Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.08.2018, Az. 29 W (pat) 537/15

29. Senat | REWIS RS 2018, 4986

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "qonsense (Wort-Bild-Marke)/conlance" – Warenidentität und -ähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft - unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 201 3 017 169

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 9. August 2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die in schwarz-blau ausgestaltete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 14. Februar 2013 angemeldet und am 3. September 2013 unter der Nummer 30 2013 017 169 für die Dienstleistungen der

3

Klasse 35: Unternehmensberatung; Unternehmensberatung bezüglich der strategischen Ausrichtung im Bereich der Informationstechnologie (IT); organisatorisches Projektmanagement im Bereich der Informationstechnologie (IT); organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung im Bereich der Informationstechnologie (IT); Verkaufsförderung für Dritte im Zusammenhang mit Computerprogrammen, Computer-Systemlösungen und Lizenzen;

4

Klasse 41: Ausbildung, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops und Schulungen in den Bereichen des Informationsmanagements, der Führung, der Informatik sowie der Erstellung und des Vertriebs von Informationsprodukten;

5

Klasse 42: Beratung im Bereich der Informationstechnologie (IT); Design, Analyse, Entwicklung, Installation, Wartung, Reparatur und Aktualisierung (Update) von Software, Computerprogrammen, Webanwendungen (Software), Online-Diensten (Software) und Mobilen Anwendungen (Software) für die [X.] sowie Immobilienwirtschaft und öffentliche Verwaltung;

6

als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 4. Oktober 2013.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 30 2012 019 701

8

[X.]

9

die am 13. März 2012 angemeldet und am 27. Juni 2012 für folgende Waren und Dienstleistungen eingetragen worden ist:

Klasse 09: [X.]; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Hardware für die Datenverarbeitung, Computer; Computersoftware;

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Büroarbeiten; Beratung in Fragen des Personalwe[X.]; Personalvermittlung; betriebswirtschaftliche Beratung von Freiberuflern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das [X.];

Klasse 37: Installation, Reparatur und Wartung von Hardware für Computer-Systeme und Netzwerke im [X.]; Reparaturdienstleistungen von Computerhardware;

Klasse 38: Telekommunikation, insbesondere mittels Plattformen und Portalen im [X.]; Einstellen von Webseiten, in das [X.] für Dritte;

Klasse 41: Ausbildung, insbesondere Schulung im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung;

Klasse 42: Wis[X.]chaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche [X.]; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2015 hat die Markenstelle für Klasse 35 des [X.] aufgrund des Widerspruchs die Löschung der Marke angeordnet.

e“ bei der angegriffenen Marke und „[X.]e“ bei der Widerspruchsmarke, stimmten in den Wortanfängen, der Gesamtwortlänge und im Sprech- und Betonungsrhythmus überein, die [X.] sei klanglich ähnlich. Die Abweichung hinsichtlich der mittleren Konsonanten - „s“ in der angegriffenen Marke und „l“ in der Widerspruchsmarke - stelle keine ausreichende klangliche Unterscheidungshilfe dar, da diese klangschwachen Konsonanten in der [X.]e der Wörter akustisch nicht markant wahrnehmbar seien. Auch die [X.] klinge verwechselbar ähnlich, weil man von einer [X.] Aussprache der Widerspruchsmarke ausgehen könne, so dass der Vokal „a“ wie „ä“ ausgesprochen werde, und damit dem Vokal „e“ ähnlich sei. Der von der Inhaberin der jüngeren Marke vorgebrachte Aspekt, dass die jüngere Marke klanglich dem [X.] Wort „Kon[X.]“ entspreche, könne ein Verhören im entscheidungserheblichen Umfang nicht verhindern, weil das Verhören passiere, ehe die Begrifflichkeit erkannt werde.

