Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.03.2013, Az. VI ZR 109/12

6. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7052

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Gegenstand

Arzneimittelhaftung: Schadensersatzprozess wegen der behaupteten Verursachung eines Schlaganfalls durch das Medikament "VIOXX"; Voraussetzungen einer die gesetzliche Vermutung der Schadensverursachung ausschließenden Alternativursache; Voraussetzungen einer Entbehrlichkeit der Auskunftserteilung zur Feststellung eines Schadensersatzanspruchs


Leitsatz

1. Eine die Vermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 ArzneimittelG ausschließende Alternativursache nach § 84 Abs. 2 Satz 3 ArzneimittelG setzt ausreichend konkrete, den Gegebenheiten des Einzelfalles entsprechende Feststellungen dahingehend voraus, dass sie geeignet ist, allein (oder im Zusammenwirken mit anderen, dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer ebenfalls nicht zuzurechnenden Ursachen) den geltend gemachten Schaden herbeizuführen; es gilt insoweit ein entsprechender Prüfungsmaßstab, wie er in § 84 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ArzneimittelG für die Feststellung der Schadenseignung aufgestellt ist.

2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Auskunftserteilung zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 ArzneimittelG besteht, nicht erforderlich ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 15. Februar 2012 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte, die in [X.] das hier zugelassene Medikament "[X.]" vertrieb, unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelhaftung in Anspruch. Er begehrt Auskunft gemäß § 84a [X.] und Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. Das Medikament "[X.]" wurde dem damals 70-jährigen Kläger ärztlicherseits ab März 2003 wegen einer Polymyalgie rheumatica mit bestehendem Verdacht auf chronische Polyarthritis verschrieben. Der Kläger nahm das Medikament bis 2004 ein. Am Morgen des 16. Januar 2004 war ihm schwindelig. Seine linke Körperseite war taub, Arme und Beine kribbelten. Sein Hausarzt wies ihn in ein Krankenhaus ein. Unter der Diagnose eines apoplektischen [X.] (Schlaganfalls), deren Richtigkeit zwischen den Parteien streitig ist, wurde der Kläger zunächst stationär und sodann längere Zeit ambulant behandelt. Er macht geltend, er habe am 16. Januar 2004 einen Schlaganfall erlitten. Er habe sich nur langsam erholt und leide noch heute unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Der Kläger führt den Schlaganfall auf die Einnahme des Medikaments "[X.]" zurück, das die Beklagte nach dem Bekanntwerden möglicher Gesundheitsrisiken am 30. September 2004 vom Markt nahm.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in [X.] 2012, 301 veröffentlicht ist, verneint einen Auskunftsanspruch gemäß § 84a [X.]. Es hält die Erteilung der begehrten Auskunft für nicht erforderlich, weil Schadensersatzansprüche des [X.] bereits aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes zu verneinen seien, denn der für eine Haftung erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments und der gesundheitlichen Schädigung sei vorliegend nicht nachgewiesen. Die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] komme nicht zur Anwendung, weil nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen andere Umstände vorgelegen hätten, die geeignet gewesen seien, den Schaden zu verursachen (§ 84 Abs. 2 Satz 3 [X.]). Die Umstände selbst ergäben sich aus dem eigenen Vortrag des [X.]. Dass diese geeignet seien, für sich allein den Schaden zu verursachen, habe der Sachverständige Prof. Dr. F. dargelegt. Dies werde von der Berufung nicht angegriffen.

4

Eine Umkehr der Beweislast nach den vom [X.] für die Arzthaftung entwickelten Grundsätzen des "groben Behandlungsfehlers" komme in Fällen der vorliegenden Art nicht in Betracht. Das gelte auch für den Fall, dass der [X.] vorzuwerfen sei, das Medikament nicht schon im Jahr 2002 vom Markt genommen zu haben. Auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises kämen nicht zum Tragen. Nach den mit der Berufung nicht weiter angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen, die das [X.] mit bindender Wirkung zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe, lasse sich der Schlaganfall des [X.] zwanglos mit den bei ihm unstreitig vorliegenden Risikofaktoren, die außerhalb der Anwendung von "[X.]" stünden, erklären.

5

Den nach § 286 ZPO zu erbringenden Nachweis der Kausalität zwischen der Einnahme von "[X.]" und den vorgebrachten Beschwerden habe der Kläger nicht geführt. Zwar gehe der Sachverständige davon aus, dass die Medikamenteneinnahme hierfür mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mitursächlich gewesen sei. Zweifel daran ergäben sich jedoch daraus, dass die beim Kläger unstreitig gegebenen Risikofaktoren die Schädigung in gleicher Weise erklären könnten. Der Sachverständige habe im Ausgangsgutachten wie in seinem Ergänzungsgutachten dargelegt, dass diese Risikofaktoren für sich allein geeignet gewesen seien, den erlittenen Schlaganfall herbeizuführen. Das verordnete und eingenommene Medikament habe lediglich einen weiteren Risikofaktor dargestellt.

