) versicherte S. (im Folgenden: Versicherte) zunächst vom 5. bis 15.11.2004 wegen eines akuten Herzinfarkts vollstationär. Es ließ die Versicherte am 8.11.2004 in eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie einwilligen, um Art und Ausmaß der Erkrankung festzustellen und die zweckmäßige Behandlung zu planen. Es nahm die Versicherte zu dieser geplanten Diagnostik - wie bereits am 11.11.2004 vorgemerkt - am 22.11.2004 erneut vollstationär auf bis zum bis 24.11.2004. Die Beklagte berechnete für die erste Behandlung 2674,16 [X.] (2.12.2004; Fallpauschale - Diagnosis Related Group ([X.]) [X.] - [X.] mit akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik ohne äußerst schwere [X.]) und für die zweite Behandlung 2465,62 [X.] (2.12.2004; [X.] F41B - [X.] mit akutem Myokardinfarkt, mit invasiver kardiologischer Diagnostik ohne äußerst schwere [X.]; Abschlag wegen einer Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer). Die Klägerin beglich die Forderungen unter Vorbehalt. Sie beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]), die Abrechnungen wegen der Auffälligkeit "[X.]" zu prüfen (14.12.2004). Der [X.] hielt lediglich die [X.] F41B für berechtigt. Die Beklagte habe die Abklärung im ersten Aufenthalt willkürlich unterbrochen und die Versicherte am 15.11.2004 vorzeitig allein aus wirtschaftlichen Gründen entlassen, um die eigentlich bereits indizierte Diagnostik in einem zweiten Aufenthalt durchzuführen. Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich auf, die Überzahlung zurückzuzahlen. Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, 1734,74 [X.] nebst acht Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 11.8.2005 zu zahlen Die Beklagte habe entsprechend der Beurteilung der Sachverständigen die in dem einheitlichen Behandlungsfall notwendige Diagnostik nicht vor der ersten Entlassung, sondern aus wirtschaftlichen Gründen erst nach erneuter Aufnahme abgeschlossen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen: Die Abrechnung sei sachlich-rechnerisch korrekt, die Beklagte entsprechend einem Urteil aus dem [X.] (B[X.] SozR 4-5565 § 14 [X.]) nicht zu wirtschaftlicher Krankenhausbehandlung verpflichtet (Urteil vom 23.8.2012).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung der [X.] (§ 2 Fallpauschalenverordnung 2004 - [X.]) und des [X.] (§ 12 Abs 1 [X.]). Sie hat ihre Klage auf zwei Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 11.8.2005 aus 1734,74 [X.] beschränkt.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 23. August 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. August 2008 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des [X.] vom 23. August 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der erkennende Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des [X.] zur Wirtschaftlichkeit der Behandlung nicht in der Sache selbst über den Erfolg der Berufung gegen das SG-Urteil entscheiden.

8

Die Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um abschließend über den zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG; [X.], vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 9 mwN; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 12; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 8, alle mwN) geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 1734,74 Euro nebst Zinsen zu entscheiden. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen lediglich für die Vergütung von höchstens 3405,04 Euro für die Krankenhausbehandlung der Versicherten statt der gezahlten 5139,78 Euro erfüllt waren, wie es der geltend gemachte Erstattungsanspruch (dazu 1.) voraussetzt. Der dem Grunde nach entstandene Vergütungsanspruch (dazu 2.) belief sich der Höhe nach nur dann lediglich auf 3405,04 Euro, wenn die Behandlung der Versicherten innerhalb von zwei Krankenhausaufenthalten unwirtschaftlich war und das fiktive wirtschaftliche Alternativverhalten einen Vergütungsanspruch in maximal dieser Höhe begründete (dazu 3.). Die Klägerin durfte sich auf die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung berufen (dazu 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist allein der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (zur Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] 9; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 9 ff mwN, [X.]). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt [X.] voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl zB BSG [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.] 15, [X.]). So liegt es, wenn die Beklagte Anspruch auf Vergütung in Höhe von höchstens 3405,04 Euro für die Krankenhausbehandlung der Versicherten hatte, sodass die Klägerin 1734,74 Euro Krankenhausvergütung überzahlte.