Für eine von der Markeninhaberin beantragte Kostenauferlegung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehe bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kein Anlass. Die Widersprechende habe trotz der Entscheidung des [X.], das einen Verwechslungsgefahr zwischen „[X.]“ und „[X.][X.]e“ verneint hatte, zulässig und nicht völlig ohne Aussicht auf Erfolg ihr Recht auf Überprüfung der Markenähnlichkeit wahrgenommen, so dass ihr kein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfalt vorgeworfen werden könne. Schließlich stehe es einer [X.] frei, neben einer Löschungsklage gemäß § 51 [X.] auch ein Widerspruchsverfahren nach § 42 [X.] durchzuführen, wobei abweisende Entscheidungen in einem Verfahren keine Bindungswirkung im jeweils anderen Verfahren entfalten würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin.

Sie ist der Auffassung, dass die Widerspruchsmarke eine lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweise. Zwar handele es sich bei „[X.]“ um ein nicht rein beschreibendes Kunstwort, es werde aber lediglich die international bekannte Vorsilbe „[X.]“ mit dem [X.] Wort „lance“ kombiniert, welches insbesondere aus der Wortkombination „free lance“ mit überragender Bedeutung bekannt sei. Die sich gegenüber stehenden Marken seien wegen des in der jüngeren Marke enthaltenen [X.] und der unterschiedlichen Anfangsbuchstaben visuell nicht ähnlich. Auch eine klangliche Ähnlichkeit sei zu verneinen. Allenfalls die [X.]elteile „lance“ und „[X.]e“ seien bei schneller und etwas undeutlicher Aussprache ähnlich. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung sei zu berücksichtigen, dass das ausgesprochene Zeichen „[X.][X.]e" nicht nur in der [X.], sondern auch in der [X.] Sprache einen geläufigen Begriff enthalte und von den angesprochenen [X.]en als „Einigkeit“ oder „Übereinstimmung" verstanden werde. Wegen dieser offenkundigen Assoziation verliere das angegriffene Zeichen bei der Aussprache seine Kennzeichnungskraft als Herkunftshinweis einer Dienstleistung nahezu vollständig. Nur die konkrete Schreibweise und das Bildelement begründeten seine Schutzfähigkeit. Der aussprechbare Teil des Zeichens „[X.][X.]e“ sei folglich hinsichtlich einer Kennzeichnungsfunktion relativ ungeeignet, sodass die Gefahr, dass sich die streitigen Zeichen klanglich gegenüber stünden, äußerst gering sei. Da eine Ähnlichkeit aber nur in klanglicher Hinsicht begründet sei, und nur die Aussprache des Zeichens, nicht aber die Wortmarke eine Assoziation mit dem Begriff „Kon[X.]“ bewirke, lasse sich eine Verwechslungsgefahr ausschließen. Mit dieser Begründung habe das [X.] in seiner Entscheidung vom 15. August 2014 – [X.]: 38 O 175/13 den von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Unterlassungs- und Löschungsanspruch abgewiesen, womit sich die Markenstelle in ihrem Beschluss nicht auseinandergesetzt habe. Die Beschwerdegegnerin habe gegen die Entscheidung des [X.] kein Rechtsmittel eingelegt und trotz der sich aus dieser Entscheidung ergebenden fehlenden Erfolgsaussichten das Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung der Marke „[X.][X.]e“ aber fortgesetzt. Ihr seien daher gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beschwerdeführerin beantragt daher sinngemäß,

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 16. Juni 2015 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

2. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Amtsverfahren hat sie vorgetragen, bei dem Markenvergleich sei der Bildbestandteil der angegriffenen Marke zu vernachlässigen. Auch weil beide [X.]en Beratungsunternehmen seien, komme es nur auf die klangliche Wahrnehmung der angesprochenen [X.]e an. Klanglich seien die sich gegenüber stehenden Zeichen nahezu identisch. Die ersten Silben „[X.]“ und „[X.]“ seien identisch, da die beiden Anfangsbuchstaben „q“ und „c“ jeweils wie „k“ ausgesprochen würden. Die jeweils zweiten Silben, nämlich „lance“ und „[X.]e“ würden „lens“ und „[X.]“ ausgesprochen, so dass sich klanglich insgesamt „kon-lens“ und „kon-[X.]“ gegenüber stünden. Angesichts identischer Dienstleistungen bestehe damit Verwechslungsgefahr.

Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdegegnerin keine weitere Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.], 245 ff. – [X.]/[X.] [[X.]/ [X.]]; [X.]. 2012, 754 Rn. 63 – [X.] GmbH./.[X.] [Linea Natura Natur hat immer Stil]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ [X.] [[X.] CREATIONES KENNYA/[X.] [X.]]; GRUR-RR 2009, 356 Rn. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 79 Rn. 9 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 1301 Rn. 44 – Kinderstube; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – [X.]). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen [X.]e und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser [X.]e bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

1. Da [X.] nicht aufgeworfen wurden, ist für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bzw. –identität die jeweilige [X.] maßgebend. Ausgehend davon besteht zwischen den sich gegenüber stehenden Dienstleistungen teilweise Identität, teilweise hochgradige Ähnlichkeit.

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten [X.]e der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.]. 2009, 397 Rn. 65 - P Les [X.] Sàrl/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 157 Rn. 21 – [X.]; [X.], 176 Rn. 16 – [X.]/ [X.]; [X.], 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2001, 507, 508 – [X.]/ R[X.]).

Die Dienstleistung der Klasse 35 „Unternehmensberatung“ der jüngeren Marke findet sich wortgleich im Verzeichnis der Widerspruchsmarke. Die darüber hinaus aufgeführten speziellen Dienstleistungen der jüngeren Marke, nämlich „Unternehmensberatung bezüglich der strategischen Ausrichtung im Bereich der Informationstechnologie (IT); organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung im Bereich der Informationstechnologie (IT)“ sind unter den Oberbegriff „Unternehmensberatung“ zu subsumieren, so dass auch insoweit Identität besteht. „Organisatorisches Projektmanagement im Bereich der Informationstechnologie (IT)“ der jüngeren Marke fällt unter den Oberbegriff „Unternehmensverwaltung“ der Widerspruchsmarke, so dass ebenfalls Identität vorliegt. Gleiches gilt im Verhältnis zwischen „Verkaufsförderung für Dritte im Zusammenhang mit Computerprogrammen, Computersystemlösungen und Lizenzen“ und dem für die Widerspruchsmarke eingetragenen Oberbegriff „Werbung“.

Auch die Dienstleistungen der Klasse 41 der jüngeren Marke sind identisch bzw. hochgradig ähnlich zu den [X.]. Die Dienstleistung „Ausbildung“ ist wortgleich in beiden Verzeichnissen enthalten. Die angegriffenen Dienstleistungen „Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops und Schulungen in den Bereichen des Informationsmanagements, der Führung, der Informatik sowie der Erstellung und des Vertriebs von Informationsprodukten“ stehen jedenfalls in einem hochgradigen Ähnlichkeitsverhältnis zur Dienstleistung „Ausbildung“, da ein Kernziel der Durchführung von Seminaren etc. die Informationsvermittlung zum Zwecke der Aus- und Weiterbildung der Teilnehmer ist (vgl. [X.], Beschluss vom 5.12.2000, 33 W (pat) 91/00 – EuroVisa).

Die von der jüngeren Marke in Klasse 42 beanspruchte Dienstleistung „Beratung im Bereich der Informationstechnologie (IT)“ kann unter dem Oberbegriff „Technologische Dienstleistungen“ subsumiert werden, so dass wiederum Identität besteht. Die Dienstleistungen „Design, Analyse, Entwicklung von Software, Computerprogrammen, Webanwendungen (Software), Online-Diensten (Software) und Mobilen Anwendungen (Software) für die [X.] sowie Immobilienwirtschaft und öffentliche Verwaltung“ decken sich mit den in Klasse 43 beanspruchten „[X.] und Analysedienstleistungen sowie „Entwicklung von Computersoftware“ der Widerspruchsmarke, sind also ebenfalls zueinander identisch.

