Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2004, Az. VI ZR 298/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 674

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. November 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 823 Abs. 1 [X.], BGB § 1004; GG Art. 2, Art. 5 Abs. 1 Die Wiedergabe des Zitats eines [X.] im Rahmen einer komplexen Äußerung kann in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen [X.] verknüpft ist und sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrach-tet als Meinungsäußerung darstellt.

[X.], Urteil vom 16. November 2004 - [X.] - OLG Frankfurt a.M.

LG Frankfurt a.M.

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des [X.]n wird das vorgenannte Urteil teil-weise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der [X.] betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen - 3 - durch Rechtsanwalt [X.] vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäf-ten geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des [X.] versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: —8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 [X.] verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zu-zustimmen, wenn die [X.]. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten [X.] für sachgerecht hält. 8.2 [X.] ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündi-gen. In diesem Fall hat er der [X.]. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die [X.]. Beteiligungs AG entfallen [X.] Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Branchenin-formationsdienstes —[X.] ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die [X.] dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer [X.] von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: — ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsäch-lich lohnt, sich mit [X.]., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an [X.]. ab-zuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am [X.] von [X.]. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur [X.] 4 - zeichnung, wie [X.]. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden ge-genüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...fi. Der [X.] ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermitt-lung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Ab-handlung mit dem Titel —Das Interesse an der Lüge - Auch im [X.] Diese sandte er u.a. an verschiedene [X.]e, Redaktionen von [X.], Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die [X.] und an die [X.]. Über die Klägerin heißt es darin: —Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der [X.] (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat [X.] im Fall [X.] recht damit: ...fi. Weiter wird dort ausgeführt: —Weder die [X.]. AG in ihrem Werbeblatt noch [X.] klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe ver-pflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Ver-gleich beendet werden soll, dem zwar [X.]. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt ([X.], [X.]. 1998, 263, 264).fi Die Klägerin begehrt die Verurteilung des [X.]n zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen. Das [X.] hat der Klage teilweise stattgegeben und den [X.]n u.a. verurteilt, die Behaup-tung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst —[X.] habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide [X.]en Berufung eingelegt. Auf die Berufung der - 5 - Klägerin hat das [X.] den [X.]n verurteilt, auch die Behaup-tung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den [X.], daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des [X.]n hatte teilweise Erfolg und führte zur [X.], soweit er vom [X.] zur Unterlassung einer weiteren Äu-ßerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die vollständige Klageabweisung. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff —[X.] sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der [X.] Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff —[X.] tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der [X.] im nachfolgenden Absatz zwischen —[X.] einerseits und —[X.] andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier - 6 - ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der [X.] seine Abhandlung als —Gutachtenfi bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie ent-halte keine Wertung des [X.]n. Die Äußerung sei unwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des [X.]n führe zu keiner anderen Beurteilung. Der [X.] werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, son-dern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt [X.] et. al. in einer wissen-schaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grund-gesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der [X.] behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abgegeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit [X.] habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Branchenin-formationsdienst —[X.] habe das Prozeßfinanzierungssystem der Kläge-rin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck —[X.] nämlich nicht auf das [X.], sondern auf die [X.]. Der [X.] könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen. - 7 - I[X.]
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Be-rufsausübung stehe der Inanspruchnahme des [X.]n auf Unterlassung im Streitfall entgegen. a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit [X.] abgewehrt werden. Das sogenannte Aus-gangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfrei-heit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. [X.] 1991 - [X.] ZR 169/91 - [X.], 443 m.w.[X.]). Vielmehr sollen die [X.]en und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der [X.]en für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft wer-den. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den [X.] wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine [X.] grundsätzlich das - 8 - Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor [X.] (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - [X.] ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - [X.] ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - [X.] ZR 74/94 - [X.], 176, 177 m.w.[X.]; Senatsbe-schluß vom 13. Juli 2004 - [X.] ZB 63/03). b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von [X.] jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegenden Fall - in einer ähn-lich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von [X.] außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äußerungen, mit de-nen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der [X.] gegenüber dem [X.] stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehren-schutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines lau-fenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder be-hördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des [X.] daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Be-schränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Ver-fahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - [X.] ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senats-urteil vom 5. Mai 1981 - [X.] ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; [X.], NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand be-sondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des [X.]n durch eine Medien-kampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsitua-tion auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der - 9 - Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse [X.], der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit ver-löre, seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. [X.], aaO m.w.[X.]). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der [X.] selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen ([X.]E 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; [X.], NJW 1996, 3267 m.w.[X.]). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden ([X.]E 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.