Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2004, Az. V ZR 63/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1153

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 15. Oktober 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 11 SachenRBerG § 121 Abs. 6

a) Ein Kaufvertrag, der weder zur Eintragung der beabsichtigten Auflassung noch zu einem Eintragungsantrag oder auch nur zur Eintragung einer Vormerkung geführt hat, steht der Restitution nach Art. 21 EV gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 [X.] nicht entgegen (Fortführung von [X.], NJW 1995, 1508). b) Die Rechte und Pflichten aus einem Kaufvertrag, der die Restitution nach Art. 21 EV gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 [X.] nicht ausschließt, gehen nicht auf den [X.] über. c) § 121 Abs. 6 SachenRBerG ist auf den Fall entsprechend anzuwenden, daß ein Kauf nach dem Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. [X.]) an der Restitution des Grundstücks nach Art. 21 EV scheitert (Fortführung von [X.]. v. 19. März 1990, [X.], [X.] 2004, 374).
[X.], [X.]. v. 15. Oktober 2004 - [X.]/04 - OLG Brandenburg

LG Frankfurt/Oder
- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 15. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 4. Februar 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Kläger schlossen mit der Unterkunftsabteilung der [X.] ([X.]) über das von ihnen damals bewohnte Hausgrundstück [X.]-Str. in [X.]am 25. Juni 1990 einen privatschriftlichen Kaufvorvertrag zum Preise von [X.]/[X.] und am 12. Juli 1990 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag zum Preise von 50.550 DM. Sie zahlten auf Grund des Vorvertrags am 26. Juni 1990 [X.]/[X.] und auf Grund des notariellen Kaufvertrags am 15. August 1990 weitere 36.799 DM auf das in dem Vertrag angegebene Konto der [X.] in [X.]

