Bundespatentgericht, Urteil vom 19.02.2021, Az. 6 Ni 51/18 (EP)

6. Senat | REWIS RS 2021, 10567

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Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 2 400 595

([X.] 2011 006 975)

hat der 6. Senat ([X.]) des [X.] am 19. Februar 2021 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und Dipl.-Phys. Univ. Dr. Haupt

für Recht erkannt:

[X.] Das europäische Patent 2 400 595 wird im Umfang der Ansprüche 1 bis 4 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilten [X.] Patents 2 400 595 (Streitpatent), das auf die Anmeldung [X.] vom 17. Juni 2011 zurückgeht, bei der die Priorität der [X.] Patentanmeldung 10 2010 024 809 vom 23. Juni 2010 in Anspruch genommen worden ist.

2

Das Streitpatent ist in [X.]. Es wird beim [X.] unter dem Aktenzeichen 50 2011 006 975 geführt und trägt die Bezeichnung

3

"Anschlussklemme".

4

Es umfasst in der erteilten Fassung zehn Patentansprüche, die mit der am 11. Dezember 2018 erhobenen Nichtigkeitsklage im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4 angegriffen werden.

5

Der angegriffene erteilte unabhängige Patentanspruch 1 lautet in der [X.] wie folgt:

6

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet dass der Betätigungsabschnitt der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht.

7

Die ebenfalls angegriffenen Patentansprüche 2 bis 4 sind auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen.

8

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Streitpatent wegen des [X.] der fehlenden Patentfähigkeit, nämlich wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit, für nichtig zu erklären sei. Dies stützt sie auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach Klageschriftsatz):

9

D1    

[X.]-131679 U

D1*     

[X.] Übersetzung der D1

D2    

[X.] 202 08 724 [X.]

D3    

[X.] 196 11 854 C1

D4    

[X.] 697 03 829 T2

D4*     

EP 0 837 526 A1

D5    

[X.] 6,074,241 A

D6    

[X.] 2003-77558 A

D6*     

[X.] Übersetzung der D6

D7    

[X.] 30 19 149 C2

D8    

Katalog "Leiterplattenanschlusstechnik Elektronikgehäuse COMBICON 2007", "[X.] 52002249/15.03.2007-00, [X.] in [X.], ©Phoenix Contact 2007"

                 

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 2 400 595 im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4 mit Wirkung für die [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat wiederholt geänderte Anträge eingereicht und beantragt zuletzt,

die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Fassung des Streitpatents nach dem geänderten Hauptantrag aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 richtet,

hilfsweise die Klage abzuweisen,

soweit sie sich auch gegen eine der drei Fassungen des Streitpatents nach den [X.] 1 bis 3 aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 richtet.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2021 beantragt die Beklagte darüber hinaus,

hilfsweise die Klage abzuweisen,

soweit sie sich auch gegen eine der Fassungen des Streitpatents nach den [X.] 4 bis 6 vom 19. Februar 2021 richtet.

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist, wobei mindestens ein freies Ende (10) des Klemmabschnitts (8) in Richtung des [X.]s (3) hervorragt‚ um eine Klemmstelle für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden, wobei das Schwenklager (17) des Betätigungshebels (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist, wobei mindestens ein freies Ende (10) des Klemmabschnitts (8) in Richtung des [X.]s (3) hervorragt‚ um eine Klemmstelle für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden, wobei das Schwenklager (17) des Betätigungshebels (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet, wobei der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) aus der [X.] (4) herausgebogen ist und sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 aus dem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist, wobei mindestens ein freies Ende (10) des Klemmabschnitts (8) in Richtung des [X.]s (3) hervorragt‚ um eine Klemmstelle für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden, wobei der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) aus der [X.] (4) herausgebogen ist und sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