Die angegriffenen Dienstleistungen „Installation, Wartung, Reparatur und Aktualisierung (Update) von Software, Computerprogrammen, Webanwendungen (Software), Online-Diensten (Software) und Mobilen Anwendungen (Software) für die [X.] sowie Immobilienwirtschaft und öffentliche Verwaltung“ sind hochgradig ähnlich zur Widerspruchsdienstleistung „Entwicklung von Computersoftware“, da Entwicklung von Software und die daran anschließende Instandhaltung regelmäßig vom selben Dienstleister durchgeführt werden.

2. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft sind nicht erkennbar.

Selbst wenn der Verkehr, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, das Widerspruchszeichen in die Bestandteile „[X.]“ und „lance“ aufteilen und „[X.]“ als Vorsilbe des [X.] Wortes “lance“ auffassen würde, bleibt, unabhängig davon, ob dem Verkehr die Bedeutung des Wortes „lance“ (englisch für „Lanze, Speer“) bekannt ist, die Bedeutung dieser Zusammensetzung unklar. Der [X.] Begriff „[X.]“ bedeutet „Betrügerei; Betrug; Nachteil; Schwindel“ (https://dict.leo.org); „to [X.] sb.“ steht wiederum umgangssprachlich für „jmd. reinlegen“ (https://de.pons.com). Weder die Kombination der beiden Substantive noch des Verbs mit dem Substantiv „Lanze; Speer“ ergibt eine sinnvolle Bedeutung. Unterstellt, man ginge von der [X.] bzw. [X.] Übersetzung von „[X.]“ mit „mit“ aus, führt auch dies nicht zu einer verständlichen Wortkombination. Dafür, dass der Verkehr eine Parallele zu dem Ausdruck „freelance“ bzw. „freelancer“ (englisch für „der/die Selbständige, Freiberufler/in“) erkennen würde, gibt es, anders als das [X.] in seiner Entscheidung vom 15. August 2014, [X.]. 38 O 175/13 angenommen hat, nach Beurteilung des Senats keinerlei Anhaltspunkte. Zudem ist fraglich, welche Schlussfolgerung der Verkehr in Bezug auf eine mögliche Bedeutung des Begriffs „[X.]“ ziehen würde. Jedenfalls erschließt sich bei keiner der angesprochenen Betrachtungsweisen ein beschreibender Bezug zu den darunter geschützten Waren und Dienstleistungen.

3. Angesprochene [X.]e sind insbesondere Unternehmer und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene bzw. der Führungsebene in der öffentlichen Verwaltung, so dass insoweit von einer etwas höheren Aufmerksamkeit auszugehen ist.

4. Bei identischen bis hochgradig ähnlichen Vergleichsdienstleistungen sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und etwas erhöhter Aufmerksamkeit der [X.]e sind an den zur Vermeidung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke aber nicht gerecht.

Maßgebend für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.], 922 Rn. 35 – Specsavers/[X.]; [X.], Beschluss vom 23.10.2014, [X.] Rn. 10 – [X.]; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 930 Rn. 22 – [X.]/ [X.]; [X.], 64 Rn. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Rn. 23 – [X.]; [X.], 672 Rn. 33 – [X.]; [X.], Beschluss vom 18.04.2011, 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST).

einem der [X.] aus. Es genügt daher, wenn die Zeichen einander entweder im (Schrift-)Bild oder im Klang oder in der begrifflichen Bedeutung ähnlich sind ([X.] [X.], 1104 Rn. 27 – Medi[X.] Apotheke/[X.]; [X.], 1114 Rn. 23 – [X.]; [X.], 1009 Rn. 24 – [X.]; [X.], 382 Rn. 25 – [X.]; [X.], 1055 Rn. 26 – airdsl).

In schriftbildlicher Hinsicht zeigen die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit wegen der grafischen Ausgestaltung der jüngeren Marke ausreichende Unterschiede.

Gleichwohl ist eine Verwechslungsgefahr gegeben, weil die Vergleichsmarken in klanglicher Hinsicht eine große Ähnlichkeit aufweisen.

