Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2010, Az. I ZR 45/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6001

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 45/09 Verkündet am: 10. Juni 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 10. Juni 2010 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen O[X.]landesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 5. März 2009 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der [X.] zu [X.] des Berufungsurteils dahingehend be-richtigt wird, dass die Beklagten zur Zahlung von 264.464,75 • verurteilt werden. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beklagten zu tra-gen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin vertreibt in [X.] das Arzneimittel "[X.]" in den Darreichungsformen "5 mg" und "20 mg". In [X.] wird das Arzneimittel unter der Bezeichnung "[X.]" von einer Konzernschwestergesellschaft der Klägerin vertrieben. Die Beklagten importierten das Arzneimittel aus [X.] nach [X.], kennzeichneten es in "[X.] 5 mg" bzw. "[X.] 20 mg" um und vertrieben es in der Darreichungsform "20 mg" im Zeitraum vom 8. [X.] - 3 - [X.] 2000 bis zum 9. Okto[X.] 2002 und in der Darreichungsform "5 mg" vom 1. August 2001 bis zum 9. Okto[X.] 2002. 2 Durch rechtskräftiges Urteil ist festgestellt worden, dass die Beklagten der Klägerin aufgrund dieser Vertriebshandlungen wegen Markenververletzung zu Schadensersatz verpflichtet sind. Die Klägerin nimmt die Beklagten, nach-dem diese Auskunft erteilt haben, im vorliegenden Rechtsstreit auf Schadens-ersatz in Höhe von 267.284,61 • sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechts-verfolgungskosten in Höhe von 1.507,20 • in Anspruch. Dabei verlangt sie wegen des Vertriebs von "[X.] 5 mg" die Heraus-gabe eines [X.]s in Höhe von 262.584,84 •. Wegen des Vertriebs von "[X.] 20 mg", mit dem die Beklagten Umsätze in Höhe von 46.997,68 • erzielt haben, begehrt die Klägerin unter Zugrundelegung eines Lizenzsatzes von 10% eine Lizenzgebühr in Höhe von 4.699,77 •. 3 Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, 4 1. an die Klägerin 267.284,81 • nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten ü[X.] dem Basiszinssatz seit dem 9. Okto[X.] 2002 zu zahlen; 2. an die Klägerin 1.507,20 • nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten ü[X.] dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Das [X.] hat der Klage in Höhe von 90.974,78 • sowie weiterer 1.421,50 • nebst Zinsen stattgegeben; im Übrigen hat es die Klage abgewie-sen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten unter Zurückweisung der [X.] Berufung der Klägerin und der weitergehenden Anschluss[X.]ufung der Beklagten verurteilt, an die Klägerin [X.] • sowie weitere 1.430,50 • nebst Zinsen zu zahlen. 5 - 4 - Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre Klage- und Klageabweisungsanträge weiter. Weiterhin beantragen sie jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen. 6 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne wegen des Vertriebs von "[X.] 5 mg" den gesamten von den Beklagten erzielten [X.] in Höhe von 262.584,84 • verlangen; hinsichtlich des Vertriebs von "[X.] 20 mg" sei ein Anspruch auf Zahlung von 4% des Umsatzes von 46.997,68 •, mithin von 1.879,91 • angemessen. Dementsprechend könne sie die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.410,50 • verlangen. Zur näheren Begründung hat es ausgeführt: 7 Bei dem Vertrieb des ursprünglich unter der Bezeichnung "[X.]" in [X.] in Verkehr gebrachten und von den Beklagten parallelimportierten Arznei-mittels bestehe die Markenverletzung der Beklagten in der Umkennzeichnung in "[X.]". Da parallelimportierte Arzneimittel [X.]eits aus arzneimittelrechtlichen Gründen ohne die Verwendung der Marke in [X.] nicht verkehrsfähig seien, sei der gesamte mit dem Vertrieb des umgekennzeichneten Arzneimittels "[X.] 5 mg" erzielte Gewinn ausschließlich auf die Markenverletzung zu-rückzuführen und von den Beklagten ohne Minderung herauszugeben. [X.] könnten die Beklagten nicht mit Erfolg einwenden, sie hätten das Produkt in [X.] auch zulässigerweise ohne Umkennzeichnung vertreiben dürfen. Die von ihnen aufgewandten Rechtsverteidigungskosten könnten von dem [X.] nicht in Abzug gebracht werden. 