Bundessozialgericht, Urteil vom 05.05.2015, Az. B 10 KG 1/14 R

10. Senat | REWIS RS 2015, 11649

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Anspruch eines ausländischen, nicht freizügigkeitsberechtigten Kindes auf sozialrechtliches Kindergeld für sich selbst - Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen - keine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit - langjähriger Voraufenthalt in Deutschland - Verfassungsmäßigkeit - Gleichheitssatz - sozialgerichtliches Verfahren - gesetzliche Prozessstandschaft des ersatzberechtigten Trägers der Kinder- und Jugendhilfe


Leitsatz

Ein minderjähriger, nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer hat auch ohne Berechtigung zur Erwerbstätigkeit Anspruch auf sozialrechtliches Kindergeld für sich selbst, wenn er von Kindesbeinen an in Deutschland aufgewachsen ist, die Schule besucht hat und daher mit einem faktischen Inländer zu vergleichen ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 18. April 2011 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. November 2009 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende [X.] verlangt von der beklagten [X.] (Familienkasse) die Zahlung von Kindergeld (Kg) für den Beigeladenen. Der 1992 in [X.] (früher [X.]) geborene M.B., der zum Rechtsstreit beigeladen ist, reiste 1994 als zweijähriges Kind mit seiner Mutter in die [X.] ein. Sie verstarb 1998. [X.] ist unbekannt. Der Asylantrag des Beigeladenen wurde 1998 rechtskräftig abgelehnt, sein Aufenthalt in der [X.] aber geduldet. 1999 wurde ihm eine Aufenthaltsbefugnis nach dem [X.] erteilt. Ab 2005 erhielt der zu diesem Zeitpunkt 13-jährige Beigeladene eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.] ([X.]) ohne die Gestattung der Erwerbstätigkeit. Die klagende [X.] gewährte ihm laufend Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 [X.] in einer stationären Heimeinrichtung.

2

Im April 2005 beantragte sie die Bewilligung von Kg an den Beigeladenen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Beigeladene nicht über den vom Bundeskindergeldgesetz ([X.]) vorausgesetzten qualifizierten Aufenthaltstitel mit einer Berechtigung zur Erwerbstätigkeit verfüge (Bescheid vom 1.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 2.8.2005).

3

Das von der Klägerin angerufene [X.] verurteilte die Beklagte antragsgemäß, dem Beigeladenen ab März 2005 bis November 2009 Kg zu bewilligen. Der Beigeladene habe darauf Anspruch, obwohl er keinen anspruchsbegründenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel iS von § 1 Abs 3 [X.] besitze. Die Vorschrift sei verfassungskonform dahingehend einzuschränken, dass sie für den eigenen Anspruch eines Kindes bzw Jugendlichen nicht anzuwenden sei (Urteil vom [X.]). Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.4.2011). Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 1 Abs 3 [X.] 2006 ließen auf einen Willen des Gesetzgebers schließen, die Norm nicht auch auf Kinder anzuwenden, die Kg für sich selbst beantragten. Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken komme eine Vorlage an das [X.] nicht in Betracht, weil sich die rechtliche und tatsächliche Position des Beigeladenen durch eine Kg-Gewährung nicht verbessern würde.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen, für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer seien im Wege verfassungskonformer Reduktion auf minderjährige Vollwaisen iS von § 1 Abs 2 [X.] nicht anzuwenden. Wie die Gesetzesbegründung zeige, habe der Gesetzgeber ausschließlich erwachsene Ausländer im Blick gehabt.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 18. April 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. November 2009 zurückzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit dem [X.] nach Art 100 GG vorzulegen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Nach § 1 Abs 2 [X.] selbst anspruchsberechtigte Kinder dürften gegenüber nicht freizügigkeitsberechtigten Eltern nicht privilegiert werden, die nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 62 Abs 2 EStG einen Kg-Anspruch hätten. Ebenso wie die [X.] des § 62 Abs 2 EStG begegne die Vorschrift des § 1 Abs 3 [X.] keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Hinweis auf [X.] Beschluss vom 19.1.2011 - [X.]/09 mit [X.]).

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige [X.]vision ist begründet. Die Klage auf Zahlung von Kindergeld für den Beigeladenen ist zulässig und begründet.