II.

6

Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

7

1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, Schadensersatzansprüche des [X.] seien deshalb zu verneinen, weil der für eine Haftung der [X.] gemäß §§ 84, 87 [X.] erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments "[X.]" und dem eingetretenen Gesundheitsschaden nicht nachgewiesen sei, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

8

a) Für das Revisionsverfahren ist aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen, an die sich das Berufungsgericht ersichtlich gemäß § 529 ZPO gebunden gesehen hat, davon auszugehen, dass der Kläger, wie von ihm selbst vorgetragen, am 16. Januar 2004 einen apoplektischen Insult (Schlaganfall) erlitten hat.

9

b) Nach allgemeinen Grundsätzen trifft die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung des Arzneimittels und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung den Geschädigten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.], 19; Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], [X.], 627 Rn. 18; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2010, § 27 Rn. 71). Eine Mitursächlichkeit reicht dabei aus (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 12 [X.]; [X.], [X.] 2011, 419, 422). Um die Schwierigkeiten des Arzneimittelanwen[X.] beim Nachweis der Kausalität zu erleichtern, wurde mit Art. 1 Nr. 1 des [X.] zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 ([X.] I S. 2674) die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 [X.] eingeführt (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]; zur Gesetzgebungsgeschichte siehe [X.], [X.], 253 f.; Wagner, [X.], 1334, 1335 f.). Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird nach § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] beurteilt sich die Eignung im Einzelfall nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Diese Vermutung gilt gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] jedoch nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen.

c) Das Berufungsgericht lässt offen, ob das Medikament "[X.]" geeignet war, diese gesundheitliche Schädigung herbeizuführen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten des [X.] zu unterstellen, dass dies der Fall ist und damit die Voraussetzungen für das Eingreifen der Kausalitätsvermutung gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] grundsätzlich gegeben sind. Nach Auffassung des Berufungsgerichts greift die Kausalitätsvermutung gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] jedoch deshalb nicht ein, weil ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet war, den Schaden zu verursachen. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Ausschluss der Kausalitätsvermutung nicht in einer mit dem Sinn und Zweck der maßgeblichen Gesetzesvorschriften und der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht in Einklang zu bringenden Weise herabgesetzt.

aa) Die Kausalitätsvermutung gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] stellt eine gesetzliche Vermutung im Sinne des § 292 ZPO dar (Bollweg, [X.] 2012, 782, 783; [X.]Prütting, 4. Aufl., § 292 Rn. 17; [X.], [X.] 2011, 81, 83 [X.]; vgl. auch Senatsurteil vom 4. November 2003 - [X.], [X.], 118, 120; Senatsbeschlüsse vom 1. Juli 2008 - [X.], [X.], 1264 Rn. 3 und vom 26. Januar 2010 - [X.], juris). Sie steht nach ihrem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes in einem engen Zusammenhang zu § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.]. Danach kann die Vermutung nicht nur nach § 292 ZPO durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden, sondern bereits unter erleichterten Voraussetzungen ausgeschlossen sein. Beide Vorschriften stellen dabei auf die Eignung zur Schadensverursachung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls ab, § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf die Eignung des angewendeten Arzneimittels und § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] auf die Eignung eines anderen Umstands.

Der im Schrifttum zum Teil vertretenen Ansicht, § 84 Abs. 2 [X.] sei einheitlich zu betrachten und regele eine Beweismaßreduktion, ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt. Nach jener Ansicht erlaubt § 84 Abs. 2 [X.] die Feststellung der Ursächlichkeit des Arzneimittels, wenn es unter Würdigung sämtlicher Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Rechtsgutsverletzung auf der Anwendung des Präparats beruht (vgl. Wagner, [X.], 1334, 1339; [X.]., NJW 2002, 2049, 2051 [X.]; [X.], [X.] 2003, 363, 368; siehe auch [X.], [X.] 2002, 393, 397; [X.], Arzneimittelgefährdungshaftung nach § 84 [X.] unter besonderer Berücksichtigung alternativer Kausalität, 2006, [X.] ff. [X.]). Dem pharmazeutischen Unternehmer bleibe es unbenommen, den Gegenbeweis zu führen, also nachzuweisen, dass das von ihm vertriebene Arzneimittel für den konkreten Schaden nicht ursächlich gewesen sei, oder die Vermutungsbasis so zu erschüttern, dass die konkrete Eignung des Arzneimittels nicht mehr bejaht werden könne (vgl. Wagner, [X.], 1334, 1339).

