Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 74/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9500

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß im Internet: Voraussetzungen einer Verantwortlichkeit für die Inhalte einer über einen Hyperlink erreichbaren Internetseite - Haftung für Hyperlink


Leitsatz

Haftung für Hyperlink

1. Eine Haftung für die Inhalte einer über einen Link erreichbaren Internetseite wird nicht allein dadurch begründet, dass das Setzen des Links eine geschäftliche Handlung des Unternehmers darstellt.

2. Wer sich fremde Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen. Darüber hinaus kann, wer seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

3. Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt, sofern er sich den Inhalt nicht zu eigen gemacht hat.

4. Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine klare Rechtsverletzung handelt.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 19. Februar 2014 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Facharzt für Orthopädie. Mitte 2012 warb er auf seiner Internetseite unter der Überschrift "Implantat-Akupunktur" für eine Behandlung, bei der dem Patienten im Bereich der Ohrmuschel winzige Nadeln subkutan implantiert werden. Am Ende des Textes befand sich für "weitere Informationen auch über die Studienlage" ein elektronischer Verweis (Link) zur Startseite "www.     .de", dem Internetauftritt des [X.]     e.V., die wie folgt gestaltet war:

Abbildung

Abbildung

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2

Auf den über diese Startseite erreichbaren Unterseiten waren Aussagen zum Anwendungsgebiet und zur Wirkung der Implantat-Akupunktur abrufbar, die der Kläger, der [X.], für irreführend hält. Nach Abmahnung durch den Kläger entfernte der Beklagte den Link von seiner Internetseite. Er gab jedoch keine Unterlassungserklärung ab.

3

Das [X.] hat den Beklagten entsprechend dem in erster Instanz zuletzt gestellten Antrag unter Androhung von [X.] verurteilt, es zu unterlassen, mit 33 in der Urteilsformel wiedergegebenen, näher bezeichneten Aussagen, die auf den Internetseiten "     .de" bereitgehalten waren, für eine Ohr-Implantat-Akupunktur zu werben und dem Kläger Abmahnkosten in Höhe von 166,60 € nebst Zinsen zu erstatten. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen ([X.], [X.], 259).

4

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden die mit der Klage verfolgten Ansprüche nicht zu, weil dem [X.] die Aussagen auf der [X.]seite "      .de" nicht zuzurechnen seien, die über den [X.] auf seiner [X.]seite bis zur Abmahnung vom 4. Juni 2012 erreichbar waren. Dazu hat es ausgeführt:

6

Der vom [X.] gesetzte [X.] zur Seite "     .de" stelle zwar eine geschäftliche Handlung dar, weil er objektiv auch dem Zweck diene, [X.]nutzern das Dienstleistungsangebot des [X.] nahezubringen und dafür zu werben. Daraus folge aber nicht, dass der Beklagte für die nach dem Vortrag des [X.] irreführenden Angaben auf der [X.]seite "      .de" einzustehen habe. Unter Würdigung aller Umstände des Streitfalls könne nicht festgestellt werden, dass sich der Beklagte mit dem Setzen des [X.]s die Inhalte des fremden [X.]auftritts zu Eigen gemacht habe. Diese seien ihm daher nicht wie eigene Werbeaussagen zuzurechnen. Weder erschienen die eigenen werblichen Äußerungen des [X.] ohne Nachverfolgung des [X.]s unvollständig und unverständlich noch seien die Inhalte der Seite "     .de" für die objektive Zwecksetzung des eigenen [X.]auftritts des [X.] wesentlich, Nutzer für die in seiner Praxis angebotene [X.] zu interessieren. Vielmehr wirke der [X.] nach der vorangestellten Ankündigung von "Informationen auch über die Studienlage" eher wie der abschließende Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines [X.]schriftenartikels, mit dem der Verfasser keine ungeteilte Zustimmung zu allen im angegebenen Schrifttum vertretenen Auffassungen zum Ausdruck bringe. Zudem führe der vom [X.] gesetzte [X.] nicht unmittelbar zu den vom Kläger beanstandeten Aussagen, sondern lediglich zu der beanstandungsfreien Startseite des [X.]auftritts eines als Forschungsverband bezeichneten Idealvereins, von der aus auch andere, vom Kläger nicht angegriffene Beiträge zum Thema Implantat-Akupunktur erreichbar gewesen seien. Aus der objektiven Perspektive eines durchschnittlichen [X.]nutzers liege die Annahme fern, der Beklagte habe mit seinem [X.] die volle Verantwortung für den gesamten Inhalt der Webpräsenz "     .de" einschließlich aller auf Unterseiten oder in PDF-Dateien enthaltenen Aussagen zu Wirkung und Anwendungsmöglichkeiten der Ohr-Implantat-Akupunktur übernommen.

