Bundesarbeitsgericht, EuGH-Vorlage vom 28.07.2016, Az. 2 AZR 746/14 (A)

2. Senat | REWIS RS 2016, 7440

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Gegenstand

Auslegung von Art 4 Abs 2 UAbs 2 EGRL 78/2000 - Kündigung eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus wegen erneuter standesamtlicher Eheschließung nach Scheidung


Leitsatz

Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gem. Art. 267 AEUV um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:

1. Ist Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) dahin auszulegen, dass die Kirche für eine Organisation wie die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören?

2. Sofern die erste Frage verneint wird:

a) Muss die Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 9 Abs. 2 AGG, wonach eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit der Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirche gerechtfertigt ist, im vorliegenden Rechtsstreit unangewendet bleiben?

b) Welche Anforderungen gelten gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der RL 2000/78/EG für ein an die Arbeitnehmer einer Kirche oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten im Sinne des Ethos der Organisation?

Tenor

Der [X.] wird gem. Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:

1. Ist Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ([X.] 2000/78/[X.]) dahin auszulegen, dass die [X.] für eine Organisation wie die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach [X.] und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der [X.] angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner [X.] angehören?

2. Sofern die erste Frage verneint wird:

a) Muss die Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 9 Abs. 2 AGG, wonach eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit der Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis der [X.] gerechtfertigt ist, im vorliegenden Rechtsstreit unangewendet bleiben?

b) Welche Anforderungen gelten gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der [X.] 2000/78/[X.] für ein an die Arbeitnehmer einer [X.] oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten im Sinne des Ethos der Organisation?

Gründe

1

A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens

2

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

3

[X.]ie [X.]eklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach [X.] Recht. Ihr Gegenstand ist die Verwirklichung von Aufgaben der [X.] als Lebens- und Wesensäußerung der [X.] durch ua. den [X.]etrieb von Krankenhäusern. [X.]ie [X.]eklagte verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke und unterliegt der Aufsicht des Erzbischofs von Köln.

4

[X.]er [X.] Kläger ist bei der [X.]eklagten seit dem [X.] als Chefarzt der Abteilung Innere Medizin („Abteilungsarzt“) im [X.] in [X.] beschäftigt. [X.]en [X.]ienstvertrag schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der vom [X.] erlassenen Grundordnung des kirchlichen [X.]ienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22. September 1993 ([X.] 1993, Rn. 19). [X.]er Kläger war nach [X.]m Ritus verheiratet. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau heiratete er im [X.] [X.] standesamtlich. Nachdem die [X.]eklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. März 2009 ordentlich zum 30. September 2009. Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt. Er hat gemeint, seine erneute Eheschließung vermöge die Kündigung nicht zu rechtfertigen. [X.]iese verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. [X.]ei der [X.] oder keiner [X.] angehörenden Chefärzten bleibe eine Wiederheirat nach der [X.] 1993 ohne arbeitsrechtliche Folgen. [X.]ie [X.]eklagte hält die Kündigung für sozial gerechtfertigt. [X.]ei dem Kläger handele sich um einen leitenden Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 [X.] 1993. [X.]ieser sei eine nach kanonischem Recht ungültige Ehe eingegangen und habe dadurch in erheblicher Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen.

5

[X.]ie Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. [X.]as die Revision der [X.]eklagten zurückweisende Urteil des [X.] vom 8. September 2011 (- 2 [X.] - [X.] 139, 144) hat das [X.] durch [X.]eschluss vom 22. Oktober 2014 (- 2 [X.]vR 661/12 - [X.] 137, 273) aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

6

[X.]. [X.]as einschlägige nationale Recht

7

I. Verfassungsrecht

8

Grundgesetz für die [X.]undesrepublik [X.]eutschland ([X.]) in der im [X.], Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]:

        

„(1)   

[X.]ie Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen [X.]ekenntnisses sind unverletzlich.

