Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.05.2015, Az. VI ZR 328/11

6. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11242

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Gegenstand

Auskunftsverfahren zur Vorbereitung von Ersatzansprüchen aus Arzneimittelhaftung: Darlegungs- und Beweislast des geschädigten Verwenders; Entbehrlichkeit einer Beweiserhebung über Tatsachen betreffend den Inhalt des Auskunftsanspruchs; Erheblichkeit des Einwandes der Nichterforderlichkeit der Auskunft


Leitsatz

1. Wer nach § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AMG Auskunft begehrt, muss Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat. Diese Tatsachen müssen die Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden des Anwenders plausibel erscheinen lassen.

2. Im Auskunftsverfahren muss nicht Beweis erhoben werden über Tatsachen, die den Inhalt des Auskunftsanspruchs betreffen und auf deren Kenntnis der Auskunftbegehrende zur Prüfung möglicher Ansprüche angewiesen ist.

3. Der Einwand der Nichterforderlichkeit der Auskunft, für die der pharmazeutische Unternehmer die volle Darlegungs- und Beweislast trägt, ist nur dann erheblich, wenn er gegen die Ansprüche nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 Satz 2 AMG durchgreift.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 30. August 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, wegen einer Nebenwirkung des von der [X.] vertriebenen Arzneimittels [X.] (ein [X.]) gemäß § 84 [X.] auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch und begehrt die Feststellung der Verpflichtung der [X.] zum Schadensersatz. Während der im Jahre 2004 bis Juni 2006 ärztlich verordneten Anwendung von [X.] kam es bei der Klägerin, die als Diabetikerin bereits zuvor langjährig mit einem anderen [X.] behandelt worden war, zu einer Lipoatrophie (Schwund des subkutanen Fettgewebes im Bereich der Einstichstellen). Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist der von der Klägerin im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemachte Auskunftsanspruch gemäß § 84a [X.] hinsichtlich von Nebenwirkungen und weiteren Wirkungen des Arzneimittels [X.], soweit sie eine Lipoatrophie betreffen.

2

Das [X.] hat der Auskunftsklage durch Teilurteil stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Auskunftsklage weiter.

3

Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 6. Mai 2013 (veröffentlicht in [X.], 904) das Verfahren ausgesetzt und die Frage zur Auslegung des Art. 13 der Richtlinie 85/374/[X.] des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. [X.]; künftig: Richtlinie 85/374/[X.]) zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV dem [X.] vorgelegt.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs gemäß § 84a [X.] für gegeben. Unstreitig habe die Klägerin das Medikament [X.] verwendet. In zeitlichem Zusammenhang mit der Verwendung sei die Lipoatrophie eingetreten. Streitig sei, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] hinreichend dargelegt seien, nämlich, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen habe, die über ein nach den Erkenntnissen der Wissenschaft unvertretbares Maß hinausgingen, oder der Schaden infolge einer unzureichenden Kennzeichnung in der Gebrauchsinformation eingetreten sei. Auch sei ungeklärt, inwieweit diese Voraussetzungen bereits im Auskunftsverfahren von dem Anwender bewiesen werden müssten.

5

Die Beklagte könne nicht mit der Auffassung durchdringen, dass ein Anspruch gemäß § 84 Abs. 1 [X.] bereits deshalb nicht in Betracht komme, weil jedes Insulin das Nebenwirkungsrisiko der Lipoatrophie aufweise und die Klägerin mangels einer Alternative und in Kenntnis der Nebenwirkungsmöglichkeit das Arzneimittel [X.] verwendet habe. Die Klägerin behaupte nämlich, dass das Mittel [X.] aufgrund seiner konkreten Zusammensetzung eine höhere [X.] habe als andere Insuline und dadurch das übliche Risiko gesteigert sei. [X.] habe nach ihrem Vorbringen ein Nebenwirkungsrisiko, das bereits nach der Risiko/[X.] nicht vertretbar gewesen sei. Sei dies der Fall gewesen, hätte darauf in der Gebrauchsinformation hingewiesen werden müssen.