9

1. Die von der Klägerin im eigenen Namen erhobene Klage auf Zahlung von [X.] für den Beigeladenen ist zulässig.

a) Die Klägerin ist befugt, den [X.]-Anspruch des Beigeladenen in eigenem Namen einzuklagen. Denn nach § 9 Abs 1 S 3 [X.] kann außer dem Berechtigten selbst den erforderlichen Antrag auf [X.] auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des [X.] hat. Der Begriff des berechtigten Interesses geht weiter als der des rechtlichen und umfasst daher auch persönliche oder wirtschaftliche Interessen ([X.] Finanzgericht Urteil vom [X.] - [X.] - EFG 2000, 1342). Berechtigt zur Antragstellung sind daher insbesondere natürliche oder juristische Personen, die unterhaltsverpflichtet sind oder zu deren Gunsten eine Auszahlung, Übertragung oder Verpfändung des [X.] möglich ist ([X.]/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 34. Aufl 2015, § 67 Rd[X.] 3 mwN; Seewald/[X.], Kindergeldrecht, Stand September 2014, § 9 [X.] [X.]). Das trifft auf die Klägerin zu, welche die Amtsvormundschaft für den Beigeladenen übernommen hatte, ohne für ihn selbst einen [X.]-Anspruch erwerben zu können. Sie hat als zuständiger örtlicher Träger der Jugendhilfe dem Beigeladenen im streitbefangenen [X.]raum ua vollstationäre Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gewährt und beabsichtigt, ihn nach § 92 ff [X.] teilweise zu den Kosten heranzuziehen. § 94 Abs 3 S 1 [X.] sieht dabei ausdrücklich den Einsatz des [X.] vor. Durch an den Beigeladenen gezahltes [X.] könnte die Klägerin zumindest zu einem geringen Teil die hohen finanziellen Aufwendungen ausgleichen, die sie seit Jahren für ihn und eine [X.]ihe vergleichbarer unbegleiteter Flüchtlinge trägt. Denn das [X.] dient gerade dazu, die finanzielle Belastung durch die Personensorge für Kinder auszugleichen (vgl [X.] 111, 160-176).

Wegen ihres berechtigten Interesses, den [X.]-Anspruch des Beigeladenen durchzusetzen, ermächtigt § 9 Abs 1 S 3 [X.] die Klägerin nicht nur zur Antragstellung im Verwaltungsverfahren, sondern auch zur nachfolgenden Klage; die Vorschrift ermöglicht eine gesetzliche Prozessstandschaft (vgl [X.] Urteil vom 26.11.2003 - VIII R 32/02 - [X.]E 204, 454 = [X.], 588 für das Antragsrecht aus § 67 S 2 EStG).

b) Die Klägerin hat zutreffend eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ([X.]) nach § 54 Abs 1 S 1 Alt 3 [X.]G erhoben; sie begehrt damit zulässigerweise die Aufhebung des [X.] der Beklagten und deren Verpflichtung, dem Beigeladenen [X.] zu bewilligen (vgl [X.] vom [X.] - B 13 [X.] R - [X.] 3-5910 § 91a [X.]). [X.] kann die Klägerin erheben, weil sie nicht aus eigenem [X.]cht klagt, sondern in Ausübung ihrer Prozessstandschaft für den Beigeladenen (vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.] R - [X.] 3-5910 § 91a [X.] = [X.], 112, [X.] = Juris Rd[X.]5 mwN).

2. Die zulässige Klage der [X.] ist begründet. Der von ihr unterhaltene beigeladene M.B. hat nach § 1 Abs 2 iVm Abs 3 [X.] Anspruch auf Zahlung von [X.] gegen die Beklagte für den geltend gemachten [X.]raum von März 2005 bis November 2009. Der Beigeladene erfüllt die allgemeinen (a) sowie die besonderen (b) Voraussetzungen für die Gewährung von [X.] an ihn selbst als nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer.

a) Nach § 1 Abs 2 S 1 [X.] bis 3 [X.] erhält [X.] für sich selbst, wer in [X.] einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt und nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen ist (aa bis cc).