        

(2)     

[X.]ie ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“

        

„[X.]ie [X.]estimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der [X.] Verfassung vom 11. August 1919 sind [X.]estandteil dieses Grundgesetzes.“

Art. 137 Abs. 3 Satz 1 der [X.] Verfassung vom 11. August 1919 ([X.]):

        

„Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“

Nach der Rechtsprechung des [X.]s schützen Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] auch die korporative Religionsfreiheit. [X.]eren elementarer [X.]estandteil ist die [X.]estimmung der Eigenart des kirchlichen [X.]ienstes (kirchliches Proprium). Es obliegt allein den [X.]n, dieses zu formulieren ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 85, 113 f., [X.] 137, 273). Träger des durch Art. 140 [X.] iVm. Art. 137 Abs. 3 [X.] garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts sind nicht nur die [X.]n selbst als Religionsgemeinschaften entsprechend ihrer rechtlichen Verfasstheit, sondern auch alle ihnen in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen, wenn und soweit sie nach dem glaubensdefinierten Selbstverständnis der [X.]n ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, Auftrag und Sendung der [X.]n wahrzunehmen und zu erfüllen ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 91 ff., aaO). [X.]edienen sich die [X.]n oder ihre Einrichtungen der Privatautonomie zur [X.]egründung von Arbeitsverhältnissen, findet auf diese Arbeitsverhältnisse als Folge der Rechtswahl zwar das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. [X.]ie Einbeziehung der Arbeitsverhältnisse ua. bei den kirchlichen Einrichtungen in das staatliche Arbeitsrecht hebt die Zugehörigkeit dieser Arbeitsverhältnisse zu den „eigenen Angelegenheiten“ der [X.] aber nicht auf ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 110, aaO). [X.]ie [X.]n können deshalb der Gestaltung des kirchlichen [X.]ienstes auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen regeln, das besondere Leitbild einer [X.] [X.]ienstgemeinschaft aller ihrer Mitarbeiter zugrunde legen ([X.] 4. Juni 1985 - 2 [X.]vR 1703/83, 2 [X.]vR 1718/83, 2 [X.]vR 856/84 - zu [X.] 1 d der Gründe, [X.] 70, 138).

[X.]ei Streitigkeiten in kirchlichen Arbeitsverhältnissen müssen die staatlichen Gerichte - so das [X.] - die Vorgaben der jeweiligen verfassten [X.], insbesondere deren glaubensdefiniertes Selbstverständnis und die Eigenart des kirchlichen [X.]ienstes als Maßstab beachten. Sie haben diese ihren Wertungen und Entscheidungen zugrunde zu legen, solange sie nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen stehen ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 118, [X.] 137, 273). Sind [X.] - wie hier [X.] das [X.] - anzuwenden, sind diese im Lichte der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zugunsten der kirchlichen Selbstbestimmung auszulegen. [X.]as bedeutet nicht nur, dass Religionsgesellschaften Gestaltungsspielräume, die das dispositive Recht eröffnet, voll ausschöpfen dürfen. Auch bei der Handhabung zwingender Vorschriften sind Auslegungsspielräume, soweit erforderlich, zugunsten der Religionsgesellschaften zu nutzen, wobei dem Selbstverständnis der [X.]n ein besonderes Gewicht zuzumessen ist ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 110, aaO).

[X.]ei Streitigkeiten über kirchliche Arbeitsverhältnisse hält das [X.] die (staatlichen) Arbeitsgerichte - anders als bei anderen Arbeitsverhältnissen - nur für berechtigt, die [X.]arlegungen des kirchlichen Arbeitgebers zu den maßgeblichen Loyalitätsobliegenheiten auf Plausibilität hin zu überprüfen. In Zweifelsfällen haben die Gerichte die einschlägigen Maßstäbe der verfassten [X.] durch Rückfragen bei den zuständigen [X.]nbehörden oder, falls dies ergebnislos bleibt, durch ein kirchenrechtliches oder theologisches Sachverständigengutachten aufzuklären ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 113, 116, [X.] 137, 273).

Für [X.], in denen die Kündigung auf einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Loyalitätsobliegenheiten gestützt wird, hat das [X.] eine zweistufige Kontrolle vorgegeben ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 81, [X.] 137, 273). [X.]anach haben die staatlichen Gerichte auf einer ersten Prüfungsstufe im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle auf der Grundlage des glaubensdefinierten Selbstverständnisses der jeweiligen [X.] zu überprüfen, ob eine Organisation oder Einrichtung an der Verwirklichung des kirchlichen Grundauftrags teilhat, ob eine bestimmte Loyalitätsobliegenheit Ausdruck eines kirchlichen Glaubenssatzes ist und welches Gewicht dieser Loyalitätsobliegenheit und einem Verstoß hiergegen nach dem kirchlichen Selbstverständnis zukommt. [X.]abei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Religionsgemeinschaften eine Abstufung der an die [X.]eschäftigten gerichteten [X.] nach Stellung und Konfession vorsehen und selbst bei gleich gelagerter (Leitungs-)Tätigkeit nach der Religion der Mitarbeiter unterscheiden ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 151, 159 ff., aaO). Auf einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann eine Gesamtabwägung vorzunehmen, in die neben kirchlichen [X.]elangen auch die Grundrechte der betroffenen Arbeitnehmer einfließen, wobei dem Selbstverständnis der [X.] ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]s stehen diese Maßstäbe im Einklang mit der [X.] und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.] ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 127 ff., aaO).