Auf Seiten der angegriffenen Wort-/Bildmarke ist der in ständiger Rechtsprechung anerkannte Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass sich der Verkehr bei einer Kombination von Wort und Bild regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert, weil dieser, soweit er kennzeichnungskräftig ist, die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (vgl. BHG [X.], 378 Rn: 30 – [X.]). Er wird daher vorliegend die angegriffene Marke, wenn er sie in ihrer registrierten Form vor sich hat, mündlich nur mit dem Wortbestandteil wiedergeben. Da der Buchstabe „q“ im [X.] wie „k“ ausgesprochen wird, ist neben der Aussprache „kwon[X.]e“ auch die Aussprache „kon[X.]“ naheliegend.

Bei der mündlichen Wiedergabe der Widerspruchsmarke sind alle naheliegenden Aussprachevarianten zu beachten (vgl. [X.], Beschluss vom 21.10.2015, 29 W (pat) 31/13 – Carsi/Cars; OLG Stuttgart GRUR-RR 2005, 307, 308 – e-motion/iMotion; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 9 Rn. 289). Da auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungsgebiet [X.] Begriffe weit verbreitet sind, ist jedenfalls auch eine englischsprachige Aussprache in Betracht zu ziehen. „[X.]“ wird im [X.] „la:ns“ bzw. im [X.] [X.] „läns“ ausgesprochen. Der [X.] Verkehr neigt erfahrungsgemäß zu einer Aussprache mit „e“ (vgl. auch „performens“ statt „performance“), so dass die Aussprachemöglichkeiten „[X.]“ mit einem kurzen „e“ bzw. „konläns“ mit einem längeren „ä“ naheliegend sind.

Somit stehen sich „kon[X.]“ und „[X.]“ bzw. „konläns“ gegenüber. Beide Wörter stimmen in der Gesamtwortlänge, der Anzahl der Buchstaben und Silben, sowie auch in der [X.] überein und unterscheiden sich lediglich in den jeweils in der [X.]e liegenden Konsonanten „s“ bzw. „l“. Die Unterschiede in den Vokalen „e“ und „a“ in der zweiten [X.] werden durch die oben dargestellte Aussprache der Widerspruchsmarke derart verringert, dass sie nicht mehr wahrgenommen werden. Auch die Abweichung zwischen den mittleren Konsonanten „s“ bzw. „l“ ist lediglich gering und leicht überhörbar. Beide Konsonanten sind klangschwach und akustisch nicht markant wahrnehmbar. Dies gilt vor allem auch unter Berücksichtigung des Erfahrungssatzes, dass der Verkehr beide Marken regelmäßig nicht nebeneinander wahrnimmt und sie deshalb nicht miteinander vergleichen kann, weshalb die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (vgl. [X.] GRUR 2003, 1047 Rn. 34 – Kellogg's/[X.]; [X.], 235, Rn. 35 – [X.]). Insofern liegt eine klanglich hochgradige Übereinstimmung vor.

