Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.04.2021, Az. 29 W (pat) 504/19

29. Senat | REWIS RS 2021, 6719

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – " DLOHN/edlohn  (Unionsmarke, Wort-Bildmarke)" –  klangliche Verwechslungsgefahr bei identischen und hochgradig ähnlichen Dienstleistungen – keine Verwechslungsgefahr bei geringer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] und der Richterinnen [X.] und Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 23.10.2018 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke [X.] 002 715 670 im Umfang der Dienstleistungen der [X.] zurückgewiesen wurde.

Im Umfang der vorgenannten Dienstleistungen wird die Löschung der Marke [X.] 2017 004 598 angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie angegriffene Wortmarke 30 2017 004 598

2

[X.]

3

ist am 22. Februar 2017 angemeldet und am 21. März 2017 für die Waren und [X.]ienstleistungen der

4

Klasse 09:Software; Computerhardware;

5

[X.]: Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchführung und Buchhaltung; Buchprüfung; Computergeschützten ([X.].: es dürfte "computergestützte" gemeint sein) Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen;

6

[X.]: Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste;

7

in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden. [X.]ie Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 21. April 2017.

8

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 28. November 2003 eingetragenen Unions-Wort-/Bildmarke 002 715 670

Abbildung

9

Widerspruch erhoben. [X.]ie Widerspruchsmarke genießt neben Waren und [X.]ienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42 Schutz auch für die folgenden [X.]ienstleistungen der

[X.]: Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten.

[X.]er Widerspruch ist beschränkt aus den vorgenannten [X.]ienstleistungen der [X.] erhoben worden.

[X.]ie Markenstelle für [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 den Widerspruch zurückgewiesen, weil eine [X.] zwischen den Vergleichsmarken nicht vorliege. Zwischen den [X.] "Unternehmensverwaltung" und den angegriffenen [X.]ienstleistungen "Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn- und Gehalts- und Einstufungsstrukturen" könne eine Ähnlichkeit im mittleren Bereich festgestellt werden. Zwischen der "Geschäftsführung" der Widersprechenden und den angegriffenen [X.]iensten "Buchführung und Buchhaltung" bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da die Buchführung begrifflich zu den [X.]iensten der Geschäftsführung gehöre. Ob und in welchem Grad weitere Ähnlichkeiten der angegriffenen [X.]ienstleistungen und/oder Waren mit den [X.] bestünden, könne dahingestellt bleiben, da selbst bei unterstellter Identität keine [X.] gegeben sei. [X.]ie Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und einen normalen Schutzumfang, denn konkrete Anhaltspunkte, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft des [X.] sprächen, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Auch wenn das Element "lohn" in der Marke vorkomme und dieses im Hinblick auf die relevanten [X.]ienste der [X.] als kennzeichnungsschwach einzustufen sei, weil es als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der [X.]ienstleistungen im Lohnbereich aufgefasst werde, könne daraus nicht auf die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke geschlossen werden; durch die weiteren Buchstabenelemente "ed" und das grafische, vorangestellte Element eines "[X.]" sei die Widerspruchsmarke hinreichend fantasievoll gebildet. In bildlicher Hinsicht seien die Vergleichsmarken sicher auseinanderzuhalten, denn die in der Widerspruchsmarke enthaltenen zusätzlichen Elemente in Form des Buchstabens "e", des grafischen "[X.]", des Fettdrucks dieses Zeichens sowie der ersten Buchstaben "ed" fänden in der angegriffenen Marke keinerlei Entsprechung.

[X.]avon unterscheide sich die in Großbuchstaben geschriebenen Wortmarke "[X.]" deutlich. Auch im klanglichen Vergleich genügten die Unterschiede am Wortanfang für ein sicheres [X.], denn die Aufmerksamkeit liege wegen der Schutzunfähigkeit der Markenendungen "-lohn" gerade auf den anfänglichen Abweichungen.