II. Gesetzliche Vorschriften

1. [X.] in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 25. August 1969 ([X.]I S. 1317):

        

„§ 1   

Sozial ungerechtfertigte Kündigungen

                 

(1) [X.]ie Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben [X.]etrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

                 

(2) Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem [X.]etrieb entgegenstehen, bedingt ist. …“

2. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (A[X.]) vom 14. August 2006 ([X.]I S. 1897):

        

„§ 1   

Ziel des Gesetzes

                 

Ziel des Gesetzes ist, [X.]enachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer [X.]ehinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

        

…       

        
        

§ 7     

[X.]enachteiligungsverbot

                 

(1) [X.]eschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die [X.]enachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der [X.]enachteiligung nur annimmt.

                 

…       

        

…       

        
        

§ 9     

Zulässige unterschiedliche [X.]ehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung

                 

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche [X.]ehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der [X.]eschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter [X.]eachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

                          
                 

(2) [X.]as Verbot unterschiedlicher [X.]ehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren [X.]eschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.“

Nach der Gesetzesbegründung ist § 9 A[X.] darauf gerichtet, Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] umzusetzen. [X.]er [X.] Gesetzgeber wollte von der Möglichkeit Gebrauch machen, „bereits geltende Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten beizubehalten, wonach eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung keine [X.]enachteiligung darstellt, wenn die Religion oder Weltanschauung einer Person nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung angesichts des Ethos der Organisation eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt“. § 9 Abs. 2 A[X.] ergänze Absatz 1 hinsichtlich der Frage, welche Verhaltensanforderungen eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft an ihre Mitarbeiter stellen darf. [X.]anach könnten die Organisationen ein loyales und aufrichtiges Verhalten von den für sie arbeitenden Personen verlangen. Es obliege den [X.]n und Weltanschauungsgemeinschaften selbst, dementsprechend verbindliche innere Regelungen zu schaffen. [X.]ie Frage, welche arbeitsrechtlichen Folgen ein Verstoß gegen derartige Verhaltenspflichten haben könne, hätten unter [X.]erücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Arbeitsgerichte zu beurteilen ([X.]T-[X.]rs. 16/1780 S. 35 f.).

III. Kirchliches Arbeitsrecht

1. Grundordnung des kirchlichen [X.]ienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22. September 1993 (Amtsblatt des [X.]):

        

„Art. 1

Grundprinzipien des kirchlichen [X.]ienstes

                 

Alle in einer Einrichtung der [X.]n [X.] Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der [X.] erfüllen kann ([X.]ienstgemeinschaft). …

        

…       

        
        

Art. 3

[X.]egründung des Arbeitsverhältnisses

        

…       

        
        

(2)     

[X.]er kirchliche [X.]ienstgeber kann pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der [X.]n [X.] angehört.

        

…       

        
        

Art. 4

Loyalitätsobliegenheiten

        

(1)     

Von den [X.]n Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Grundsätze der [X.]n Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen [X.]ienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der [X.]n Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. [X.]ies gilt auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

        

(2)     

Von nicht[X.]n [X.] Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.

        

…       

        
        

(4)     

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der [X.] und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden.

                          
        

Art. 5

Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten

        

(1)     

Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die [X.]eschäftigungsanforderungen nicht mehr, so muss der [X.]ienstgeber durch [X.]eratung versuchen, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf [X.]auer beseitigt. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z. [X.]. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in [X.]etracht.

