Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2021, Az. II ZB 25/17

2. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 4992

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HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT BREXIT

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Gegenstand

Handelsregisterverfahren zur Eintragung einer Zweigniederlassung einer englischen Private Company Limited by Shares: Formerfordernis bei Übersendung der Anmeldung auf elektronischem Weg


Leitsatz

Die Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis eines Notars gemäß § 39a BeurkG elektronisch einzureichen. Die Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Ausstellers der Anmeldung gemäß § 126a BGB reicht nicht aus.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 8. August 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Beteiligte ist eine am 30. Oktober 2013 in das Handelsregister des [X.] für [X.] und [X.] in [X.] eingetragene private company limited by shares (im Folgenden: [X.]) mit satzungsmäßigem Sitz im [X.]. Sie hat im März 2014 beim Amtsgericht - Registergericht - [X.] die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister angemeldet. Die Übersendung der Anmeldung erfolgte auf elektronischem Weg mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des directors und alleinigen [X.]ers der Beteiligten.

2

Das Registergericht hat der Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 11. Juni 2014 mitgeteilt, der Anmeldung könne nicht entsprochen werden, weil sie nicht mit dem nach § 39a [X.] i.V.m. § 12 Abs. 2 [X.] erforderlichen elektronischen Zeugnis versehen sei, der [X.]svertrag der Beteiligten in öffentlich beglaubigter Form nebst Übersetzung nicht beigefügt sei, die Höhe des Stammkapitals der Beteiligten nicht angegeben werde und es an der Versicherung des directors der Beteiligten über seine Belehrung betreffend seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht betreffend etwaige Bestellungshindernisse gemäß § 13g Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG fehle.

3

Das Beschwerdegericht ([X.], [X.], 686) hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit Beschluss vom 8. August 2017 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Registergericht hinsichtlich des [X.]svertrages nicht die Vorlage der unverändert von der Beteiligten als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach den [X.]ompanies (Model [X.]) Regulations 2008 verlangen könne. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

4

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 14. Mai 2019 ausgesetzt und dem [X.] zur Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit der Verpflichtungen zur Angabe des Stammkapitals nach § 13g Abs. 3 [X.] i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG und zur Versicherung über die Belehrung zur Auskunftspflicht über etwaige Bestellungshindernisse nach § 13g Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 [X.] mit Art. 30 der Richtlinie ([X.]) 2017/1132 (im Folgenden: [X.]srechtsrichtlinie) und mit Art. 49, 54 A[X.]V vorgelegt. Nach dem Austritt des [X.] aus der [X.] und des Ablaufs der im Austrittsabkommen bis zum 31. Dezember 2020 vereinbarten Übergangsfrist hat er die Aussetzung mit Beschluss vom 16. Februar 2021 ([X.], 566) wieder aufgehoben.

B.

5

Die statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

6

I. Die Rechtsbeschwerde ist insgesamt statthaft und zulässig gemäß § 70 Abs. 1, § 382 Abs. 4 Satz 2, §§ 71 f. FamFG.

7

1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 1 FamFG unbeschränkt zugelassen. Der Tenor des Beschlusses enthält keine Beschränkung auf eine oder mehrere Beanstandungen des Registergerichts. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Begründung des [X.], die Rechtsbeschwerde sei "schon deswegen" wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Frage, ob das Registergericht die Vorlage des memorandum of association nebst beglaubigter Übersetzung verlangen könne, klärungsbedürftig sei. Dem ist jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, dass das Beschwerdegericht damit die Zulassung auf diese Beanstandung beschränken und nicht nur den nach seiner Auffassung maßgeblichen Zulassungsgrund angeben wollte (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 2017 - [X.], [X.], 2379 Rn. 9; Urteil vom 29. Januar 2003 - [X.], [X.]Z 153, 358, 361).

8

2. Die Zwischenverfügung des Registergerichts ist nach § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG mit der Beschwerde und folglich - bei Zulassung durch das Beschwerdegericht - auch mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar.