Patentanspruch 1 in der Fassung nach den [X.] 4 bis 6 aus der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2021 entspricht jeweils Patentanspruch 1 in der Fassung nach den [X.] 1 bis 3 (4 wie 1, 5 wie 2 und 6 wie 3) vom 9. Februar 2021, wobei in dem dort jeweils zusätzlich aufgenommenen Abschnitt u. a. der Teil "wobei mindestens ein freies Ende (10) des Klemmabschnitts (8) in Richtung des [X.]s (3) hervorragt‚ um eine Klemmstelle für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden," wieder gestrichen ist.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 vom 19. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist, wobei das Schwenklager (17) des Betätigungshebels (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 vom 19. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt (13) der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist, wobei das Schwenklager (17) des Betätigungshebels (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet, wobei sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 vom 19. Februar 2021 lautet:

Anschlussklemme (1) mit einem [X.] (2) und mit mindestens einer Federklemmeinheit mit einer [X.] (4) und einem [X.] (3) in dem [X.] (2), wobei die [X.] (4) einen Anlageabschnitt (6), einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7) und einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8) hat, wobei die [X.] (4) einen [X.] (13) hat, der sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg erstreckt und zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet ist, dass das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des [X.] (16, 31, 33, 39) entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff [X.] ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Betätigungsabschnitt der [X.] von dem Klemmabschnitt der [X.] abgeht, wobei das Betätigungselement (16, 31, 33, 39) ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungshebel (16) ist, der ein Schwenklager (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist und sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents wenigstens in einer der verteidigten Fassungen nach dem geänderten Hauptantrag bzw. den [X.] für schutzfähig.

Die Klägerin rügt die hilfsweise, erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge 4 bis 6 als verspätet. Sie ist zudem der Ansicht, Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge sei unklar, erweitere das Patent unzulässig und sei nicht patentfähig.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 23. November 2020 zugeleitet und hierin Fristen zur Stellungnahme auf den Hinweis und auf etwaiges Vorbringen der jeweiligen Gegenpartei gesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Streitpatent erweist sich in der Fassung nach dem geänderten Hauptantrag als nicht schutzfähig. Dem Streitpatent steht in der Fassung nach dem geänderten Hauptantrag der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit jedenfalls wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ entgegen. Die Verteidigung des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der Fassung der [X.] bis 3 ist unzulässig. Die [X.] 4 bis 6 sind verspätet eingereicht und können daher zur Verteidigung des Streitpatent nicht herangezogen werden.

I.

1. Das Streitpatent betrifft eine Anschlussklemme mit einem Isolierstoffgehäuse und mit mindestens einer Federklemmeinheit, die von einer [X.] und einem [X.] im Isolierstoffgehäuse g[X.]ildet wird. Die [X.] hat einen Anlageabschnitt, einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden Feder-bogen und einen sich an den [X.] anschließenden Klemmabschnitt, wobei der Klemmabschnitt zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] ausgeformt ist (Abs. 0001 der [X.]).

Bei derartigen Anschlussklemmen wird ein elektrischer Leiter von dem Klemmabschnitt durch die Federkraft der [X.] gegen den [X.] gedrückt und hierdurch ein elektrisch leitender Kontakt zwischen dem [X.] und dem angeklemmten elektrischen Leiter hergestellt (Abs. 0002).

Zur Entnahme des angeschlossenen elektrischen Leiters muss die [X.] geöffnet werden, wozu der Klemmabschnitt entgegen der Federkraft vom [X.] wegbewegt werden muss. Dies erfolgt durch Betätigungswerk-zeuge, wie Schraubendreher, die in geeignete Betätigungsöffnungen eingeführt werden oder durch [X.], die im [X.] angeordnet sind (Abs. 0003).

Der Stand der Technik, von dem das Streitpatent ausgeht, wird in den Absätzen 0004 bis 0010 der [X.] beschri[X.]en. Dort sind insgesamt si[X.]en Druckschriften genannt, wobei die in Absatz 0008 genannte Druckschrift EP 0 837 526 [X.] [[X.]*] eine Anschlussklemme mit den Merkmalen nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zeige.

2. Davon ausgehend ist in der [X.] die Aufgabe genannt, eine verbesserte Anschlussklemme zu schaffen, bei der die Betätigung und die Integration eines Betätigungsorgans in einem Isolierstoffgehäuse verbessert sei (Abs. 0011).