        

(2)     

Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen sieht die [X.] insbesondere folgende Loyalitätsverstöße als schwerwiegend an:

                 

…       

        
                 

-       

Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der [X.] ungültigen Ehe,

                 

…       

        
        

(3)     

Ein nach Absatz 2 generell als Kündigungsgrund in [X.]etracht kommendes Verhalten schließt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus, wenn es begangen wird von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind. Von einer Kündigung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen.“

Eine ungültige Ehe schließt nach [X.]m Rechtsverständnis ([X.].] 1085 § 1 Codex Iuris [X.]onici [CIC]), wer durch das [X.]and einer früheren Ehe gebunden ist. Eine neue Eheschließung ist auch dann nicht erlaubt, wenn eine frühere Ehe aus irgendeinem Grund nichtig oder aufgelöst worden ist, die Nichtigkeit bzw. die Auflösung der früheren Ehe aber noch nicht rechtmäßig und sicher feststeht ([X.]. 1085 § 2 CIC). Mit Wirkung zum 1. August 2015 ist Art. 5 Abs. 2 [X.] 1993 neu gefasst worden. [X.]anach ist der kirchenrechtlich ungültige Abschluss einer Zivilehe dann ein Kündigungsgrund, wenn er nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der [X.]ienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der [X.] zu beeinträchtigen. Auf die Kündigung vom 30. März 2009 findet die Neufassung keine Anwendung.

2. Grundordnung für [X.] Krankenhäuser in [X.] vom 5. November 1996 (Amtsblatt des Erzbistums Köln S. 321):

        

„A.     

Zuordnung zur [X.]

        

…       

        
        

6.    

Für den Träger ist die auf der Grundlage der Erklärung der [X.] [X.]ischöfe zum kirchlichen [X.]ienst erlassene ‚Grundordnung des kirchlichen [X.]ienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22. September 1993‘ nebst Änderungen und Ergänzungen verbindlich. Als leitend tätige Mitarbeiter im Sinne der genannten Grundordnung gelten die Mitglieder der Krankenhausbetriebsleitung und die Abteilungsärzte.“

C. Einschlägige Vorschriften des Unionsrechts

Art. 4 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/[X.] des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in [X.]eschäftigung und [X.]eruf (A[X.]l. [X.] L 303 vom 2. [X.]ezember 2000 S. 16):

        

„[X.]ie Mitgliedstaaten können in [X.]ezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von [X.]n und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, [X.]estimmungen in ihren zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie geltenden Rechtsvorschriften beibehalten oder in künftigen Rechtsvorschriften [X.]estimmungen vorsehen, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie bestehende einzelstaatliche Gepflogenheiten widerspiegeln und wonach eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung einer Person keine [X.]iskriminierung darstellt, wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Eine solche Ungleichbehandlung muss die verfassungsrechtlichen [X.]estimmungen und Grundsätze der Mitgliedstaaten sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten und rechtfertigt keine [X.]iskriminierung aus einem anderen Grund.

        

Sofern die [X.]estimmungen dieser Richtlinie im übrigen eingehalten werden, können die [X.]n und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen [X.]estimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten.“

[X.]. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs und Erörterung der Vorlagefragen

I. Erläuterung der ersten Vorlagefrage

1. [X.]ie Kündigung der [X.]eklagten vom 30. März 2009 ist auf ihre [X.] Rechtfertigung zu prüfen. Verstößt eine ordentliche Kündigung gegen [X.]iskriminierungsverbote des A[X.], kann dies zur [X.] der Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 [X.] führen ([X.] 6. November 2008 - 2 [X.] - [X.] 128, 238).

2. [X.]a § 9 Abs. 2 A[X.] unionsrechtskonform auszulegen ist, kommt es für die Entscheidung über die Revision der [X.]eklagten auf den Inhalt von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] an. Hierüber kann der [X.] nicht ohne Anrufung des Gerichtshofs der [X.] nach Art. 267 AEUV befinden. Ist das nationale Verständnis des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, welches es den Religionsgemeinschaften und den ihnen zugeordneten Einrichtungen erlaubt, unterschiedliche [X.] an ihre [X.]eschäftigten auch bei gleich gelagerter (Leitungs-)Tätigkeit allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit zu stellen, mit dem Unionsrecht vereinbar, wäre die Revision der [X.]eklagten im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet. Es bedürfte - entsprechend den Vorgaben des [X.]s - ergänzender Feststellungen zu der nach § 1 Abs. 2 [X.] erforderlichen Interessenabwägung. [X.]ies hat der [X.] in seinem in diesem Verfahren ergangenen [X.]eschluss vom 28. Juli 2016 (- 2 [X.] ([X.]) -) im Einzelnen begründet, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen [X.]ezug genommen wird. Steht das nationale Verständnis des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts mit dem Unionsrecht indes nicht im Einklang und dürfte es deshalb der Revisionsentscheidung nicht zugrunde gelegt werden, wäre über die [X.] der Kündigung vom 30. März 2009 unter [X.]eachtung der unionsrechtlichen Grundsätze erneut zu befinden.