9

Form und Frist der Rechtsbeschwerde (§§ 71 f. FamFG) sind gewahrt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten für die Rechtsbeschwerde folgt aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juli 2020 - [X.], [X.], 1658 Rn. 12 mwN).

II. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten durch das Beschwerdegericht ist rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Das Beschwerdegericht ist in formeller Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, dass sämtliche Beanstandungen des Registergerichts Gegenstand einer Zwischenverfügung im Sinn von § 382 Abs. 4 FamFG sein können. Die Beanstandungen betreffen keine unbehebbaren Mängel und verlangen keine inhaltliche Abänderung der eingereichten Anmeldung, sondern nur deren Vervollständigung durch Ergänzungen in formeller oder inhaltlicher Hinsicht (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 166b; [X.] FamFG/[X.], Stand: 1. Januar 2021, § 382 Rn. 71 mwN). Da die Beteiligte jedenfalls damals als rechtsfähige [X.] anzuerkennen war, konnte die von ihr beantragte Eintragung einer Zweigniederlassung bei Behebung der vom Registergericht beanstandeten Mängel auch vollzogen werden.

2. Die Einwände der Beteiligten gegen die Beanstandungen des Registergerichts greifen in der Sache nicht durch.

a) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Eintragungsanmeldung der Beteiligten nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gemäß § 39a [X.] einzureichen ist und die Übersendung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors nicht ausreicht.

aa) Für das inländische Registerverfahren und damit auch für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer ausländischen [X.] in das Handelsregister gilt [X.] Registerverfahrensrecht (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2007 - [X.], [X.]Z 172, 200 Rn. 6, 12 mwN). Danach sind Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.

bb) Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 ist zwar gemäß § 129 Abs. 1 BGB öffentlich beglaubigt. Sie ist schriftlich abgefasst, von ihrem director und alleinigen [X.]er eigenhändig unterzeichnet und dessen Unterschrift durch einen Ortsgerichtsvorsteher öffentlich beglaubigt (§ 63 [X.] in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung vom 28. August 1969 [BGBl. I S. 1513] i.V.m. § 13 des [X.] Ortsgerichtsgesetzes, [X.], 114).

Die Anmeldungserklärung wurde aber nicht in der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgeschriebenen elektronischen Form beim Registergericht eingereicht, weil sie nicht gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gemäß § 39a [X.] versehen war.

Die Auffassung der Beteiligten, die Übersendung der Anmeldungserklärung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors gemäß § 126a Abs. 1 BGB sei ausreichend, weil § 126a Abs. 1 BGB die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgeschriebene elektronische Form abschließend regele und die Formvorschrift des § 12 Abs. 2 [X.] nur für etwaige Anlagen zur Anmeldung gelte, trifft nicht zu.

§ 126a Abs. 1 BGB betrifft nur den Fall, dass eine eigentlich in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abzufassende Erklärung stattdessen in elektronischer Form abgegeben werden soll. Er regelt mithin die bei der Erstellung der elektronischen Erklärung einzuhaltende Form, nicht aber die weitere Frage, welche Form bei der anschließenden elektronischen Übermittlung dieser Erklärung zu wahren ist. Diese Frage wird für die elektronische Übermittlung von [X.] an das Registergericht von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] beantwortet. Danach ist für die elektronische Einreichung eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten Abschrift - mithin auch für die öffentlich beglaubigte Anmeldungserklärung der Beteiligten - beim Registergericht ein einfaches elektronisches Zeugnis gemäß § 39a [X.] erforderlich (vgl. MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 12 Rn. 19 f.; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 12 Rn. 60 f., 67, 69; [X.] [X.]/[X.], Stand: 15. April 2021, § 12 Rn. 9, 33).