2. Die Beklagte erwarb einen Anspruch auf Vergütung für die Behandlung der Versicherten im November 2004 wegen Herzinfarkts. Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] - hier der Klägerin - für Krankenhausbehandlung entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.] erforderlich ist ([X.], vgl zB BSG [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] 8; BSG [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.] 11, beide mwN). Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Beklagten ist § 109 Abs 4 S 3 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom [X.], [X.]) iVm § 7 S 1 [X.] 1 Krankenhausentgeltgesetz (<[X.]> idF durch Art 2 [X.] zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientiertem Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, [X.] 1461) sowie die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das [X.] ([X.] vom 13.10.2003, [X.] 1995) iVm § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (<[X.]> idF durch Art 3 [X.] FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-Modernisierungsgesetz - GMG> vom 14.11.2003, [X.] 2190; vgl hierzu insgesamt auch BSG [X.]-2500 § 109 [X.] 14 Rd[X.] 15 f), ergänzt durch den [X.] nach § 112 Abs 2 S 1 [X.] 1 [X.].

Es steht nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) fest, dass die Versicherte ab 5.11.2004 wegen Herzinfarkts stationärer Krankenhausbehandlung einschließlich einer Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie bedurfte.

3. Der erkennende Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des [X.] nicht darüber entscheiden, in welcher Höhe der Anspruch der Beklagten auf Vergütung für die Behandlung der Versicherten entstand. Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Beklagte die Höhe der Vergütung zutreffend sachlich-rechnerisch berechnete, wenn die Behandlung wirtschaftlich war (dazu a). Behandelte die Beklagte dagegen die Versicherte in nicht wirtschaftlicher Weise, hatte sie lediglich Anspruch auf die Vergütung, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre. Ein Krankenhaus hat nämlich korrespondierend mit dem Behandlungsanspruch der Versicherten einen Vergütungsanspruch gegen die [X.] - wie hier die Klägerin - nur für erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten unwirtschaftlich, hat es lediglich Anspruch auf die Vergütung, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele (dazu b). Es steht nicht fest, dass die Beklagte die Versicherte wirtschaftlich behandelte und in welcher Höhe der Anspruch auf Vergütung bei ggf [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten bestand (dazu c).

a) Die Beklagte hatte sachlich-rechnerisch Anspruch auf eine Vergütung für die Krankenhausbehandlung in Höhe von 5139,78 Euro, wenn sie die Versicherte wirtschaftlich behandelte. Die Krankenhausvergütung der Beklagten bemaß sich - wie dargelegt - nach Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (vgl entsprechend zB [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 14 ff). Die Beklagte rechnete die Fallpauschalen [X.] und [X.], gekürzt wegen Unterschreitung der unteren Verweildauer, bei unterstellt wirtschaftlicher Wiedereinbestellung der Versicherten zum 22.11.2004 nach der [X.] korrekt ab. Die Vorinstanzen haben dies insoweit zutreffend ausgeführt. Danach waren - bei unterstellter Wirtschaftlichkeit - insbesondere die Voraussetzungen einer abrechnungstechnisch gebotenen Fallzusammenführung weder wegen Einstufung in dieselbe [X.] (§ 2 Abs 1 S 1 [X.]) noch wegen Eingruppierung der zweiten Fallpauschale in die "operative Partition“ (vgl § 2 Abs 2 S 1 [X.]) noch wegen Wiederaufnahme bei Komplikation (§ 2 Abs 3 S 1 [X.]) erfüllt.

§ 2 Abs 1 S 1 [X.] bestimmt, dass das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen hat, wenn ein Patient innerhalb der oberen [X.] wieder aufgenommen und für die Wiederaufnahme eine Einstufung in dieselbe [X.] vorgenommen wird. Hierfür fehlte es bereits an der Einordnung in dieselbe [X.], da einerseits die [X.] und andererseits die [X.] angesteuert wurden.

Nach § 2 Abs 2 S 1 [X.] ist eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale auch dann vorzunehmen, wenn ein Patient innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und innerhalb der gleichen [X.] die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" (M) oder die "andere Partition“ (A) und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition“ (O) einzugruppieren ist. Die Regelung war bei Ausklammerung der Wirtschaftlichkeit nicht einschlägig, da zwar der erste Aufenthalt ([X.]) gemäß Anlage 1 Teil a) [X.] in die Partition M, aber der anschließende Aufenthalt mit der [X.] der Partition A und nicht der operativen Partition zuzuordnen war.