a) Zweifel bestehen bereits bei der Frage, ob die [X.]eklagte vom Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] erfasst wird und von den für sie arbeitenden Personen verlangen kann, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der [X.]n [X.] verhalten. [X.]ie [X.]eklagte ist eine Kapitalgesellschaft des Privatrechts. Nach nationalem Verfassungsrecht ist sie eine der [X.] zugeordnete Einrichtung. Sie nimmt in Anbetracht der vorrangig religiösen Zielsetzung ihres Handelns und ihrer institutionellen Verbindung zur [X.] an deren kirchlichem Selbstbestimmungsrecht teil. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass sich privatrechtlich verfasste Einrichtungen, die sich in markt-üblicher Weise im Gesundheitswesen betätigen, unionsrechtlich keine kirchlichen Sonderrechte in Anspruch nehmen können.

b) Im Streitfall liegt eine Ungleichbehandlung wegen der Religion iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 A[X.] vor. [X.]er Kläger ist leitender Mitarbeiter iSd. Art. 4 Abs. 1 Satz 3 und Art. 5 Abs. 3 [X.] 1993. [X.]ie für ihn geltende kündigungsrelevante Loyalitätsanforderung, keine nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der [X.]n [X.] ungültige Ehe einzugehen, betrifft nur [X.] Arbeitnehmer. Auf (leitende) Mitarbeiter einer anderen Konfession oder konfessionslose (leitende) Mitarbeiter findet sie auch nach dem Verständnis der [X.]eklagten keine Anwendung.

c) Nach der Rechtsprechung des [X.]s sind die unterschiedlich abgestuften Anforderungen der Loyalitätsobliegenheiten nach der Konfession des kirchlichen Arbeitnehmers mit ihrer grundlegenden Kategorisierung nach [X.] (Art. 4 Abs. 1 [X.] 1993), Nichtkatholiken (Art. 4 Abs. 2 [X.] 1993) und Nichtchristen (Art. 4 Abs. 3 [X.] 1993) verfassungsrechtlich ebenso gerechtfertigt wie die arbeitsrechtliche Sanktionierung von Verstößen aufgrund der Konfession einerseits und der leitenden Stellung andererseits. [X.]ie Glaubwürdigkeit der [X.]n könne davon abhängen, dass gerade ihre Mitglieder, die in ein Arbeitsverhältnis zu ihnen treten, die kirchliche Ordnung - auch in ihrer Lebensführung - respektieren. [X.]ie Abstufung knüpfe zudem an die differenzierte [X.]indungswirkung des kanonischen Rechts an. [X.]urch das [X.] [X.]nrecht auferlegte Pflichten gölten ausschließlich für [X.]. Leitende Arbeitnehmer nähmen Funktionen wahr, die hohe [X.]edeutung für [X.]estand, Entwicklung, Struktur und Umsetzung der vorgegebenen Ziele der kirchlichen Einrichtung haben. Ihnen komme eine besondere Verantwortung für die Wahrung des spezifisch religiösen Charakters und damit der Erfüllung von Sendung und Auftrag der [X.] zu. [X.]ies gelte sowohl im Hinblick auf die außerkirchliche als auch die innerkirchliche Öffentlichkeit ([X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 159 ff., [X.] 137, 273).