aa) Der Beigeladene hatte im gesamten [X.] seinen Wohnsitz in [X.], § 1 Abs 2 S 1 [X.] [X.]. Nach der [X.]chtsprechung des [X.]s zum Erziehungsgeld, die im [X.]-[X.]cht wegen der gleichgelagerten Interessenlage in gleicher Weise heranzuziehen ist, gelten insoweit besondere Maßstäbe, wenn der Gesetzgeber anhand einer speziellen Vorschrift konkrete Maßstäbe zur Beurteilung der Bleibeprognose eines Ausländers vorgegeben hat. Die Klärung der Frage, ob ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer voraussichtlich auf Dauer in [X.] bleibt, ist dann nicht mehr Bestandteil der nach der allgemeinen Vorschrift des § 1 Abs 2 S 1 [X.] [X.] vorzunehmenden Prüfung von Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im [X.]. Sie ist vielmehr allein anhand der Maßstäbe zu beurteilen, die sich aus der hierzu erlassenen spezielleren [X.]gelung ergeben, hier des § 1 Abs 3 [X.] (vgl B[X.] Vorlagebeschluss vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R - Juris Rd[X.] 57 für die wortgleiche [X.]gelung im Bundeserziehungsgeldgesetz). Nach diesen Vorgaben erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 S 1 [X.] [X.], wer ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt gezeigt hat, also erkennbar gewillt ist, an einem bestimmten Ort in [X.] zu wohnen. Dies war beim Beigeladenen der Fall. Nach den Feststellungen der Instanzgerichte wohnte dieser seit seinem zweiten Lebensjahr in [X.]. Er hat seinen Willen, auf Dauer in [X.] zu wohnen, auch nicht durch seinen rund zweijährigen Aufenthalt in [X.] im Rahmen einer Jugendhilfemaßnahme der Klägerin aufgegeben. Wie das [X.] für den [X.] bindend (§ 163 [X.]G) festgestellt hat, resultierte dieser Auslandsaufenthalt nicht ausschließlich aus einer freien Willensbetätigung des Beigeladenen. Er durfte seinen Wohnsitz in [X.] nicht frei wählen, sondern befand sich während seines dortigen Schulbesuchs kontinuierlich in der Obhut der Klägerin und behielt damit seine enge Verbindung zum [X.] Sozialsystem. Seine Rückkehr nach [X.] war von vornherein vorgesehen und von ihm sowie der Klägerin als seinem Vormund beabsichtigt; sein Aufenthalt in [X.] sollte ihn auf eine [X.] und berufliche Eingliederung in [X.] vorbereiten. Insgesamt war der Beigeladene während der gesamten [X.] seines Auslandsaufenthalts erkennbar gewillt, seinen Lebensmittelpunkt in [X.] zu behalten und erfüllte daher die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 S 1 [X.] [X.].

[X.]) Der Beigeladene erfüllte die Voraussetzungen von § 1 Abs 2 S 1 [X.] 2 [X.], weil er Halbwaise nach seiner Mutter ist und nach den Feststellungen der Instanzgerichte den Aufenthalt seines [X.] nicht kennt (zum anzuwendenden subjektiven Maßstab vgl [X.] vom [X.] - 10 R[X.] 12/91).

cc) Der Beigeladene war auch nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen, § 1 Abs 2 S 1 [X.] 3 [X.]. Insbesondere lebte er im streitbefangenen [X.] nicht mehr bei seiner Großmutter. Schließt es die besondere familiäre Situation des [X.] somit aus, dass eine andere Person für ihn [X.] erhält, greift grundsätzlich auch bei ihm der Gesetzeszweck, [X.] Kindern zur Vermeidung [X.]r Härten [X.] für sich selbst zu gewähren.

b) Der Beigeladene erfüllt neben den allgemeinen auch die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung von [X.] an nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer. § 1 Abs 3 [X.] schließt seinen [X.]-Anspruch nicht aus.

Der Anspruch des Beigeladenen richtet sich insgesamt nach der Vorschrift des § 1 Abs 3 [X.] in ihrer Fassung vom 13.12.2006. Für die [X.] bis zum 19.12.2006 ergibt sich dies aus § 20 Abs 1 S 1 [X.]. Denn die bis dahin geltende Fassung war für ihn nicht günstiger, sondern verwehrte sogar Ausländern mit [X.], die dem Titel des Beigeladenen entspricht, den [X.]-Bezug.

Nach dem Wortlaut von § 1 Abs 3 [X.] 2 iVm [X.] 3 [X.] erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer wie der Beigeladene, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.] besitzt, an sich nur dann [X.], wenn er drei Voraussetzungen erfüllt, indem

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er sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im [X.] aufhält, § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst a [X.] (erste Voraussetzung),

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ihn seine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, vgl § 1 Abs 3 [X.] 2 Halbs 1 [X.] (zweite Voraussetzung),

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er im [X.] berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem [X.] bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt (aktuelle oder kurz zurückliegende Arbeitsmarktintegration - dritte Voraussetzung).

Von diesen drei Voraussetzungen erfüllte der Beigeladene im [X.] nur die erste, diejenige eines mindestens dreijährigen geduldeten, gestatteten oder rechtmäßigen [X.] in [X.] nach § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst a [X.]. Denn bevor ihm die Klägerin 2005 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt hat, besaß er seit 1999 eine [X.] und zuvor zunächst eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens sowie anschließend eine Duldung (erste Voraussetzung).

