Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2013, Az. XII ZB 34/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4267

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Prozesskostenhilfebewilligung: Klärung zweifelhafter Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 1. [X.] des [X.] vom 26. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hat von dem Antragsgegner, ihrem geschiedenen Ehemann, Rückzahlung eines Darlehens verlangt. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die Antragstellerin hat Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde beantragt und den [X.] am letzten Tag der Beschwerdefrist beim [X.] eingereicht.

2

Das [X.] hat den [X.] zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das [X.].

4

1. Nach Auffassung des [X.]s ist der [X.] beim dafür nicht zuständigen Rechtsmittelgericht eingereicht worden. Die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, bei welchem Gericht der [X.] für die Beschwerde nach § 58 ff. FamFG einzureichen sei, sei dahin zu beantworten, dass Verfahrensgericht im Sinne von §§ 113 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht das Rechtsmittelgericht sein könne, weil das Verfahren bei diesem weder anhängig sei noch anhängig gemacht werden solle. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe könne auch nicht mit dem Argument erreicht werden, dass eine bisher höchstrichterlich noch ungeklärte Rechtsfrage im Raum stehe. Denn es mangele bereits an einem formal ordnungsmäßigen Verfahrenskostenhilfegesuch. Im Übrigen sei durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Klärung eröffnet.

5

2. Die nach § 574 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist bereits deswegen begründet, weil das [X.] die in der Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob vor der gesetzlichen Neuregelung in § 64 Abs. 1 Satz 2 FamFG das Verfahrenskostenhilfegesuch beim Amtsgericht oder beim [X.] einzureichen war und ob gegebenenfalls eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt, nicht in das [X.] verlagern durfte (vgl. - zum umgekehrten Fall des beim Amtsgericht eingereichten Verfahrenskostenhilfegesuchs - Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2012 - [X.]/12 - FamRZ 2013, 369).

6

Wenn in der Hauptsache eine zweifelhafte Rechtsfrage zu klären ist, darf nach ständiger Rechtsprechung des [X.] wie des [X.] die Klärung der Frage nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren ([X.]) verlagert werden. Die in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte [X.] gebietet im Fall zweifelhafter Rechtsfragen, die Erfolgsaussicht zu bejahen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren, denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes ([X.] 81, 347). Das nur einer summarischen Prüfung unterliegende Prozesskostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden ([X.] FamRZ 2002, 665; Senatsbeschlüsse vom 4. Mai 2011 - [X.]/11 - FamRZ 2011, 1137 Rn. 8 und vom 17. März 2004 - [X.]/02 - NJW 2004, 2022 mwN). Bei zweifelhaften Rechtsfragen hat das Gericht demnach Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, auch wenn es der Auffassung ist, dass die Rechtsfrage zu Ungunsten des Antragstellers zu entscheiden ist.

7

Die Rechtsbeschwerde bringt zu Recht vor, dass entgegen der Annahme des [X.]s auch nicht deshalb etwas anderes gilt, weil allein die Frage zu beantworten sei, ob ein formal ordnungsgemäßes Verfahrenskostenhilfegesuch vorliege. Vielmehr hat das [X.] über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Beschwerde entschieden und diese aus Gründen verneint, die der höchstrichterlichen Klärung bedürfen und nicht in das [X.] verlagert werden dürfen.

Dose                       Weber-Monecke                        Schilling

             [X.]

Meta

XII ZB 34/13

10.07.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 26. November 2012, Az: 9 UF 64/12, Beschluss

§ 114 ZPO, § 58 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2013, Az. XII ZB 34/13 (REWIS RS 2013, 4267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4267

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 34/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 190/12 (Bundesgerichtshof)

Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren: Grenzen summarischer Prüfung streitiger Rechtsfragen


XII ZB 220/11 (Bundesgerichtshof)

Verfahrenskostenhilfe für eine Beschwerde in einer Familiensache: Rechtsanwaltsverschulden im Übergangsfall bei Antragseinreichung beim unzuständigen Gericht; …


XII ZB 700/12 (Bundesgerichtshof)

Beschwerde in Familiensachen nach neuem Recht: Rechtsanwaltsverschulden bei Versäumung der Beschwerdefrist infolge Einreichung eines Verfahrenskostenhilfegesuchs …


XII ZB 700/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.