Eine unmittelbare [X.] aufgrund des gemeinsamen Elements "[X.]/lohn" komme ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen handele es sich bei dem Widerspruchszeichen schon nicht um eine mehrteilige Marke, so dass es nicht gerechtfertigt sei, den Bestandteil "lohn" losgelöst von "[X.]" zu betrachten. Eine Prägung der Widerspruchsmarke nur durch dieses Element komme zudem deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei "Lohn" um einen beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand der relevanten [X.]ienstleistungen handele. [X.]ie Marken würden schließlich auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht, Anhaltspunkte für eine solche Art der [X.] lägen nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie ist der Auffassung, dass eine [X.] bestehe. [X.]ie Beschwerde richtet sich dabei in erster Linie gegen die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit durch die Markenstelle. So sei schon von einer bildlichen Ähnlichkeit der Vergleichsmarken auszugehen. Es liege auch eine klangliche Ähnlichkeit vor. Neben der vom Amt angenommenen Aussprache der Widerspruchsmarke als "[X.]lohn" sei auch mit einer Aussprache wie "e-de-lohn" zu rechnen; dem stehe die angegriffene Marke klanglich mit "de-lohn" gegenüber, weil dieser Bestandteil die angegriffene Marke präge. [X.]er einzige Unterschied liege in dem zusätzlichen Buchstaben "e", der sehr leicht überhört werden könne.

[X.]ie Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 23. Oktober 2018 aufzuheben und die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2017 004 598 aufgrund des Widerspruchs aus der Unionsmarke [X.] 002 715 670 zu löschen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert oder einen Antrag gestellt noch hat sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.

Im Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, dass weder eine Waren- und [X.]ienstleistungsähnlichkeit noch eine ausreichende Markenähnlichkeit bejaht werden könne. So würden unterschiedliche [X.]ienstleistungen angeboten. Ausweislich der Produktbeschreibung von ">[X.]" handele es sich um ein reines Lohnabrechnungsprogramm für den Endverbraucher. Mit der Marke "[X.]" werde dagegen ein komplexes Inhouse-PayRoll-System für die Branchen Gesundheitswesen und Öffentlicher [X.]ienst sowie die damit verbundenen [X.]ienstleistungen geschützt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie nach §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg.

Zwischen den Vergleichsmarken besteht im Umfang der [X.]ienstleistungen der [X.] die Gefahr von unmittelbaren klanglichen Verwechslungen nach §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 [X.], so dass insoweit der Beschluss der Markenstelle des [X.] aufzuheben und die Löschung der Eintragung der jüngeren Marke hierfür anzuordnen waren, § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Im Übrigen ist eine [X.] nicht zu besorgen; insoweit hat die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

A) [X.]a die [X.]eldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] n. F.) weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung (im Folgenden "[X.]") anzuwenden.

B) [X.]ie Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. [X.]abei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur [X.] [X.], 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.] [X.], 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.] Klein/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] [X.], 870 Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/[X.] [X.] SPORTMANAGEMENTAKA[X.]EMIE).[X.]arüber hinaus können für die Beurteilung der [X.] weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware oder [X.]ienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende [X.]ifferenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare klangliche [X.] im Umfang der [X.]ienstleistungen der [X.] zu bejahen.

1. Benutzungsfragen sind nicht zu erörtern, da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung nicht erhoben hat. Maßgeblich für die Prüfung der Waren- und [X.]ienstleistungsähnlichkeit ist daher allein die [X.], auf die tatsächlichen Geschäftsfelder der Beteiligten kommt es nicht an.

a) Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder [X.]ienstleistungen ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der [X.] wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] GRUR Int. 2009, 397 Rn. 65 – Les Éditions Albert René Sàrl/[X.] [[X.]/MOBILIX]; [X.], 157 Rn. 21 – [X.]; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – [X.]; [X.], 488 Rn. 12 – [X.]/[X.]ESPERA[X.]O).

Angesichts der fehlenden Körperlichkeit ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit von [X.]ienstleistungen untereinander in erster Linie Art und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der [X.]ienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die [X.]ienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden ([X.] Rn. 21 - Bio Gourmet/Biogourmet).

