Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. III ZR 90/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4161

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 11. März 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6; [X.]. 21 Abs. 3, 22 Abs. 1 Satz 1 und 7, 25 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 34; BGB § 839 Ca

Der [X.] konnten bei ihrer Privatisierungstätigkeit (öffentlich-rechtliche) Amtspflichten gegenüber einer Gemeinde obliegen, sofern diese einen spezifizierten Kommunalisierungs- oder Restitutionsantrag gestellt hatte.

[X.], Urteil vom 11. März 2004 - [X.]/03 - [X.] - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter [X.] und die Richter [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 21. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand

Im Zuge ihres Auftrages, die früheren volkseigenen Betriebe wettbe-werblich zu strukturieren und zu privatisieren (§ 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 [X.] i.V.m. der Maßgabe des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV), veräußerte die beklagte [X.], die damals Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des [X.] hieß (im folgenden einheitlich: [X.]), am 10. Mai 1991 die von ihr gehaltenen Aktien der [X.]

AG ([X.] ) an die Deutsche [X.]
Finanzierungs-GmbH ([X.] ). - 3 -

Zu dem Vermögen der [X.]gehörten die in [X.]

gelegenen Grundstücke "[X.]" (Flurstück 46/3), "[X.]" (Flurstück 939/11, jetzt 11/2) und "[X.]" bzw. "An der [X.]" (Flurstück 8/3). Die ursprünglich im Eigentum der Stadtgemeinde [X.]

(Flurstücke 939/11 und 8/3) und der [X.] (Flurstück 46/3) stehenden Liegen-schaften waren in Eigentum des Volkes überführt worden; Rechtsträger war der VEB [X.]

(VEB [X.]

). Mit der Umwandlung des VEB [X.]

in die [X.], eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile die Treuhandan-stalt hielt (§ 1 Abs. 4 [X.]), wurde diese Gesellschaft Eigentümer der Grundstücke gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.].

Die klagende Stadt beanspruchte die Übertragung der vorgenannten Grundstücke auf sich, weil es sich um volkseigenes Vermögen gehandelt habe, das kommunalen Aufgaben gedient habe und noch diene. Sie hat behauptet, entsprechende Zuordnungsanträge bereits auf der Grundlage des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise (Kommunalvermö-gensgesetz - [X.]) vom 6. Juli 1990 ([X.]. I S. 660) und der hierzu ergan-genen Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Vermögen der [X.], Städte und Landkreise - Verfahren zur Überführung volkseigenen Vermögens in das Eigentum der Gemeinden, Städte und Landkreise - (Eigen-tumsüberführungsverfahrensordnung) vom 25. Juli 1990 ([X.]. I S. 781) bei der Bezirksverwaltung in [X.] und den Fachministerien in [X.] ge-stellt zu haben. Der von der [X.] mit [X.]

geschlossene "Kauf- und Abtretungsvertrag" vom 10. Mai 1991 enthält diesbezüglich keinen Vorbe-halt. Die vertragsschließenden Parteien gingen gemäß § 5 Nr. 3 Satz 2 des Vertrages davon aus, daß die [X.] an sämtlichen Grundstücken, die in der - 4 -

DM-Bilanz ausgewiesen waren (ausgenommen das Grundstück Z.

-Straße), Eigentum hatte und "keine Ansprüche von früheren Gesellschaftern der [X.]bzw. deren Rechtsvorgängern oder sonstigen Berechtigten sowie von früheren Eigentümern und Berechtigten der übertragenen Grundstücke ... geltend ge-macht werden können". In § 4 Buchst. [X.] wurde allerdings auch auf eine als Anlage 3 angefügte "Liste der schwebenden oder angedrohten Rechtsstreitigkeiten, Verwaltungsverfahren oder behördlichen Untersuchun-gen" Bezug genommen, worin es unter anderem hieß:
"Drohende Verwaltungsverfahren gegen die [X.]AG

a) ... b) Magistrat der Stadt [X.] wegen Anspruch auf Übertra-gung von betrieblichem auf kommunales Eigentum ([X.])."

