Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2022, Az. AnwZ (Brfg) 26/21

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2022, 9721

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Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das am 12. April 2021 verkündete Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der 1984 geborene Kläger ist seit 2016 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit [X.]escheid vom 27. Oktober 2020 widerrief die [X.]eklagte die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen [X.]erufsausübung aus gesundheitlichen Gründen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 [X.]. Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.]s.

II.

2

Der Antrag des [X.] ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) liegen sämtlich nicht vor.

3

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - [X.] ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn. 3; vom 8. Januar 2018 - [X.] ([X.]) 10/17, juris Rn. 5; jeweils mwN). Daran fehlt es hier. Das Urteil des [X.]s steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.

4

Ohne Rechtsfehler hat der [X.] den [X.]escheid der [X.]eklagten vom 27. Oktober 2020, mit dem diese die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft deshalb widerrufen hatte, weil der Kläger das angeforderte Gutachten über seinen Gesundheitszustand nicht (fristgemäß) vorgelegt hatte, für formell und materiell rechtmäßig gehalten.

5

a) Die mit [X.]escheid vom 13. Mai 2020 gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.] erfolgte Aufgabe der Vorlage eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des [X.] war rechtmäßig, wie der Senat mit [X.]eschluss vom 25. Februar 2022 - [X.] ([X.]) 16/21 - zwischenzeitlich bindend entschieden hat.

6

b) Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] entfaltete die erhobene Anfechtungsklage gegen den [X.]escheid vom 13. Mai 2020 keine aufschiebende Wirkung, so dass die darin gesetzte Frist zur Einreichung des Gutachtens über den Gesundheitszustand am 15. Juli 2020 fruchtlos abgelaufen war. Dass der in § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] gesetzlich bestimmte Ausschluss aufschiebender Wirkung eingelegter Rechtsbehelfe dazu dienen soll, die Entscheidung über die Zulassung oder den Widerruf nicht durch einen länger andauernden Rechtsstreit über die Gutachtenanordnung zu verzögern, ist bereits in den die Neufassung des § 15 [X.] betreffenden Gesetzesmaterialien ([X.]T-Drucks. 16/11385, S. 34; vgl. auch [X.]/Wolf/Göcken/Schmidt-Räntsch, [X.], 3. Aufl., § 15 Rn. 59) unmissverständlich dargelegt. Auch lässt sich aus seitens des [X.] angeführten Entscheidungen des Senats ([X.]eschlüsse von 6. Juli 2009 - [X.] ([X.]) 81/08, NJW-RR 2009, 1578; vom 22. November 2010 - [X.] ([X.]) 74/07, juris) für seine Rechtsauffassung nichts herleiten. Während bei der erstgenannten Entscheidung noch zur früheren Gesetzesfassung ein gegen die Anforderung des Gutachtens geführtes Gerichtsverfahren bereits abgeschlossen war ([X.]GH, [X.]eschluss vom 6. Juli 2009 - [X.] ([X.]) 81/08, aaO Rn. 19), betrifft die letztgenannte Entscheidung die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an ein vorgelegtes Gutachten zu stellen sind, um die Vermutungswirkung zu widerlegen ([X.]GH, [X.]eschluss vom 22. November 2010 - [X.] ([X.]) 74/07, aaO Rn. 1 ff., 19 ff.). Keine der in [X.]ezug genommenen Entscheidungen behandelt indessen die hier zur Entscheidung stehende Fallkonstellation.

7

c) Anhaltspunkte dafür, dass ein Verbleiben des [X.] in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege ausnahmsweise nicht gefährden würde (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 [X.]), hat der [X.] trotz ausführlicher Prüfung nicht auffinden können und sind auch nicht erkennbar.

8

2. Die Voraussetzungen des [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind ebenfalls nicht erfüllt.

9

a) Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2016 - [X.] ([X.]) 60/15, juris Rn. 16 und vom 29. Dezember 2016 - [X.] ([X.]) 53/16, [X.], 1181 Rn. 21; jeweils mwN).

b) Der Kläger hat solche Rechtsfragen vorliegend nicht aufgeworfen; abgesehen davon teilt der Senat nicht die verfassungs- und unionsrechtlichen [X.]edenken des [X.] hinsichtlich der Vorschrift des § 15 [X.], die er in ständiger Rechtsprechung anwendet (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 28. März 2013 - [X.] ([X.]) 70/12, juris Rn. 5 f.; vom 27. März 2014 - [X.] ([X.]) 57/13, juris Rn. 15 und vom 5. Mai 2014 - [X.] ([X.]) 3/14, juris Rn. 10). Sie dient dem Schutz des Rechtsverkehrs vor Anwälten, die ihrer Aufgabe aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht gewachsen sind.