Zwischen der Erbringung einer unkörperlichen [X.]ienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestehen grundlegende Abweichungen. Eine Ähnlichkeit zwischen Waren einerseits und [X.]ienstleistungen andererseits kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommt, dass Ware und [X.]ienstleistung der Kontrolle desselben Unternehmens unterliegen, sei es, dass das [X.]ienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden [X.]ienstleistungsgebiet betätigt (vgl. [X.] 2012, 1145 Rn. 35 – [X.]; GRUR 2004, 241 Rn. 26 – Ge[X.]IOS).

Von einer Unähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen und erhöhter Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke die Annahme einer [X.] wegen des Abstandes der Waren oder [X.]ienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GRUR 1998, 922 Rn. 22 - [X.]; [X.] 2015, 176 Rn. 17 - [X.]).

b) In Anwendung dieser Grundsätze sind die sich gegenüberstehenden Waren und [X.]ienstleistungen zum Teil identisch oder ähnlich in unterschiedlichen Graden sowie zum Teil unähnlich. Im Umfang der unähnlichen Waren und [X.]ienstleistungen der angegriffenen Marke muss schon deshalb der Widerspruch und damit die Beschwerde erfolglos bleiben. [X.]enn eine [X.] ist ausgeschlossen, wenn die Waren oder [X.]ienstleistungen einander nicht ähnlich sind ([X.] GRUR 2021, 724 Rn. 31 – [X.]/PURE [X.]).

aa) Zwischen den sich gegenüberstehenden [X.]ienstleistungen aus der [X.] liegt - anders als die Markenstelle angenommen hat - insgesamt Identität oder jedenfalls eine sehr hohe Ähnlichkeit vor [X.]/Stoppel, [X.]ie Ähnlichkeit von Waren und [X.]ienstleistungen, 18. Aufl., Stichworte: Geschäftsführung S. 370,371; Unternehmensverwaltung S. 393, 394 und Unternehmensberatung S. 393).

So sind die [X.]ienstleistungen der angegriffenen Marke "Buchführung und Buchhaltung" sowie "computergeschützte Lohn- und Gehaltsabrechnung" mit der [X.]ienstleistung der Widerspruchsmarke "Unternehmensverwaltung" hochgradig ähnlich oder identisch, denn alle diese Leistungen fallen bei der Verwaltung von Unternehmen an. Auch zwischen den [X.]ienstleistungen der jüngeren Marke "Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchprüfung; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen" und der Widerspruchsdienstleistung "Geschäftsführung" besteht enge Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da die genannten [X.]ienstleistungen in den Tätigkeitsbereich eines Geschäftsführers fallen oder von Unternehmen angeboten werden, die auch die "Geschäftsführung" für [X.]rittunternehmen anbieten (vgl. [X.], Beschluss vom 29.01.2013, 29 W (pat) 16/11).

bb) Im Umfang der übrigen Waren und [X.]ienstleistungen der angegriffenen Marke liegt dagegen Unähnlichkeit oder höchstens eine geringe Ähnlichkeit vor. Ob noch eine Ähnlichkeit angenommen werden kann, braucht insoweit nicht abschließend geprüft werden, denn es kann allenfalls von einem geringen Ähnlichkeitsgrad ausgegangen werden, welcher aber im vorliegenden Fall im Rahmen der Gesamtwürdigung zur Begründung einer [X.] nicht ausreicht. [X.]ie Widerspruchsmarke ist zwar auch für Waren der [X.] und [X.]ienstleistungen der [X.] geschützt, die zu den Waren und [X.]ienstleistungen der angegriffenen Marke aus diesen Klassen identisch sind oder diesen deutlich näherkommen; auf diese Waren und [X.]ienstleistungen hat die Widersprechende und Beschwerdeführerin ihren Widerspruch jedoch nicht gestützt. Ihr pauschaler Hinweis, "die [X.]ienstleistungen der Widersprechenden in [X.] umfassten ´Software´ und die ´Vermietung von Software`" reicht für die Annahme eines höheren Ähnlichkeitsgrades jedenfalls nicht aus. Ausreichende Berührungspunkte, die in diesem Umfang zur Bejahung einer mittleren oder hohen Waren- und [X.]ienstleistungsähnlichkeit führen könnten, sind weder konkret vorgetragen worden noch feststellbar.