Am 4. Dezember 1991, 30. Januar 1992 und 23. März 1992, also nach dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)", beantragte die Klägerin - nach ihrem Vortrag erneut - bezüglich der vorbezeichneten Grundstücke die "Übertragung von Vermögen in Kommunaleigentum", jetzt auf der Grundlage der Art. 21, 22 EV und des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - [X.]) vom 22. März 1991 ([X.], 784). Hinsichtlich des Flurstücks 46/3 "[X.]" begehrte sie die Zuordnung als Verwaltungsvermögen gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EV, hinsichtlich der Flurstücke 939/11 "[X.]" und 8/3 "An der [X.]" beanspruchte sie die Restitution gemäß Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV.
- 5 -

Durch Bescheide der Präsidentin der [X.] vom 16. Juli 1993 gemäß den Art. 21 Abs. 3 und 22 Abs. 1 Satz 7 EV sollten die Flurstücke 939/11 "[X.]" und 8/3 "An der [X.]

" in das Eigentum der Kläge-rin zurückübertragen werden. Auf Klage der inzwischen in eine GmbH umge-wandelten [X.] hob das Verwaltungsgericht [X.] durch Urteil vom 20. [X.] 1996 diese Bescheide auf. Die Grundstücke könnten der [X.]nicht wieder entzogen werden, weil sie bei Erlaß des angefochtenen Bescheids auf-grund der Veräußerung durch die [X.] aus dem Kreis des zuord-nungs- und restitutionsfähigen Finanzvermögens ausgeschieden und für die bis dahin zuordnungs- bzw. restitutionsberechtigte beigeladene Klägerin grundsätzlich verloren seien. Weder dem von der [X.] mit der [X.] geschlossenen Privatisierungsvertrag selbst noch den Umständen des Vertragsschlusses sei die Vereinbarung eines Vorbehaltes zu entnehmen, der nach der Rechtsprechung des [X.] (BVerwGE 95, 301; 96, 1; BVerwG [X.] 1994, 477) die nachträgliche Zuordnung oder Restitution zulasse. Die Klägerin ließ das Urteil des Verwaltungsgerichts [X.] im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung des [X.] rechtskräf-tig werden. Daraufhin stellte der Präsident der [X.] durch [X.] vom 28. Juli 1998 bezüglich der Flurstücke 939/11, 8/3 und 46/3 "[X.]" fest, daß "die Zuordnung/Rückübertragung ... ausgeschlossen" sei. Das nahm die Klägerin aus den oben genannten Gründen hin.

Die Klägerin verlangt von der [X.] Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung. Die [X.] habe es bei der Privatisierung der [X.] versäumt, im "Kauf- und Abtretungsvertrag" vom 10. Mai 1991 die [X.] oder Restitution der Grundstücke an die Klägerin durch einen [X.] 6 -

sprechenden Vorbehalt zu sichern. Sie schulde ihr deshalb Schadensersatz in Höhe des Wertes der Grundstücke.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage auf Zahlung von 33.524,39 • (= 65.568 DM) nebst Zinsen abgewiesen. Mit der vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren [X.]. Sie stützt es nun auch auf einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Berei-cherung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zu, weil den Bediensteten der [X.] eine Amts-pflichtverletzung bei der Privatisierung der [X.]nicht vorzuwerfen sei. Es kön-ne offenbleiben, ob die Privatisierungstätigkeit der [X.] im [X.] zur Klägerin öffentlich-rechtlich zu beurteilen sei; jedenfalls liege in dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag (es)" vom 10. Mai 1991, ohne die spätere Zuordnung oder Rückübertragung von Grundstücken an die Klägerin vorzubehalten, keine Amtspflichtverletzung: Der sich aus Art. 22 Abs. 1 Satz 1 - 7 -

[X.]. § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] sowie aus Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 EV ergebende Kommunalisierungsauftrag habe sich nicht an die [X.] gerichtet. Zuständig sei vielmehr die Präsidentin oder der Präsident der [X.] als eigenständige Behörde gewesen. Der [X.] habe allenfalls nach Erlaß der - vorzitierten - Entscheidungen des [X.] vom 24. März und 29. April 1994 eine Pflicht zur Sicherung der Kommunalisierung durch entsprechende Vereinbarung mit [X.] obgelegen.

Ein vertraglicher Vorbehalt zugunsten der Klägerin sei der Treuhandan-stalt ferner nicht möglich gewesen, weil sie die in Rede stehenden Grundstük-ke nicht konkret habe benennen können. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß sie schon vor dem 10. Mai 1991 einen Antrag auf Zuordnung oder Rück-übertragung gestellt habe, in dem die fraglichen Grundstücke bezeichnet [X.] seien.
I[X.]