Eine solche Auslegung des § 84 Abs. 2 [X.] ist jedoch mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu vereinbaren. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Kausalitätsvermutung und ihrem Ausschluss. Insoweit ähnelt § 84 Abs. 2 [X.] strukturell dem Anscheinsbeweis (vgl. [X.] in Festschrift [X.], 2008, [X.], 370, 377; [X.]. in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], 2010, § 13 Rn. 37; siehe auch [X.]/[X.], Nr. 243 Rn. 60 [Stand: Februar 2011]; [X.]/[X.], Medizinrecht, 2011, § 84 [X.] Rn. 27; Wagner, [X.], 1334, 1338). Die Vorschrift geht aber darüber hinaus, weil sie nicht auf die Typizität des [X.], sondern auf die Eignung zur Schadensverursachung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls abstellt (vgl. Wagner, NJW 2002, 2049, 2051). Bereits für das Eingreifen der Kausalitätsvermutung sind zwar alle Gegebenheiten zu berücksichtigen, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Die gesetzliche Anordnung einer Beweismaßreduktion ist dem jedoch nicht zu entnehmen (vgl. [X.], [X.] 2007, 137, 140 f.; siehe auch [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 2012, § 84 Rn. 117; [X.]/[X.], [X.] 2004, 75, 80; siehe zu Risiken einer Beweislast- oder Beweismaßänderung auch BT-Drucks. 13/10435, S. 15; [X.]. 1012/96, S. 27 f.).

bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Begriff der Eignung zur Schadensverursachung in § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] ebenso auszulegen ist wie in § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind zwar - im Unterschied zu denen des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] - von dem pharmazeutischen Unternehmer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]; [X.]/[X.], aaO Rn. 123, 126). Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen den Regelungen sind die für § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] geltenden Grundsätze aber auf § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] übertragbar. Es kommt auf die gleichen Maßstäbe an (vgl. [X.]/[X.], aaO Rn. 120; [X.], [X.] Medizinrecht, 2. Aufl., § 84 Rn. 46; [X.], aaO S. 85; siehe auch [X.]/[X.], aaO Rn. 63; [X.]., [X.], 253, 254; [X.], Arzneimittelrecht, § 84 [X.]. 16 [X.] [Stand: November 2007]).

Diese Auslegung des § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] wird durch die Parallele zu der Ursachenvermutung der §§ 6, 7 des Umwelthaftungsgesetzes vom 10. Dezember 1990 ([X.], [X.] I S. 2634) bestätigt. Diesen Vorschriften ist § 84 Abs. 2 [X.] nachgebildet (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Ist eine Anlage (vgl. § 1 [X.] mit Anhang 1) nach den Gegebenheiten des Einzelfalles geeignet, den entstandenen Schaden zu verursachen, so wird nach § 6 Abs. 1 [X.] vermutet, dass der Schaden durch die Anlage verursacht ist. Nach § 7 [X.] kann die Ursachenvermutung ausgeschlossen sein, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalles geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Auch für § 7 [X.] gilt ein entsprechender Prüfungsmaßstab, wie er in § 6 Abs. 1 [X.] für die Feststellung der Schadenseignung der in Anspruch genommenen Anlage aufgestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 1997 - [X.], [X.], 1247, 1249; BT-Drucks. 11/7104, S. 18; [X.] in Landmann/[X.], Umweltrecht, § 7 [X.] Rn. 1, 8 [Stand: Oktober 1996]; [X.]/[X.], BGB, Neubearb. 2010, § 7 [X.] Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 7 Rn. 14).

cc) Damit kommt es für die Eignung eines anderen Umstands, den Schaden zu verursachen (§ 84 Abs. 2 Satz 3 [X.]), auf die Darlegung und - im Bestreitensfall - den Nachweis der konkreten Möglichkeit der Schadensverursachung an. Nach der Gesetzesbegründung verlangt § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] mehr als die nur abstrakt-generelle Eignung des Arzneimittels, Schäden der in Rede stehenden Art hervorzurufen. Die Eignung muss auf Grund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls festgestellt werden. Da die Darlegung und - im Bestreitensfall - der Nachweis der konkreten Möglichkeit der Schadensverursachung aber ausreicht, wird der Geschädigte davon befreit, den Kausalverlauf zur vollen Überzeugung des Gerichts darlegen und beweisen zu müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]; Bollweg, aaO S. 783 f.; [X.]/[X.], [X.], § 84 [X.]. 39 [Stand: 2003]; [X.] in Festschrift [X.], 2008, [X.], 370; allgemein zur Wirkung gesetzlicher Vermutungen [X.]Prütting, aaO Rn. 22).