Gelöst werde diese Aufgabe mit der Anschlussklemme gemäß Patentanspruch 1.

3. Als Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe ist ein Diplomingenieur (FH) bzw. Bachelor der Fachrichtung Feinwerk- oder Fertigungstechnik anzusehen, der elektrische Anschlussklemmen entwickelt.

4. Der Patentanspruch 1 gemäß geltendem Hauptantrag vom 9. F[X.]ruar 2021 lautet in gegliederter Fassung:

a) Anschlussklemme (1) mit

aa) einem [X.] (2) und

ab) mindestens einer Federklemmeinheit.

b) [X.] hat

ba) eine [X.] (4) und

bb) einen [X.] (3) in dem [X.] (2).

c) Die [X.] (4) hat

ca) einen Anlageabschnitt (6),

cb) einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7),

cc) einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8), und

cd) einen [X.] (13).

d) Der [X.] (13)

da) erstreckt sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg,

db) ist zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet, dass das Betätigungselement zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des Betätigungselements entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff bringbar ist.

e) Der [X.] (13) der [X.] (4) geht von dem Klemmabschnitt der [X.] ab.

f)[X.] Das Betätigungselement (16, 31, 33, 39)

fa)[X.] ist ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungsh[X.]el (16),

fb)[X.] der ein [X.] (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 vom 9. F[X.]ruar 2021 umfasst alle Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag auf, an die sich die folgenden Merkmale anschließen:

fc‘)[X.] wobei das [X.] (17) des Betätigungsh[X.]els (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet.

ga')[X.] Mindestens ein freies Ende (10) des [X.] (8) ragt in Richtung des [X.]s (3) hervor‚

gb)[X.] um eine [X.] für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten

[X.])[X.] und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vom 9. F[X.]ruar 2021 basiert auf dem Hilfsantrag 1 und weist zusätzlich die Merkmale ea)[X.] und [X.])[X.] auf. Er lautet in gegliederter Fassung:

a) Anschlussklemme (1) mit

aa) einem [X.] (2) und

ab) mindestens einer Federklemmeinheit.

b) [X.] hat

ba) eine [X.] (4) und

bb) einen [X.] (3) in dem [X.] (2).

c) Die [X.] (4) hat

ca) einen Anlageabschnitt (6),

cb) einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7),

cc) einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8), und

cd) einen [X.] (13).

d) Der [X.] (13)

da) erstreckt sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg,

db) ist zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet, dass das Betätigungselement zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des Betätigungselements entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff bringbar ist.

e) Der [X.] (13) der [X.] (4) geht von dem Klemmabschnitt (8) der [X.] (4) ab,

ea)[X.] wobei der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) aus der [X.] (4) herausg[X.]ogen ist und

[X.])[X.] sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

f)[X.] Das Betätigungselement (16, 31, 33, 39)

fa)[X.] ist ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungsh[X.]el (16),

fb)[X.] der ein [X.] (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist.

fc‘)[X.] wobei das [X.] (17) des Betätigungsh[X.]els (16) sich oberhalb des [X.]s (3) befindet.

ga')[X.] Ein freies Ende (10) des [X.] (8) ragt in Richtung des [X.]s (3) hervor‚

gb)[X.] um eine [X.] für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten

[X.])[X.] und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 vom 9. F[X.]ruar 2021 lautet in gegliederter Fassung:

a) Anschlussklemme (1) mit

aa) einem [X.] (2) und

ab) mindestens einer Federklemmeinheit.

b) [X.] hat

ba) eine [X.] (4) und

bb) einen [X.] (3) in dem [X.] (2).

c) Die [X.] (4) hat

ca) einen Anlageabschnitt (6),

cb) einen sich an den Anlageabschnitt anschließenden [X.] (7),

cc) einen sich an den [X.] (7) anschließenden und zum Anklemmen eines elektrischen Leiters gegen den [X.] (3) ausgeformten Klemmabschnitt (8), und

cd) einen [X.] (13).

