Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.05.2014, Az. 3 Ni 26/12 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2014, 5912

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "L-Arginin" – zur Kostenentscheidung nach Klagerücknahme und zur Nebenintervention in einem sehr späten Verfahrensstadium


Leitsatz

L-Arginin

1. Im Patentnichtigkeitsverfahren ergeht die Kostenentscheidung nach einer Klagerücknahme, bei der der Anlass zur Klage bereits vor Rechtshängigkeit weggefallen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO), in der Regel nicht auf Grund mündlicher Verhandlung.

2. Allein der Umstand, dass die Nebenintervention erst in einem sehr späten Verfahrens-stadium erklärt wird, erlaubt noch  nicht den Schluss, diese Vorgehensweise des Nebenintervenienten diene lediglich dem Zweck, Kosten zu verursachen, sei rechtsmissbräuchlich und stehe daher insoweit der Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei entgegen.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent [X.] 198 00 812

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] am 5. Mai 2014

unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] und der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig

beschlossen:

1. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kosten des Rechtsstreits. Der Beklagte zu 1) trägt darüber hinaus die Kosten der Nebenintervention.

2. [X.] wird auf 1.500.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. [X.] richtet sich gegen das am 12. Januar 1998 beim [X.] Patent und Markenamt angemeldete Patent [X.] 198 00 812 C2 (Streitpatent) dessen Erteilung am 11. Mai 2000 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent betrifft eine "verbesserte orale Darreichungsformen von L-[X.]" und umfasst 6 Patentansprüche. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim [X.] am 28. August 2012 waren als Patentinhaber [X.] ([X.]r zu 1)) und [X.] ([X.]r zu 2)) im Register als Patentinhaber  eingetragen, die auch in der Klageschrift als [X.] bezeichnet sind. Die Umschreibung auf den [X.]n zu 1) als Alleininhaber erfolgte vor Zustellung der Klage unter dem Datum 18. September 2012. Inzwischen ist das Streitpatent auf die [X.] übertragen worden, deren Geschäftsführer der [X.] zu 1) ist.

2

Die Klägerin hat die Klage gegen den [X.]n zu 2) mit [X.] vom 16. Januar 2014 zurückgenommen.

3

Mit [X.] vom 7. März 2014 hat der [X.] zu 1) gegenüber dem [X.] Patent- und Markenamt auf das Streitpatent verzichtet und mit [X.] vom 11. März 2014 weiterhin erklärt, er verpflichte sich – auch namens und in Vollmacht des [X.]n zu 2) und der jetzigen Patentinhaberin -, keinerlei Ansprüche aus dem Streitpatent für die Vergangenheit gegenüber den Verfahrensbeteiligten oder [X.] geltend zu machen. Daraufhin hat die Klägerin die gegen das Streitpatent gerichtete Klage, der die Nebenintervenientin mit [X.] vom 30. Januar 2014 auf Seiten der Klägerin beigetreten ist, mit [X.] vom 11. März 2014 für erledigt erklärt.

4

Die Klägerin beantragt, den [X.]n die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kostentragungspflicht des [X.]n zu 2) folge aus § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO und daraus, dass die Nichtigkeitsklage – ebenso wie in Bezug auf den [X.]n zu 1) - erfolgreich gewesen wäre. Die Kostentragungspflicht des [X.]n zu 1) ergebe sich daraus, dass dieser sich durch den [X.] und den Verzicht auf die Geltendmachung von Rechten für die Vergangenheit in die Rolle der Unterlegenen begeben habe.

6

Außerdem hält die Klägerin im hier vorliegenden Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Durchführung der anberaumten mündlichen Verhandlung für erforderlich.

7

[X.] hat sich der Erledigungserklärung mit [X.] vom 12. März 2014 angeschlossen und beantragt, der [X.]n die Kosten der [X.] aufzuerlegen. [X.] sei von der gegenwärtig im Register eingetragenen Patentinhaberin, deren Geschäftsführer einer der [X.] sei, wegen Verletzung des Streitpatents verklagt worden. Sie sei der Nichtigkeitsklage in einem relativ späten Stadium beigetreten, weil erst jetzt ein Vergleich u. a. mit der Klägerin im Raum gestanden habe, der sich zu Lasten der Nebenintervenientin ausgewirkt hätte und einen Interessenkonflikt des zunächst sowohl für die Klägerin wie die Nebenintervenientin mandatierten anwaltlichen Vertreters verursacht habe. Nachdem dieser sein Mandat niedergelegt habe und die Nebenintervenientin im Hinblick auf die Vergleichsverhandlungen zwischen der [X.]nseite und der Klägerin nicht mehr gesichert über vollständige und zeitnahe Informationen aus diesem Verfahren verfügen und möglicherweise eigene Erkenntnisse hier noch hätte einbringen können, sei diese der Nichtigkeitsklage beigetreten.