6

Ohne Erfolg mache die Beklagte geltend, ein Schadensersatzanspruch sei ausgeschlossen, weil die Klägerin bereits die bestimmungsgemäße Verwendung des Insulins nicht dargelegt habe und somit die Voraussetzungen für die Vermutung der Ursächlichkeit der Medikamentenanwendung für den Schaden nach § 84 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht gegeben seien. Die Klägerin könne auch bei einem Verwendungsfehler immer noch mittels der Darlegung einer schädlichen Zusammensetzung die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 [X.] vortragen und gegebenenfalls unter [X.] stellen. Hierzu benötige sie die begehrte Auskunft. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände, insbesondere der Ausführungen der Klägerin zu den Injektionsvorgängen unter Verwendung von Kanülen, erscheine es jedenfalls möglich, dass die konkrete Zusammensetzung des Mittels [X.] die Schäden verursacht habe. Es sei der zeitliche Zusammenhang des aufgetretenen Schadens mit der Umstellung auf [X.] zu berücksichtigen. Die Klägerin habe vorher bereits jahrelang mehrfach täglich Insulin spritzen müssen, ohne dass Nebenwirkungen in Form der Lipoatrophie aufgetreten seien. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass es sich bei [X.] um ein gerade neu entwickeltes synthetisches Insulin gehandelt habe, während zuvor menschliches oder tierisches Insulin verwendet worden sei.

7

Die Klägerin habe die im Auskunftsverfahren erforderlichen Anknüpfungspunkte für den Auskunftsanspruch hinreichend unter Beweis gestellt. Der Anwender müsse noch nicht im Auskunftsverfahren beweisen, dass er das Medikament bestimmungsgemäß verwendet habe, wenn diese Frage nur mittels einer sachverständigen Begutachtung erfolgen könne. Das sei mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, dem Anwender Chancengleichheit bei der möglichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs durch die Verschaffung der nötigen, ihm nicht zugänglichen Erkenntnisse zu gewähren, nicht zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall sei streitig, ob eine Mehrfachverwendung von Kanülen vorliege. Dagegen sprächen zwar Stellungnahmen der die Klägerin behandelnden Ärzte. Wegen des Bestreitens der [X.] sei aber zur Klärung ein Sachverständigengutachten erforderlich. In der Gebrauchsanweisung werde bisher nicht darauf hingewiesen, dass eine Mehrfachverwendung der Kanülen auch zu einer Lipodystrophie als Oberbegriff der Lipoatrophie und der Lipohypertrophie führen könne. Hingewiesen werde nur auf das Risiko eines nicht regelmäßigen Wechsels der [X.]. Nur durch eine Begutachtung lasse sich außerdem klären, ob - was die Beklagte geltend mache - die aufgetretenen Gewebeveränderungen auf anderen Ursachen beruhten. Eine derartige umfassende Begutachtung setze gerade die Erteilung der Auskunft über die Zusammensetzung des Medikaments und die Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit der Anwendung des Medikaments von Bedeutung sein könnten, voraus. Für das Auskunftsverfahren könne danach noch nicht die vollständige Beweisführung verlangt werden.

II.

8

Die Revision der [X.] ist unbegründet.

9

1. Gegen den in § 84a [X.] geregelten Auskunftsanspruch bestehen keine europarechtlichen Bedenken. Der [X.] hat im Urteil vom 20. November 2014 die Vorlagefragen des Senats dahingehend beantwortet, dass die Richtlinie 85/374/[X.] dem Auskunftsanspruch nach § 84a [X.] nicht entgegensteht, weil weder dieser Anspruch noch der Umfang der Auskünfte, die der Verbraucher vom Hersteller des Produkts verlangen könne, als solche Gegenstand der Bestimmungen der Richtlinie 85/374/[X.] seien ([X.], Urteil vom 20. November 2014 - [X.]/13, [X.], 499 Rn. 25 ff. - [X.]). Eine nationale Regelung, die einen Anspruch des Geschädigten auf Auskünfte über Nebenwirkungen des betreffenden Produkts vorsehe, könne ihm zwar helfen, die erforderlichen Beweise beizubringen, die es ihm ermöglichten, den Hersteller in Haftung zu nehmen. Sie solle das erhebliche Ungleichgewicht beheben, das hinsichtlich des Zugangs zu Informationen über ein Produkt zwischen dem Hersteller des Produkts und dem Verbraucher zu dessen Ungunsten bestehe. Eine solche nationale Regelung vermöge jedoch nicht zu einer Umkehr der beim Geschädigten liegenden Beweislast zu führen und ändere die in Art. 7 der Richtlinie 85/374/[X.] vorgesehenen Voraussetzungen für die Freistellung des Herstellers von der Haftung nicht. Unter diesen Umständen gehöre der Anspruch des Verbrauchers auf Auskünfte des Herstellers eines Produkts über dessen Nebenwirkungen nicht zu den von der Richtlinie 85/374/[X.] geregelten Punkten und falle daher nicht in ihren Anwendungsbereich. Die Vorschrift des § 84a [X.] stelle auch im Übrigen nicht die Wirksamkeit der von der Richtlinie vorgesehenen Regelung sowie die vom Unionsgesetzgeber mit ihr verfolgten Ziele in Frage.