Anders als die Beteiligte meint, ist § 12 Abs. 2 [X.] nicht nur auf Dokumente anwendbar, die als Anlagen zur Anmeldung einzureichen sind, sondern auch auf die Anmeldung selbst. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 [X.] gibt für eine Unterscheidung zwischen der Anmeldung und deren Anlagen keinen [X.]alt. Vielmehr gilt die Vorschrift generell für "Dokumente", worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch auch die schriftlich verfasste Anmeldungserklärung zu fassen ist. Dass § 12 Abs. 1 [X.] bereits Regelungen zur Anmeldungserklärung und deren Einreichung enthält, lässt nicht den Schluss zu, dass diese Regelungen abschließend und die weiteren Formvorschriften des § 12 Abs. 2 [X.] auf die Anmeldungserklärung nicht anwendbar sein sollten. Vielmehr erfordert die Funktion des Handelsregisters, insbesondere die mit einer dortigen Eintragung verbundene Publizitätswirkung, eine besondere Richtigkeitsgewähr bei der elektronischen Übermittlung der Anmeldung, die allein durch § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht sichergestellt wäre. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgeschriebene öffentliche Beglaubigung der Anmeldung dient lediglich dem Nachweis, dass diese Erklärung von einer bestimmten Person abgegeben wurde. Sie besagt aber noch nichts darüber, ob diese (öffentlich beglaubigte) Anmeldungserklärung in Papierform auch inhaltlich mit dem Dokument übereinstimmt, das anschließend elektronisch bei Gericht eingereicht wird. Dieser "Medienwechsel" von der Anmeldung in Papierform zur Anmeldung in elektronischer Form erfordert eine zusätzliche Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung des [X.] mit dem elektronisch übermittelten Dokument. Hierfür bedarf es in Anbetracht der Publizitäts-, Verkehrsschutz- und Informationsfunktion des Handelsregisters einer besonderen Richtigkeitsgewähr, für die die Bestätigung durch einen unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes gemäß § 39a [X.] geboten ist.

b) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte weiter gegen die Annahme des [X.], dass sie nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] zwar nicht zur Vorlage der von ihr unverändert als Satzung übernommenen model articles, wohl aber ihres memorandum of association in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung verpflichtet ist.

aa) Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, da die Beteiligte einer [X.] [X.] mit beschränkter Haftung vergleichbar sei, gelte für sie auch die Verpflichtung zur Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abschrift ihres [X.]svertrags nebst Übersetzung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]. Bei einer [X.] [X.] bestehe der [X.]svertrag nach dem [X.] ([X.]A 2006) aus dem memorandum of association ([X.]. [X.]), dem die Funktion einer Gründungsurkunde zukomme, und den nunmehr als constitution bezeichneten [X.] ([X.]. 17 [X.]A 2006), die den eigentlichen Satzungsinhalt enthielten. Von der Vorlage ihrer [X.] sei die Beteiligte allerdings befreit, weil sie insoweit die für ihren [X.]styp in den [X.]ompanies (Model [X.]) Regulations 2008 normierten model articles unverändert übernommen habe. Bei diesen model articles handele es sich um kodifiziertes [X.] Recht und damit um ausländische Rechtsvorschriften, deren Vorlage seitens des Gerichts nicht verlangt werden könne. Anderes gelte jedoch für das memorandum of association, das trotz seines in [X.]. [X.] gesetzlich vorgegebenen Inhalts bereits aufgrund der darin enthaltenen Angabe der Zeichner und der von ihnen übernommenen Anteile als individuelle Gründungsurkunde der [X.] anzusehen sei.

bb) Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

(1) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen [X.] den §§ 13d ff. [X.] als lex fori unterliegt und die Beteiligte als private company limited by shares einer GmbH vergleichbar ist (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2007 - [X.], [X.]Z 172, 200 Rn. 6), so dass auf ihre Anmeldung § 13d, § 13e und § 13g [X.] entsprechend anwendbar sind. Danach sind der Anmeldung u.a. gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] der [X.]svertrag in öffentlich beglaubigter Abschrift und, sofern er nicht in [X.] erstellt ist, eine beglaubigte Übersetzung beizufügen.