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.

1. Wenn und soweit die [X.] bei der Durchführung ihres [X.] den "Kommunalisierungsanspruch" einer Gebietskörper-schaft zunichte macht, kommt - was das Berufungsgericht offengelassen hat - eine Haftung der [X.] nur nach [X.] in [X.].
- 8 -

Die [X.] haftet als rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 2 EV; [X.], Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehe-maligen [X.] , Stand März 1995 § 2 [X.] Rn. 1 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Bezzenberger , Vermögen in der ehemaligen [X.], Stand August 2003 Teil 2 C Rn. 4 und 9) für Amtspflichtverletzungen ihrer Bediensteten, wenn sie in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes handelten (Art. 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 BGB). Darum geht es hier.

a) Ob ein bestimmtes Handeln einer Person als Ausübung eines öffentli-chen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (Senat [X.] 42, 176, 179; 68, 217, 218; 69, 128, 130 f; 108, 230, 232) danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Per-son tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist, und ob [X.] zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger [X.] und innerer Zusammenhang besteht, daß die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muß. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, d.h. auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (Senat [X.] 118, 304, 305; 147, 169, 171). Für die Abgrenzung, ob die Amtsausübung in den privatrechtlichen oder hoheitli-chen Wirkungskreis der öffentlichen Hand fällt und damit "Ausübung eines [X.] Amtes" ist oder nicht, bietet die gewählte Rechtsform einen wichtigen Anhaltspunkt. Nimmt die Verwaltung ein Rechtsinstitut des öffentlichen oder des privaten Rechts in Anspruch, so kann darin in der Regel das prägende - 9 -

Merkmal gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2000 - [X.] - NJW 2000, 2810, 2811 m.w.N.).

b) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, daß das Verhalten der [X.] bei der Privatisierung eines früheren volkseigenen Betriebes grundsätzlich dem privaten Recht zuzuordnen ist.

Die Privatisierungstätigkeit war zwar eine öffentliche Aufgabe; sie wurde aber in den Formen des privaten Rechts vollzogen (vgl. BVerwGE 100, 318, 321; KG NJW 1991, 2299; OVG [X.] NJW 1991, 715 f; VG [X.] NJW 1991, 1969 f; [X.] 1997, 695, 696; [X.] [X.] 1992, 73, 74; [X.], [X.] der [X.] 1995 [X.] ff; [X.] JuS 1991, 818 ff; a.A. KG ZIP 1991, 407; VG [X.] NJW 1991, 376, 377 f; [X.], [X.] § 2 [X.] Rn. 6 ff; s. auch [X.] ZIP 1993, 1 ff, 14).

Der gesetzliche Auftrag (§ 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 [X.] i.V.m. der Maßgabe des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV) ging dahin, daß die [X.] die früheren volkseigenen Betriebe gemäß den [X.] des Treuhandgesetzes wettbewerblich strukturieren und privatisie-ren sollte. Die hierzu erlassenen Regelungen ließen keinen Raum für eine ge-stufte Aufgabenwahrnehmung im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Grundent-scheidung und privatrechtlichen Umsetzung (sogenannte Zweistufentheorie). Der Gesetzgeber traf die Grundentscheidung selbst (vgl. OVG [X.] aaO S. 716). Er ordnete im Treuhandgesetz an, daß das volkseigene Vermögen in der Regel zu privatisieren sei (§ 1 Abs. 1 [X.]). Die volkseigenen Betriebe wurden zum 1. Juli 1990 von Gesetzes wegen in Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung umgewandelt (§ 11 Abs. 2 Satz 1 - 10 -

[X.]). Damit war der Weg zur möglichst zügigen (vgl. Präambel zum Treu-handgesetz und § 9 Abs. 2 [X.]) Privatisierung in den flexiblen Formen des Privatrechts, vor allem des Sach- und Rechtskaufs (§ 433 BGB a.F.), [X.].