3. Des Weiteren zeigt der Kläger keine Abweichung der Entscheidung des [X.]s von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Der auch insoweit erhobene Einwand des [X.], das Urteil des [X.]s weiche von der Rechtsprechung des Senats ([X.]eschluss vom 22. November 2010 - [X.] ([X.]) 74/07, juris), wonach die Vermutungswirkung des § 15 Abs. 3 Satz 1 [X.] nur dann eintrete, wenn die Anordnung mit bindender Wirkung feststehe, ab, ist nicht stichhaltig. Übersehen wird, dass die genannte Entscheidung zu einer entscheidungserheblich abweichenden Gesetzesfassung ergangen ist: § 15 [X.] in der Fassung des Art. 31 Nr. 3 des Gesetzes vom 27. April 2002 ([X.]G[X.]l. S. 1467) enthielt gerade keinen dem nunmehrigen § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] entsprechenden Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, sondern verwies im Gegenteil auf die Vorschrift des § 16 Abs. 6 [X.] aF, derzufolge einem gegen die [X.]egutachtung gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Grundsatz ebenso aufschiebende Wirkung zukam wie einem solchen gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.

4. Schließlich hat der Kläger keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des [X.]s beruhen kann (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) [X.] durch die Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Verfahrensakten ist nicht gegeben.

Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 100 VwGO haben [X.]eteiligte ein Recht auf Akteneinsicht. Dieses Recht ist Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., Art. 103 Rn. 29; [X.]/[X.], VwGO, 27. Aufl., § 100 Rn. 1), das seinerseits sicherstellen soll, dass die [X.]eteiligten eines gerichtlichen Verfahrens die Gelegenheit - aber nicht die Pflicht (vgl. hierzu [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Grundgesetz, Stand: [X.]., Art. 103 Abs. 1 Rn. 63) - haben, sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Sache zu äußern (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 13 f.). Entsprechend besteht - nach näherer Maßgabe des § 100 VwGO - lediglich ein Anspruch auf die in zumutbarer Weise eröffnete Gelegenheit, sich vom Akteninhalt Kenntnis zu verschaffen (vgl. [X.]ayVGH, [X.]eschluss vom 15. Juni 2020 - 6 Z[X.] 20.980, juris Rn. 17; zum Ganzen auch: [X.]GH, [X.]eschlüsse vom 19. Januar 2022 - [X.] ([X.]) 28/21, [X.]eckRS 2022, 3808 Rn. 13; vom 28. Februar 2022 - [X.] ([X.]) 28/20, juris Rn. 30 ff.).

Eine derartige Gelegenheit ist dem Kläger auf seine Akteneinsichtsgesuche vom 30. Oktober 2020, 2. Februar 2021 sowie 2. März 2021 eröffnet worden. Nach § 100 Abs. 3 Satz 1 VwGO wird, wenn die Akten - wie hier - in Papierform geführt werden, Akteneinsicht durch Einsichtnahme in dieselben in Diensträumen gewährt. Dementsprechend wurde dem Kläger ausweislich der mit Postzustellungsurkunde zugestellten Verfügung des [X.] vom 10. November 2020 Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle des [X.]s bewilligt. Eine weitere gleichlautende Gestattung hat der Vorsitzende unter dem 22. Februar 2021 ausgesprochen und zugleich ausgeführt, dass eine Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume nicht gestattet werde (§ 100 Abs. 3 Satz 6 VwGO). Dass der Kläger hiervon bislang keinen Gebrauch gemacht hat, unterliegt allein seiner Entscheidung.