Eine die Vermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausschließende [X.] nach § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] setzt daher ausreichend konkrete, den Gegebenheiten des Einzelfalles entsprechende Feststellungen dahingehend voraus, dass sie geeignet ist, allein (oder im Zusammenwirken mit anderen, dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer ebenfalls nicht zuzurechnenden Ursachen) den geltend gemachten Schaden herbeizuführen; es gilt insoweit ein entsprechender Prüfungsmaßstab, wie er in § 84 Abs. 2 Sätze 1 und 2 [X.] für die Feststellung der Schadenseignung aufgestellt ist (vgl. für § 7 [X.] Senatsurteil vom 17. Juni 1997 - [X.], aaO; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 - [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO [X.]. 40; [X.], aaO). In Fällen der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, ist die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 4 [X.] zu beachten.

dd) Danach hat das Berufungsgericht auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] sei durch § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] ausgeschlossen.

Als andere Umstände im Sinne des § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] kommen etwa der Gesundheitszustand des Geschädigten (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.]; Kullmann, in Festschrift [X.], 2009, [X.], 258; Ufer/Metzmacher, [X.], 95, 96), insbesondere eine sich schicksalhaft verschlechternde Grunderkrankung oder eine hinzutretende Erkrankung (vgl. [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], 2010, § 13 Rn. 38; siehe auch [X.], NJW-RR 2003, 1382; [X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 - 6 O 7/06, juris Rn. 23; für die Rechtslage vor Anwendbarkeit des § 84 Abs. 2 [X.]: [X.], [X.], 1143, 1144; [X.], [X.], 518; [X.], [X.], 399, 400; siehe auch [X.]/[X.], aaO S. 79), oder besondere Lebensgewohnheiten des Geschädigten wie starker Alkohol- oder Zigarettenkonsum (vgl. [X.], aaO; Ufer/Metzmacher, aaO) in Betracht. So kann § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] im Einzelfall eingreifen, wenn der Geschädigte Risikofaktoren für den eingetretenen Schaden aufweist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 - [X.], aaO; Bollweg, aaO S. 784; [X.]/[X.], aaO Rn. 120; siehe auch [X.], [X.] 2012, 189 f.: sehr hohes Risikoprofil).

Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger leide an Polymyalgie rheumatica mit bestehendem Verdacht auf chronische Polyarthritis, an Diabetes mellitus und an einer kombinierten Hyperlipidämie mit zumindest zeitweise erhöhten Blutfettwerten. Hierbei handelt es sich um bindende tatbestandliche Feststellungen des Berufungsgerichts, die gemäß § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz erbringen. Die Beweiskraft des Tatbestands kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden. Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommt zur Richtigstellung eines etwaigen Mangels grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - [X.], [X.], 1261 Rn. 35, zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt; [X.], Urteile vom 1. Dezember 2008 - [X.], [X.] 179, 71 Rn. 16 und vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, [X.], 1513 Rn. 12 [X.]).

Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F. festgestellt, dass diese Umstände konkret geeignet waren, für sich allein den Gesundheitsschaden des [X.] zu verursachen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht die bloße (theoretische) Möglichkeit, dass andere Faktoren als die Einnahme des Arzneimittels den Schaden mitausgelöst haben könnten, als ausreichend erachtet. Das Berufungsgericht führt zwar aus, der Begriff der Eignung stelle auf die "abstrakte" Möglichkeit der Schadenverursachung ab. Diese missverständlichen Rechtsausführungen ändern jedoch nichts daran, dass das Berufungsgericht die konkrete Möglichkeit der Schadensverursachung durch einen anderen Umstand festgestellt hat.

