Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2023, Az. V ZR 132/22

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 2712

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen: Beschwerdewertbemessung bei Beschluss über die Erhöhung der Instandhaltungsrücklage


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] - 19. Zivilkammer - vom 18. Mai 2022 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 57.250 €.

Gründe

1

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten [X.] ([X.]). In der Eigentümerversammlung vom 7. August 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer unter [X.] 7.1 eine Sonderumlage in Höhe von 45.000 € und unter [X.] 7.2 eine Erhöhung der jährlichen Zuführung der Instandhaltungsrücklage von 3.500 € auf 7.000 €. Das Amtsgericht hat die von den Klägern gegen diese Beschlüsse erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Die Berufung der Kläger vor dem [X.] ist erfolglos geblieben. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

II.

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

3

1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des [X.] aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. nur Senat, Beschluss vom 11. Februar 2021 - [X.]/20, [X.], 333 Rn. 4 mwN).

4

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

5

a) Soweit sich die Kläger mit ihrer Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage wenden, beträgt ihre Beschwer 14.507,46 €. Dies ist auf der Grundlage von 3.223,88/10.000 Miteigentumsanteilen der auf die Kläger entfallende Anteil an der Sonderumlage, auf den es zur Bemessung ihrer Beschwer ankommt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2020 - [X.], NJW-RR 2021, 527 Rn. 10). Hiervon gehen auch die Kläger in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde aus, wobei sie den Betrag auf 14.507 € abgerundet haben.

6

b) Im Hinblick auf die Anfechtung des Beschlusses über die Erhöhung der Instandhaltungsrücklage beträgt die Beschwer der Kläger (nur) 3.949,25 €, nicht jedoch 22.568 €, wie sie in der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen.

7

aa) Die Kläger legen ihrer Berechnung zugrunde, dass die festgesetzte Instandhaltungsrücklage der Vorfinanzierung weiterer Kosten von etwa 70.000 € diene; hiervon entfielen ca. 32,24 % und damit 22.568 € auf sie. Außerdem stünden noch Mängelbeseitigungskosten in einer Größenordnung von 200.000 € an, wobei die Kläger keinen Einfluss darauf hätten, wann die Sanierung im Einzelnen und in welcher Höhe beschlossen werde.

8

bb) Damit ist die Beschwer der Kläger jedoch nicht zutreffend beschrieben. Durch den angefochtenen Beschluss wird weder eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 70.000 € begründet noch eine Entscheidung zu der Tragung von weiteren Mängelbeseitigungskosten getroffen. Vielmehr wird durch den Beschluss unmittelbar lediglich die jährliche Instandhaltungsrücklage um einen Betrag von 3.500 € erhöht. Da es sich hierbei um wiederkehrende Leistungen handelt, die alle Wohnungseigentümer entsprechend ihrem Anteil zu tragen haben, richtet sich die Beschwer nach § 9 ZPO. Hiernach wird der Wert grundsätzlich nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs berechnet. Hier beträgt der Anteil der Kläger an der Erhöhung der Instandhaltungsrücklage unter Berücksichtigung ihres Miteigentumsanteils pro Jahr 1.128,36 € (3.500 € x 3.223,88/10.000). Der dreieinhalbfache Jahresbetrag beläuft sich deshalb auf 3.949,25 €; dieser Betrag ist für die Bemessung der Beschwer der Kläger maßgeblich.

9

c) Addiert man die sich aus a) und b) ergebenden [X.], errechnet sich eine Gesamtbeschwer der Kläger in Höhe von 18.456,71 € (14.507,46 € + 3.949,25 €).

III.

1. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49 Satz 1 GKG, wonach der Streitwert in Verfahren nach § 44 Abs. 1 [X.] - wie hier - grundsätzlich auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen ist. Er beläuft sich auf insgesamt 57.250 €.

a) Soweit es um die Anfechtung des Beschlusses über die Erhebung der Sonderumlage geht, beträgt das Gesamtinteresse 45.000 €. Hierauf kommt es an, weil dieser Betrag den siebeneinhalbfachen Wert des Einzelinteresses der Kläger (hier: 14.507,46 €) nicht übersteigt und deshalb die in § 49 Satz 2 GKG angeordnete Begrenzung nicht eingreift.

b) Bezogen auf die Anfechtung des Beschlusses zu der Erhöhung der Instandhaltungsrücklage beträgt das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer 12.250 €. Der jährliche Erhöhungsbetrag von 3.500 € ist wegen der Dauerwirkung des Beschlusses mit dem Faktor 3,5 (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO) zu multiplizieren, so dass sich 12.500 € ergeben. Dieser Betrag ist maßgeblich, weil das siebeneinhalbfache Einzelinteresse der Kläger (3.949,25 €) höher ist, so dass auch insoweit die Begrenzung nach § 49 Satz 2 GKG nicht eingreift.

3. Dass das Berufungsgericht den Streitwert für die erste und zweite Instanz auf lediglich 48.500 € festgesetzt und hierbei offenbar die Anfechtung des Beschlusses zu der Erhöhung der Instandhaltungsrücklage nur mit 3.500 € bewertet hat, steht einer abweichenden Wertfestsetzung des Senats nicht entgegen. Zwar wird gemäß § 47 Abs. 2 GKG der Streitwert eines Rechtsmittelverfahrens durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Maßgeblich ist insofern aber der richtige, nicht der festgesetzte Streitwert für die erste Instanz (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Dezember 2021 - [X.], [X.] 2022, 141 Rn. 5).

4. Zu einer Änderung des Streitwerts für die Vorinstanzen von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG ist der Senat nicht befugt, weil die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu dem Anfall der „Hauptsache“ führt (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2020 - [X.], [X.], 1796 Rn. 5; Beschluss vom 9. Dezember 2021 - [X.], [X.] 2022, 141 Rn. 6).

Brückner     

  

Göbel     

  

Malik

  

Laube     

  

Grau     

  

Meta

V ZR 132/22

30.03.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Stuttgart, 18. Mai 2022, Az: 19 S 1/22

§ 9 ZPO, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2023, Az. V ZR 132/22 (REWIS RS 2023, 2712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2712

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