d) Es ist - soweit ersichtlich - bislang in der Rechtsprechung des [X.] ungeklärt, ob die [X.]n oder anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, autonom bestimmen können, was ein loyales und aufrichtiges Verhalten „im Sinne des Ethos der Organisation“ iSv. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] darstellt, und ob sie dabei - entsprechend dem [X.] Verfassungsrecht - autonom auch eine Abstufung von [X.] bei gleicher (Leitungs-)Funktion allein nach der Konfessionszugehörigkeit des Mitarbeiters vorsehen können. Fraglich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob die Glaubwürdigkeit der [X.] eine solche Unterscheidung gebieten muss oder eine solche zumindest kohärent geregelt sein muss. Insofern ist für den [X.] grundsätzlich nachvollziehbar, wenn die [X.] [X.] an leitende Mitarbeiter weiterreichende [X.] stellt als an Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion. Leitende Mitarbeiter repräsentieren eine Einrichtung und stehen deshalb in besonderer Weise für ihre Glaubwürdigkeit. [X.]amit korrespondiert es, wenn die [X.] ua. von ihnen auch ein persönliches Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der [X.]n Glaubens- und Sittenlehre verlangt. Sie beschäftigt in ihren Einrichtungen jedoch auch nicht[X.] Arbeitnehmer in Leitungspositionen und nimmt es hin, dass diese kein Lebenszeugnis nach [X.]n Grundsätzen geben. [X.]ies könnte, sollte es sich dabei nicht nur um Einzelfälle handeln, die Frage aufwerfen, weshalb ihre Glaubwürdigkeit gleichwohl ein [X.]s Lebenszeugnis der [X.]n leitenden Mitarbeiter erfordert (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1993) und im Falle eines Verstoßes ihre Weiterbeschäftigung ausschließt (Art. 5 Abs. 3 [X.] 1993). [X.]enn die Konfession eines leitenden Mitarbeiters dürfte regelmäßig für andere Arbeitnehmer und außenstehende [X.]ritte nicht erkennbar werden. Wäre dies von den staatlichen Gerichten zu überprüfen, bedürfte im Streitfall ggf. näherer Aufklärung, aus welchen Gründen und in welchem Umfang im betroffenen Erzbistum von der in Art. 3 Abs. 2 [X.] 1993 normierten Regel abgewichen wurde, leitende Aufgaben nur einer Person zu übertragen, die der [X.]n [X.] angehört. [X.]islang ist weder festgestellt, dass es sich nur um Ausnahmefälle handelte, noch, dass der Kläger seine Stellung bei der [X.]eklagten aufgrund seiner Zugehörigkeit zur [X.]n [X.] „bevorzugt“ erhalten hätte (vgl. dazu [X.] 22. Oktober 2014 - 2 [X.]vR 661/12 - Rn. 166, [X.] 137, 273).

e) [X.]aneben vermag der [X.] nicht zu beurteilen, in welchem Umfang staatliche Gerichte zu überprüfen haben, ob eine Loyalitätsanforderung „im Sinne des Ethos der Organisation“ iSv. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] vorliegt. Es stellt sich die Frage, ob den staatlichen Gerichten eine umfassende Kontrolle, lediglich eine Plausibilitätskontrolle und/oder eine reine Missbrauchskontrolle, [X.] dahin obliegt, ob die [X.]n und/oder ihre Einrichtungen die selbst gesetzten Maßstäbe konsequent zur Anwendung bringen. Soweit etwa der [X.] im Hinblick auf Loyalitätskonflikte im bestehenden Arbeitsverhältnis - auch unter [X.]ezugnahme auf die Richtlinie 2000/78/[X.] - anerkennt, dass sich eine besondere Art beruflicher Anforderungen aus der Tatsache ergeben kann, dass sie von einem Arbeitgeber festgelegt wurden, dessen Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, scheint er im Grundsatz von der Überprüfbarkeit durch staatliche Gerichte auszugehen ([X.]MR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [[X.]] Rn. 46; 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 51), ohne dass jedoch die gebotene Prüfungsintensität eindeutig erkennbar würde (ebenso [X.] 17. März 2016 - 8 [X.] (A) - Rn. 64).

II. Erläuterung der zweiten Vorlagefrage

1. [X.]er [X.] kann erst nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] durch den Gerichtshof beurteilen, ob und inwieweit § 9 Abs. 2 A[X.] - unter [X.]erücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden - so ausgelegt werden kann, dass die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleistet wird, ohne eine Auslegung contra legem zu erfordern ([X.] 19. April 2016 - [X.]/14 - [[X.]ansk Industri] Rn. 31). [X.]abei schließt der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung im [X.] Recht - wo dies nötig und möglich ist - das Gebot einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung ein. Eine solche Rechtsfortbildung kann insbesondere in [X.]etracht kommen, wenn der Gesetzgeber mit der von ihm geschaffenen Regelung eine Richtlinie umsetzen wollte, hierbei aber deren Inhalt missverstanden hat.