c) Die Pflichtverletzung, die die Klägerin der [X.] anlastet, steht vorliegend indes nicht mit dem Kernauftrag der [X.], der [X.] volkseigenen Vermögens, im Zusammenhang, sondern bezieht sich auf den öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungsauftrag, der dem [X.] geradezu widerstreitet (BVerwGE 100, 318, 321). Daraus folgt, daß das Pflichtenverhältnis der [X.] zu den zuordnungs- bzw. restitutionsberechtigten Gebietskörperschaften öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Dies ist nicht deshalb anders, weil im Streitfall der Schuldvorwurf an ein zivilrechtliches Handeln anknüpft: Die [X.] habe bei dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" (§§ 433, 398, 413 BGB a.F.) vom 10. Mai 1991 pflichtwidrig mit der [X.] nicht eine Klausel vereinbart, [X.] die nachträgliche Zuordnung oder Übertragung einzelner Grundstücke der [X.] auf die Klägerin vorbehalten blieb; hätte sie einen solchen vertragli-chen Vorbehalt gemacht, so wäre die Kommunalisierung oder Restituierung der fraglichen Liegenschaften noch nach der Übertragung der [X.] -Aktien von der [X.] auf die [X.] möglich gewesen. Das hat das [X.] - im März/April 1994 (BVerwGE 95, 301, 307 f; 96, 1, 2 f, 5 ff) - entschieden (vgl. auch die diese Rechtsprechung nachvollziehende ge-setzliche Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 bis 3 Zuordnungsergänzungsgesetz vom 20. Dezember 1993, [X.] I S. 2182, 2232).
- 11 -

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Amtspflichtver-letzung der [X.] gegenüber der Klägerin nicht schon deshalb zu verneinen, weil mit der Durchführung des [X.] nicht die [X.] selbst, sondern ihr Präsident betraut war und durch die bei Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" vom 10. Mai 1991 geltenden gesetzlichen Bestimmungen - im Unterschied etwa zu der Rechtslage nach dem [X.], wonach der Verfügungsberechtigte nach Stellung ei-nes [X.] den Abschluß dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen hat (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG) - keinerlei "Si-cherungspflichten" der [X.] statuierten.

a) Die noch allein auf der Grundlage des Kommunalvermögensgesetzes am 6. Juli 1990 (i.V.m. dem Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990) eingeleiteten Kommunalisierungsverfahren, wie sie die Klägerin "bei der Bezirksverwaltung in [X.] und den Fachministerien in [X.]" beantragt haben will, waren nach § 2 Abs. 1 Eigentumsüberführungsverfahrensordnung von dem "jeweils fachlich verantwortliche(n) Minister" oder dem Präsidenten der [X.] durchzuführen. Nach dem Inkrafttreten des [X.] vom 22. März 1991 am 29. März 1991 war für Zuordnungen und (Rück-)Über-tragungen nach Art. 21, 22 [X.]. dem Kommunalvermögensgesetz und dem Treuhandgesetz der Präsident der [X.] (oder eine von ihm zu ermächtigende Person) oder der Oberfinanzpräsident (oder eine von ihm zu ermächtigende Person) zuständig (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 4 [X.]). Der Präsident der [X.] war insoweit nicht Organ der [X.], sondern eigenständige Bundesoberbehörde (vgl. VG [X.] [X.] 1997, 695, 696; [X.]-Räntsch/Hiestand, [X.] § 1 [X.] Rn. 20; [X.]-- 12 -

[X.]/[X.] in [X.], Offene Vermögensfragen Stand November 2003 § 1 [X.] Rn. 4; [X.]/[X.] in RRB § 1 [X.] Rn. 30).

b) Der Umstand, daß die Durchführung des Kommunalisierungsauftra-ges nicht der [X.] selbst aufgegeben ist und das Gesetz keine ver-fahrensmäßigen und materiellen Regelungen zur Bewältigung des Konflikts zwischen Privatisierungsauftrag der [X.] und Kommunalisierungs-auftrag des Präsidenten der [X.] bereithält, bedeutet indes nicht, daß - wie das Berufungsgericht gemeint hat - die [X.] bei der Be-wältigung ihrer Privatisierungsaufgabe insoweit freie Hand hat. Es stünde schon in Widerspruch zur Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht, wenn sich die [X.] nach Belieben über gesetzliche Ansprüche der Kom-munen hinwegsetzen könnte. Der Konflikt ist vielmehr im Wege praktischer Konkordanz so zu lösen, daß die [X.] vor einer die [X.] oder [X.] der kommunalen Gebietskörperschaften ver-nichtenden Veräußerung der betreffenden Vermögensgegenstände zumindest gehalten ist, die Körperschaft zu hören und ihre berechtigten Belange bei ihrer Privatisierungsentscheidung angemessen zu berücksichtigen (vgl. auch [X.]-[X.] in [X.], Offene Vermögensfragen Stand November 2003, Art. 21 EV Rn. 34).