[X.]ie Waren der [X.] "Computerhardware" sind zu den hier relevanten [X.] unähnlich, die Ware "Software" allenfalls gering ähnlich. Zwar werden die [X.] – wie im Übrigen mittlerweile nahezu alle [X.]ienstleistungen - unter Zuhilfenahme von [X.] und entsprechender Hardware getätigt; dies allein begründet allerdings noch keine mittlere oder enge Ähnlichkeit. Vielmehr kann eine solche nur in [X.]ienstleistungsbereichen angenommen werden, in denen – wie etwa der Telekommunikation – Hersteller und Händler von Hard- und Software regelmäßig auch die entsprechenden [X.]ienstleistungen erbringen; für die ggf. über Einzelfälle hinausgehende Üblichkeit einer solchen selbständigen Betätigung gibt es im Zusammenhang mit den [X.] "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten" keine Anhaltspunkte. Entsprechendes gilt in Bezug auf die [X.]ienstleistungen der [X.] "Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste."

2. [X.]ie Widerspruchsmarke verfügt von Haus aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen durchschnittlichen Schutzumfang. Anhaltspunkte für eine Steigerung oder Schwächung der Kennzeichnungskraft sind nicht erkennbar.

Zwar handelt es sich bei der in der Widerspruchsmarke enthaltenen Angabe "lohn" (wie im Übrigen auch bei der angegriffenen Marke) um einen den Gegenstand und das Thema der [X.]ienstleistungen beschreibenden und daher schutzunfähigen Markenteil. [X.]er Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit ist jedoch – mangels eines konkret sich aufdrängenden beschreibenden Bezugs der vorangestellten Buchstabenfolge "ed" (es dürfte sich um das Kürzel der Widersprechenden eurodata handeln) und des "Größer-als-Zeichens" – eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen.

3. Angesprochene Verkehrskreise sind im Hinblick darauf, dass der Widerspruch auf die [X.]ienstleistungen aus [X.] gestützt wird, neben dem jeweiligen Fachverkehr nur unternehmerische Kreise, die den Leistungen wegen der damit verbundenen Bedeutung für ihre Unternehmen mit besonderer Aufmerksamkeit entgegentreten.

4. [X.]ie Vergleichsmarken sind sich in klanglicher Hinsicht - je nach Aussprache - (noch) durchschnittlich bzw. unterdurchschnittlich ähnlich.

[X.]ie Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 Rn. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] 2016, 382 Rn. 37 – [X.]). [X.]abei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] GRUR 2007, 700 Rn. 35 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] 2017, 1104 Rn. 27 – [X.]/[X.]).

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 48 – [X.] [Roslagspunsch/[X.]]; [X.], 922 Rn. 35 – [X.]/Asda; [X.], 933 – [X.]; [X.] a. a. [X.] Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 833, 837 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).

a) [X.]ie Vergleichsmarken

[X.]

und

Abbildung

zeigen in schriftbildlicher Hinsicht ausreichende Unterschiede. [X.]enn das bei der Widerspruchsmarke am Anfang stehende Bildelement des "[X.]" wird in das visuelle Erinnerungsbild mit aufgenommen.

b) In klanglicher Hinsicht stehen sich die Wortbestandteile "[X.]" auf Seiten der Widerspruchsmarke und "[X.]" auf Seiten der angegriffenen Marke kollisionsbegründend gegenüber. [X.]enn der klangliche Gesamteindruck der Vergleichsmarken wird jeweils von diesen Bestandteilen geprägt.