Die klangliche Ähnlichkeit wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem einen oder auch beiden Zeichen ein ohne weiteres erkennbarer eindeutiger konkreter Begriffsinhalt zukommt, so dass die klanglichen Unterschiede vom Hörer besser erfasst würden (vgl. [X.] a. a. O. – Kellogg's/[X.]; [X.], 605 – comtes/ [X.]). Zwar hat die jüngere Marke bei Aussprache wie „Kon[X.]“ die Bedeutung „Übereinstimmung der Meinungen; (veraltend) Zustimmung, Einwilligung“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Kon[X.]), während die Widerspruchsmarke „[X.]“ wie oben dargestellt, keinen Sinngehalt aufweist. Doch für den Ausschluss der Verwechslungsgefahr genügt es nicht, dass es sich um verständliche Begriffe handelt; vielmehr müssen diese in der alltäglichen Vorstellungswelt der jeweils angesprochenen [X.]e so geläufig sein, dass sich die Erinnerung an ihre Bedeutung auch aufdrängt, wenn sie als abstrakte Kennzeichnungsmittel für Waren oder Dienstleistungen isoliert und schlagwortartig auftreten. Unabdingbare Voraussetzung für eine derartige Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt ist nämlich, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis keinen weiteren Denkvorgang erfordert ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 307). Bei hochgradig klanglichen oder bildlichen Übereinstimmungen kommt ein Ausschluss der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt daher regelmäßig nicht mehr in Betracht. Denn wenn der angesprochene [X.] die jüngere Marke infolge des Verle[X.] oder Verhörens von [X.] mit demselben Sinngehalt wie die Widerspruchsmarke wahrnimmt, vermag er die Zeichen nicht mehr anhand eines unterschiedlichen Sinngehalts voneinander abzugrenzen; der unterschiedliche Sinngehalt kommt dann nicht mehr zum Tragen (vgl. [X.], Beschluss vom 11.07.2006, 27 W (pat) 208/05 – Chrisma/CHARISMA; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 312). Wegen der hochgradigen klanglichen Übereinstimmungen zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen kommt daher trotz der – bei Benennung mit „Kon[X.]“– abweichenden Bedeutung der jüngeren Marke gegenüber der Widerspruchsmarke ein Ausschluss der Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen, und ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt, so dass insgesamt nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Marken klanglich füreinander gehalten werden.

Auch das [X.] hat in seiner Entscheidung vom 15.08.2014, [X.]: 38 O 175/13, auf welche sich die Beschwerdeführerin bezieht, eine Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht angenommen, dem Wort „[X.]“ jedoch wegen seiner – angeblich naheliegenden – Bedeutung die Kennzeichnungskraft als Herkunftshinweis abgesprochen und deswegen die Möglichkeit einer klanglichen Verwechslungsgefahr verneint. Dem kann sich der Senat aus den vorgenannten Gründen nicht anschließen; ohnehin entfaltet dieses Urteil keine Bindungswirkung für das Widerspruchsverfahren (Thiering in [X.]/[X.]/Thiering a. a. O. § 55 Rn. 11).

Die Eintragung der angegriffenen Marke ist daher zu löschen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

5. Der Kostenantrag der Inhaberin der jüngeren Marke ist unbegründet. Die Beteiligten haben die ihnen erwachsenen Kosten selbst zu tragen, da die Billigkeit keine abweichende Kostenentscheidung gebietet (§§ 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

Aus § 71 Abs. 1 [X.] folgt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst trägt. Zu einer Abweichung von diesem Grundsatz der eigenen Kostentragung bedarf es stets besonderer Umstände. Der Verfahrensausgang allein, also insbesondere die Tatsache des Unterliegens, genügt hierfür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass darüber hinausgehende Umstände vorliegen, die eine Kostenauferlegung nach billigem Ermessen angebracht erscheinen lassen ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O., § 71 Rn. 6, 12, m. w. N.). Abgesehen davon, dass die Widersprechende und Beschwerdegegnerin hier schon nicht unterlegen ist, sind keine sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine besonderen Umstände für eine Kostenauferlegung erkennbar.

Insbesondere hat die Widersprechende mit der neben dem Widerspruchsverfahren erhobenen Löschungsklage vor dem [X.] nicht gegen die prozessuale Sorgfalt verstoßen, sondern lediglich ihre rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Eine Löschungsklage kann jederzeit anstatt oder neben einem Widerspruch erhoben werden. [X.] Entscheidungen entfalten keine Bindungswirkung im jeweils anderen Verfahren (vgl. [X.], [X.]. 2010, 529, 536 [X.]; Thiering in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O. § 55 Rn. 11). Deshalb verstößt auch das Weiterverfolgen des Widerspruchs nachdem das Urteil des [X.] rechtkräftig geworden ist, nicht gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht. Es besteht daher kein Anlass, von dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]), abzuweichen.

Meta

29 W (pat) 537/15

09.08.2018

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.08.2018, Az. 29 W (pat) 537/15 (REWIS RS 2018, 4986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4986

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