Eine Fallzusammenführung war schließlich - Wirtschaftlichkeit der erfolgten Behandlung unterstellt - nicht nach § 2 Abs 3 S 1 [X.] vorzunehmen. Sie setzt voraus, dass ein Patient, für den eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen [X.], bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts, wieder aufgenommen wird. Die erneute Aufnahme der Versicherten beruhte nicht auf einer Komplikation.

b) Die Beklagte hatte dagegen lediglich Anspruch auf die Vergütung, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre, wenn sie die Versicherte in nicht wirtschaftlicher Weise behandelte. Ein Krankenhaus hat nämlich stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Das folgt aus Wortlaut (dazu aa), Regelungssystem und Zweck der Vergütung (dazu [X.]) sowie der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes (dazu [X.]). Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt auch Krankenhäuser bei der Behandlungsplanung, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen (dazu [X.]). Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (dazu ee).

aa) Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für alle Leistungsbereiche des [X.] (vgl zB [X.], 271 = [X.]-2500 § 40 [X.] 5, Rd[X.]7; [X.], 231 = [X.]-2500 § 40 [X.] 7, Rd[X.] 16). Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die [X.]n nicht bewilligen (vgl § 12 Abs 1 S 2 [X.] sowie § 2 Abs 1 S 1, § 4 Abs 3, § 70 Abs 1 [X.]). Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt nach dieser Gesetzeskonzeption uneingeschränkt auch im Leistungserbringungsrecht (vgl zB BSG [X.]-2500 § 109 [X.]9 Rd[X.] 14; BSG [X.]-2500 § 275 [X.] 9 Rd[X.] 10 mwN). Das [X.] macht keine Ausnahme hiervon für Krankenhausbehandlung. Auch der 3. Senat des BSG zieht dementsprechend nicht in Zweifel, dass die Krankenhäuser die Pflicht trifft, nur solche Leistungen zu bewirken, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl zB BSG [X.]-2500 § 275 [X.] 5 Rd[X.] 10).

[X.]) Regelungssystem und Zweck der Krankenhausvergütung sprechen ebenfalls dafür, dass das Krankenhaus stets, auch bei einer Vergütung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der [X.] nur für eine wirtschaftliche Krankenhausbehandlung hat. Die Vergütung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Versicherten Krankenhausbehandlung (§ 39 [X.]) im Rahmen des [X.] zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl [X.], 111 = [X.]-2500 § 39 [X.] 10, Rd[X.] 10). Versicherte haben aber, wie dargelegt, keinen Anspruch auf unwirtschaftliche Leistungen. Das Ineinandergreifen dieser Regelungsteile des [X.] zielt nicht darauf ab, generell Leistungserbringern und speziell Krankenhäusern Vergütungsansprüche für unwirtschaftliche Behandlung zuzuerkennen.

Es mutete auch merkwürdig an, Krankenhäusern zwar bei Behandlung von Privatpatienten im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Aufklärungspflicht aufzuerlegen, ihre Patienten über kostengünstigere Alternativen zu informieren (vgl zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht nach altem Recht zB [X.] NJW 1983, 2630; zur Bedeutung für Kostenerstattung vgl [X.], 161 = [X.]-2500 § 13 [X.] 8, Rd[X.]7; siehe inzwischen auch § 630c Abs 3 BGB idF durch Art 1 [X.] Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom [X.], [X.] 277 mWv 26.2.2013; vgl dazu auch [X.] NJW 2013, 3334, 3336), Krankenhäusern bei [X.]-Versicherten aber die Option zu eröffnen, ohne Rücksicht auf die begrenzten Mittel der [X.] unwirtschaftliche [X.] vergütet zu erhalten.

Auch aus der Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems kann keine Abkehr des Gesetzgebers vom Wirtschaftlichkeitsgebot für Krankenhäuser hergeleitet werden. Die Regelung sieht keine Sonderrolle für Krankenhäuser als Leistungserbringer vor. Im Gegenteil ist es Krankenhäusern etwa verwehrt, vorzeitige ("blutige") Entlassungen im betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse vorzunehmen (§ 17c Abs 1 [X.] [X.]; vgl zum Ganzen [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]3; [X.] vom [X.] KR 21/12 R - Juris Rd[X.] 16 f, zur Veröffentlichung in [X.] und [X.]-2500 § 115a [X.] vorgesehen), um zB durch ein planvolles, medizinisch überflüssiges [X.] Zusatzeinnahmen zu erzielen.