b) Des Weiteren ergibt sich ein Verfahrensmangel auch nicht daraus, dass der [X.] den Antrag des [X.] vom 2. Februar 2021, gerichtet auf Aussetzung des hiesigen Verfahrens bis zum Abschluss des vor demselben Senat anhängigen Verfahrens zu dem Aktenzeichen 1 [X.] 5/20, welches die Aufgabe der Vorlage des ärztlichen Gutachtens zum Gegenstand hatte, nicht beschieden hat. Denn bei § 94 VwGO handelt es sich um eine Vorschrift, die dem Gericht einen Ermessensspielraum einräumt, der nach dem Zweck der Vorschrift, divergierende Entscheidungen zu vermeiden, sowie nach Gesichtspunkten der [X.] auszufüllen ist, und zwar ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt; jedenfalls kann auf die verfahrensfehlerhafte Unterlassung der Verfahrensaussetzung ein Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung nicht gestützt werden (vgl. [X.]VerwG, NJW 1998, 2301; [X.]eckRS 2017, 103793 Rn. 26; [X.]VerwGE 139, 272 Rn. 15; [X.]/[X.], VwGO, 15. Aufl., § 94 Rn. 7, 8 - vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 152 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO, § 512 ZPO).

c) Ein zulassungsrelevanter Verfahrensfehler im Sinne von § 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegt entgegen der Auffassung des [X.] schließlich nicht darin, dass der [X.] seinen Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden und zweier beisitzender [X.]innen und [X.] wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit verworfen hat.

aa) Der Kläger hat mit [X.] vom 2. Februar 2021 den Vorsitzenden und zwei beisitzende [X.]innen und [X.] wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgelehnt, weil diese an mehreren weiteren den Kläger betreffenden Verfahren zu den Aktenzeichen I [X.] 2/19, 2/20 und 5/20 beteiligt gewesen seien. Dort hätten sie durch die jeweilige Ablehnung eines Terminverlegungsantrages (Verfahren I [X.] 2/20 und 5/20) sowie das bewusste Unterlassen der Entscheidung über die [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision (Verfahren I [X.] 2/19) derart rechtsbeugend gehandelt, dass die Annahme einer Verschwörung gerechtfertigt sei. Die abgelehnten [X.] seien "sich im geistigen Verfall befindliche Monster", denen er - der Kläger - "deutlich überlegen" sei. Der [X.] hat den Ablehnungsantrag mit [X.]eschluss vom 15. Februar 2021 - unter Mitwirkung der abgelehnten [X.]innen und [X.] - verworfen, da dieser wegen [X.]keit unzulässig sei.

bb) Die Verwerfung des mit [X.] vom 2. Februar 2021 gestellten [X.] ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht objektiv willkürlich und verstößt nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. [X.]VerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 290 zur [X.]edeutung der objektiven Willkür bei der Frage, ob ein Antrag auf Zulassung der [X.]erufung darauf gestützt werden kann, dass ein [X.]efangenheitsantrag während des der Sachentscheidung vorausgehenden Verfahrens zu Unrecht abgelehnt wurde).

(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die abschlägige Entscheidung über den Ablehnungsantrag als solche. Sie ist weder offensichtlich unhaltbar noch objektiv willkürlich. Der [X.] hat den Ablehnungsantrag vielmehr im Ergebnis zu Recht als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen.

(a) Ein Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich, wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine [X.]efangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Dazu zählen auch nur der Verschleppung oder als taktisches Mittel für verfahrensfremde Zwecke dienende [X.] ([X.]VerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291; NJW 2007, 3771, 3772; Senatsbeschlüsse vom 2. Mai 2018 - [X.] ([X.]) 10/18, juris Rn. 7 und vom 22. November 2021 - [X.] ([X.]) 3/21, juris Rn. 28; [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 44 Rn. 13; MüKoZPO/[X.], 6. Aufl., § 44 Rn. 6; jeweils mwN). [X.] in diesem Sinne ist etwa ein der Erzwingung einer mit Recht abgelehnten Terminverlegung dienendes Ablehnungsgesuch ([X.], NJW 2009, 1007, 1009 mwN; [X.]/[X.], aaO). [X.], die Verunglimpfungen, grobe [X.]eleidigungen oder [X.]eschimpfungen enthalten, sind jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie [X.]" enthalten ([X.], NJW-RR 2012, 1271, 1272 f.; [X.]/[X.], aaO).