Höhere Anforderungen an den Ausschluss der Kausalitätsvermutung nach § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus dem Senatsbeschluss vom 1. Juli 2008 ([X.], [X.], 1264) abzuleiten. Darin hat der erkennende Senat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben, weil das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft angenommen hatte, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast zu den Voraussetzungen einer Haftung der [X.] nach § 84 [X.] nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Der Senat hat unter anderem auf die Vermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] und die Eignung im Einzelfall gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] abgestellt. Dem Beschluss ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Vorinstanzen Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] getroffen haben. Auch den von der Revision angeführten Passagen des erstinstanzlichen Urteils ([X.], NJW 2007, 3582) sind keine Feststellungen dazu zu entnehmen, dass Vorerkrankungen geeignet waren, den Schaden zu verursachen.

ee) Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] liefe leer, wenn für ihren Ausschluss ausreiche, dass der Geschädigte einen Risikofaktor für den Schadenseintritt aufweise. Zwar trifft es zu, dass die Kausalitätsvermutung aufgrund der Ausschlussmöglichkeit nach § 84 Abs. 2 Satz 3 [X.] in vielen Fällen wirkungslos bleiben dürfte (vgl. [X.], aaO S. 143 f.; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, 2003, S. 256 f.; 258 f. [X.]; siehe auch [X.], [X.], 937, 940). Die geringen Anforderungen an den Ausschluss der Kausalitätsvermutung korrespondieren jedoch mit den geringen Anforderungen an ihr Eingreifen. Die Kausalitätsvermutung ginge andernfalls zu weit. Sie soll in der vorliegenden Form der beson[X.] schwierigen Beweissituation des geschädigten Anwen[X.] eines Arzneimittels Rechnung tragen, ohne dem pharmazeutischen Unternehmer eine Verdachtshaftung aufzuerlegen, die haftungsrechtlich weder systemkonform noch [X.] wäre (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.] f., 19). Sie beruht auf einem politischen Kompromiss und sucht die zugrunde liegenden wi[X.]treitenden Interessen auszugleichen (vgl. Bollweg, aaO S. 786; Ufer/Metzmacher, aaO; siehe auch BT-Drucks. 14/7752, [X.] f.).

Entgegen der Auffassung der Revision hat dies allerdings nicht zur Folge, dass auf §§ 84 ff. [X.] gestützte Schadensersatzklagen männlicher, älterer oder in irgendeiner risikobegründenden Weise vorerkrankter Personen stets aussichtlos wären. Die Beweislage des Geschädigten wird durch § 84 Abs. 2 [X.] zwar gegenüber der früheren Rechtslage nur in geringem Umfang verbessert. Der Geschädigte ist durch § 84 Abs. 2 [X.] aber nicht gehindert, sich auf einen Anscheinsbeweis zu berufen (vgl. Bollweg, aaO S. 784 [X.]; [X.], aaO S. 86; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 - [X.], aaO). Als Ergänzung der Kausalitätsvermutung besteht zudem der Auskunftsanspruch nach § 84a [X.], der dem Geschädigten die Darlegung und den Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen erleichtern soll. Den pharmazeutischen Unternehmer trifft außerdem die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben (§ 84 Abs. 3 [X.], vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.] f.).

Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Senatsrechtsprechung an die Darlegungslast des Patienten keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, um ein weitgehendes Leerlaufen der Vorschriften über die Haftung für Arzneimittelschäden zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1991 - [X.] 248/90, [X.], 780, 781 für § 84 [X.] a.F.; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2008 - [X.], aaO Rn. 3; [X.], [X.] 2009, 352, 353; [X.], [X.], 846, 847; [X.], NJW-RR 2011, 534). Für die Kausalitätsvermutung und ihren Ausschluss gemäß § 84 Abs. 2 [X.] lassen sich daraus jedoch keine Rückschlüsse ziehen. Hier kommt es nicht auf die Darlegungslast an, sondern auf die vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung der Beweiserleichterung.

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises für den Nachweis des Ursachenzusammenhangs mit Recht abgelehnt.

a) Die Frage, ob der Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 16 [X.]). Der Anscheinsbeweis setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, also einen bestimmten Tatbestand, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - [X.] 179/04, [X.] 163, 209, 212; vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 16 [X.] und vom 4. Dezember 2012 - [X.] 378/11, [X.], 306 Rn. 23). Allein eine Risikoerhöhung reicht dafür nicht aus (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 - [X.], aaO). Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von dem eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2010 - [X.] 33/09, [X.], 392 Rn. 8 [X.]). Der Beweis des ersten Anscheins wird durch feststehende (erwiesene oder unstreitige) Tatsachen entkräftet, nach welchen die Möglichkeit eines anderen als des typischen [X.] ernsthaft in Betracht kommt (vgl. Senatsurteile vom 4. April 2006 - [X.] 151/05, [X.], 931 Rn. 18 und vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 17, jeweils [X.]).