Allerdings berechtigte ihn seine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.], über die er im [X.]raum des geltend gemachten Anspruchs verfügte, anders als von § 1 Abs 3 [X.] 2 Halbs 1 [X.] verlangt nicht zur Erwerbstätigkeit (zweite Voraussetzung).

Schließlich war er im [X.] auch nicht erwerbstätig, in Elternzeit oder bezog Geldleistungen nach dem [X.], vgl § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst b [X.] (dritte Voraussetzung), sondern ging zur Schule.

Obwohl der Beigeladene damit zwei der drei vom Gesetz genannten Voraussetzungen verfehlte, kann er [X.] beanspruchen. Für minderjährige elternlose Ausländer wie ihn führt die wortgetreue Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, soweit sie die Berechtigung zu einer Erwerbstätigkeit und deren tatsächliche aktuelle oder - entsprechend den Modalitäten des § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst b [X.] - kurz zurückliegende Ausübung voraussetzen (zweite und dritte Voraussetzung), zu einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung (aa). Die Vorschrift des § 1 Abs 2 iVm Abs 3 [X.] ist deshalb für minderjährige elternlose Ausländer wie den Beigeladenen verfassungskonform einschränkend auszulegen: Von dem Erfordernis der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit sowie ihre (aktuellen bzw kurz zurückliegenden) Ausübung (zweite und dritte Voraussetzung) ist abzusehen ([X.]). Einem [X.] bzw unbegleiteten ausländischen Kind darf [X.] für sich selbst nicht allein mit der Begründung versagt werden, es sei im [X.] nicht erwerbstätig gewesen. Ein solches Kind kann vielmehr [X.] für sich selbst verlangen, wenn es die geforderten drei Jahre Voraufenthalt in [X.] sowie eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.] aufweisen kann, solange es aufgrund seines geringen Alters ohnehin nicht erwerbstätig sein dürfte oder ihn danach sein Schulbesuch an einer Erwerbstätigkeit hindert.

aa) Das [X.] behandelt den Beigeladenen anders als freizügigkeitsberechtigte bzw solche Ausländer, welche die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 [X.] vollständig erfüllen, weil es ihm einen Anspruch auf [X.] vorenthält. Diese Ungleichbehandlung bewirkt einen zumindest geringen Nachteil des Beigeladenen, der den Schutzbereich von Art 3 Abs 1 GG eröffnet (vgl [X.] 71, 39 <50>; Öndül, [X.], Elterngeld und Unterhaltsvorschuss, 2014, [X.] f).

Ein rechtlicher Nachteil des Beigeladenen kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin wolle auf das für den Beigeladenen erstrittene Kindergeld zugreifen, um damit teilweise die Kosten für seine Heimunterbringung zu decken. Wie die Klägerin zu [X.]cht anführt, vermengt eine solche Betrachtungsweise in unzulässiger Weise [X.] des Primär- mit Fragen des Erstattungsrechts. Die [X.]chtsordnung macht das Bestehen und die Durchsetzung eines Leistungsanspruchs auch sonst nicht davon abhängig, ob dem Berechtigten die Leistung im Ergebnis zur freien Verfügung steht oder ob er sie vollständig für bereits bestehende oder - wie hier - absehbare zukünftige Verbindlichkeiten einsetzen muss.

Auch wenn der Beigeladene ohne den [X.]-Anspruch im Ergebnis keinen unmittelbaren finanziellen Nachteil erlitten hat, weil die Klägerin ihn unterhalten hat, macht es einen relevanten Unterschied, ob er vollständig auf die von der Klägerin gewährte Kinder- und Jugendhilfe angewiesen ist oder daneben teilweise sozialrechtliches [X.] beanspruchen kann. [X.] bezweckt einen typisierten Ausgleich für die finanzielle Mehrbelastung durch die Kindererziehung bzw die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Heranwachsenden ("Kinder kosten"). Im Fall von alleinstehenden Vollwaisen dient es diesen selbst als Ausgleich für die eigenen Belastungen, die es damit gleichzeitig anerkennt und würdigt (aA für das steuerrechtliche Kindergeld [X.]/NV 2011, 1134-1135 = Juris, Rd[X.] 9).