2. Nach § 84a Abs. 1 [X.] kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft über die diesem bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie die ihm bekannt gewordenen Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sind, verlangen. Die Vorschrift des § 84a [X.] verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen bezweckt sie die prozessuale Chancengleichheit, weil der Geschädigte in aller Regel den Weg des angewandten Arzneimittels von der ersten Forschung über die Erprobung bis zu dessen konkretem Herstellungsprozess nicht überschauen kann, während die pharmazeutischen Unternehmen - insbesondere zur Frage der Vertretbarkeit ihrer Arzneimittel - den jeweiligen Erkenntnisstand dokumentiert zur Verfügung haben. Im Hinblick darauf hielt es der Gesetzgeber für angebracht, dem Geschädigten die zur Geltendmachung der ihm zustehenden Ansprüche notwendigen Tatsachen zugänglich zu machen, um ihn in die Lage zu versetzen, im Einzelnen zu prüfen, ob ihm ein Anspruch aus Gefährdungshaftung zusteht. Zum anderen soll der Auskunftsanspruch die beweisrechtliche Stellung des Geschädigten im [X.] stärken. Der Geschädigte soll in die Lage versetzt werden, alle Fakten zu erlangen, die für die von ihm [X.] und zu beweisenden Anspruchsvoraussetzungen notwendig sind oder die er braucht, um die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 [X.] in Gang zu setzen (Senatsurteile vom 29. März 2011 - [X.], [X.], 79 Rn. 9 und vom 26. März 2013 - [X.], [X.], 1000 Rn. 39; siehe auch BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Der Auskunftsanspruch ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, es sei denn, die Auskunft ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 [X.] besteht, nicht erforderlich (§ 84a Abs. 1 Satz 1 [X.]).

a) Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise zum Ergebnis gelangt, es lägen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass das Medikament der [X.] bei der Klägerin einen Schaden verursacht hat (§ 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]).

aa) Zur Begründung eines Auskunftsanspruchs muss der Anspruchsteller nach § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] nicht den Vollbeweis für den Kausalitätszusammenhang zwischen der Anwendung des Medikaments und dem Eintritt des Schadens führen; andererseits reicht die Äußerung des unbestimmten Verdachts, dass die Einnahme eines Medikaments für einen Gesundheitsschaden ursächlich geworden ist, zur Begründung des Auskunftsanspruchs nicht aus (Senatsurteil vom 29. März 2011 - [X.], aaO Rn. 36; BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Andernfalls würde der Anspruch auf eine Ausforschung des Unternehmers hinauslaufen, was durch § 84a [X.] nicht ermöglicht werden soll. Die vom Anspruchsteller vorgetragenen und erforderlichenfalls zu beweisenden Tatsachen ([X.], NJW 2007, 3584, 3585; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 84a Rn. 11 f.; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl., § 27 Rn. 140, 143; [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], § 13 Rn. 71; [X.], [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, [X.]) müssen nach dem Wortlaut des Gesetzes "die Annahme begründen", dass durch die Anwendung des Arzneimittels die aufgetretene Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht worden ist. Dem [X.] wird von § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Plausibilitätsprüfung aufgetragen, ob die vorgetragenen Tatsachen den Schluss auf eine Ursache/Wirkung-Beziehung zwischen dem vom auf Auskunft in Anspruch genommenen Unternehmer in Verkehr gebrachten Arzneimittel und dem individuellen Schaden des auskunftersuchenden Anwenders ergeben (Senatsurteil vom 26. März 2013 - [X.], [X.], 1000 Rn. 36 mwN). Wer nach § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] Auskunft begehrt, muss nach Halbsatz 1 zunächst in einem ersten Schritt Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die eine solche Annahme begründen können ([X.], NJW 2007, 3584, 3585; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 84a Rn. 11 f.; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl., § 27 Rn. 140, 143; [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], § 13 Rn. 71; [X.], [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, [X.]). Diese Tatsachen müssen sodann in einem zweiten Schritt die Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden des Anwenders plausibel erscheinen lassen. Das Erfordernis, dass die (Mit-)Verursachung des Schadens durch das Arzneimittel plausibel sein muss, stellt geringere Anforderungen an das Maß der Überzeugung des Tatrichters als der Vollbeweis (vgl. [X.], NJW-RR 2011, 1319, 1321; [X.], [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, S. 336 f.; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 64; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 140, 143; [X.]/[X.], [X.], § 84a [X.]. 2 [Stand: 92. Ergänzungslieferung 2004]).