(2) Nach den Feststellungen des [X.] erfüllt das memorandum of association nach [X.]. [X.] in erster Linie die Funktion der Gründungsurkunde der Beteiligten und ist damit Teil ihres [X.]svertrags. An diese Feststellungen des [X.], die das Bestehen und den Inhalt des [X.] materiellen Rechts betreffen, ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden (§ 72 Abs. 3 FamFG, § 560 ZPO; vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2013 - [X.] 197/12, [X.]Z 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des [X.] Rechts gestützte Verfahrensrüge hat die Beteiligte nicht erhoben. Ausgehend davon ist das memorandum of association der Beteiligten gemäß § 13g Abs. 2 Satz 1 [X.] bei der Anmeldung in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung vorzulegen.

(3) Dagegen macht die Beteiligte ohne Erfolg geltend, auch das memorandum of association komme einer ausländischen Rechtsvorschrift gleich, deren Vorlage in beglaubigter Abschrift nebst Übersetzung grundsätzlich nicht verlangt werden könne.

Die von der Beteiligten insoweit in Bezug genommene obergerichtliche Rechtsprechung ([X.], GmbHR 2009, 147, 148; [X.], [X.], 867, 868) betrifft nicht das memorandum of association einer [X.] [X.], sondern deren [X.]. Die dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Erwägungen sind auf das memorandum of association auch nicht übertragbar. Danach ist die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der [X.] nebst beglaubigter Übersetzung entbehrlich, wenn sich die [X.] für die vollständige Geltung der model [X.] entschieden hat, die in den [X.]ompanies (Model [X.]) Regulations 2008 für jeden [X.]styp gesetzlich normiert sind und die gemäß [X.]. [X.] subsidiär zur Anwendung kommen, wenn die [X.] keine [X.] hat. Begründet wird dies damit, dass es sich bei den model [X.] um eine Mustersatzung handele, welche gesetzestechnisch dem [X.] [X.]srecht vergleichbar einer Rechtsverordnung beigegeben sei und dispositives Recht enthalte, das materiell rechtlich eine den Bestimmungen im zweiten und dritten Abschnitt des GmbHG vergleichbare Kodifikation darstelle. Es handele sich somit um ausländische Rechtsvorschriften, die das Registergericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst festzustellen habe (ebenso [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 322b; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl., [X.]. zu § 4a Rn. 32 mwN; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 21 Rn. 19; [X.]/Süß, 4. Aufl., § 47 Rn. 189; Just/[X.], EWiR 2018, 269, 270; aA Mödl, [X.] 2008, 1, 11 unter Verweis auf [X.], [X.] 2005, 122, 129).

Dem memorandum of association kommt indes kein vergleichbarer Rechtsnormcharakter zu. Die Beteiligte weist zwar zutreffend darauf hin, dass Inhalt und Form des memorandum of association durch [X.]. [X.] gesetzlich vorgeschrieben sind. Zutreffend ist auch, dass das vom [X.] gemäß den [X.]ompanies (Registration) Regulations 2008 Nr. 3014 vorgegebene Muster der model articles als einzig individualisierende Angabe die Eintragung der Namen der Zeichner und ihre Unterschrift vorsieht. Das ändert aber nichts daran, dass es sich - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - immer noch um eine individuelle Erklärung der jeweiligen Zeichner über ihren Willen zur Gründung einer [X.] handelt. Auch wenn der Inhalt dieser Erklärung standardisiert und formularmäßig vorgegeben ist, ist sie gleichwohl ohne die individuelle Ergänzung der Zeichner unvollständig und kann ihr kein abstrakt genereller Regelungsgehalt entnommen werden, der möglicherweise eine Gleichstellung mit einer ausländischen Rechtsvorschrift rechtfertigen könnte.