7

Eine Haftung des [X.] unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher [X.] scheide ebenfalls aus. Der Beklagte habe es weder darauf angelegt, Besucher seiner [X.]seite zu bestimmten erkennbar irreführenden Aussagen auf der Seite "     .de" zu führen, noch könne angenommen werden, dass dem [X.] klare Rechtsverletzungen innerhalb des [X.]auftritts "     .de" bereits bei der Abmahnung bekannt gewesen seien oder er solche in zumutbarer Weise leicht habe erkennen können. Der Beklagte habe den [X.] zu den beanstandeten Inhalten auch sofort nach der Abmahnung durch den Kläger von seiner eigenen [X.]seite entfernt. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger beanstandeten Aussagen auf der Seite "    .de" tatsächlich irreführend seien.

8

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit der dem Gesundheitsschutz der Verbraucher dienenden Marktverhaltensregelung des § 3 [X.] zu, weil der Beklagte für etwaige wettbewerbswidrige Inhalte auf der [X.]seite "     .de" nicht haftet. Da die Abmahnung unbegründet war, kann der Kläger auch keine Erstattung von Abmahnkosten verlangen.

9

1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht das Setzen des [X.]s zu der Seite "     .de" als geschäftliche Handlung des [X.] im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG angesehen.

Der Beklagte wirbt auf seiner [X.]seite für die von ihm in seiner Praxis angebotene Behandlungsmethode der Implantat-Akupunktur. Der Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen erspart, indem er den Nutzern seiner [X.]seite mit dem [X.] am Ende der Ausführungen zur Implantat-Akupunktur "weitere Informationen auch über die Studienlage" anbot. Durch den [X.] hat der Beklagte die fremde [X.]seite für seinen eigenen werblichen Auftritt genutzt. Der Streitfall unterscheidet sich dadurch maßgeblich von Sachverhalten, in denen Online-Medien zur Erläuterung redaktioneller Beiträge elektronische Verweise setzen, die allein der Information und Meinungsbildung ihrer Nutzer dienen sollen (vgl. zu § 1 UWG aF [X.], Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, [X.]Z 158, 343, 347 ff. - [X.]; zum geltenden Recht vgl. [X.], Urteil vom 19. Mai 2011 - I ZR 147/09, [X.], 74 Rn. 15, 38 = [X.], 77 - Coaching-Newsletter).

2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte aufgrund des [X.]s nicht für etwaige wettbewerbswidrige Inhalte auf den über die [X.]seite "www.    .de" erreichbaren Unterseiten einzustehen hat.

a) Das [X.] enthält keine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/[X.] über den elektronischen Geschäftsverkehr, deren Umsetzung das [X.] dient, hat die Frage der Haftung für derartige Verweise ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Die [X.] richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften. Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der [X.] vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hat (vgl. zum Ganzen [X.], Urteil vom 18. Oktober 2007 - [X.], [X.], 534 Rn. 20 = [X.], 771 - ueber18.de).

Wer sich die fremden Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines [X.]s verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen (vgl. [X.], [X.], 534 Rn. 20 - ueber18.de). Maßgeblich für die Frage, ob sich der Unternehmer mit seinem eigenen [X.]auftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 616 Rn. 23 = [X.], 922 - marions-kochbuch.de).