Das im [X.] vorgesehene Vertragsrecht lässt nichts hiervon Abweichendes zu. So hat bereits der [X.] des BSG verdeutlicht, dass durch die Verträge nach § 112 [X.] sichergestellt werden soll, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des Gesetzes entsprechen (vgl [X.] 99, 111 = [X.]-2500 § 39 [X.] 10, Rd[X.]1). Das Vertragsrecht muss dementsprechend auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (vgl [X.] 112, 156 = [X.]-2500 § 114 [X.] 1, Rd[X.]3 ff). Das im [X.] zugelassene Vertragsrecht ist kein Mittel, das Wirtschaftlichkeitsgebot zu unterlaufen. Anderes ließe sich auch mit der Normenhierarchie nicht vereinbaren, die dem Vertragsrecht keinen Rang oberhalb des [X.] einräumt. Soweit sich das [X.] für seinen abweichenden Standpunkt auf Rechtsprechung aus dem [X.] (BSG [X.]-5565 § 14 [X.]) beruft, ist diese jedenfalls durch den zitierten Beschluss des [X.] des BSG überholt (vgl [X.] 99, 111 = [X.]-2500 § 39 [X.] 10). Das zieht auch der 3. Senat des BSG - wie oben dargelegt - im [X.] nicht in Zweifel (vgl auch zB BSG [X.]-2500 § 109 [X.]9 Rd[X.] 14; BSG [X.]-2500 § 275 [X.] 9 Rd[X.] 10 mwN). Er hat dementsprechend auch nicht bei Verwendung der vom [X.] genutzten Formulierungen (vgl [X.] vom 28.11.2013 - [X.] KR 33/12 R - zur Veröffentlichung in [X.]-5562 § 9 [X.] 5 vorgesehen) beim 1. Senat des BSG wegen Divergenz angefragt oder den [X.] des BSG angerufen.

[X.]) Auch die Entwicklungsgeschichte des Rechts der Leistungserbringer in der [X.] untermauert, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot auch für Krankenhausbehandlung gilt. Schon unter Geltung der [X.] war in der Rechtsprechung anerkannt, dass Leistungserbringer Teil eines Leistungssystems sind, dem eine besonders bedeutsame [X.] Funktion zukommt. Ihre Handlungsweise lässt sich nicht von den Rechten und den Pflichten der anderen an diesem System Beteiligten lösen. Sie ist vielmehr eingebettet in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft der Versicherten aufbaut. Die Kosten, die durch die Leistungen im System der [X.] entstehen, werden durch alle Beitragszahler gemeinsam aufgebracht. Sie dienen dazu, für alle Versicherten eine zweckmäßige und ausreichende Krankenversorgung sicherzustellen, wobei allen Versicherten nach dem Gleichheitssatz ein Anspruch darauf zusteht, "gleich gut" behandelt zu werden. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn nicht notwendige und unwirtschaftliche Leistungen vermieden werden (vgl zum Ganzen [X.] 50, 84 = [X.] 2200 § 368e [X.] für Kassenärzte; zur Geltung für stationäre Behandlung vgl zB [X.] 55, 188 = [X.] 2200 § 257a [X.] 10; siehe auch zB [X.] in jurisPK-[X.], 2. Aufl 2012, § 12 Rd[X.] 114; [X.], jurisPR-[X.] 13/2014, Anm 3).

[X.]) Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB [X.], 231 = [X.]-2500 § 40 [X.] 7, Rd[X.] 16; [X.] 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.] 12, Rd[X.]6; [X.] 97, 133 = [X.]-2500 § 139 [X.], Rd[X.]0; [X.], 261 = [X.]-2500 § 92 [X.] 5, Rd[X.] 70; [X.], [X.] 2010, 193, 197 f mwN).

Die Beklagte musste nach diesen Grundsätzen bei Behandlung der Versicherten prüfen, ob verschiedene gleich zweckmäßige und notwendige Behandlungsmöglichkeiten bestanden. War eine vollstationäre Behandlung der Versicherten wegen akuten Herzinfarkts mit Linksherzkatheteruntersuchung und Koronarangiographie zweckmäßig und notwendig, kam aber - was die Beklagte im Gerichtsverfahren in Abrede gestellt hat, wofür aber die Beurteilung des [X.], die eigene vorprozess[X.]le Einlassung der Beklagten, die Beurteilung des Sachverständigen und die Äußerungen des [X.] sprechen - als ebenso geeignet in Betracht, die notwendige Diagnostik mittels Linksherzkatheter und Koronarangiographie sowohl innerhalb eines einzigen, und sei es auch länger dauernden Behandlungszeitraums als auch erst nach Entlassung und späterer Wiederaufnahme durchzuführen, musste die Beklagte die Kosten dieser Alternativen für den hiermit zu erzielenden gleichen zu erwartenden Erfolg miteinander vergleichen. Die Beklagte musste dann den kostengünstigeren Weg wählen, ggf also - wofür Vieles spricht, was aber das [X.] nicht festgestellt hat - die Gesamtbehandlung innerhalb eines einzigen, nach [X.] zu [X.]. Für diesen Kostenvergleich waren bei der gewählten Wiedereinbestellung der Versicherten zum 22.11.2004 die Abrechnungen der Beklagten mit den Positionen [X.] und - gekürzt wegen Unterschreitung der unteren Verweildauer - [X.] als korrekt zugrunde zu legen (vgl oben II 3a).