3. Allerdings hätten der [X.] derartige öffentlich-rechtliche Pflichten - und daraus herzuleitende Amtspflichten im Sinne von Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB - gegenüber der Klägerin nur dann obgelegen, wenn diese bei der Präsidentin der [X.] oder einer sonstigen Zuordnungsbe-hörde einen den beanspruchten Vermögensgegenstand genau bezeichnenden - 13 -

Kommunalisierungs- oder Restitutionsantrag gestellt und die [X.] hiervon Kenntnis erlangt hätte oder hätte erlangen müssen.

Allein durch einen solchen Antrag wäre die [X.] überhaupt in der Lage gewesen, den öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungs- oder Re-stitutionsanspruch der Gemeinde bei dem konkreten [X.] zu berücksichtigen; nur einem auf bestimmt bezeichnete [X.] bezogenen Zuordnungsbegehren konnte die [X.] - wenn nicht dem öffentlichen Interesse an arbeitsplatzschaffenden Investitionen der Vorrang gebührte - Rechnung tragen, etwa indem sie einen der vorzitierten Rechtsprechung des [X.] genügenden, spezifizierten vertraglichen Vorbehalt mit dem Investor vereinbarte.

So liegt der Streitfall nach den unangegriffenen Feststellungen des Be-rufungsgerichts aber nicht. Danach hat die Klägerin erst mehr als ein halbes Jahr nach dem Abschluß des [X.] einen Antrag auf [X.] oder Rückübertragung gestellt, in dem die fraglichen Grundstücke [X.] wurden. Ein öffentlich-rechtliches Pflichtenverhältnis zur Treuhandan-stalt konnte dadurch nicht mehr entstehen.

4. Eine Vorverlagerung des der [X.] gegenüber den [X.] kommunalen Gebietskörperschaften obliegenden Pflichtenkreises ist [X.] nicht wegen des Gedankens geboten, daß sich der hoheitlich handelnde Beamte bei der Rechtsausübung aller rechtswidrigen Eingriffe in fremde Rech-te zu enthalten hat (vgl. [X.]/[X.], BGB <2002> § 839 Rn. 126). Am 10. Mai 1991 hatte die Klägerin an den vorbezeichneten Grundstücken weder Eigentum noch ein sonstiges durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht, das - 14 -

durch den Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" zwischen der Treu-handanstalt und der [X.] hätte verletzt werden können. Dem öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungsanspruch war ebensowenig wie dem [X.] eine quasi-dingliche Wirkung eigen (vgl. BVerwGE 95, 301, 305 ff; 96, 1, 3 ff; 100, 318, 320 f; BVerwG [X.] 1994, 477; 1995, 414; 1997, 539; v. Detten in [X.] aaO § 1 [X.] Rn. 8, 10, 14; Schillo in RRB Teil 2 D Rn. 16, 32, 53; teilweise abweichend [X.]-[X.] in [X.] aaO Art. 21 EV Rn. 22 ff, Art. 22 Rn. 2, 45; [X.]/[X.], [X.] Art. 21 EV Rn. 30, Art. 22 EV Rn. 6, 13 f).

5. Der [X.] läßt sich nicht, wie die Revision geltend macht, auf einen Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen. Die [X.] verfügte bei der Übertragung der M.
-Aktien auf die [X.] nicht als Nichtberechtigte im Sinne des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie war alleinige, nichtverfügungsbeschränkte Inhaberin dieser Aktien (§ 1 Abs. 4 [X.]). Deren Veräußerung an einen privaten Erwerber geschah im Rahmen des gesetzlichen [X.] (vgl. § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 [X.] i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV).
[X.] [X.] [X.]
[X.] Herrmann

Meta

III ZR 90/03

11.03.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. III ZR 90/03 (REWIS RS 2004, 4161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4161

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