[X.]) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.

(1) Die tatrichterliche Beweiswürdigung im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nach § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. [X.] überprüfbar ist, soweit entsprechende Fehler gerügt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO), ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteil vom 20. Mai 2014 - [X.], [X.], 1130, Rn. 28 mwN). Dies gilt im Rahmen des § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] nicht nur hinsichtlich der vom Tatrichter festgestellten Tatsachen, sondern auch in Bezug auf die Plausibilitätsprüfung, obwohl diese geringere Anforderungen an das Maß der Überzeugung des Tatrichters stellt. Sie ist vom Revisionsgericht nicht nach anderen Maßstäben zu überprüfen als die Überzeugungsbildung für das Beweismaß des § 286 ZPO oder des § 287 ZPO (vgl. zu § 287 ZPO Senatsurteile vom 13. August 2013 - [X.], [X.], 1274 Rn. 13; vom 24. Juni 2008 - [X.], [X.], 1370 Rn. 18; vom 19. April 2005 - [X.], [X.], 945, 946).

(2) Den genannten Anforderungen wird das Berufungsurteil gerecht.

(a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kam es während der Anwendung des von der [X.] vertriebenen Medikaments bei der Klägerin an den Einstichstellen der Kanülen zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Form einer Lipoatrophie. Dass eine solche Nebenwirkung bei der Anwendung von [X.] möglich ist, stellt die Beklagte nicht in Abrede. [X.] ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht darüber hinaus einen Ursachenzusammenhang zwischen der Verwendung des Medikaments und der eingetretenen Lipoatrophie für plausibel gehalten hat. Es hat sich insbesondere auf den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Medikamentenanwendung und dem Auftreten der gesundheitlichen Folgeerscheinungen sowie den Umstand gestützt, dass diese Folgeerscheinungen vor der Umstellung auf das synthetische Insulin der [X.] nicht aufgetreten waren. Gerade der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Medikamenteneinnahme und dem Auftreten gesundheitlicher Beeinträchtigungen stellt einen bedeutsamen Umstand im Rahmen der Plausibilitätsprüfung dar (vgl. [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 66; [X.] in [X.], [X.], [X.] Rn. 71 (Stand: Februar 2011); [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 145; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 12; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3812, [X.] (Stand: März 2013); [X.], [X.] 2005, 35 f.; [X.], [X.] 2007, 232, 235; KG, aaO, 209; [X.], aaO; [X.], aaO, 1322; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, [X.]). Dabei kommt im Streitfall hinzu, dass bei der Klägerin trotz der langjährigen Einnahme menschlicher oder tierischer Insuline die Nebenwirkung in Form der Lipoatrophie nicht auftrat.

(b) Die Revision rügt erfolglos, das Berufungsgericht habe den von ihr angebotenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass der bei der Klägerin festgestellte [X.] auf eine "[X.]", eine Form der Sklerodermie, zurückzuführen sei, übergangen.