Die beschriebene Ungleichbehandlung des Beigeladenen ist nach den Maßstäben des Art 3 Abs 1 GG, wie sie die [X.]chtsprechung des [X.] entwickelt hat, sachlich nicht gerechtfertigt. Das [X.] hat in seiner Entscheidung zur Ungleichbehandlung von Ausländern anhand der Art ihres Aufenthaltstitels beim [X.] im Jahr 2004 betont, die unterschiedliche Bleibedauer in [X.] könne zwar eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl [X.] 111, 160 <174>; 111, 176 <185>). Allerdings könne das Fehlen eines dauerhaften Aufenthalts nicht automatisch jede Differenzierung hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen legitimieren ([X.] Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - [X.] 132, 72-99). Das [X.] stellt an die Benachteiligung ausländischer Staatsangehöriger strenge [X.]chtfertigungsanforderungen, soweit die Ungleichbehandlung an Merkmale wie die Staatsangehörigkeit anknüpft, die für die Betroffenen unverfügbar sind (vgl [X.] 111, 160 <174>; 111, 176 <185>; [X.] 132, 72-99; zu verfassungsrechtlichen Bedenken ausführlich [X.] Finanzgericht Vorlagebeschluss vom 21.8.2013 - 7 K 114/13 - Juris; vgl [X.] Urteil vom 25.10.2005 - 59140/00 Okpisz/[X.] - NVwZ 2006, 917).

Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber nach diesen Vorgaben den [X.]-Anspruch minderjähriger Ausländer für sich selbst in verfassungsmäßig unbedenklicher Weise überhaupt auf Menschen mit einem voraussichtlichen Daueraufenthalt beschränken darf. Jedenfalls sind die vom Gesetzgeber aktuell in § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst b [X.] zur Erreichung dieses Ziels gewählten Prognosekriterien evident ungeeignet. Für die insoweit inhaltsgleichen Voraussetzungen einer aktuellen oder kurz zurückliegenden Erwerbstätigkeit für Ansprüche auf Eltern- und Erziehungsgeld hat das [X.] auf Vorlage des [X.]s im Fall erwachsener Ausländer bereits entschieden, das [X.] liefere keine geeignete Basis für eine Prognose über die Aufenthaltsdauer ([X.] Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - [X.] 132, 72-99). Bei minderjährigen [X.] Ausländern wie dem Beigeladenen eignet sich das vom Gesetzgeber gewählte Kriterium der Arbeitsmarktintegration angesichts des anzulegenden strengen verfassungsrechtlichen Maßstabs noch weniger als Grundlage der stichhaltigen und nachvollziehbaren (vgl [X.], [X.], 56, 57 f) Aufenthaltsprognose für den Bezug von [X.] als bei erwachsenen Ausländern. In einem Teil des geltend gemachten [X.]s, die [X.] von März 2005 bis zum 10.3.2007, durfte der Beigeladene überhaupt nicht erwerbstätig sein. Die Instanzgerichte haben insoweit zutreffend auf § 5 [X.] und das darin enthaltene Verbot einer Erwerbstätigkeit vor Beendigung des 15. Lebensjahres hingewiesen. Dass ein ausländisches Kind oder Jugendlicher im nicht erwerbsfähigen Alter keine bezahlte Erwerbstätigkeit ausüben darf und es schon deshalb nicht tut, erlaubt keine Prognose darüber, wie lange dieses Kind in [X.] bleiben wird. Insoweit eignet sich das Kriterium der Erwerbstätigkeit schon der Natur der Sache nach nicht, um die Dauer seines voraussichtlichen Aufenthalts vorherzusagen.

Doch auch für den geltend gemachten [X.] nach Vollendung des 15. Lebensjahres bis zur Volljährigkeit eignet sich eine Arbeitsmarktintegration nicht als hinreichend zuverlässiges und systematisch stimmiges Prognosekriterium für die Dauer des Aufenthalts des Beigeladenen und vergleichbarer minderjähriger Ausländer.

Das [X.]-[X.]cht geht typisierend von kindbedingten Belastungen bis zum 18. Lebensjahr aus, vgl § 2 Abs 2 S 1 Halbs 1 [X.]. Nach der Vorstellung des Gesetzes kann sich der erwachsene Volljährige frühestens danach selbst unterhalten. Wird er dagegen nach Erreichen der Volljährigkeit weiter für einen Beruf ausgebildet, wartet er auf einen Ausbildungsplatz oder sucht er erfolglos einen Arbeitsplatz, kann der [X.]-Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen sogar noch länger bestehen, vgl § 2 Abs 2 [X.]. Angesichts dessen ist es systemwidrig, gleichwohl vom Beigeladenen schon vor der im [X.]-[X.]cht allgemein festgelegten zeitlichen Anspruchsgrenze der Volljährigkeit zwingend eine Erwerbstätigkeit bzw die Berechtigung dazu als Voraussetzung für seinen [X.]-Anspruch zu verlangen.