d) Der [X.] (13)

da) erstreckt sich von der Richtung der am Klemmabschnitt (8) wirkenden Federkraft der [X.] (4) weg,

db) ist zur Beaufschlagung durch ein Betätigungselement (16, 31, 33, 39) so ausgerichtet, dass das Betätigungselement zur Ausübung einer auf den [X.] (13) bei Verlagerung des Betätigungselements entgegen der Federkraft wirkenden Zugkraft zum Öffnen der [X.] (4) mit dem [X.] (13) in Eingriff bringbar ist.

e) Der [X.] (13) der [X.] (4) geht von dem Klemmabschnitt (8) der [X.] (4) ab,

ea)[X.] wobei der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) aus der [X.] (4) herausg[X.]ogen ist und

[X.])[X.] sich der Betätigungsabschnitt (13) vom Klemmabschnitt (8) in Richtung einer vom Anlageabschnitt (6) aufgespannten Ebene erstreckt.

f)[X.] Das Betätigungselement (16, 31, 33, 39)

fa)[X.] ist ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungsh[X.]el (16),

fb)[X.] der ein [X.] (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist.

ga')[X.] Ein freies Ende (10) des [X.] (8) ragt in Richtung des [X.]s (3) hervor‚

gb)[X.] um eine [X.] für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten

[X.])[X.] und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden.

II.

1. Ihre Rüge, der geltende Hauptantrag sei verspätet, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 19. F[X.]ruar 2021 in Ansehung der Diskussion um die Patentfähigkeit nicht aufrechterhalten.

2. Die Formulierung der Merkmale f)Ha sowie fa)[X.], die gegenüber der erteilten Fassung erstmals mit Schriftsatz vom 12. Juni 2020 und wiederum mit Schriftsatz vom 9. F[X.]ruar 2021 in den Patentanspruch 1 eingefügt wurden, geht auf den ursprünglich beim europäischen Patentamt eingereichten Patentanspruch 3 zurück.

Für das in Merkmal fb)[X.] genannte [X.] gibt es in den ursprünglichen Patentansprüchen keine Stütze, vielmehr nimmt die Beklagte dabei Bezug auf die Beschreibung des Ausführungsbeispiels gemäß den Figuren 1 bis 4 (Seite 9, 3. Absatz).

In der ursprünglichen Beschreibung und gleichermaßen in der Patentschrift ist dabei jedoch offeng[X.]li[X.]en, welchem Teil der Anschlussklemme das [X.] zugeordnet ist; eindeutig beschri[X.]en ist lediglich, dass der Betätigungsh[X.]el um ein [X.] verschwenkbar (Anspruch 3) bzw. beweglich (Seite 9, 3. Absatz) ist. Dieser Sachverhalt ist allerdings bereits durch das Merkmal fa)[X.] beschri[X.]en.

Die in Rede stehende ursprüngliche Formulierung lautet (Seite 9, 3. Absatz; gleichlautend in Absatz 0032 der [X.]):

"Das freie Ende 14 des [X.]s 13 ist g[X.]ogen und übergreift teilweise einen [X.] 15 eines Betätigungsh[X.]els 16, der um das [X.] 17 auf einer [X.] beweglich ist. Das [X.] 17 des Betätigungsh[X.]els 16 befindet sich gegenüberliegend zur Leitereinführungsöffnung 5 und oberhalb der durch die Stromschiene 3 g[X.]ildeten Auffangtasche 23."

Allerdings kann der Fachmann der zeichnerischen Darstellung in den Figuren 1, 2 sowie 4 entnehmen, dass es sich bei dem beanspruchten [X.] um eine Welle handelt, die am gehäuseseitigen Ende des Betätigungsh[X.]els ausg[X.]ildet ist.

Weiter entnimmt der Fachmann der zeichnerischen Darstellung, dass es auf den [X.], der in der Beschreibung im Zusammenhang mit dem [X.]genannt ist, sowie auf dessen Beweglichkeit auf einer [X.] nicht ankommt.

Ob der Fachmann nach alledem den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig entnommen hat, dass es sich bei der Ausgestaltung des Endes des Betätigungsh[X.]els als Teil einer [X.]ung um ein erfindungswesentliches Merkmal handelt, kann jedoch dahinstehen, da es darauf nicht ankommt.