(aa) Mit Sinn und Zweck des § 84a [X.] ist eine Beweiserhebung zu Tatsachen, über die der Anspruchsteller erst durch Auskunftserteilung Klarheit erlangen soll, nicht vereinbar. Es wäre ein Widerspruch, einerseits für den Anspruchsteller die plausible Darlegung der ernsthaften Möglichkeit der Schadensverursachung für ein begründetes Auskunftsbegehren ausreichen zu lassen; andererseits bei entsprechendem Bestreiten durch den Anspruchsgegner die Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs, bereits im Auskunftsverfahren unter umfänglicher Erhebung von Beweisen zu prüfen, um bei entsprechendem Beweisergebnis die Auskunftsklage abzuweisen. Die Frage, über welche Tatsachen im Auskunftsverfahren Beweis zu erheben ist, kann nicht allgemein gültig und abstrakt entschieden werden. Es muss im Auskunftsverfahren jedenfalls nicht Beweis erhoben werden über Tatsachen, die den Inhalt des Auskunftsanspruchs betreffen und auf deren Kenntnis der Auskunftbegehrende zur Prüfung möglicher Ansprüche angewiesen ist.

([X.]) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht mit Recht die Einholung des von der [X.] beantragten Sachverständigengutachtens zur Ursächlichkeit der "[X.]" für die Beschwerden der Klägerin abgelehnt. Eine solche Beweiserhebung ist dem [X.] vorbehalten. Es widerspräche dem Anliegen des Gesetzgebers, zur Wahrung der prozessualen Waffengleichheit dem [X.] mit dem Auskunftsanspruch ein Mittel zur Gewinnung von Tatsachen und Erkenntnissen (§ 84a Abs. 1 Satz 2 [X.]) an die Hand zu geben, auf deren Grundlage der Betroffene das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs prüfen und gegebenenfalls im [X.] den Beweis führen kann (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]).

b) Erfolglos erhebt die Revision gegen das von der Klägerin geltend gemachte Auskunftsbegehren den Einwand, die Auskunft durch die Beklagte sei nicht erforderlich (§ 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]).

aa) Die Auskunft ist im Sinne des § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] bereits dann erforderlich, wenn die Möglichkeit besteht, dass die begehrten Auskünfte der Feststellung eines Schadensersatzanspruchs dienen können (vgl. Senatsurteil vom 26. März 2013 - [X.], aaO Rn. 41; [X.], aaO 236; siehe auch [X.], Urteil vom 7. Juli 1982 - [X.], NJW 1982, 2771 f. und Beschluss vom 21. April 2010 - [X.] 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn. 21, jeweils zu § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Vermag hingegen die begehrte Auskunft die beweisrechtliche Situation des die [X.] in Bezug auf einen solchen Schadensersatzanspruch offensichtlich nicht zu stärken, fehlt die Erforderlichkeit (Senatsurteil vom 26. März 2013 - [X.], aaO Rn. 41, 43 mwN).

Außerdem ist der Einwand der Nichterforderlichkeit nur dann erheblich, wenn er gegen die Ansprüche nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] durchgreift. Die Auskunft nach § 84a [X.] dient nicht nur dazu, dem Geschädigten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] zu ermöglichen. Der Anwendungsbereich des § 84a [X.] erstreckt sich vielmehr auch auf die Vorbereitung von Ansprüchen aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.]. Zwar mag dem Wortlaut des § 84a Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht eindeutig zu entnehmen sein, ob sich der Auskunftsanspruch auf alle dem pharmazeutischen Unternehmer bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordenen Verdachtsfälle von Neben- oder Wechselwirkungen bezieht oder nur auf solche, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] von Bedeutung sein können. Der Wortlaut des § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] spricht aber für eine weite Auslegung der Vorschrift. Denn hier wird auf den Schadensersatzanspruch aus § 84 [X.] insgesamt und nicht nur auf den Fall des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] Bezug genommen. Dies wird bestätigt durch die Gesetzesmaterialien. Ausweislich der amtlichen Begründung des der Einführung des § 84a [X.] zugrunde liegenden Gesetzentwurfs ist Ziel des Auskunftsanspruchs, dem Betroffenen alle Tatsachen und Erkenntnisse zu verschaffen, die es ihm ermöglichen, die Voraussetzungen eines ihm zustehenden Schadensersatzanspruchs darzulegen und zu beweisen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.] f.). Ein Hinweis, dass der Auskunftsanspruch nur hinsichtlich solcher Umstände bestehen soll, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkung und damit für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] relevant sind, findet sich dort nicht. Ein Grund für eine solche Beschränkung des Auskunftsanspruchs ist auch nicht ersichtlich.