2. Sollte § 9 Abs. 2 A[X.] einer unionsrechtskonformen Auslegung hingegen nicht zugänglich sein, was allerdings erst auf der Grundlage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] durch den Gerichtshof festgestellt werden könnte, stellte sich die Frage, ob § 9 Abs. 2 A[X.] - ggf. teilweise - unangewendet zu lassen wäre (so zum Verbot der [X.]iskriminierung wegen des Alters ua. [X.] 19. April 2016 - [X.]/14 - [[X.]ansk Industri] Rn. 36; 19. Januar 2010 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 51, Slg. 2010, [X.]).

a) Ein subjektives Recht, das der Kläger als solches geltend machen könnte und das die nationalen Gerichte auch in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen verpflichtete, von der Anwendung mit diesem Verbot nicht im Einklang stehender nationaler Vorschriften abzusehen, könnte das in Art. 21 Abs. 1 GRC niedergelegte Verbot der [X.]iskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung sein. Zwar ist die [X.] erst mit dem [X.] am 1. [X.]ezember 2009 in [X.] getreten. [X.]ie Kündigung im vorliegenden Rechtsstreit datiert bereits aus März 2009. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass auch schon vor Inkrafttreten der [X.] ein Verbot der [X.]iskriminierung wegen der Religion als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bestanden hat (so für den allgemeinen Grundsatz des Verbots der [X.]iskriminierung wegen des Alters [X.] 19. Januar 2010 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 21, Slg. 2010, [X.]). [X.]afür könnte sprechen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs das grundsätzliche Verbot aller der nach der Richtlinie verbotenen Formen der [X.]iskriminierung seinen Ursprung in völkerrechtlichen Verträgen und den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten hat, wie sich aus der ersten und der vierten [X.]egründungserwägung der Richtlinie ergebe ([X.] 22. November 2005 - [X.]/04 - [[X.]] Rn. 74, Slg. 2005, [X.]).

b) [X.]as Unionsrecht ginge aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts im [X.] dem nationalen Recht vor (grundlegend [X.] 15. Juli 1964 - [X.]/64 - [[X.]/E.N.E.L.] Slg. 1964, 1251). [X.]ies gölte auch im Verhältnis zu nationalem Verfassungsrecht ([X.] 9. März 1978 - [X.]/77 - [[X.]] Rn. 17 f., Slg. 1978, 629; im Grundsatz ebenso [X.] 21. Juni 2016 - 2 [X.]vE 13/13 ua. - Rn. 115; 6. Juli 2010 - 2 [X.]vR 2661/06 - Rn. 53, [X.] 126, 286).

3. Für den Fall, dass die erste Vorlagefrage verneint wird, stellte sich die weitere Frage, welche Anforderungen gem. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] für ein an die Arbeitnehmer einer [X.] oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten „im Sinne des Ethos der Organisation“ gelten. In diesem Zusammenhang ist bislang auch noch nicht geklärt, welche [X.]edeutung der Anforderung zukommt, dass „die [X.]estimmungen dieser Richtlinie im übrigen eingehalten werden“ müssen.

        

    Koch    

        

    [X.]erger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

Meta

2 AZR 746/14 (A)

28.07.2016

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 30. Juli 2009, Az: 6 Ca 2377/09, Urteil

Art 267 AEUV, Art 4 Abs 2 UAbs 2 EGRL 78/2000, Art 4 Abs 1 GG, Art 4 Abs 2 GG, Art 140 GG, Art 137 Abs 3 S 1 WRV, § 1 Abs 2 S 1 Alt 2 KSchG, § 1 AGG, § 3 Abs 1 S 1 AGG, § 9 Abs 2 AGG, Art 4 Abs 1 S 3 KathKiGrdO, Art 5 Abs 3 KathKiGrdO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, EuGH-Vorlage vom 28.07.2016, Az. 2 AZR 746/14 (A) (REWIS RS 2016, 7440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7440


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 746/14

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 746/14, 20.02.2019.


Az. 2 AZR 746/14 (B)

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 746/14 (B), 28.07.2016.


Az. 2 AZR 746/14 (A)

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 746/14 (A), 28.07.2016.


Az. 6 Ca 2377/09

Arbeitsgericht Düsseldorf, 6 Ca 2377/09, 30.07.2009.


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