Anders als beim Elterngeld, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern soll (vgl [X.] vom [X.] EG 9/09 R - [X.] 4-7837 § 1 [X.] 2 Rd[X.] 31 f mwN), besteht zudem beim Anspruch auf sozialrechtliches [X.] in der hier vorliegenden Konstellation auch kein nachvollziehbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit und dem Anspruch auf die Familienleistung. Das [X.] soll als Steuervergütung einen Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums des Kindes von der Besteuerung freistellen, vgl § 31 S 1 und 3 EStG, andererseits die Familie fördern und dafür die kindbedingten Belastungen abmildern, die durch die Sorge für Kinder entstehen (vgl § 6 [X.]B I und [X.] 111, 160-176). Bei gering oder gar nicht mit Einkommenssteuer Belasteten dient das [X.] in vollem Umfang der Familienförderung (Kanzler, [X.], § 31 Rd[X.] 30). In diesem Fall ist das [X.] nach dem [X.] eine reine Sozialleistung (vgl [X.] in jurisPK-[X.]B I, 2. Aufl 2011, § 25 [X.]B I Rd[X.] 40 mwN), die keinen sachlichen Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit des Anspruchsinhabers aufweist.

Vor allem aber sind nach der [X.]chtsprechung des [X.] neben dem rechtlichen Aufenthaltsstatus für die Frage der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer maßgeblich die tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen (vgl [X.] 132, 134, 164 f Rd[X.]5; 132, 360, 368 f Rd[X.] 25 und 27). Mit Blick auf diese Umstände erschließt sich bereits nicht, warum beispielsweise die Ausübung einer ungelernten Beschäftigung im geringfügigen Umfang die Integrationsaussichten des Beigeladenen im Vergleich zur Fortsetzung seiner Schulausbildung hätten wesentlich erhöhen sollen. Zudem können alleinstehende Kinder und Minderjährige, die aus dem Ausland stammen, anders als erwachsene Ausländer nicht auf eigene Faust wieder in ihr Heimatland zurückkehren bzw ohne dauernde Begleitung dorthin abgeschoben werden, falls sich dort nicht aufnahmebereite Verwandte bzw Dritte oder eine funktionierende Verwaltung um sie kümmern. Speziell für das Heimatland des Beigeladenen, die [X.], hat die verwaltungsgerichtliche [X.]chtsprechung im streitbefangenen [X.]raum auf die besonders gefährliche Situation unbegleiteter Minderjähriger hingewiesen, die regelmäßig aus rechtlichen Gründen einer Abschiebung entgegenstand (vgl Oberverwaltungsgericht für das [X.] Urteil vom 13.10.2010 - 4 A 1008/07.A - Juris).

Es geht darüber hinaus ersichtlich an der Lebenswirklichkeit vorbei, minderjährigen unbegleiteten Ausländern wie dem Beigeladenen allein wegen seiner fehlenden Erwerbstätigkeit oder der Berechtigung dazu eine hinreichende Aussicht auf einen Daueraufenthalt abzusprechen. Sind solche Menschen bereits als Kleinkind nach [X.] gekommen und haben ihre prägenden Jahre hier verbracht, integrieren sie sich aufgrund ihrer natürlichen kindlichen Anpassungs- und (insbesondere sprachlichen) Lernfähigkeit in der [X.]gel viel schneller als ausländische Erwachsene oder Heranwachsende. Gleichzeitig schwindet ihre Vertrautheit mit den Verhältnissen in ihrem Herkunftsstaat, wenn sie diese überhaupt jemals kennengelernt haben. Eine Integration in [X.] kann in diesen Fällen bereits im Kindergarten und in der Schule stattfinden. In dem Maße, in dem ihre fortschreitende Verwurzelung in [X.] solche Ausländer im Laufe der [X.] zu faktischen Inländern macht (vgl BVerwG Urteil vom [X.] 8.96 - [X.] 1999, 54), deren ([X.])integration in ihrem Herkunftsstaat immer weniger möglich und zumutbar erscheinen lässt, wachsen neben den tatsächlichen Bindungen an das neue Heimatland mit Blick auf Art 8 [X.] die rechtlichen Hürden für eine zwangsweise Zurückführung in ihren Herkunftsstaat. Das hat der Gesetzgeber mit der neu geschaffenen Vorschrift des § 25a Abs 1 [X.] inzwischen ausdrücklich anerkannt. Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Angaben der Klägerin liegt ein solcher Status eines faktischen Inländers bereits nach einem 10-jährigen Aufenthalt eines Kindes bzw Jugendlichen in [X.] nahe, den der Beigeladene bereits vor dem hier streitigen [X.] hinter sich gebracht hatte.