[X.]) Für die mangelnde Erforderlichkeit der Auskunft im Sinne des § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] trägt der Unternehmer die volle Darlegungs- und Beweislast (vgl. Senatsurteil vom 26. März 2013 - [X.], aaO Rn. 41 mwN; [X.], aaO, 569; [X.] in [X.], aaO Rn. 76 (Stand: Februar 2011); [X.]/[X.], 2. Aufl., § 84a [X.] Rn. 6; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 18; [X.], aaO; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, S. 343 f.; widersprüchlich [X.], aaO, 3586; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 148; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 84; FAKomm-MedR/[X.], 3. Aufl., § 84a Rn. 13). Dem steht die Gesetzesbegründung nicht entgegen. Zwar ist dort zunächst ausgeführt, dem [X.] sei beim Nachweis der Nichterforderlichkeit lediglich eine Plausibilitätsprüfung auferlegt (BT-Drucks. 14/7752, [X.]). In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates hat die Bundesregierung jedoch klargestellt, dass der Unternehmer darlegen und im Streitfall beweisen muss, dass die Auskunft zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 14/7752, S. 54; vgl. auch BT-Drucks. 13/10766, S. 2).

cc) Auf dieser Grundlage ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin begehrte Auskunft nicht deshalb entbehrlich ist, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits Kenntnis davon gehabt habe, dass die Lipoatrophie eine mögliche Nebenwirkung des Medikamentes [X.] darstelle und weil diese Nebenwirkung vertretbar im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gewesen sei. Anders als die Revision meint, könnte dieser Umstand nur dann die Erforderlichkeit der begehrten Auskunft entfallen lassen, wenn von vornherein feststünde, dass für die Klägerin aufgrund ihres Vorwissens mit der begehrten Auskunft ein Mehrwert für die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs nach § 84 [X.] nicht mehr verbunden ist.

Dies hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Da sich die zu erteilende Auskunft auf sämtliche dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Verdachtsfälle sowie auf sämtliche Erkenntnisse beziehen muss, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können, ist die pauschale Behauptung, Lipoatrophie stelle eine "vertretbare" Nebenwirkung des Medikaments [X.] dar, nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin auf eine umfassende Auskunft entfallen zu lassen. Für die im Rahmen des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] relevante Prüfung der Vertretbarkeit der schädlichen Wirkungen ist nicht nur deren mögliches Eintreten als solches, sondern gerade ihre Dauer, Intensität, Schweregrad und Häufigkeit maßgeblich (vgl. [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.] f. (Stand: Februar 2013); [X.] in [X.], aaO Rn. 35 (Stand: Februar 2011); jeweils auch zu weiteren Gesichtspunkten; [X.]/[X.], Medizinrecht, 7. Aufl., Rn. 1916; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 11; [X.], aaO (Stand: November 2007); [X.]/[X.], aaO Rn. 17; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 78). Diesbezüglich kann aber die begehrte Auskunft der Klägerin neue Kenntnisse verschaffen.

dd) Soweit die Revision geltend macht, dass eine Auskunft nach § 84a [X.] nicht erforderlich sei, weil bereits feststehe, dass ein Anspruch aus § 84 [X.] nicht gegeben sei (§ 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]), trifft dies nicht zu. Die Erforderlichkeit der Auskunft kann zwar insbesondere fehlen, wenn unabhängig von der Auskunft eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers nach § 84 [X.] offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. März 2013 - [X.], aaO Rn. 42; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S. 22 (Stand: März 2013); [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 147; [X.], [X.] 2005, 35, 38), weil beispielsweise der Anspruch verjährt ist oder die Aktivlegitimation des die [X.] entfallen ist. So liegt der Fall jedoch nicht.

(1) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht etwaige Ansprüche der Klägerin aus § 84 [X.] nicht als verjährt angesehen hat. Dagegen ist rechtlich auch nichts zu erinnern.

(2) Erfolglos macht die Revision geltend, ein Schadensersatzanspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] scheide aus, weil die von der Klägerin geltend gemachte Nebenwirkung der Lipoatrophie bereits bei Zulassung des Arzneimittels [X.] bekannt gewesen sei und der Zulassung nicht entgegengestanden habe. Sie zeigt hinreichenden und in den Instanzen übergangenen Vortrag hierzu nicht auf.