8

Der [X.] zu 1) hat der Erledigungserklärung zugestimmt und beantragt, die Kosten der [X.] aufzuerlegen. Er führt aus, bezüglich der Nebenintervenientin sei der Verzicht auf das Streitpatent und die Geltendmachung von Rechten daraus sofort nach [X.] als sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO zu bewerten. Die Erklärung der [X.] sei auch treuewidrig gewesen, da der Verletzungsprozess bereits anderthalb Jahre angedauert und die Nebenintervenientin die [X.] vor Erklärung der [X.] nicht zum Verzicht auf das Streitpatent sowie Ansprüche daraus aufgefordert habe.

9

2. Die Klägerin ist der Ansicht, ein Streitwert von mindestens 3.000.000 [X.] sei angemessen. Die [X.] habe bereits in der Klageschrift den Streitwert mit 1.000 000 [X.] veranschlagt. Es seien jedoch aber noch zusätzlich verschiedene Verletzungsverfahren mit Streitwerten von insgesamt 1.250.000 [X.] sowie zahlreiche Abmahnungen von umsatzstarken Konkurrenten zu berücksichtigen.

Die [X.] hält einen Streitwert von höchstens 50.000 [X.] für angemessen. Sowohl der vorgeschlagene Streitwert der Nichtigkeitsklage als auch die Streitwerte in den Verletzungsverfahren und die für die Abmahnungen angegebenen Umsätze seien völlig aus der Luft gegriffen, zumal die [X.] bei den Abmahnungen niemals konkrete Schadensersatzforderungen geltend gemacht habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die Nichtigkeitsbeklagte wegen eines [X.] für die erfindungsgemäßen Produkte mit dem Streitpatent seit Klagerhebung keine nennenswerten Umsätze gemacht und Lizenzgebühren lediglich im unteren dreistelligen Bereich erzielt habe.

II.

1. Die Übertragung des Streitpatents im Laufe des [X.] hat keine Auswirkung auf die prozessuale Stellung der Parteien (§ 265 Abs. 2 ZPO).

Nach der teilweisen Klagerücknahme wegen der vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgten Übertragung des Streitpatents auf den [X.]n zu 1.) allein und der übereinstimmend erklärten Erledigung der Hauptsache (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl., § 81 Rn. 5) ist gemäß § 84 Abs. 2 [X.], § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m § 91a ZPO bzw. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits sowie gemäß § 84 Abs. 2 [X.], § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 101 ZPO über die Kosten der [X.] zu entscheiden.

1.1. In Bezug auf die Kostentragungspflicht des [X.]n zu 2) ist im Rahmen der [X.] zunächst zu berücksichtigen, dass dieser zum Zeitpunkt der Klageeinreichung im Register als Patentinhaber genannt war und dass gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Klage gegen den im Register als Patentinhaber Eingetragenen zu richten ist, so dass die Parteibezeichnung in der Klageschrift korrekt war und die Veränderung der Passivlegitimation im Zeitraum zwischen Einreichung und Zustellung der Nichtigkeitsklage außerhalb der Einflusssphäre der Klägerin lag.

Jedoch kann die Kostentragungspflicht dieses [X.]n sich nur auf die im Zeitraum bis zur Klagerücknahme entstandenen Kosten beziehen, also nicht auf die Kosten der erst nach der Rücknahme des Beklagen zu 2) erklärten [X.].

1.2. Für die Kostentragungspflicht des [X.]n zu 1) ist davon auszugehen, dass im Fall der Erledigung der Hauptsache durch Verzicht auf das Streitpatent sowie auf die Geltendmachung von Ansprüchen für die Vergangenheit regelmäßig der Patentinhaber die Kosten des [X.] zu tragen hat, da eine solche Vorgehensweise im Regelfall darauf schließen lässt, dass die Nichtigkeitsklage Erfolg gehabt hätte und sich der Patentinhaber durch sein Vorgehen in die Rolle des Unterlegenen begibt (stRspr. vgl. [X.], [X.], 278, 279 – Lampengehäuse; B[X.]E 31, 191, 192; Busse, [X.], 7. Aufl., § 82 Rdn. 41 m. w. N.). Der Anlass für den Verzicht ist insoweit unerheblich (vgl. nochmals [X.], a. a. O. – Lampengehäuse).