Darüber hinaus kann derjenige, der seinen [X.]auftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den [X.]seiten eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer (vgl. zum Urheberrecht [X.], Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 339 Rn. 18 ff. - [X.]; zum Persönlichkeitsrecht Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 - [X.], [X.]Z 191, 219 Rn. 20 ff. - Blog-Eintrag) und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.]Z 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei [X.]) in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

Danach begründet auch eine als geschäftliche Handlung zu qualifizierende [X.]setzung als solche noch keine Haftung für die verlinkten Inhalte (Fezer/Mankowski, UWG, 2. Aufl., § 4-S12 Rn. 131; MünchKomm.UWG/Busche, 2. Aufl., § 5 Rn. 708; MünchKomm.UWG/[X.] aaO § 8 Rn. 273; [X.], [X.], 691, 696). Das Setzen eines [X.]s kann eine geschäftliche Handlung darstellen, ohne dass dadurch eine wettbewerbsrechtliche Haftung desjenigen begründet wird, der den [X.] gesetzt hat.

b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zutreffend eine Haftung des [X.] für etwaige irreführende Inhalte auf den über die [X.]seite "    .de" erreichbaren Unterseiten verneint.

aa) Der Beklagte hat sich die unter der [X.]seite "      .de" hinterlegten Inhalte nicht in einer Weise zu Eigen gemacht, dass der Verkehr sie ihm zurechnet (vgl. [X.], [X.], 616 Rn. 23 - marions-kochbuch.de; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 2.27; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 6. Aufl., § 8 Rn. 139).

Der elektronische Verweis ist nicht wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des [X.] (vgl. [X.], [X.], 534 Rn. 21 - ueber18.de). Über ihn sind auch keine Inhalte zugänglich, in denen offen oder versteckt für die Produkte des [X.] geworben wird (vgl. Bornkamm/Seichter, [X.] 2005, 747, 751). Der [X.] dient ferner weder zu einer Vervollständigung des eigenen Behandlungsangebots des [X.] (vgl. Bornkamm/Seichter, [X.] 2005, 747, 751; [X.], [X.], 691, 696), noch ist er so in einen redaktionellen Beitrag auf der [X.]seite des [X.] eingebettet, dass er für das weitergehende Verständnis dort geäußerter Meinungen oder Ansichten erkennbar von Bedeutung und dadurch Bestandteil der vom [X.] auf seiner [X.]seite bereitgestellten Inhalte geworden ist (vgl. [X.], [X.], 74 Rn. 23 f. - Coaching-Newsletter).

Zu Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang maßgebliche Bedeutung dem Umstand beigemessen, dass es sich bei dem vom [X.] gesetzten elektronischen Verweis nicht um einen sogenannten Deeplink handelt, der direkt zu allen oder einzelnen der vom Kläger beanstandeten Aussagen führt, sondern lediglich um einen [X.] zu der als solcher unbedenklichen Startseite des als Forschungsverband bezeichneten [X.]     e.V. (vgl. [X.], [X.], 691, 696). Die beanstandeten Inhalte werden dem [X.]nutzer also nicht schon durch einfaches Klicken auf den vom [X.] bereitgestellten [X.] zugänglich, sondern erst durch weiteres unabhängiges und vom [X.] nicht gelenktes Navigieren innerhalb des [X.]auftritts "    .de".

Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, entspricht der [X.] im Streitfall somit einem Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Aufsatzes oder Beitrags, über den sich der interessierte [X.]nutzer zusätzliche Informationsquellen zu einem bestimmten Thema selbständig erschließen kann. Das Berufungsgericht hat es unter diesen Umständen zu Recht als fernliegend angesehen, dass der angesprochene Verkehr den [X.] dahingehend verstehen könnte, der Beklagte wolle damit die inhaltliche Verantwortung für alle Inhalte übernehmen, die über die [X.]seite "    .de" erreichbar sind. Vielmehr wird der durchschnittlich informierte und verständige, [X.] aufmerksame [X.]nutzer den [X.] als vom [X.] bereitgestellte Möglichkeit verstehen, sich bei entsprechendem Interesse anhand von Informationen, die durch vom [X.] unabhängige Dritte bereitgestellt werden, weitergehend über das Thema Implantat-Akupunktur zu informieren.

bb) Eine Haftung des [X.] als Störer kommt nicht in Betracht, weil die als irreführend beanstandeten Inhalte keine absoluten Rechte verletzt haben können.

cc) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag des [X.] zu Recht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht für begründet erachtet.