(3) Entgegen der Auffassung der Revision ist die begehrte Auskunft für die Klägerin nicht deshalb entbehrlich, weil nach der Behauptung der [X.] das Präparat gegenüber anderen Insulinpräparaten kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweise, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen sei. Ein Anspruch aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] könnte zwar dann ausgeschlossen sein, wenn das Arzneimittel keine schädlichen Wirkungen hätte, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Die Vertretbarkeitsprüfung im Rahmen des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] setzt jedoch eine Nutzen/Risiko-Abwägung voraus, ob der therapeutische Wert die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1991 - VI ZR 248/90, [X.], 780, 781; [X.], NJW-RR 2014, 805, 806; vgl. auch BT-Drucks. 7/3060, [X.], 45; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3810, [X.] f. (Stand: Februar 2013); [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 84 Rn. 65, 80; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 50; [X.]/[X.], Medizinrecht, 2. Aufl., § 84 [X.] Rn. 17; [X.], aaO, § 84 Rn. 5; [X.], [X.], § 84 Rn. 12 (Stand: November 2007); [X.]/[X.], 2. Aufl., § 84 [X.] Rn. 6; FAKomm-MedR/[X.], 3. Aufl., § 84 [X.] Rn. 27). Auch wenn unterstellt wird, dass das Medikament der [X.] kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweist, ist der Schadensersatzanspruch jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen. Zur Klärung der Vertretbarkeit der Nutzen/Risiko-Abwägung bedürfte es vielmehr der Einholung des von der [X.] angebotenen Sachverständigengutachtens. Wie bereits dargelegt, ist die Beweiserhebung zu Tatsachen, die den Anspruchsinhalt betreffen, im Auskunftsverfahren aber nicht durchzuführen.

(4) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 84 [X.] ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil - was die Beklagte behauptet - von einem bestimmungswidrigen Gebrauch des Medikaments durch die Klägerin auszugehen wäre. Einen bestimmungswidrigen Gebrauch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Erfolglos beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht dem Beweisantritt der [X.] für einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch von [X.] seitens der Klägerin durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen sei.

Der erkennende Senat folgt der obergerichtlichen Rechtsprechung und Teilen der Literatur (vgl. KG, aaO, 209; [X.], [X.], 789, 791; [X.], aaO 1321; [X.] in [X.], aaO Rn. 73 (Stand: Februar 2011); [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3812, [X.] (Stand: März 2013); differenzierend [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 84a Rn. 19 ff.; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, S. 344 f.; anderer Ansicht [X.], aaO, 233; [X.], aaO 38 f.; Wagner, aaO), dass eine Klärung der bestimmungsgemäßen bzw. -widrigen Anwendung im Auskunftsverfahren grundsätzlich nicht erforderlich ist. Zwar obliegt dem pharmazeutischen Unternehmer, einen bestimmungswidrigen Gebrauch darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, wobei allerdings den [X.] eine sekundäre Darlegungslast treffen kann. [X.] begegnet es nach den im [X.] geltenden Beweisgrundsätzen aber keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht davon abgesehen hat, den von der [X.] angebotenen [X.] zu der von ihr behaupteten Mehrfachverwendung der Kanülen einzuholen, weil die Klärung dieser Frage die von der Klägerin begehrte Auskunft der [X.] über deren Erkenntnisse zu den Wirkungen usw. (§ 84a Abs. 1 Satz 2 [X.]) des Medikaments voraussetze. Hinzukommt, dass nur für den Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.], nicht aber für den Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.] die bestimmungsgemäße Anwendung Voraussetzung ist (vgl. nur Senatsurteil vom 24. Januar 1989 - [X.], [X.]Z 106, 273, 278; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 16; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S. 112 f. (Stand: Februar 2013); FAKomm-MedR/[X.], aaO Rn. 33; differenzierend [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 105). Wie oben dargelegt, ist die Auskunftserteilung aber nur dann nicht erforderlich, wenn offensichtlich ein Anspruch nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 [X.] nicht besteht. Dies ist - was noch näher auszuführen ist - im Streitfall nicht gegeben.

(5) Entgegen der Auffassung der Revision ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.] nicht ausgeschlossen.

(a) Wie bereits ausgeführt, dient die Auskunft nach § 84a [X.] nicht nur dazu, dem Geschädigten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] zu ermöglichen. Der Anwendungsbereich des § 84a [X.] erstreckt sich vielmehr auch auf die Vorbereitung von Ansprüchen aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.].