b) Von der ernsthaften Möglichkeit eines anderen [X.] ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Nach seinen Feststellungen lässt sich der Gesundheitsschaden des [X.] zwanglos mit den bei ihm vorliegenden Risikofaktoren erklären. Das Berufungsgericht stützt sich insoweit gemäß § 529 Abs. 1 ZPO verfahrensfehlerfrei auf die Feststellungen des [X.]s. Die Revision legt keine konkreten Anhaltspunkte dar, die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen begründet und deshalb eine erneute Feststellung geboten hätten. Die Ansicht der Revision, die getroffenen Feststellungen fänden in den beiden vom [X.] eingeholten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. keine Stütze, trifft nicht zu. Zwar weist die Revision mit Recht darauf hin, dass die Anwendung von "[X.]" nach Auffassung des Gutachters das Risiko eines Schlaganfalls entscheidend erhöht haben kann. Der Sachverständige hat aber auch ausgeführt, dass die beim Kläger vorhandenen Risikofaktoren genügten, um seinen Gesundheitsschaden zu erklären.

Die Annahme der ernsthaften Möglichkeit eines anderen [X.] begegnet auch unter Berücksichtigung des [X.] vom 16. März 2010 ([X.], aaO) keinen Bedenken. In jenem Fall ging es darum, ob die Einnahme des Medikaments "[X.]" für einen Herzinfarkt ursächlich gewesen ist, den der dortige Kläger beim Schneeschaufeln erlitten hatte. Zwar hat der erkennende Senat die Annahme der ernsthaften Möglichkeit eines anderen [X.] durch das Berufungsgericht unter anderem deshalb gebilligt, weil der Sachverständige die ungewohnte körperliche Belastung als risikoerhöhend bewertet hatte (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 17). Dies bedeutet jedoch nicht, dass für die Entkräftung des Anscheinsbeweises in "[X.]"-Fällen stets die Feststellung einer solchen körperlichen Belastung erforderlich wäre. Im Übrigen ist im Senatsurteil vom 16. März 2010 neben dem Alter des [X.] von 73 Jahren nur die körperliche Belastung als Risikofaktor genannt. Im Streitfall sind hingegen mehrere risikoerhöhende Faktoren festgestellt.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht die im [X.] anerkannten Grundsätze zur Beweislastumkehr bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers vorliegend nicht angewendet hat.

a) Im [X.] führt ein grober Behandlungsfehler regelmäßig zur Umkehr der Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und dem Behandlungsfehler, wenn dieser generell geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 8. Januar 2008 - [X.] 118/06, [X.], 490 Rn. 11 und vom 19. Juni 2012 - [X.] 77/11, [X.], 1176 Rn. 6, jeweils [X.]; vgl. nunmehr § 630h Abs. 5 BGB idF des [X.] vom 20. Februar 2013, [X.] I S. 277, 279). Die Umkehr der Beweislast im Falle eines groben Behandlungsfehlers hat ihren Grund darin, dass das Spektrum der für den Misserfolg der ärztlichen Behandlung in Betracht kommenden Ursachen gerade wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers in besonderem Maße verbreitert bzw. verschoben worden ist. Es entspricht deshalb der Billigkeit, die durch den Fehler in das Geschehen hineingetragene [X.] nicht dem Geschädigten anzulasten (vgl. Senatsurteile vom 16. März 2010 - [X.], aaO Rn. 18 und vom 19. Juni 2012 - [X.] 77/11, aaO Rn. 13, jeweils [X.]).

b) Damit ist eine Fallgestaltung, wie sie hier vorliegt, nicht vergleichbar. Wie der erkennende Senat entschieden hat, sind die für den [X.] entwickelten Grundsätze der Beweislastumkehr im [X.] in Fällen der Verletzung von [X.] durch den Hersteller nicht anwendbar (Senatsurteil vom 12. November 1991 - [X.] 7/91, [X.] 116, 60, 76 f.). Für die Inanspruchnahme des Arzneimittelherstellers wegen unzureichender Informationen über die einem Medikament möglicherweise anhaftenden Risiken gilt nichts anderes (Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], aaO). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das der [X.] vom Kläger angelastete Versäumnis, das Medikament "[X.]" nicht schon im Jahr 2002 vom Markt genommen zu haben, nicht den Stellenwert eines groben Behandlungsfehlers habe, d.h. eines Fehlers, der aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1991 - [X.] 7/91, aaO und vom 10. Mai 1983 - [X.] 270/81, [X.], 729, 730), steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2010 - [X.], aaO) und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

4. Die Revision wendet sich auch erfolglos gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Auskunftsanspruch des [X.] nach § 84a Abs. 1 [X.] sei zur Feststellung, ob ein Schadensersatzanspruch des [X.] nach § 84 [X.] bestehe, nicht erforderlich.