8 - 5 - Hinsichtlich des Vertriebs von "[X.] 20 mg" sei bei der Berechnung des Schadens nach der Lizenzanalogie unter Berücksichtigung des [X.] verletzten Kennzeichens sowie der Dauer, des Umfangs und der Art des Eingriffs in die Markenrechte eine Lizenzgebühr in Höhe von 4% zugrunde zu legen. 9 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der [X.] ohne Erfolg. 10 1. Vertrieb von "[X.] 5 mg" 11 Die Revision der Beklagten wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurtei-lung des Berufungsgerichts, dass die Beklagten den Gewinn, den sie mit dem Vertrieb von "[X.] 5 mg" erzielt haben, in voller Höhe an die Klägerin her-auszugeben haben. 12 a) Mit Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass parallelim-portierte Arzneimittel in [X.] ohne Verwendung der zur Bezeichnung des Arzneimittels angebrachten Marke aus arzneimittelrechtlichen Gründen nicht verkehrsfähig sind und sich eine Unterscheidung danach, ob der [X.] gegebenenfalls noch von anderen Umständen abhängt, auch deshalb ver-bietet, weil der Parallelimporteur ü[X.] die erforderlichen Hinweise auf seine Rol-le als Importeur und Umpacker hinaus nur in beschränktem Umfang Eingriffe in die Packung vornehmen darf (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juli 2009 - [X.], [X.], 237 Rn. 17 = [X.], 390 - Zoladex, mwN). Dass parallelim-portierte Arzneimittel in der Regel preisgünstiger angeboten werden als die ent-sprechenden Originalpräparate, ändert nichts daran, dass der Gewinn auf der Verwendung der markenverletzenden Kennzeichnung [X.]uht. Dem können die Beklagten auch nicht entgegenhalten, sie hätten einen ähnlich hohen Gewinn 13 - 6 - erzielt, wenn sie das Präparat unter der zulässigen Ursprungsbezeichnung "[X.]" vertrieben hätten. Der Einwand des Verletzers, er hätte das betreffende Arzneimittel auch ohne Markenverletzung vertreiben können, ist bei der Be-rechnung des abstrakten Schadens nach dem [X.] unzulässig; eine wertende Betrachtung kann hier - wovon auch das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist - allenfalls an die Frage der Ursächlichkeit zwischen Kennzei-chenbenutzung und Gewinneintritt unter Einbeziehung eventueller Mitursachen für den [X.] anknüpfen ([X.] [X.], 237 Rn. 17 - Zoladex). Im Übrigen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass mit dem Zeichen "[X.]" gekennzeichneten Produkten im maßgeblichen Zeitraum kein nennenswerter Umsatz hätte erzielt werden können. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch; von einer weiteren [X.] wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen. b) Mit Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die [X.] die von ihnen aufgewandten Rechtsverteidigungskosten nicht in Abzug bringen können. 14 Zutreffend hat es insoweit darauf verwiesen, dass - um dem [X.] zu tragen - bei der Berechnung des Schadens nach dem [X.] fingiert wird, dass der Rechtsinha[X.] ohne die [X.] durch die Verwertung des Kennzeichenrechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. [X.], Urteil vom 2. Novem[X.] 2000 - [X.], [X.]Z 145, 366, 372 - Gemeinkostenanteil, mwN). Kosten des Verletzers, die beim Rechtsinha[X.] nicht angefallen wären, sind daher bei der Berechnung des vom Verletzer herauszugebenden Gewinns nicht zu [X.]ück-sichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, [X.]Z 150, 32, 44 - [X.]; Urteil vom 21. Septem[X.] 2006 - [X.], [X.], 431 Rn. 34 f. = WRP 2007, 533 - [X.]). Das [X.] - 7 - richt hat daher zu Recht die Kosten der Rechtsverteidigung der Beklagten nicht in Abzug gebracht. 