III.

Denn der geltende Hauptantrag hat auch unter der Annahme seiner Zulässigkeit, trotz der vorgenommenen Beschränkung, keinen Erfolg, da sich die Erfindung für den Fachmann in naheliegender Weise unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Kenntnisse aus dem Stand der Technik ergibt und somit nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen ist.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag mag neu sein; jedenfalls beruht er gegenüber den aus den [X.] oder [X.] bekannten Anschlussklemmen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit:

Aus der nachfolgenden, mit den Begriffen aus dem erteilten Patentanspruch 1 versehenen Figur 2 der Druckschrift [X.]-131679 U [[X.]] sowie der Figur 1 der Druckschrift [X.] 2003-77558 A [[X.]] ist ersichtlich, dass die im Patentanspruch 1 nach geltenden Hauptantrag genannten Merkmale a) bis e) durch die dort gezeigten Anschlussklemmen vorweggenommen sind.

Abbildung

Figur 2 der Druckschrift [X.]-131679 U [[X.]] mit ergänzten Bezeichnungen durch den Senat

Abbildung

Figur 1 der Druckschrift [X.] 2003-77558 A [[X.]] mit ergänzten Bezeichnungen durch den Senat

Von diesen Anschlussklemmen unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag durch die Merkmalsgruppe

f)[X.] Das Betätigungselement (16, 31, 33, 39)

fa)[X.] ist ein verschwenkbar in dem Isolierstoffgehäuse (2) gelagerter Betätigungsh[X.]el (16),

fb)[X.] der ein [X.] (17) aufweist, um das er verschwenkbar ist.

Gemäß Druckschrift [X.] ist das Betätigungselement zwar ein verschwenkbarer Betätigungsh[X.]el, allerdings ist dieser nicht in dem dortigen [X.] gelagert, sondern einstückig mit diesem verbunden. Somit kann dahinstehen, ob das in den Figuren 1 und 2 dargestellte Filmscharnier ein [X.] im Sinne des Streitpatents darstellt.

Druckschrift [X.] offenbart keinen verschwenkbaren Betätigungsh[X.]el, vielmehr ist das dortige Betätigungselement ein verschi[X.]bar im [X.] gelagerter Betätigungsschi[X.]er.

Bei der Ausgestaltung des Betätigungselements als ein um eine Achse verschwenkbarer Betätigungsh[X.]el, sowie bei der Lagerung der Schwenkachse im [X.] der Anschlussklemme, handelt es sich jedoch um Maßnahmen, die am [X.] bei Anschlussklemmen gang und gäbe waren, wie dem Senat in eigener Sachkenntnis bekannt ist.

Dementsprechend sind auch in dem Produktkatalog [X.] 2007 [[X.]] [X.] mit Betätigungsh[X.]el erwähnt (Seite 94, linke Spalte, Mitte: H[X.]elöffner) und auch bildlich wiedergeg[X.]en (Seite 95, obere Bildreihe, Mitte: [X.]/[X.]-5,08 Federkraftklemme mit H[X.]elöffner, Leiteranschluss horizontal zur Leiterplatte).

Es lag somit ihm Rahmen des routinemäßigen Handelns des Fachmanns, bei der aus der Druckschrift [X.] bekannten Anschlussklemme den mit dem [X.] der [X.] zusammenwirkenden Teil des Betätigungsh[X.]els sowie dessen Schwenkachse nach dem Vorbild der Druckschrift [X.] ins Innere des [X.]s zu verlagern, um den erforderlichen Berührschutz zu gewährleisten oder bei der aus der Druckschrift [X.] bekannten Anschlussklemme den geradlinig bewegbaren Drücker durch einen für den Benutzer besser zu handhabenden Schwenkh[X.]el zu ersetzen.

Die [X.]enfalls mit der Klage angegriffenen, auf den Patentanspruch 1 gemäß geltendem Hauptantrag rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 teilen dessen Schicksal, da die Beklagte die Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt.

Deshalb erweist sich der auf fehlende Patentfähigkeit gerichtete Nichtigkeitsangriff nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a), 54 und 56 EPÜ als begründet.