1.3. Die Kostentragungspflicht der [X.]n zu 1.) und zu 2.) aus Billigkeitsgründen folgt auch daraus (vgl. hierzu [X.], [X.], 623, 624 – Stretchfolienumhüllung, sowie [X.], a. a. O., – Lampengehäuse), dass sich das Streitpatent unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands voraussichtlich als nicht patentfähig erwiesen hätte.

Nach Auffassung des Senats wäre im Hinblick auf die [X.] Patentschrift [X.] (= [X.]) die Neuheit zu verneinen gewesen. Dieses Dokument gibt eine orale Darreichungsformen an, die Arginin, als Brausemittel Na- oder K-(Bi)Carbonat und als Säure Zitronen- oder Weinsäure enthält (vgl. Patentansprüche 1, 5, 6 bis 9 sowie Beschreibung [X.] bis [X.], [X.] 24 bis 27).

Zwar wird im Dokument [X.] Arginin im Unterschied zu dem im strittigen Patentanspruch 1 genannten Wirkstoff nicht weiter hinsichtlich seiner enantiomeren Form charakterisiert, der Fachmann wird mit dem Begriff "Arginin-Hydrochlorid“ aber von vornherein das L-Isomere verbinden, da nur dieses als natürliche Aminosäure vorkommt (vgl. Römpp Chemie Lexikon, 9. Aufl., 1995, [X.] (= NK 17) sowie [X.] Lexikon Medizin, 5. Aufl., 2003, [X.] (= NK 18)). Diese Verbindung war zum maßgeblichen Zeitpunkt zudem nicht nur detektierbar und herstellbar, sie wurde zum maßgeblichen Zeitpunkt auch bereits sehr häufig als Nahrungsergänzungsmittel bzw. Wirkstoff oder auch als Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Formulierung von Arzneimitteln verwendet (vgl. [X.] 1 229 529 (= [X.]) und [X.]-OS 2 108 404 (= [X.]) sowie z. B. [X.] 3725 176 C2 (= [X.]), EP 0 567 433 [X.] (= [X.]), [X.] 38 793 [X.] (= [X.]) [X.] 297 09 820 [X.] ([X.]) und [X.] 5 428 070 A (= NK9)).

Die Bereitstellung der gemäß strittigem Patentanspruch 1 beanspruchten oralen Darreichungsform lag auch nahe. Eine Anregung zur Lösung der vorliegenden Aufgabe, die darin zu sehen ist, eine orale Darreichungsform von [X.] bereitzustellen, die die Verabreichung auch großer Mengen von L-Arginin ermöglicht und zugleich eine gute Auflösungsgeschwindigkeit und geschmackliche Akzeptanz aufweist, erhält der Fachmann mit dem Dokument [X.] (= [X.]) . Auch dieses Dokument hat die Zielsetzung, Brausetabletten mit leichtlöslichen, pharmazeutischen Wirkstoffen in kleinerer Form, die sich in möglichst kurzer Zeit auflösen, bereitzustellen. Leicht lösliche Wirkstoffe sind nämlich mit dem Problem verbunden, dass sie die Reaktion der Brausebestandteile hindern bzw. verlangsamen (vgl. [X.] 16 bis 28). In den Beispielen 10 und 14 wird sodann die Herstellung von Brausetabletten beschrieben, die Argininaspartat, einen sehr leicht löslichen Wirkstoff (S. 6 Z. 11 bis 13 und [X.] 3 bis 4), enthalten und eine leichte und schnelle Löslichkeit aufweisen. Damit wird dem Fachmann mit dieser Druckschrift die Lehre vermittelt, dass Brause-Zubereitungen, wie sie dort beschrieben werden, eine geeignete Formulierung für Wirkstoffe darstellen, die wie Argininaspartat zur Erzielung der gewünschten Wirksamkeit in hohen Dosen verabreicht werden müssen und gleichzeitig sehr gut löslich sind.