[X.]; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängi-ges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlent-scheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. [X.] macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. [X.] ist in diesen [X.] nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, [X.] 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten - 10 - Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstande-ter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu. a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des [X.]n, der Mandant, dessen Prozeß durch die Kläge-rin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zuläs-sige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil ein-zustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneinge-schränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - [X.] ZR 252/93 - [X.], 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - [X.] ZR 276/99 - [X.], 1162, 1163 f. m.w.[X.]). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Be-ziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich [X.] zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. [X.], [X.], 199, 200 m.w.[X.]). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des [X.] zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des [X.] gekennzeichnet werden - 11 - und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - [X.] ZR 140/98 - [X.], 1162 f. und vom 27. April 1999 - [X.] ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.[X.]; [X.] 154, 54, 60; [X.]E 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des [X.] einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen [X.] regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleit-umstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile [X.] 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - [X.] ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies dar-auf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzu-stufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - [X.] ZR 251/80 - [X.], 904, 905 f. und - [X.] ZR 255/80 - [X.], 906, 907). Als Tatsachenmittei-lung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifizieren, wenn die Beurtei-lung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleide-ten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - [X.] ZR 174/97 - aaO m.w.[X.]). [X.]) Ob eine vertragliche Bestimmung ein [X.] ent-hält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die [X.]en eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbe-dungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den [X.]en so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im [X.] 12 - sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - [X.] ZR 251/80 - aaO und - [X.] ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - [X.] ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - [X.] ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - [X.] ZR 174/97 - aaO; siehe auch [X.], [X.], 199, 200; [X.], NJW-RR 2001, 411 f.; [X.], NJW 2003, 1109 f.; [X.], 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.[X.]). Ob sich diese im Er-gebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rah-men des subjektiven [X.] und [X.]. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der [X.] hier vorgenommen. Die rechtli-che Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als [X.] gibt die subjektive Beurteilung des [X.]n wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäu-ßerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äuße-rung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. [X.]) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. [X.] vom 30. Mai 2000 - [X.] ZR 276/99 - aaO; [X.]E 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des [X.]n dazu, daß - 13 - diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine [X.] versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem [X.]n geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im [X.] - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‚ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfal-tung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte. b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das [X.] die Äußerung des [X.]n, der Brancheninformationsdienst —[X.] habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfän-gerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbe-hauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen [X.]. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem [X.] zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie be-treffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile [X.] 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - [X.] ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.[X.]). So dürfen aus einer komplexen Äuße-rung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen wer-den und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äu-ßerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den [X.] - bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grund-rechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - [X.] ZR 102/96 - [X.], 842; [X.]E 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). [X.]) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des [X.]n zwar insgesamt wiedergegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. Hierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: —und hat gerade im Fall [X.] recht damit.fi. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht nur die Auffassung des [X.]n wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dort wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil [X.] 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Mei-nungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines [X.] ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der [X.] das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüp-fung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des [X.] stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klagean-trag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - [X.] ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-- 15 - samtaussage in dem Vorwurf des [X.]n, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall [X.] - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. [X.]) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des [X.]n führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klä-gerin sei - jedenfalls im Fall [X.] - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem [X.]n geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrän-genden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die [X.] in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleich-sam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom [X.] 1999 - [X.] ZR 51/99 - [X.], 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - [X.] ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.[X.]; vgl. auch [X.], NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Lei-stung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grund-recht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil [X.] 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - [X.] ZR 20/01 - [X.], 445). - 16 - (2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße [X.] angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderli-chen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des [X.]n. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer [X.]rm - mit dem Prozeßfinan-zierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener [X.]rmulierun-gen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des [X.]n auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. II[X.] Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insge-samt abweisen. - 17 - [X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Müller Greiner [X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 298/03

16.11.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2004, Az. VI ZR 298/03 (REWIS RS 2004, 674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 674

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