(4) Entgegen der Ansicht der Beteiligten ist die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung des memorandum of association auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie - die Beteiligte - und die Mitglieder des zuständigen Gerichts der [X.] Sprache hinreichend mächtig sind. Die persönlichen Sprachkenntnisse der am Eintragungsverfahren unmittelbar Beteiligten sind im Hinblick auf die Publizitätsfunktion des Handelsregisters für die Übersetzungsverpflichtung nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht ausschlaggebend. Die [X.] bezweckt den Schutz von Gläubigern und Rechtsverkehr u.a. dadurch, dass der inländische Geschäftsverkehr sich ein Bild von den wesentlichen Verhältnissen der [X.] machen kann. Dafür ist die Übersetzung öffentlich einsehbarer Dokumente, die in ausländischer Sprache abgefasst sind, mithin auch des im öffentlich einsehbaren Registerordner aufgenommenen [X.]svertrags erforderlich.

(5) Die Verpflichtung zur Vorlage des memorandum of association in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung verstößt entgegen der Ansicht der Beteiligten schließlich nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie ([X.]) 2017/1132 des [X.] vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des [X.]srechts ([X.] L 169 vom 30. Juni 2017, [X.]; im Folgenden: [X.]srechtsrichtlinie) betreffend die Offenlegung von Angaben und Urkunden von Zweigniederlassungen, die am 20. Juli 2017 in [X.] und an die Stelle der bisherigen Regelungen der [X.]/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen ([X.] L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 36; im Folgenden: [X.]) getreten ist.

(a) Wie im Beschluss des Senats vom 16. Februar 2021 ([X.], 566 Rn. 8) bereits ausgeführt, gehört die Beteiligte nach dem Austritt des [X.]s aus der [X.] und dem Ablauf des im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangszeitraums nicht mehr zu den [X.]en aus anderen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 29, sondern zu den [X.]en aus einem Drittstaat im Sinne von Art. 36 der [X.]srechtsrichtlinie, deren Offenlegungspflichten in Art. 37 ff. der Richtlinie geregelt sind. Nach Art. 37 Buchstabe e) der [X.]srechtsrichtlinie erstreckt sich diese Offenlegungspflicht u.a. mindestens auf den [X.] und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung sowie jede Änderung dieser Unterlagen. Nach Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Buchstabe a) der Richtlinie sind der offenzulegende [X.] und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung in einer der Sprachen zu erstellen und zu hinterlegen, die nach der Sprachregelung des Mitgliedstaates, in dem die Akte angelegt wird, zulässig sind; zudem können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Übersetzung dieser Urkunden und Angaben zu beglaubigen ist.

(b) Danach kann hier auch die Offenlegung des memorandum of association der Beteiligten nebst beglaubigter Übersetzung in die [X.] verlangt werden, da es sich hierbei nach den oben genannten bindenden Feststellungen des [X.] um die Gründungsurkunde der Beteiligten, d.h. einen Teil ihres [X.]svertrags und damit auch einen Teil ihres [X.]s im Sinn der Richtlinie handelt.

(c) Der weitere Einwand der Beteiligten, das Verlangen nach einer beglaubigten Übersetzung des memorandum of association verstoße als nicht mehr gerechtfertigte Behinderung der Niederlassungsfreiheit gegen die [X.]srechtsrichtlinie bzw. gegen Art. 49, 54 A[X.]V, weil der Inhalt des memorandum of association als behördlich vorgegebene Mustererklärung mit gesetzlich festgeschriebenem Inhalt, deren einzig individuelle Angabe im Namen der/s Zeichner/s bestehe, auch ohne Übersetzung unschwer zu verstehen sei, greift bereits deshalb nicht, weil die Beteiligte sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann ([X.], Beschluss vom 16. Februar 2021 - [X.], [X.], 566 Rn. 7 ff.).

c) Keinen Erfolg hat die Beschwerde der Beteiligten auch, soweit sie sich gegen Beanstandung der fehlenden Angabe des Stammkapitals gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 3 [X.] i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG in Form des [X.] wendet.