Nachdem der Fachmann Argininaspartat und [X.] als äquivalente Wirkstoffe erachtet (vgl. [X.] 297 09 820 [X.] = [X.] Schutzanspruch 3 und Beschreibung [X.] 10 bis 12 und [X.] 15 bis [X.]), ist es nahe liegend, zur Lösung der vorliegenden Aufgabe Brauseformulierungen wie sie in [X.] beschrieben werden, in Betracht zu ziehen. Denn ausgehend von der in diesem Dokument angegebenen Rezeptur die für den Wirkstoff Arginin-Hydrochlorid im Sinne der Aufgabe geeignete Formulierung zu entwickeln, bedarf es keines erfinderischen Zutuns. Vielmehr ist es der Routinetätigkeit des Fachmannes zuzurechnen, eine bereits bekannte Formulierung eines Wirkstoffes einem anderen Wirkstoff mit vergleichbaren physikalischen Eigenschaften anzupassen.

Auch der weitere Vorteil der geschmacklichen Akzeptanz der vorliegend beanspruchten oralen Darreichungsformen kann eine erfinderische Tätigkeit nicht belegen. Zum einen war bereits von vornherein mit der Verwendung des Hydrochlorid-Salzes ein im Vergleich zu L-Arginin besserer Geschmack zu erwarten ([X.] (= D3 [X.] 19 bis 21, 25 bis 27 und 30 bis 33). Zum anderen stellt sich dieser Vorteil als eine Folge der Formulierung ein und somit als Folge nahe gelegten Handelns ein.

Die vorliegenden Hilfsanträge 1 und 2 wären als unzulässig zurückzuweisen gewesen, denn sie enthalten nach Ansicht des Senats unzulässige Erweiterungen, da die Formulierung „umfassend mehrere Gramm L-[X.]“ der Streitpatentschrift an keiner Stelle zu entnehmen ist.

1.4. Der [X.] zu 1) hat die Kosten der [X.] zu tragen.

1.4.1. Die [X.] (§ 99 Abs. 1 [X.], §§ 66, 69 ZPO) ist zulässig, da sie in jedem Stadium des Verfahrens erklärt werden kann (§ 66 Abs. 2 ZPO) und die Nebenintervenientin wegen des gegen sie anhängigen [X.] ein berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung des Streitpatents hat (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl., § 81 Rn. 118).

1.4.2. Der Verzicht auf das Streitpatent und auf die Geltendmachung von Ansprüchen daraus für die Vergangenheit kann nicht in Bezug auf die [X.] in analoger Anwendung des § 93 ZPO wie ein sofortiges Anerkenntnis gewertet werden. Nach dieser Vorschrift fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der [X.] durch sein Verhalten nicht zur Erhebung der Klage Anlass gegeben hat und der [X.] den Anspruch sofort anerkennt.

Abgesehen davon, dass § 93 ZPO von der mit der Erklärung einer [X.] in einem bereits fortgeschrittenen Stadium des Klageverfahrens wohl nur schwer vergleichbaren Prozesslage davon ausgeht, dass die Klage bereits sofort nach der Klageerhebung obsolet wird, fehlt es im vorliegenden Fall bereits daran, dass die [X.]n zur Klage Anlass gegeben haben. Veranlassung zur Klage gibt ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss rechtfertigt, eine Nichtigkeitsklage sei notwendig. Dies wird jedenfalls dann bejaht, wenn – wie im vorliegenden Fall – von den [X.] bereits eine Verletzungsklage aus dem Streitpatent gegen die Klägerin (oder hier der Nebenintervenientin) erhoben worden ist. Eine Verzichtsaufforderung erscheint unter diesen Umständen unzumutbar und sinnlos, denn in diesem Fall muss der Patentinhaber mit dem Gegenangriff einer Nichtigkeitsklage rechnen (vgl. dazu Busse, [X.], 7. Aufl., § 84 Rn. 18, 20; [X.], [X.], 9. Aufl., § 84 Rn. 40, 41).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verzicht, der wie aus dem Vortrag der Streithelferin hervorgeht, wohl Teil einer außergerichtlichen Vereinbarung der [X.]n mit der Klägerin war, als Reaktion auf die [X.] erfolgt ist, die keine neuen rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkte vorbrachte, sondern nur auf das bisherige Vorbringen der Klägerin Bezug nimmt.