a) Allerdings ist der Auskunftsantrag zulässig. Der Kläger hat ihn zwar "im Wege der Stufenklage" gestellt. Als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO ist sein Rechtsschutzbegehren unzulässig, weil der von der Klägerin geltend gemachte Auskunftsanspruch gemäß § 84a Abs. 1 [X.] nicht der näheren Bestimmung eines noch nicht hinreichend bestimmten Leistungsbegehrens dient. Die Stufenklage ist aber in eine - zulässige - Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO umzudeuten (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2011 - [X.] 117/10, [X.] 189, 79 Rn. 7 ff.). Davon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

b) Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden im Sinne des § 84 [X.] verursacht hat, so kann der Geschädigte nach § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. Der Auskunftsanspruch richtet sich gemäß § 84a Abs. 1 Satz 2 [X.] auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können (vgl. dazu näher [X.], aaO S. 394; [X.]/[X.], aaO, § 84a [X.] [X.]. 5 [Stand: 2004]). Die Vorschrift des § 84a [X.] ist mit Art. 1 Nr. 2 des [X.] zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 ([X.] I S. 2674) eingeführt worden. Sie orientiert sich an dem Vorbild der §§ 8, 9 [X.] sowie des § 35 [X.] (BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Sie ist im Streitfall nach Art. 229 § 8 Abs. 2 EGBGB anwendbar.

Nach der Gesetzesbegründung reicht ein geäußerter unbestimmter Verdacht nicht aus, um einen Auskunftsanspruch nach § 84a Abs. 1 [X.] zu begründen, andererseits ist aber auch nicht der Vollbeweis einer Kausalität zu führen. Dem [X.] wird vielmehr eine Plausibilitätsprüfung aufgetragen, ob die vorgetragenen Tatsachen den Schluss auf eine Ursache/Wirkung-Beziehung zwischen dem vom auf Auskunft in Anspruch genommenen Unternehmer hergestellten Arzneimittel und dem individuellen Schaden des auskunftsersuchenden Anwen[X.] ergeben (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]; siehe auch [X.], [X.] 2010, 207, 208; [X.], [X.] 2010, 789, 790; [X.], [X.], 1397, 1399; [X.], [X.] 2009, 567, 568).

c) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen sind die notwendigen Tatsachen zur Begründung eines Auskunftsanspruchs nach § 84a Abs. 1 [X.] gegeben. Das Berufungsgericht hat in Anknüpfung an die Feststellungen des [X.]s angenommen, dass "[X.]" den Gesundheitsschaden des [X.] mitverursacht haben kann.

d) Zu Recht geht das Berufungsgericht aber davon aus, dass ein Auskunftsanspruch ausgeschlossen ist, weil die Auskunftserteilung zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84a Abs. 1 [X.] besteht, vorliegend nicht erforderlich ist.

aa) Zwar beruft sich die Revision zutreffend auf das Senatsurteil vom 29. März 2011 ([X.] 117/10, aaO). Danach verfolgt die Vorschrift des § 84a [X.] im Wesentlichen folgende zwei Ziele: Zum einen bezweckt sie die prozessuale Chancengleichheit, weil der Geschädigte in aller Regel den Weg des angewandten Arzneimittels von der ersten Forschung über die Erprobung bis zu dessen konkretem Herstellungsprozess nicht überschauen kann, während die pharmazeutischen Unternehmen - insbesondere zur Frage der Vertretbarkeit ihrer Arzneimittel - den jeweiligen Erkenntnisstand dokumentiert zur Verfügung haben. Im Hinblick darauf hielt es der Gesetzgeber für angebracht, dem Geschädigten die zur Geltendmachung der ihm zustehenden Ansprüche notwendigen Tatsachen zugänglich zu machen, um ihn in die Lage zu versetzen, im Einzelnen zu prüfen, ob ihm ein Anspruch aus Gefährdungshaftung zusteht. Zum anderen soll der Auskunftsanspruch die beweisrechtliche Stellung des Geschädigten im [X.] stärken. Der Geschädigte soll in die Lage versetzt werden, alle Fakten zu erlangen, die für die von ihm [X.] und zu beweisenden Anspruchsvoraussetzungen notwendig sind oder die er braucht, um die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 [X.] in Gang zu setzen. (Senatsurteil vom 29. März 2011 - [X.] 117/10, aaO Rn. 9; siehe auch BT-Drucks. 14/7752, [X.]).

bb) Die Revision beachtet jedoch nicht hinreichend, dass dem Kläger nach § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] kein Auskunftsanspruch zusteht, wenn die Auskunft zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 [X.] besteht, nicht erforderlich ist.