(1) Allerdings kann sich eine Rechtspflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch aus dem Gesichtspunkt eines gefahrerhöhenden Verhaltens ergeben, insbesondere aus der Verletzung von [X.] (vgl. [X.]Z 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei [X.]). Ein solches gefahrerhöhendes Verhalten kann sich grundsätzlich auch aus dem Setzen eines [X.]s auf die [X.]seite eines Dritten ergeben (vgl. [X.], [X.], 625; [X.], GRUR 2005, 200, 205 f.). Der [X.] erhöht die Gefahr der Verbreitung etwaiger rechtswidriger Inhalte, die sich auf den [X.]seiten Dritter befinden. Aus dieser Gefahrerhöhung für eine Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern folgt die Verpflichtung desjenigen, der den [X.] setzt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Wie bei einem Telediensteanbieter (vgl. [X.]Z 173, 188 Rn. 38 - Jugendgefährdende Medien bei [X.]) konkretisiert sich auch für den geschäftlich einen [X.] setzenden Unternehmer die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte als Prüfungspflicht. Deren Bestehen und Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch [X.] nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Damit wird einer unangemessenen Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegengewirkt.

(2) Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen [X.] setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der [X.] verwendet wird, dem Zweck des [X.]s sowie danach, welche Kenntnis der den [X.] Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der [X.]auftritt, auf die der [X.] verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann, wenn beim Setzen des [X.]s keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Haftung begründet sein, wenn ein [X.] aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, etwa nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, dass mit dem [X.] ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Wenn [X.]s nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen allerdings im Interesse der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im [X.] ohne den Einsatz von [X.]s zur Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien weitgehend eingeschränkt wäre (vgl. [X.]Z 158, 343, 352 f. - [X.]). Diese Haftungsgrundsätze für [X.]s gelten auch im Rahmen der nach der neueren Senatsrechtsprechung bei der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verhaltenspflichten maßgeblichen Haftung aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, selbst wenn die Maßstäbe im Zusammenhang mit der inzwischen im Wettbewerbsrecht aufgegebenen Störerhaftung entwickelt worden sind. Die Auswechslung der dogmatischen Grundlage der Haftung hat die Prüfungspflichten für das Setzen von [X.]s inhaltlich nicht verändert.

(3) Zur Konkretisierung der Prüfungspflichten im Zusammenhang mit dem Setzen von [X.]s kann im Ausgangspunkt auf die vom Senat im Zusammenhang mit [X.]-Marktplätzen entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 139). Zwar gilt für das Setzen eines [X.]s bei der Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen nicht die Privilegierung des § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, wonach Diensteanbieter nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten, so dass ihnen grundsätzlich nicht zuzumuten ist, jedes Angebot vor Veröffentlichung im [X.] auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, [X.]Z 158, 236, Rn. 49 - [X.]-Versteigerung I; Urteil vom 17. August 2011 - [X.], [X.]Z 191, 19 Rn. 21 - [X.]; Urteil vom 5. Februar 2015 - [X.], [X.], 485 Rn. 51 = [X.], 577 - Kinderhochstühle III). Der im [X.] tätige Unternehmer wird nicht dadurch zum Anbieter von Telediensten, dass er bei der Werbung für seinen Geschäftsbetrieb einen [X.] setzt. Allerdings sind [X.]s aus der Sicht der [X.]nutzer unerlässlich, um die unübersehbare Informationsflut im [X.] zu erschließen. Es ist daher gerechtfertigt, regelmäßig auch für einen Unternehmer eine proaktive Überwachungspflicht hinsichtlich der von ihm verlinkten Inhalte zu verneinen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 139). Sofern ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten [X.]seite nicht deutlich erkennbar ist, haftet derjenige, der den [X.] setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt.