IV. Zu den Hilfsanträgen 1 bis 3

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Streitpatent auch in der nach den [X.]n 1 bis 3 verteidigten Fassungen keinen Bestand, da die Verteidigung sich insoweit als unzulässig erweist.

1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 3 unterscheidet sich von der erteilten sowie mit geltendem Hauptantrag verteidigten Fassung u.a. durch folgende weitere Merkmale:

ga')[X.] Ein freies Ende (10) des [X.] (8) ragt in Richtung des [X.]s (3) hervor‚

gb)[X.] um eine [X.] für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten

[X.])[X.] und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden.

Das Merkmal ga‘)Hi ist zumindest zum Teil dem mit der Klage nicht angegriffenen [X.] entnommen. Bei den weiteren Merkmale gb)[X.] sowie [X.])[X.] handelt es sich um eine funktionelle Erläuterung der konstruktiven Ausgestaltung gemäß Merkmal ga‘)Hi.

2. Die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig (so schon [X.], Urteil vom 24. Juni 1960 – [X.], [X.], 395, 410 – [X.]; Urteil vom 11. November 2003 – [X.], Rn. 27 – Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung).

Ein Patent kann vom [X.] nur in dem Umfang beschränkt verteidigt werden, in dem es vom [X.] angegriffen wird. Mit der beschränkten Verteidigung eines teilweise angegriffenen Patents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem auf diesen rückbezogenen, aber mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Unteranspruch wird das Streitpatent der Sache nach im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Die Möglichkeit, das Patent beschränkt zu verteidigen, dient aber allein der Verteidigung des [X.] gegenüber dem vom [X.] geführten Angriff auf die Wirksamkeit des Patents und nicht auch der gerichtlichen Überprüfung des Patents im Übrigen (s. a. [X.], Urteil vom 1. März 2017 – [X.], [X.], 604 Rn. 28 f.- Ankopplungssystem).

Für eine solche beschränkte Verteidigung ist ein Rechtsschutzbedürfnis selbst dann nicht anzuerkennen, wenn der [X.] die Rechtsbeständigkeit des mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Unteranspruchs in Zweifel zieht. Denn die beschränkte Verteidigung gegenüber einer Teilnichtigkeitsklage auch im Umfang eines nicht angegriffenen Unteranspruchs hätte im Wesentlichen die Wirkung einer Widerklage des [X.] gegenüber dem [X.] auf Feststellung der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs. Eine solche Klage ist aber im Gesetz nicht vorgesehen und kann deshalb auch nicht Gegenstand einer beschränkten Verteidigung des [X.] sein.

Soweit die Beklagte darauf abstellen möchte, dass sie die in die [X.] bis 3 aufgenommenen Merkmalsgruppe ga´), gb), [X.]) nicht dem erteilten Patentanspruch 5, sondern den Absätzen 0030 und 0032 der Beschreibung entnimmt, führt dies zu keiner anderen Entscheidung, da dies nichts an der Tatsache ändert, dass es sich dabei um die Verteidigung des Patents ausgehend von einer Ausgestaltung handelt, die durch den nicht angegriffenen Patentanspruch 5 unter Schutz gestellt ist.

IV. Zu den Hilfsanträgen 4 bis 6

Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung nach den [X.]n 4 bis 6 aus der mündlichen Verhandlung vom 19. F[X.]ruar 2021 ist unzulässig. Die Klägerin hat ihr nicht zugestimmt; sie kann auch nicht als sachdienlich angesehen werden.

Die von der Beklagten erst in der mündlichen Verhandlung am 19. F[X.]ruar 2021 eingereichten geänderten [X.] 4 bis 6, in denen sie erklärtermaßen u. a. die – nach Überzeugung des Senats auf den [X.] erteilter Fassung zurückgehende – zunächst aufgenommene [X.]), gb) und [X.]) wieder gestrichen hat, waren nach § 83 Abs. 4 [X.] als verspätet zurückzuweisen und bleiben deshalb unberücksichtigt.