Allerdings ist die Erforderlichkeit der Auskunft grundsätzlich bereits gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass die begehrten Auskünfte zur Anspruchsfeststellung dienen können (vgl. [X.], [X.] 2007, 232, 236; siehe auch [X.], Urteil vom 7. Juli 1982 - [X.], NJW 1982, 2771 f.; Beschluss vom 21. April 2010 - [X.] 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn. 21, jeweils zu § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Andernfalls wären die vom Gesetzgeber mit dem Auskunftsanspruch verfolgten Ziele einer prozessualen Chancengleichheit und der beweisrechtlichen Besserstellung des Geschädigten für seinen auf § 84 [X.] gestützten Schadensersatzanspruch nicht zu erreichen (vgl. zu diesen Zielen BT-Drucks. 14/7752, [X.]; Senatsurteil vom 29. März 2011 - [X.] 117/10, aaO Rn. 9, 18). Die Darlegungs- und Beweislast für die mangelnde Erforderlichkeit trifft nach dem Wortlaut des § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] ("es sei denn") den pharmazeutischen Unternehmer (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 53 f.; BT-Drucks. 13/10766, S. 2; [X.], NJW 2007, 3584, 3586; [X.], aaO S. 569). Sie ist damit an[X.] geregelt als in § 8 [X.] und § 35 [X.] ([X.]/[X.], aaO § 84a Rn. 18).

Die Erforderlichkeit der Auskunft kann fehlen, wenn der pharmazeutische Unternehmer den Anspruch dem Grunde nach nicht bestreitet (vgl. [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], 2010, § 13 Rn. 85; [X.] in [X.]/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, § 84a [X.] Rn. 6; [X.]/[X.], aaO, § 84a [X.] Rn. 3). Darüber hinaus kann sie fehlen, wenn offensichtlich ist, dass der Geschädigte keinen Anspruch aus § 84 Abs. 1 [X.] hat, etwa die erlittene Rechtsgutverletzung unerheblich ist, der Geschädigte lediglich einen Vermögensschaden erlitten hat oder der Anspruch aus § 84 Abs. 1 [X.] bereits verjährt ist (vgl. [X.], aaO S. 569; [X.], aaO, § 84a [X.] Rn. 14; [X.], [X.] 2005, 35, 38; [X.]/[X.], aaO [X.]. 3; [X.], aaO; [X.], aaO Rn. 86).

cc) Das Berufungsgericht hat das Bestehen eines Auskunftsanspruchs verneint, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der für eine Haftung erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments und der gesundheitlichen Schädigung nicht nachweisbar und die begehrte Auskunft deshalb nicht erforderlich sei. Diese Beurteilung lässt entgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen, denn die vom Kläger verlangten Angaben sind nicht geeignet, den [X.] zu führen. Der Kläger begehrt von der [X.] Auskunft über ihr bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und diesbezügliche Verdachtsfälle hinsichtlich der von dem Medikament "[X.]" ausgehenden schädlichen Wirkungen. Angaben dazu können, wie das [X.] zutreffend dargelegt hat, geeignet sein, den Nachweis zu ermöglichen oder zu erleichtern, dass "[X.]" generell das Risiko kardiovaskulärer oder cerebrovaskulärer Ereignisse erhöht oder im Fall des [X.] erhöht hat. Der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert allerdings nicht etwa an dem fehlenden Nachweis der Eignung des Medikaments "[X.]" für die eingetretene Schädigung, sondern daran, dass ebenso die beim Kläger vorhandenen Risikofaktoren für sich allein den Gesundheitsschaden herbeigeführt haben können. Da diese Möglichkeit der Schadensverursachung durch die mit dem Auskunftsverlangen begehrten Angaben der [X.] nicht ausgeräumt werden kann, ist die begehrte Auskunft im Streitfall nicht geeignet, die beweisrechtliche Stellung des [X.] zu stärken. Bei dieser Sachlage ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ein Auskunftsanspruch vorliegend mangels Erforderlichkeit der begehrten Auskunft nicht bestehe, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

[X.]                            Zoll                                [X.]

               Pauge                          von [X.]

Meta

VI ZR 109/12

26.03.2013

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 15. Februar 2012, Az: 5 U 320/11, Urteil

§ 84 Abs 2 S 1 AMG, § 84 Abs 2 S 2 AMG, § 84 Abs 2 S 3 AMG, § 84a AMG, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.03.2013, Az. VI ZR 109/12 (REWIS RS 2013, 7052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7052

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