16 2. Vertrieb von "[X.] 20 mg" 17 Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klä-gerin wegen des Vertriebs von "[X.] 20 mg" eine Vergütung für eine fiktive Lizenz in Höhe von 4% des von den Beklagten mit den in dieser Weise rechts-verletzend gekennzeichneten Arzneimitteln erzielten Umsatzes verlangen kann (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 [X.] a.F.). a) Dabei hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, [X.] Lizenzgebühr vernünftige Lizenzparteien vereinbart hätten, wenn sie die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (vgl. [X.] [X.], 237 Rn. 10 - Zoladex). Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin steht dem nicht entgegen, dass Originalhersteller von Arzneimitteln üblicherweise Parallelimporteuren keine Lizenzen erteilen und letztere daran auch nicht interessiert sind, weil sie die parallelimportierten Arzneimittel ohnehin rechtmäßig vertreiben können, nachdem sie alle Voraussetzungen für eine Er-schöpfung geschaffen haben. Die Schadens[X.]echnung auf der Grundlage [X.] angemessenen Lizenzgebühr ist ü[X.]all dort zulässig, wo die Ü[X.]lassung von [X.] zur Benutzung durch Dritte gegen Entgelt recht-lich möglich und verkehrsüblich ist; für die Annahme der [X.] [X.] Ü[X.]lassung genügt es, dass ein solches Recht seiner Art nach - wie hier das Recht aus einer Marke - ü[X.]haupt durch Einräumung von Nutzungsrech-ten genutzt werden kann und genutzt wird (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2005 - [X.], [X.], 144, 145 = [X.], 117 - [X.], mwN). [X.] ist es wegen der normativen Zielsetzung dieser Schadens[X.]echnungs-methode unerheblich, ob es im konkreten Fall tatsächlich zu einer [X.] - 8 - den Lizenzerteilung gekommen oder ob dies etwa wegen Besonderheiten des Produkts oder der Beteiligten eher unwahrscheinlich gewesen wäre. 19 b) Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Ü[X.]zeugung zu bemessen. Vom Revisionsgericht ist nur zu prüfen, ob die Schadensschätzung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Ü[X.]legungen [X.]uht oder ob wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen worden sind (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.], 660 Rn. 14 = [X.], 847 - Resellervertrag, mwN). Die Revisionen zeigen mit ihren Angriffen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, im Streitfall sei unter Berücksichtigung aller Umstände eine Lizenzgebühr von 4% angemessen, nicht auf, dass die Schätzung des Berufungsgerichts auf solchen Rechtsfehlern [X.]uht. Das Berufungsgericht hat insbesondere sowohl die Inten-sität des Eingriffs in das geschützte Markenrecht durch die Umkennzeichnung der parallelimportierten Arzneimittel als auch den Bekanntheitsgrad und den Ruf des verletzten Kennzeichens sowie den Marktanteil des Originalpräparats der Klägerin im Verhältnis zum Vertrieb von Generika in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise [X.]ücksichtigt. 3. Danach begegnet es aus Rechtsgründen auch keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht der Klägerin gemäß § 14 Abs. 6 [X.] a.F. den Ersatz von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.430,50 • nebst Zinsen zuge-sprochen hat. 20 II[X.] Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind danach [X.]. Da die Berechnung des der Klägerin vom Berufungsgericht nach [X.] des Tenors des angefochtenen Urteils zugesprochenen Betrags in Höhe von [X.] • ausweislich der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils unter 21 - 9 - [X.] auf einem Rechen- oder Schreibfehler des Berufungsgerichts [X.]uht (262.584,84 • zuzüglich 1.879,91 •), ist der [X.] gemäß § 319 Abs. 1 ZPO auf den Betrag von 264.464,75 • zu [X.]ichtigen. Die Berichtigung kann jederzeit, auch durch das Rechtsmittelgericht, erfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 1996 - [X.], [X.]Z 133, 184, 191). Die Kostenentscheidung [X.]uht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. 22 Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.12.2005 - 312 [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom 05.03.2009 - 3 U 23/06 -

Meta

I ZR 45/09

10.06.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2010, Az. I ZR 45/09 (REWIS RS 2010, 6001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6001

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