. Zur Eintragung der Kläger in das Grundbuch kam es nicht. Am 16. Juni 1993 teilte die [X.] ([X.]) den Klägern mit, der Vertrag werde nicht vollzogen, weil das Grundstück der [X.] zugefallen sei. Durch Be-scheid des Präsidenten der [X.] ([X.]) vom 17. Mai 1996 wurde das Grundstück im Wege der [X.] - stitution der Beklagten zugeordnet und von dieser 1998 für 84.915 DM an den [X.] und die Schwiegertochter der Kläger verkauft. Die [X.] und die Beklagte lehnten vorprozessual eine Erstattung des [X.]es unter Hinweis auf die Haftung des jeweils anderen ab.
Die Kläger sind der Meinung, daß die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises mit der Restitution auf die Beklagte übergegangen ist. Die [X.] ist demgegenüber der Ansicht, daß die Restitution des Grundstücks an sie nicht auch zum Übergang der Rückzahlungspflicht geführt habe. Hilfsweise rechnet sie mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung auf.
Das [X.] hat die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewie-sen. Mit ihrer von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Rückzahlungsverpflichtung nicht auf die Beklagte übergegangen. Sie stehe nicht in einem engen Zusam-menhang mit dem Grundstück. Ihr Übergang laufe dem Zweck der Restitution zuwider. Die Beklagte hafte auch nicht analog § 121 Abs. 6 SachenRBerG, weil danach die Gebietskörperschaft verpflichtet sei, die den Betrag erhalten habe. Das sei die Beklagte nicht. - 4 - I[X.]
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises zu Recht verneint.
1. Eine originäre eigene Verpflichtung der Beklagten aus ungerechtfer-tigter Bereicherung nach dem insoweit anwendbaren § 812 BGB scheidet aus, weil sie selbst nicht auf Kosten der Kläger bereichert ist. Sie hat den Kaufpreis nicht erhalten. Der Kaufpreis ist auch nicht auf das ihr restituierte Grundstück verwandt worden. Anhaltspunkte dafür, daß sie sonst auf Kosten der Kläger bereichert sein könnte, bestehen nicht.
2. Auch aus dem Kaufvertrag der Kläger mit der [X.] vom 12. Juli 1990 oder seiner Rückabwicklung ist die [X.] nicht verpflichtet.
a) Der Kaufvertrag der Kläger vom 12. Juli 1990 war allerdings nicht nichtig und wurde es auch später nicht. Das Erfordernis einer Genehmigung des Vertrags durch das [X.] der [X.] nach § 56 Abs. 1 des Gesetzes über die Haushaltsordnung der Republik der [X.] vom 15. Juni 1990 (GBl. [X.]) ist mit dem Inkrafttreten der [X.] vom 22. August 1990 (GBl. I S. 1260) am 30. August 1990 entfallen, weil die [X.] seitdem jedenfalls über die - wie das verkaufte Grundstück - ausgesonderten Gegenstände des [X.]-Vermögens verfügungsberechtigt ([X.]E 109, 134, 138) und das Genehmi-gungserfordernis damit unvereinbar war. Das Inkrafttreten dieser Verordnung hat vorher abgeschlossenen Kaufverträgen auch nicht nachträglich die [X.] - lage entzogen ([X.]. v. 20. September 1996, [X.] [X.] 1997, 47, 48; [X.] in [X.]E 117, 233, 237).
b) Auch wären solche Ansprüche nicht verjährt. Für sie galten nach Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB von dem 3. Oktober 1990 an nicht mehr die Verjährungsfristen des § 474 Abs. 1 ZGB, sondern die regelmäßige Verjäh-rungsfrist des § 195 BGB a. F., die bei Klageerhebung nicht abgelaufen war. Seit dem 1. Januar 2002 unterliegt der Anspruch nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB, die nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 6 BGB gehemmt ist.
c) Die Beklagte ist aber weder in die Pflichten aus dem Kaufvertrag noch in eine Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises eingetreten.
[X.]) Ein Übergang der Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag auf die [X.] scheitert an § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 [X.]. Zwar führt die Rückübertra-gung eines Grundstücks, die, wie hier, im Wege der Restitution nach Art. 21 EV erfolgt, gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 [X.] zum Übergang auch aller Verbind-lichkeiten und Rechtsverhältnisse, die zu ihm einen konkreten Bezug aufwei-sen (so [X.]E 96, 231, 236) oder in einem engen und unmittelbaren Zu-sammenhang stehen (so [X.] 128, 393, 399 f.; 145, 145, 148). Für eine Ver-äußerungsverpflichtung gilt das aber nicht. Der Übergang einer Ver-äußerungsverpflichtung auf den [X.] widerspräche nämlich der Konzeption des Restitutionsanspruchs. Die Veräußerung eines [X.], der nach Art. 21 Abs. 3 EV restituiert werden muß, soll nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 [X.] eine Restitution nur dann ausschließen, wenn - 6 - das Eigentum im Zeitpunkt der Entscheidung bereits übergegangen ist oder der Erwerber nach § 878 BGB geschützt ist. Selbst die Eintragung einer Auflas-sungsvormerkung stünde der Restitution nicht entgegen ([X.], NJW 1995, 1508, 1509). Ginge die Verpflichtung aus einem Kaufvertrag, der wie der der Kläger weder zur Eintragung der beabsichtigten Auflassung noch zu einem Ein-tragungsantrag oder auch nur zur Eintragung einer Vormerkung geführt hat, auf den Restitutionsgläubiger über, würde dieser gezwungen, die erfolgte [X.] wirtschaftlich wieder rückgängig zu machen. Das will das Gesetz mit den Bedingungen für einen Restitutionsausschluß in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 [X.] gerade verhindern. Das Ziel des Gesetzgebers läßt sich nur erreichen, wenn Kaufverträge, die die Restitution nicht ausschließen auch nicht auf den [X.] übergehen. So liegt es hier. Die Beklagte ist nicht aus dem Kaufvertrag vom 12. Juli 1990 verpflichtet.