(b) So liegt der Fall hier. Das mit [X.] vom 2. Februar 2021 gestellte Ablehnungsgesuch des [X.] war rechtsmissbräuchlich in vorstehendem Sinne. Es enthielt im Schwerpunkt eine Vielzahl herabsetzender Wertungen und [X.]eleidigungen in [X.]ezug auf die abgelehnten [X.]innen und [X.]. Die ebenfalls mitgeteilten, auf die Verfahren I [X.] 2/19, 2/20 und 5/20 bezogenen Umstände betreffend die Ablehnung von [X.] sowie das Unterlassen einer [X.]eschwerdeentscheidung waren indessen derart unkonkret und pauschal, dass sie - wie den Ausführungen des [X.]s in dem das Ablehnungsgesuch verwerfenden [X.]eschluss zu entnehmen ist - nicht zum Gegenstand einer dienstlichen Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO hätten gemacht werden können. Als [X.]" konnten sie in ihrer Allgemeinheit eine [X.]efangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen und dienten ausschließlich der Erzwingung einer vom Kläger beantragten und zwischenzeitlich erfolgten Verlegung des ursprünglichen Termins zur mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2021.

(2) Die Entscheidung über das mit [X.] vom 2. Februar 2021 gestellte Ablehnungsgesuch ist auch nicht deshalb objektiv willkürlich, weil an ihr die abgelehnten [X.]innen und [X.] mitgewirkt haben.

(a) Die Verwerfung eines [X.] als unzulässig unter Mitwirkung eines abgelehnten [X.]s ist nur zulässig, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine [X.]efangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können ([X.]VerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291; NJW 2007, 3771, 3772; Senat, [X.]eschluss vom 2. Mai 2018 aaO; [X.]/[X.] aaO, Rn. 17 mwN). Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen der Fall.

(b) Ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren soll indes nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern. Ein gänzlich untaugliches oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch als Voraussetzung für eine solche Entscheidung kann nur angenommen werden, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand selbst entbehrlich ist. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte [X.] nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum [X.] in eigener Sache machen ([X.]VerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291).

Auch diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Ein Eingehen auf die [X.] der Verfahren I [X.] 2/19, 2/20 und 5/20 war zur Entscheidung über das mit [X.] vom 2. Februar 2021 angebrachte Ablehnungsgesuch entbehrlich und ist in dem dieses Gesuch verwerfenden [X.]eschluss des [X.]s auch nicht erfolgt. In dem Ablehnungsgesuch selbst wird bereits nicht zureichend ausgeführt und belegt, dass und aus welchen Gründen die Ablehnung des jeweiligen [X.] rechtswidrig war; ebenso wenig, ob und gegebenenfalls wodurch eine [X.]eschwerdeentscheidung veranlasst gewesen sein soll. Deshalb bleibt insgesamt unklar, weshalb aus der Tätigkeit der abgelehnten [X.]innen und [X.] eine Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger und seinen Rechtsschutzbegehren folgen soll.

Das Ablehnungsgesuch war mithin - wie ohne weitere Aktenkenntnis ersichtlich war (vgl. hierzu [X.]VerfG, aaO) - nur mit solchen Umständen begründet, die eine [X.]efangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen konnten. Vor diesem Hintergrund war - über eine bloß formale Prüfung hinaus - eine nähere inhaltliche Prüfung des geltend gemachten [X.] nicht erforderlich. Ein Eingehen auf die [X.] der in [X.]ezug genommenen Verfahren war zur Entscheidung des [X.] entbehrlich.

III.

Das Vorbringen des [X.], er sei seit dem 11. Mai 2022 Mitglied der Rechtsanwaltskammer [X.].     , ist unerheblich. Anders als der Kläger annimmt, hat sich der Rechtsstreit durch die aufgrund der Verlegung seiner Kanzlei erfolgte Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer [X.].     nicht erledigt. Denn die gemäß § 27 Abs. 3 [X.] erfolgende Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer, in deren [X.]ezirk der Rechtsanwalt seine Kanzlei verlegt, beinhaltet grundsätzlich nicht zugleich die Erteilung einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, sondern steht unter dem Vorbehalt des Fortbestandes der zuvor erfolgten Zulassung ([X.]GH, Urteil vom 9. März 2020 - [X.] ([X.]) 10/18, juris Rn. 20 mwN). Anhaltspunkte für die Annahme einer Ausnahme sind vom Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 [X.].

Grupp     

      

Paul     

      

Ettl   

      

Schäfer     

      

Lauer     

      

Meta

AnwZ (Brfg) 26/21

20.06.2022

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt, 12. April 2021, Az: 1 AGH 12/20

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2022, Az. AnwZ (Brfg) 26/21 (REWIS RS 2022, 9721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9721

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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