ee) Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat es allenfalls Anspruch auf die Vergütung, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele. Der erkennende Senat hat dies aus den Rechtsgedanken von § 17b [X.], § 2 Abs 2, § 7 S 1, § 8 Abs 1 und § 9 [X.] sowie dem Regelungssystem des [X.] abgeleitet (vgl [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]6). Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als bei früheren Abrechnungen nach der [X.] [X.] - (vgl dazu zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.] 10 ff, 15 ff; [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.] 15 Rd[X.] ff). Auch dort waren - wie etwa in der [X.] - die nicht erforderlichen Tage der Krankenhausbehandlung bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen, ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung in der [X.] bedurfte. Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Bei in solcher Weise unwirtschaftlicher Gestaltung erforderlicher Krankenhausbehandlung ist es nicht geboten, zu einem völligen Vergütungsausschluss zu gelangen, wie es bei ihrer Art nach unwirtschaftlichen Leistungsgegenständen grundsätzlich der Fall ist (vgl zum Vergütungsausschluss zB BSG [X.]-2500 § 129 [X.] 9 Rd[X.]5 ff - Retaxierung auf null; zur Verfassungsmäßigkeit [X.] Beschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13, Juris; [X.] vom 12.11.2013 - [X.] KR 22/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in [X.] und [X.]-2500 § 69 [X.] 9; vgl zur [X.] auch [X.] 107, 287 = [X.]-2500 § 35 [X.], Rd[X.]4; [X.] 95, 132 Rd[X.] = [X.]-2500 § 31 [X.] Rd[X.]4 mwN).

c) Es steht nicht fest, dass die Beklagte die Versicherte wirtschaftlich behandelte und in welcher Höhe der Anspruch auf Vergütung bei ggf [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten bestand. Der erkennende Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des [X.] zur Unwirtschaftlichkeit und wirtschaftlichem Alternativverhalten nicht in der Sache selbst entscheiden. Das [X.] wird die erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben. Die Klägerin hat mit ihrer Einschränkung des Klagebegehrens hinsichtlich des [X.] die Rechtsprechung des erkennenden Senats beachtet (vgl BSG [X.]-2500 § 69 [X.] 7).

4. Der Klägerin war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig auf die fehlende Erforderlichkeit zweier Aufenthalte zu berufen (vgl zB [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.] 15, Rd[X.]8). Sie beachtete auch die Prüfungsvoraussetzungen gemäß § 275 Abs 1 [X.] 1 [X.] (idF durch Art 1 [X.] 6b FPG). Es bestanden in Form des [X.]s Auffälligkeiten, die die [X.] zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des [X.] berechtigten (vgl zum Begriff der Auffälligkeit [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.] 8, Rd[X.] 18).

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem [X.] vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und Abs 3 GKG.

Meta

B 1 KR 62/12 R

01.07.2014

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Duisburg, 29. August 2008, Az: S 9 KR 131/06, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 SGB 5, § 4 Abs 3 SGB 5, § 12 Abs 1 S 2 SGB 5, § 39 Abs 1 S 2 SGB 5, § 70 Abs 1 S 2 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 23.04.2002, § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5, § 275 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 17b KHG vom 14.11.2003, § 2 Abs 2 KHEntgG, § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 17.07.2003, § 8 Abs 1 KHEntgG, § 9 KHEntgG, § 2 Abs 1 S 1 KFPV 2004 vom 13.10.2003, § 2 Abs 2 S 1 KFPV 2004 vom 13.10.2003, § 2 Abs 3 S 1 KFPV 2004 vom 13.10.2003, Anl 1 Teil a Nr F60B KFPV, Anl 1 Teil a Nr F41B KFPV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2014, Az. B 1 KR 62/12 R (REWIS RS 2014, 4459)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4459

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