1.4.3. Der Kostentragungspflicht der [X.]n zu 1) kann auch nicht entgegengehalten werden, der einzige Zweck der [X.] habe darin bestanden, zusätzliche Kosten zu verursachen. Denn – abgesehen davon, dass nach der gesetzlichen Wertung des § 66 Abs. 2 ZPO jeder durch einen Rechtsstreit Betroffene das Recht hat, seine Interessen neben den Parteien selbst zu vertreten - ist ein Streitbeitritt jederzeit – also auch kurz vor Beendigung des Verfahrens - zulässig. Bei dieser Ausgangslage erscheint es nicht rechtsbräuchlich, wenn sich die Nebenintervenientin möglicherweise aus prozesstaktischen Gründen zur Wahrung eigener Interessen relativ spät am Verfahren beteiligt hat. Dies insbesondere, weil, nachdem der zunächst für die Klägerin und die Nebenintervenientin mandatierte Vertreter sein Mandat wegen möglicher Pflichtenkollisionen niedergelegt hatte, zu befürchten war, dass die Interessen der Nebenintervenientin nicht mehr optimal berücksichtigt würden. Konkrete Umstände, die demgegenüber mit hinreichender Sicherheit ein rechtsmissbräuchliches, d. h. ausschließlich der Schädigung des [X.]n [X.] Verhalten belegen könnten, hat der [X.] nicht belegen können.

2. Die Entscheidung konnte ohne die von der Klägerin für erforderlich gehaltene mündliche Verhandlung ergehen. Zwar wird für den Zivilprozess vertreten, dass [X.] nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen. Dies ist nach Auffassung des Senats aber nicht in vollem Umfang auf das Patentnichtigkeitsverfahren übertragbar. Abgesehen davon, dass nach allgemeiner Ansicht (auch wegen § 82 Abs. 2 [X.]) eine mündliche Verhandlung nur bei [X.] und nicht bei [X.] oder wenn der [X.] sich nicht verteidigt, erforderlich ist (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl., § 82 Rn. 7, 10), bezieht sich die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung im Zivilprozess in erster Linie auf Fallgestaltungen, in denen die tatsächliche Entscheidungsgrundlage streitig und darum beweisbedürftig ist. Insbesondere im vorliegenden Verfahren steht der Sachverhalt jedoch fest und die Entscheidung betrifft lediglich noch rechtliche Bewertungen, zu denen sich alle Beteiligten geäußert haben. Im Übrigen sieht der Senat keine Verletzung prozessualer Rechte der Klägerin, die mit ihren Kostenanträgen obsiegt.

3. Der für das vorliegende Patentnichtigkeitsverfahren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 PatKostG i. V. m. § 63 GKG festzusetzende Streitwert für die Gerichtsgebühren ist nach dem wirtschaftlichen Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung des angegriffenen Patents für die restliche Laufzeit zu bestimmen (vgl. [X.], [X.], 9. Aufl., § 2 PatKostG Rn. 34). Er entspricht im Verfahren vor dem [X.] im allgemeinen dem gemeinen Wert des Patents bei Erhebung der Klage, d. h. der aufgrund Eigennutzung und Lizenzen zu erwartenden Erträge zuzüglich des Betrages der bis zur Klageerhebung eventuell entstandenen Schadensersatzansprüche ([X.] GRUR 1957, 79; 1985, 511 - Stückgutverladeanlage; [X.] 1991, 190 - Unterteilungsfahne). Damit können die mit dem Streitpatent erzielten Umsätze zwar in die Schätzung einfließen, sind aber nicht allein maßgeblich, vor allem, wenn sie aufgrund Verletzungsstreitigkeiten reduziert sind. Entscheidend ist vielmehr das Marktpotential des Streitpatents. Angesichts der hier im Einzelnen bestrittenen Bewertung der von den [X.]n bzw. deren Rechtsnachfolgerin getätigten Abmahnungen legt der Senat seiner Einschätzung die Rechtsprechung zu Grunde, wonach sich der Streitwert nach dem Streitwert eventueller [X.] plus einem Aufschlag bzw. nach der Höhe eventuell geltend gemachter Schadensersatzforderungen bemisst (vgl. etwa [X.], [X.], 9. Aufl., § 2 PatKostG Rn. 34, 37, 39; Busse, [X.], 7. Aufl., § 84 Rn. 57). Der Senat orientiert sich daher an den Streitwerten der von der Klägerin unter Angabe der Aktenzeichen genannten [X.] und schätzt den Streitwert auf 1.500.000 [X.].

Meta

3 Ni 26/12 (EP)

05.05.2014

Bundespatentgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: Ni

§ 269 Abs 3 S 3 ZPO § 101 ZPO § 66 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.05.2014, Az. 3 Ni 26/12 (EP) (REWIS RS 2014, 5912)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5912

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