Anders als die Beteiligte meint, hat das Beschwerdegericht nach § 13g Abs. 1, Abs. 3 [X.] i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG nicht die Angabe des Nennwerts eines [X.]santeils bei der Anmeldung ihrer Zweigniederlassung verlangt, sondern die Angabe des sogenannten [X.], d.h. des von den [X.]ern gezeichneten Kapitals für erforderlich gehalten. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts zu erinnern.

aa) Gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 3 [X.] i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG ist bei der Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung einer ausländischen [X.] mit beschränkter Haftung u.a. die Höhe des Stammkapitals der [X.] anzugeben. Für die Beteiligte folgt daraus die Verpflichtung zur Angabe eines [X.], dessen Funktion nach [X.] Recht derjenigen des Stammkapitals einer [X.] [X.] mit beschränkter Haftung vergleichbar ist.

bb) Nach den Feststellungen des [X.] kommt nach [X.] Recht bei einer [X.] [X.] dem von den [X.]ern gezeichneten Kapital, d.h. dem [X.], eine dem Stammkapital einer [X.] [X.] mit beschränkter Haftung entsprechende Funktion zu, weil dieses Kapital für die Haftung der [X.] und die [X.] Kapitalerhaltungsvorschriften allein maßgeblich sei. Diese Feststellung zum ausländischen Recht ist für das Rechtsbeschwerdegericht bindend (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2013 - [X.] 197/12, [X.]Z 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des [X.] Rechts gestützte Verfahrensrüge hat die Beteiligte insoweit nicht erhoben.

cc) Die Anforderung der Angabe des [X.] ist mit den Offenlegungsvorschriften der [X.]srechtsrichtlinie für Zweigniederlassungen von [X.]en aus Drittstaaten vereinbar, da diese nach Art. 37 f) der Richtlinie bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung u.a. "mindestens jährlich den Betrag des gezeichneten Kapitals" anzugeben haben.

d) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte schließlich dagegen, dass das Registergericht die fehlende Versicherung ihres directors über seine Belehrung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG beanstandet hat.

aa) Nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG haben die Geschäftsführer der [X.] bei der Anmeldung nicht nur zu versichern, dass keines der in § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG genannten Bestellungshindernisse in ihrer Person besteht, sondern auch, dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 enthielt nur die Versicherung ihres directors über das Nichtbestehen von [X.], nicht aber über seine Belehrung gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG.

bb) Diese fehlende eigene Versicherung ihres directors ist entgegen der Ansicht der Beteiligten auch nicht dadurch entbehrlich geworden, dass ihre verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin im Beschwerdeverfahren bestätigt hat, den director der Beteiligten entsprechend § 8 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 53 BZRG belehrt zu haben.

Auch wenn die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten als Rechtsanwältin als Vertreterin eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs im Sinn von § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG anzusehen sein sollte, reicht ihre Versicherung, die Belehrung vorgenommen zu haben, nicht aus. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG bedarf es der persönlichen Erklärung des belehrten Geschäftsführers; die Versicherung der ihn belehrenden Person genügt danach nicht (vgl. [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 22. Aufl., § 8 Rn. 11; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl., § 8 Rn. 16 mwN). Das ist auch im Hinblick auf die Strafbewehrung einer falschen Versicherung nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG folgerichtig.

Außerdem hat die Versicherung, belehrt worden zu sein, "in der Anmeldung" zu erfolgen und unterliegt damit ebenfalls der Form des § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], [X.], 1494 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 963). Danach ist die Eintragungsanmeldung in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Auch diese Voraussetzung ist bei der Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren nicht erfüllt.

cc) Schließlich verstößt die Verpflichtung des directors der Beteiligten zur Versicherung einer Belehrung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG nicht gegen Europarecht.

Hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Vorgaben der [X.]srechtsrichtlinie kann offenbleiben, ob diese Verpflichtung zur Abgabe einer persönlichen Erklärung überhaupt vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wird. Der Generalanwalt beim [X.] hat dies in seinen Schlussanträgen vom 14. Oktober 2020 zu der diesbezüglichen Vorlagefrage des Senats - betreffend die Offenlegungspflichten von [X.]en aus Mitgliedstaaten der [X.] - verneint (Rechtssache [X.]/19, [X.] [X.], [X.] = BeckRS 2020, 37167 Rn. 48 ff., 99 Nr. 1 - All in One Star [X.]); der [X.] hat darüber aufgrund der Aufhebung des [X.] durch den Senat nicht mehr entschieden.

Auch wenn man von der Anwendbarkeit der [X.]srechtsrichtlinie ausgeht, ist die Beanstandung des Registergerichts nicht richtlinienwidrig. Zwar enthält Art. 37 der Richtlinie keine ausdrückliche Regelung zur Abgabe einer Versicherung entsprechend § 13g Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung von [X.]en aus Drittstaaten. Anders als Art. 30 der Richtlinie in Bezug auf die Vorgaben für Anmeldungen von [X.]en aus einem Mitgliedstaat ("Die Pflicht zur Offenlegung … erstreckt sich lediglich auf …") ist Art. 37 der [X.]srechtsrichtlinie jedoch nicht abschließend, sondern beschränkt sich bereits seinem Wortlaut nach ausdrücklich auf Mindestangaben ("Die Pflicht zur Offenlegung … erstreckt sich mindestens auf …"; vgl. Otte-Gräbener, [X.] 2019, 934, 936). Danach steht es den Mitgliedstaaten nach der Richtlinie grundsätzlich frei, bei [X.]en aus Drittstaaten über die in Art. 37 genannten Mindestangaben hinaus weitere Offenlegungsmaßnahmen vorzusehen.

Eine Vorlage an den [X.] zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V ist nicht geboten, da diese Auslegung von Art. 37 der [X.]srechtsrichtlinie in Anbetracht des Wortlauts der Regelung derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel daran besteht (acte clair; vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]. 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257, 1258, Rn. 13 f. - [X.].I.L.F.I.T.).

III. Da die Rechtsbeschwerde gegen die allein verfahrensgegenständliche Zwischenverfügung zurückzuweisen ist, hatte der Senat keine Veranlassung, darüber zu befinden, ob die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung einer Zweigniederlassung einer [X.] [X.] nach dem Austritt des [X.] aus der [X.] und dem Ablauf der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist noch vorliegen, und dazu die weder festgestellten noch den Akten zu entnehmenden tatsächlichen Verhältnisse der Beteiligten zu ermitteln.

[X.]     

      

Bernau     

      

B. Grüneberg

      

v. Selle     

      

[X.]     

      

Meta

II ZB 25/17

15.06.2021

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 16. Februar 2021, Az: II ZB 25/17, Beschluss

§ 12 Abs 1 S 1 HGB, § 12 Abs 2 S 2 Halbs 2 HGB, § 39a BeurkG, § 126a BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2021, Az. II ZB 25/17 (REWIS RS 2021, 4992)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1074-1075 WM2021,1440 REWIS RS 2021, 4992


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZB 25/17

Bundesgerichtshof, II ZB 25/17, 15.06.2021.

Bundesgerichtshof, II ZB 25/17, 16.02.2021.

Bundesgerichtshof, II ZB 25/17, 14.05.2019.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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12 W 46/15 (OLG Nürnberg)

Nachweis der Vertretungsbefugnis des Directors (Geschäftsführers) einer englischen Limited


I-3 Wx 210/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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