bb) Daß die Beklagte aus dem Kaufvertrag nicht verpflichtet ist, zwingt zwar nicht auch zu dem Schluß, daß sie nicht zu seiner Rückabwicklung [X.] sein kann. Eine solche Verpflichtung des Restitutionsgläubigers läßt sich aber nach dem Zweck des § 11 Abs. 2 [X.] nur begründen, wenn die-sem ein mit der Rückzahlungsverpflichtung —[X.] Vermögensvorteil zu-geflossen ist. Daran fehlt es hier. Erhalten hat die Beklagte im Rahmen der [X.] das Grundstück, das den Klägern zwar übereignet werden sollte, aber nicht übereignet worden ist. Der von den Klägern an die [X.] gezahlte [X.] ist nicht an die Beklagte weitergeleitet, sondern an den St[X.]tshaushalt der [X.] abgeführt und mit diesem von der [X.] ver-einnahmt worden. [X.] dieses Kaufpreises könnte die Beklagte nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] nur verlangen, wenn die Restitution an der [X.] an die Kläger gescheitert wäre. Das ist gerade nicht der Fall. [X.] 7 - vorteile, die zu entschädigen wären, sind der Beklagten nicht zugeordnet [X.]. Eine solche Zuordnung oder die Herausgabe solcher Gebrauchsvorteile könnte die Beklagte nach § 11 Abs. 2 Sätze 2 und 4 [X.] auch nicht verlan-gen. Danach verbleiben [X.], die, wie hier, nicht in der [X.] von Sanierungs- und ähnlichen Maßnahmen bestehen, beim bisherigen Verfügungsberechtigten, hier der [X.], sind also nicht an den [X.] auszukehren. Damit scheidet aber auch ein Eintritt des [X.]s in mit solchen Vorteilen verbundene Verpflichtungen gegenüber [X.] aus.
cc) Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die [X.] von Entschädigungsansprüchen gerechtfertigt, die nach dem Entschädi-gungsgesetz der [X.] entschädigungspflichtig waren, bei denen eine Entschä-digung aber entweder nicht festgesetzt oder nicht ausgezahlt wurde. Sie sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des [X.]-Entschädigungserfüllungsgesetzes vom 10. Dezember 2003 ([X.] I S. 2471) heute - entsprechend der früheren Rechtslage ([X.] 145, 145, 148) - von demjenigen zu zahlen, dem der ent-eignete Vermögenswert auf Grund gesetzlicher Zuweisung oder auf Grund von Restitution zugefallen ist. Der Grund für diese Haftungszuweisung liegt aber in Übereinstimmung mit dem [X.] darin, daß die Entschädigungs-pflicht gerade durch den Eigentumserwerb ausgelöst wurde und ihm unmittel-bar anhaftet. Hier haftet der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aber nicht dem erfolgten Eigentumserwerb der Beklagten an; er ist umgekehrt die gesetzliche Folge des fehlgeschlagenen Erwerbs der Kläger. Dieser ist aber als Anknüpfungspunkt für einen Schuldübergang auf die Beklagte nicht geeig-net. - 8 - 3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch einen Anspruch der Kläger in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG ver-neint.
a) § 121 Abs. 6 SachenRBerG ist im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar, weil der Verkauf des Grundstücks an die Kläger nicht an einem Anspruch nach dem [X.] scheiterte. Der [X.] hat aber ent-schieden, daß die Vorschrift eine ausfüllungsbedürftige Lücke enthält und auf andere Fälle entsprechend anzuwenden ist, in denen ein nach § 2 des [X.] über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. [X.]) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz vom 15. März 1990 (GBl. [X.]) verkauftes Grundstück einem anderen zugeord-net wird, ohne daß die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag übergehen ([X.]. v. 19. März 2004, [X.], [X.] 2004, 374, 375). So liegt es hier. Der Erwerb der Kläger ist daran gescheitert, daß das Grundstück im Wege der Restitution an die Beklagte zurückübertragen worden ist und diese, wie ausgeführt, aus dem Kaufvertrag nicht verpflichtet war. Damit ergibt sich für die Kläger die [X.] Unsicherheit darüber, ob und von wem der Anspruch auf Rückzahlung des verauslagten Kaufpreises zu erfüllen ist. Diese Unsicherheit wird im vorliegen-den Fall noch verstärkt, weil das Grundstück vor seiner Rückübertragung an die Beklagte zunächst der [X.] zugefallen war. Die Kläger befinden sich damit in der gleichen Schwierigkeit wie die Erwerber in dem in § 121 Abs. 6 SachenRBerG ausdrücklich geregelten Fall der Restitution nach dem [X.] oder in dem Fall einer Zuordnung nach der Vierten Durch-führungsverordnung zum Treuhandgesetz, für den der [X.] die [X.] Anwendung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG bereits bejaht hat. Daß der Gesetzgeber diesen Fall anders geregelt und sie dieser Schwierigkeit nicht mit - 9 - § 121 Abs. 6 SachenRBerG enthoben hätte, ist hier wie dort nicht erkennbar. Deshalb gilt § 121 Abs. 6 SachenRBerG auch hier entsprechend.
b) Nach § 121 Abs. 6 SachenRBerG ist aber nicht derjenige ausgleichs-pflichtig, der das verkaufte Grundstück erhalten hat. Die Haftung trifft vielmehr die Gemeinde oder Gebietskörperschaft, die den Kaufpreis erhalten hat. Dafür kommt es nicht darauf an, wem die Einnahmen aus dem betreffenden Kaufver-trag nach dem [X.] zuzuordnen waren. Entscheidend ist vielmehr, welche Gebietskörperschaft den Kaufpreis im Rahmen der Kassenbestände übernommen hat ([X.] [X.]O). Das ist hier aber nicht die Beklagte, sondern die [X.]. Die Einnahmen aus dem Konto, auf das die Klä-ger den Kaufpreis gezahlt haben, sind nach dem von ihnen vorgelegten Schrei-ben des [X.] vom 7. September 1998 in dem St[X.]tshaushalt der [X.] vereinnahmt worden, den die [X.] (vertreten durch das [X.]) am [X.] 1990 übernommen hat. Diese, nicht die Beklagte, ist daher für [X.] passivlegitimiert. II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.]Tropf

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

V ZR 63/04

15.10.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2004, Az. V ZR 63/04 (REWIS RS 2004, 1153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1153

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