(b) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Beklagte hafte nicht wegen des Unterlassens eines Hinweises, weil das Risiko einer Lipoatrophie nicht über das bei Zulassung des Medikamentes [X.] nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbare Maß im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] hinausgegangen sei, ist diese nicht zutreffend. Dagegen spricht entscheidend, dass die Haftungsvoraussetzungen des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] einerseits und des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] andererseits ausdrücklich in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Wäre der Anwendungsbereich des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] auf Nebenwirkungen beschränkt, die nicht im Rahmen einer Nutzen/Risiko-Abwägung hinzunehmen sind, mithin über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, hätte § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] weitestgehend keinen eigenen Anwendungsbereich. Die Haftungsregelung des § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.] dient jedoch gerade auch der Erfassung solcher Fälle, bei denen ein Arzneimittel ohne unvertretbare schädliche Wirkungen keine den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation enthält (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO Rn. 87; [X.], aaO Rn. 6; FAKomm-MedR/[X.], aaO Rn. 37; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.] (Stand: Februar 2013); [X.]/[X.], aaO Rn. 20). Dass die Packungsbeilage des Medikamentes [X.] zum Zeitpunkt des Gebrauchs dieses Medikamentes durch die Klägerin keinerlei Hinweise auf das Risiko einer Lipoatrophie enthalten hat, stellt die Beklagte nicht in Abrede.

(c) Die Haftung der [X.] nach § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.] ist nicht schon wegen der fehlenden Kausalität eines von der [X.] auf dem Beipackzettel von [X.] bis Juli 2006 unterlassenen Hinweises auf das Nebenwirkungsrisiko einer Lipoatrophie für den von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsschaden offensichtlich ausgeschlossen. Dem Urteil des Berufungsgerichts lässt sich nicht als unstreitiger [X.]vortrag entnehmen, dass [X.] kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweise.

(d) Erfolglos rügt die Revision als Mangel der Sachverhaltsaufklärung, das Berufungsgericht habe die von der [X.] benannten Zeugen zum Beweis der Tatsache nicht vernommen, dass der von der [X.] unterlassene Hinweis nicht ursächlich für die Entscheidung der verordnenden Ärzte geworden sei. Die Ursächlichkeit des unterlassenen Hinweises in der Arzneimittelinformation für die Gesundheitsschäden der Klägerin ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der von der [X.] unterlassene Hinweis für die Verordnung des Medikaments durch die Ärzte der Klägerin keine Rolle gespielt haben sollte.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Arzneimittelinformation für den eingetretenen Gesundheitsschaden fehlen, wenn der behandelnde Arzt die Gebrauchsinformation jedenfalls vor der Arzneimittelanwendung nicht zur Kenntnis genommen hätte (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 1989 - [X.], [X.], 634; ebenso [X.], [X.], 631, 634; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 70). Auf die Kenntnis des behandelnden Arztes alleine kommt es aber nur dann an, wenn der Patient selbst keine Packungsbeilage erhalten hat, wie etwa bei Injektionen in Krankenhäusern (vgl. [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S. 119 f.; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 21 f.). Bei der Verschreibung eines Medikaments ist hingegen auch die Kenntnisnahme von Seiten des [X.]s maßgebend für die Frage der Kausalität der fehlenden Kennzeichnung und Informationen im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] für den Schaden.

Hierzu hat die Klägerin von der [X.] unwidersprochen vorgetragen, dass sie einer Behandlung mit [X.] bei Kenntnis der Nebenwirkungen nicht zugestimmt, sondern sich für ein Medikament entschieden hätte, mit dem bereits positive Erfahrungen existierten.

3. Nach alledem hat das Berufungsgericht der Klägerin mit Recht einen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte zuerkannt. Die Revision ist deshalb zurückzuweisen.

[X.]                     Wellner                       [X.]

           von [X.]                  [X.]

Meta

VI ZR 328/11

12.05.2015

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend EuGH, 20. November 2014, Az: C-310/13, Urteil

§ 84 Abs 1 S 2 AMG, § 84a Abs 1 S 1 Halbs 1 AMG, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.05.2015, Az. VI ZR 328/11 (REWIS RS 2015, 11242)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2502 REWIS RS 2015, 11242

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