1. § 83 [X.] mit den in das [X.] eingeführten Präklusionsregeln sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Voraussetzung hierfür ist nach § 83 Abs. 4 [X.], dass das Vorbringen unter Versäumung der nach § 83 Abs. 2 [X.] gesetzten Frist erfolgt, die betroffene [X.] die Verspätung nicht genügend entschuldigt und die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung erfordert hätte.

2. Diese Voraussetzungen für eine Zurückweisung sind vorliegend geg[X.]en:

a) Die erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 19. F[X.]ruar 2021 eingereichten geänderten Hilfsanträge 4 bis 6 sind erst nach Ablauf der mit dem Hinweis des Senats vom 23. November 2020 gesetzten letzten Frist (29. Januar 2021), über deren Versäumnisfolgen die [X.]en belehrt worden waren (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 [X.]), ohne hinreichende Entschuldigung (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]) seitens der Beklagten eingereicht worden.

b) Die Zulassung der genannten Hilfsanträge hätte eine Vertagung der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.]).

Die jeweiligen Patentansprüche 1 in der Fassung der geänderten [X.] 4 bis 6 unterscheiden sich vom Patentanspruch 1 erteilter Fassung u. a. dadurch, dass die durch die [X.] bis 3 vorgenommene Beschränkung durch das Einfügen der [X.])[X.], gb) [X.] und [X.]) [X.]

"wobei mindestens ein freies Ende (10) des [X.] (8) in Richtung des [X.]s (3) hervorragt‚ um eine [X.] für einen in eine Leitereinführungsöffnung (5) eingeführten und unterhalb des freien Endes (10) der [X.] (4) hindurchgeführten elektrischen Leiter zu bilden,"

rückgängig gemacht ist.

Durch die Streichung dieser Merkmale beansprucht die Beklagte die jeweiligen Patentansprüche 1 nunmehr in Fassungen, die gegenüber den [X.]n 1 bis 3 jeweils weiter sind. In einer Fassung entsprechend den [X.]n 1 bis 3 ohne die Merkmale ga‘)[X.], gb)[X.] und [X.])[X.] hat die Beklagte ihr Patent im bisherigen Verfahren noch nicht verteidigt.

Da der Streitgegenstand im [X.] allein der vom Patentinhaber mit den Patentansprüchen konkret begehrte Schutz (Art. 84 Satz 1 EPÜ) ist, handelt es sich bei der mit den geänderten [X.]n 4 bis 6 begehrten Anspruchsfassung mithin um ein neues Verteidigungsmittel der Beklagten [X.] § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Die damit nunmehr beanspruchten [X.] war zuvor zu keinem Zeitpunkt streitgegenständlich. Daher musste sich die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung dementsprechend auch die Verspätung dieser [X.] gerügt hat, bislang auf sie und den mit ihr nunmehr begehrten Patentschutz mit einer solchen Merkmalskombination nicht einstellen. Da es gerade das Bestr[X.]en der Beklagten ist, sich mit dem Hilfsantrag von dem bereits im Verfahren befindlichen Stand der Technik abzusetzen, kann auch nicht erwartet werden, dass die Klägerin allein anhand des vorhandenen Standes der Technik eine abschließende Bewertung der Schutzfähigkeit der neuen Anspruchsfassung vornimmt. Vielmehr wäre der Klägerin insbesondere dazu Gelegenheit zu g[X.]en gewesen, hinsichtlich der Frage der Patentfähigkeit der neuen Anspruchsfassung eine neue Recherche durchführen zu können, zu der sie bislang, wie bereits ausgeführt, mangels Streitgegenständlichkeit dieser neuen Anspruchsfassungen keine Veranlassung hatte. Mit einem bloßen Schriftsatznachlass (§ 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 283 ZPO) könnte diesem berechtigten Begehren der Klägerin nicht Rechnung getragen werden, denn zu einem (zu unterstellenden) neuen Vorbringen der Klägerin in einem nachgelassenen Schriftsatz müsste dann wiederum der Beklagten rechtliches Gehör gewährt werden, was nur mittels einer neu anzusetzenden mündlichen Verhandlung möglich wäre. Die Zulassung der neuen [X.] würde daher eine Vertagung der mündlichen Verhandlung unumgänglich machen, was das Gesetz aber mit der Regelung nach § 83 Abs. 4 [X.] gerade ausdrücklich ausschließt.