Insgesamt ist daher bei minderjährigen Ausländern wie dem Beigeladenen, die ihre prägenden Jahre in [X.] zugebracht haben, eine Erwerbstätigkeit kein geeignetes Kriterium, um ihre Aufenthaltsdauer hinreichend zuverlässig vorherzusagen. Der [X.] hat nicht zu entscheiden, ob für alleinstehende Ausländer möglicherweise nach Erreichen der Volljährigkeit etwas anderes gilt, weil im Fall des Beigeladenen nur [X.]-Ansprüche bis zum Erreichen der Volljährigkeit in Streit stehen.

[X.]) Trotz seiner erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken brauchte der [X.] den [X.]chtsstreit nicht nach Art 100 Abs 1 S 1 GG auszusetzen und dem [X.] vorzulegen, weil sich der geltend gemachte [X.]-Anspruch aus einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs 3 [X.] 2 [X.] ergibt. Der Wortlaut der Vorschrift bildet nicht in jedem Fall eine unüberwindliche Grenze der Auslegung; sie kann vielmehr den Wortlaut erweitern oder einschränken, um das Ziel des Gesetzgebers und gleichzeitig die Verfassungsmäßigkeit zu wahren. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet erst dort, wo sie dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspräche (vgl zuletzt [X.] Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11 - Juris mwN). Einen solchen klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, minderjährige elternlose Ausländer pauschal vom [X.] auszuschließen, vermag der [X.] anders als das [X.] nicht zu erkennen. Er geht vielmehr mit dem [X.] davon aus, dass der Gesetzgeber diese kleine, besonders gelagerte Gruppe der [X.] bzw verwaisten minderjährigen Ausländer schlicht übersehen und deshalb nicht in seinen [X.]gelungsplan aufgenommen hat. Dies lässt Raum für eine einschränkende Auslegung.

Mit der Neuregelung des § 1 Abs 3 [X.] wollte der Gesetzgeber den Vorgaben des [X.] zur Anspruchsberechtigung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern auf Familienleistungen [X.]chnung tragen (vgl zum [X.] [X.] Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97 - [X.] 111, 160-176). Zu diesem Zweck sollten Familienleistungen für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer auf Menschen mit voraussichtlichem Daueraufenthalt in [X.] beschränkt werden. Ebenso wie die zitierte [X.] betrafen die Erwägungen des Gesetzgebers nur erwachsene Ausländer und deren Ansprüche für ihre Kinder. Dementsprechend sind die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 [X.] 2 und 3 [X.] auf erwachsene Ausländer zugeschnitten, die [X.] für ihre Kinder beantragen, jedoch nicht auf minderjährige Kinder, die einen [X.]-Anspruch für sich selbst geltend machen und die gesetzlichen Voraussetzungen, wie gezeigt, zum Teil überhaupt nicht und jedenfalls nicht sinnvoll erfüllen können. Soweit im Gesetzgebungsverfahren minderjährige Ausländer zur Sprache gekommen sind, ging es jeweils um Minderjährige im Familienverband. Insbesondere die vom [X.] (Urteil vom 26.8.2010 - III R 47/09 - [X.]E 230, 563 = BStBl II 2011, 589) als Argument gegen eine [X.]gelungslücke angeführte Diskussion zwischen Bundesregierung und Bundesrat betraf minderjährige Ausländer mit Aufenthaltstiteln nach dem 6. Abschnitt des [X.], der den Familiennachzug regelt. Bei solchen minderjährigen Ausländern im Familienverband ist die Aufenthaltsperspektive aber ersichtlich anders zu beurteilen, als bei [X.] minderjährigen Ausländern. Insbesondere lässt sich die mutmaßliche Dauer ihres Aufenthalts regelmäßig nicht abschätzen, ohne ihre familiären Bindungen zu ihren Eltern zu berücksichtigen, vgl § 32 ff [X.], die [X.] auch wieder verlassen können. Damit ist die Situation elternloser minderjähriger Ausländer nicht zu vergleichen. Die im Gesetzgebungsverfahren geführte Diskussion um Leistungsberechtigte nach dem [X.] drehte sich allein um erwerbstätige Ausländer, war also wiederum ersichtlich allein auf Erwachsene zugeschnitten (vgl [X.] - Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, Niederschrift der 751. Ausschusssitzung vom [X.], S 14).