(4) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass im Streitfall keine Grundlage für die Annahme erhöhter Pflichten des [X.] etwa unter dem Aspekt eines von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells oder der Förderung rechtsverletzender Nutzung durch eigene Maßnahmen besteht (vgl. dazu [X.]Z 194, 339 Rn. 22 - [X.]; [X.], Urteil vom 15. August 2013 - [X.], [X.], 1030 Rn. 31 = [X.], 1348 - File-Hosting-Dienst). Eine Haftung des [X.] für den von ihm gesetzten [X.] setzte deshalb voraus, dass er - etwa durch einen Hinweis des [X.] - Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten erhielt, die über diesen [X.] erreichbar waren.

(5) Soweit der Senat insoweit bei [X.]-Marktplätzen oder File-Hosting-Diensten eine klare Rechtsverletzung verlangt (vgl. [X.]Z 194, 339 Rn. 28 - [X.]; [X.], [X.], 485 Rn. 52 - Kinderhochstühle im [X.] III), ergibt sich diese Anforderung allerdings unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit, weil weitergehende Prüfungspflichten das von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte Geschäftsmodell dieser Anbieter in Frage stellen könnten. Eine vergleichbare Interessenlage besteht nicht bei [X.]s, die kommerziellen [X.]seiten lediglich ein zusätzliches Informationsangebot hinzufügen, das für die dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen weder essentiell ist noch ihren Wert oder Nutzen steigert. Zudem handelt es sich dabei im Gegensatz zu [X.]-Marktplätzen oder File-Hosting-Diensten regelmäßig um eine begrenzte Anzahl von [X.]s, die vom Inhaber der [X.]seite bewusst gesetzt werden. Es ist deshalb sachgerecht, das Risiko der rechtlichen Beurteilung, ob eine beanstandete Äußerung auf dem durch den [X.] erreichbaren [X.]auftritt tatsächlich rechtswidrig ist oder nicht, demjenigen zuzuordnen, der den [X.] setzt. Dadurch werden die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen Dritter angemessen gegen die Verbreitung rechtswidriger Inhalte im [X.] durch [X.]s geschützt. Der Unternehmer, der den [X.] setzt, ist also bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten [X.]seite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rechtsverletzung klar erkennbar ist.

(6) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine Haftung des [X.] für die nach Ansicht des [X.] rechtswidrigen Inhalte auf der [X.]seite "    .de" nicht in Betracht. Der Beklagte hat nach Abmahnung des [X.] den [X.] zur Startseite von "   .de" sofort von seiner [X.]seite entfernt. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass nichts dafür spricht, der Beklagte habe bereits vor der Abmahnung Kenntnis von rechtsverletzenden, insbesondere irreführenden Aussagen auf den Unterseiten des [X.]auftritts "    .de" gehabt.

3. Kommt eine Haftung des [X.] danach von vornherein nicht in Betracht, konnte das Berufungsgericht zu Recht dahinstehen lassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die vom Kläger beanstandeten Aussagen über Wirkungen und Anwendungsgebiete der Ohr-Implantat-Akupunktur objektiv unzutreffend oder jedenfalls wissenschaftlich nicht gesichert und möglicherweise schon deshalb zur Täuschung geeignet sind.

III. Besteht kein Unterlassungsanspruch des [X.], erweist sich auch seine Abmahnung als unberechtigt, so dass ihm kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zusteht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher                 Schaffert                        [X.]

               [X.]

Meta

I ZR 74/14

18.06.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 19. Februar 2014, Az: I-6 U 49/13, Urteil

§ 8 Abs 1 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 74/14 (REWIS RS 2015, 9500)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 804 REWIS RS 2015, 9500

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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