Der Beklagten war spätestens aus dem gerichtlichen Hinweis mit dem dortigen Hinweis auf das Urteil des [X.] vom 1. März 2017 – [X.], [X.], 604 – Ankopplungssystem bekannt, dass der Senat eine Verteidigung der Gegenstand von Patentanspruch 1 in einer Fassung unter Berücksichtigung von Merkmalen eines nicht angegriffenen Unteranspruchs als unzulässig betrachtet.

Wenn für die [X.]en, wie hier, erkennbar ist, dass eine bestimmte Auslegungs- bzw. Rechtsfrage für die gerichtliche Entscheidung erh[X.]lich ist, müssen sie sich mit ihrem Vortrag und ihren prozessualen Erklärungen unmittelbar darauf einstellen. Dies hat die Beklagte hier demnach wissentlich versäumt, als sie erstmals in der mündlichen Verhandlung am 19. F[X.]ruar 2021, weit nach der im gerichtlichen Hinweis gesetzten Frist, neue [X.] 4 bis 6 eingereicht hat, in denen sie die, auf den [X.] zurückgehende, zunächst aufgenommene [X.]), gb) und [X.]) wieder gestrichen hat. Die Einräumung einer weiteren Gelegenheit zur Stellungnahme, die zur Verzögerung des Rechtsstreits führen würde, war ihr nicht zu gewähren.

c) Die Beklagte hat die Vorlage des geänderten Patentanspruchs 1 nach den geänderten Hilfsanträgen 4 bis 6 nicht genügend entschuldigt (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]). Die vorgesehenen Änderungen sind weder durch entsprechende Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung noch durch das Vorbringen der Klägerin in ihrer Stellungnahme auf den Hinweis des Senats veranlasst. Nachdem die [X.] bereits auf die Hilfsanträge vom 12. Juni 2020 hin im gerichtlichen Hinweis vom 7. Dezember 2020 darauf hingewiesen wurde, dass sich die damaligen Hilfsanträge 1 bis 3 aufgrund der Merkmale ga‘)[X.], gb)[X.] und [X.])[X.] als unzulässig erweisen könnten, war die späte Vorlage der Hilfsanträge 4 bis 6 nicht erst durch den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 19. F[X.]ruar 2021 verursacht.

Soweit sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zur Entschuldigung darauf berufen hat, es handele sich um die Streichung der aus dem nicht angegriffenen [X.] stammenden Merkmale ga‘), gb) und [X.]), nachdem der Senat eine Verteidigung mit Merkmalen aus nicht angegriffenen Unteransprüchen für unzulässig hält, und sie die schon im gerichtlichen Hinweis zitierte Entscheidung des [X.] insbesondere deren Rn. 31 und 30 insoweit nicht so restriktiv verstanden habe, verhilft dies nicht.

Für die [X.]en war erkennbar, dass der Senat seine Rechtsauffassung auf die genannte Entscheidung des [X.] stützt. Selbst wenn die Beklagte eine Lesart der Entscheidung präferiert, nach der ausschließlich die komplette Übernahme von nicht angegriffenen Unteransprüchen in den angegriffenen Patentanspruch unzulässig wäre, hätte sie aus prozessualer Sorgfalt heraus ihre Verteidigung auch darauf einrichten müssen, dass der Senat Rn. 27 der Entscheidung streng nach deren Wortlaut ("Die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination … mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.") versteht.

B.

N[X.]enentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

6 Ni 51/18 (EP)

19.02.2021

Bundespatentgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

nachgehend BGH, 13. Juni 2023, Az: X ZR 47/21, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 19.02.2021, Az. 6 Ni 51/18 (EP) (REWIS RS 2021, 10567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10567


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 47/21

Bundesgerichtshof, X ZR 47/21, 13.06.2023.


Az. 6 Ni 51/18 (EP)

Bundespatentgericht, 6 Ni 51/18 (EP), 19.02.2021.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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