Waren somit minderjährige elternlose Ausländer von der [X.]gelungsabsicht des Gesetzgebers und von seinen darauf gestützten Prognosekriterien für einen Daueraufenthalt, die Berechtigung zu einer Erwerbstätigkeit sowie ihre aktuelle oder kurz zurückliegende Ausübung, ausweislich der gesetzlichen Systematik und der Gesetzesmaterialien nicht nachweisbar umfasst, ist es geboten, diese Kriterien auf solche Ausländer wie den Beigeladenen im Wege der verfassungskonformen teleologischen [X.]duktion nicht anzuwenden. Eine negative Aufenthaltsprognose kann allein wegen des Fehlens einer Erwerbstätigkeit und der Berechtigung dazu nicht gestellt werden. Andere Gründe, die ihren Ausschluss von der Sozialleistung des sozialrechtlichen [X.] rechtfertigen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Vielmehr sind gerade solche [X.] minderjährigen Ausländer, denen ihre Eltern oder Verwandte nicht mehr helfen können, in besonderem Maß auf das [X.] für sich selbst angewiesen.

Damit erfüllte der im streitbefangenen [X.]raum minderjährige Beigeladene die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für das [X.] schon dadurch, dass er sich im [X.]punkt der Antragstellung elf Jahre geduldet, gestattet und danach rechtmäßig im [X.] aufgehalten hatte, § 1 Abs 3 [X.] 3 Buchst a [X.], und seit 1999 im Besitz einer - nach § 26 Abs 4 [X.] grundsätzlich der Verfestigung zugänglichen - [X.] nach § 30 [X.] bzw danach der äquivalenten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.] war. Weil sich ausländische Kinder und Jugendliche, die in [X.] aufwachsen, anders und schneller integrieren als erwachsene Ausländer, reichte dies aus, um das vom Gesetzgeber verlangte Mindestmaß an Dauerhaftigkeit seines Aufenthalts sicherzustellen. Es wäre aus den aufgezeigten Gründen sachwidrig, als weitere Voraussetzung für den [X.]-Anspruch des Beigeladenen eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit zu verlangen. Im Übrigen nimmt es der Gesetzgeber inzwischen sogar im [X.]cht des [X.] hin, dass allein ein 3-jähriger geduldeter Voraufenthalt und der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 [X.], die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, für erwachsene Ausländer einen Elterngeldanspruch begründen. Denn auf die Entscheidung des [X.] zur Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 7 [X.] 3 Buchst b Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]) im Jahr 2012 hat der Gesetzgeber bei mehreren nachfolgenden Änderungen des [X.] nicht reagiert; stattdessen hat die Bunderegierung zuletzt wieder eine umfassende Neuregelung der Anspruchsberechtigung von Ausländern lediglich angekündigt (vgl BT-Drucks 18/2625 S 1).

Das klagabweisende Berufungsurteil war daher aufzuheben und das zusprechende erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.

Da der [X.] dem Hauptantrag der Klägerin in vollem Umfang entsprochen hat, hat sich ihr auf Vorlage an das [X.] gerichteter Hilfsantrag erledigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G, weil die Klägerin einen Anspruch des kostenprivilegierten Beigeladenen in Prozessstandschaft geltend macht (vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.] R - Juris Rd[X.] 28).

Meta

B 10 KG 1/14 R

05.05.2015

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: KG

vorgehend SG Köln, 4. November 2009, Az: S 14 KG 27/06, Urteil

§ 1 Abs 3 Nr 3 Buchst b BKGG 1996 vom 13.12.2006, § 1 Abs 3 Nr 3 Buchst a BKGG 1996 vom 13.12.2006, § 1 Abs 3 Nr 2 Halbs 1 BKGG 1996 vom 13.12.2006, § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 BKGG 1996, § 1 Abs 2 S 1 Nr 2 BKGG 1996, § 1 Abs 2 S 1 Nr 3 BKGG 1996, § 2 Abs 2 S 1 Halbs 1 BKGG 1996, § 9 Abs 1 S 3 BKGG 1996, § 20 Abs 1 S 1 BKGG 1996, § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG, § 25 Abs 5 AufenthG 2004, § 25a Abs 1 AufenthG 2004, § 26 Abs 4 AufenthG 2004, § 32 AufenthG 2004, §§ 32ff AufenthG 2004, § 30 AuslG 1990, § 5 JArbSchG, § 92 SGB 8, § 93 SGB 8, § 94 Abs 3 S 1 SGB 8, § 54 Abs 1 S 1 Alt 3 SGG, § 31 S 1 EStG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.05.2015, Az. B 10 KG 1/14 R (REWIS RS 2015, 11649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11649

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III R 47/09

1 BvR 2142/11

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