[X.]er Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt nicht dazu, die Kollisionsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042Rn. 28 f. - [X.]; [X.] Rn. 37 – [X.]/[X.]; [X.], 64 Rn. 14 – Maalox/[X.]).Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können ([X.] Rn. 15 – Maalox/[X.]). Zudem ist bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] 2014, 378 Rn. 30 – [X.]). Für den phonetischen [X.] ist schließlich maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. [X.]ie klangliche Wiedergabe kann dabei auch durch die grafische Gestaltung der Marke beeinflusst werden (Hacker in [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 298). Sind verschiedene [X.] oder Benennungsmöglichkeiten einer Marke naheliegend und wahrscheinlich, sind diese beim klanglichen [X.] zu berücksichtigen (Hacker in [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 291).

aa) Eine Prägungsprüfung der Marken durch den übereinstimmenden Bestandteil "lohn/[X.]" erübrigt sich. [X.]enn von einer solchen Prägung kann auf Seiten der Widerspruchsmarke schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es sich um einen schutzunfähigen Bestandteil handelt. Insofern gilt der Grundsatz, dass aus schutzunfähigen Bestandteilen der älteren Marke keine Rechte hergeleitet werden können (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rn. 399).

bb) [X.]ie Widerspruchsmarke wird mit ihrem Wortbestandteil "[X.]" mündlich wiedergegeben werden. Zwar ist das vorangestellte Bildelement des "Größer-als-Zeichens" durchaus einer entsprechenden Benennung zugänglich, es vermittelt aber zusammen mit den Wortbestandteilen als "größer als [X.]" keine sinnvolle Gesamtaussage. Eine Wiedergabe des älteren Zeichens durch die Angabe "[X.]" ohne das Symbol ist daher zweifellos naheliegend und somit beim Markenvergleich in phonetischer Hinsicht zu berücksichtigen.

cc) Schließlich ist beim klanglichen [X.] nicht allein auf die Wortanfänge "[X.]-" und "[X.]" abzustellen. Von einer Prägung der Marken jeweils nur durch diese Anfangselemente der [X.] kann nämlich nicht ausgegangen werden. [X.]aran ändert auch der beschreibende Aussagehalt der jeweiligen Endsilbe "lohn" als Hinweis auf den Gegenstand und das Thema der Waren und [X.]ienstleistungen nichts. [X.]enn auch wenn ein derartiger kennzeichnungsschwacher bzw. schutzunfähiger Bestandteil eines Markenworts allein nicht kollisionsbegründend wirken kann, kann er dennoch den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der [X.] Bedeutung erlangen (vgl. [X.] GRUR [X.]. 2014, 77 – [X.]/[X.]; [X.] 2004, 783, 785 – [X.]/ [X.]). Ein solcher Fall liegt hier vor. Allein der Umstand, dass das jeweilige Markenelement "lohn" beschreibend ist, rechtfertigt nämlich nicht die Annahme einer prägenden Stellung des übrigen Markenteils bzw. der weiteren Markenteile. [X.]ie angesprochenen Verkehrskreise haben vorliegend keine Veranlassung, die zusammengeschriebenen Angaben "[X.]" und "[X.]" (letzteres trotz des Fettdrucks von "ed") zergliedernd zu betrachten und sich allein an einem der Markenteile - hier "ed" oder "[X.]" - zu orientieren. [X.]as Markenelement "lohn" ist daher im [X.] mit einzubeziehen, wobei allerdings der Verkehr sein Augenmerk mehr auf die anderen Markenteile legen wird.

dd) Es stehen sich demnach klanglich "d-lohn" – ausgesprochen wie "de-lohn"– und "[X.]lohn" gegenüber.

Bei einer Aussprache der Widerspruchsmarke wie "[X.]lohn" stimmen die Vergleichsmarken zwar in der Silbenanzahl, in der [X.] ([X.]) und im Sprechrhythmus überein. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aufmerksamkeit der Verkehrskreise aber wegen der Kennzeichnungsschwäche der Markenteile "lohn" auf den ohnehin stärker beachteten [X.]n "de" und "ed" liegt, bei denen die akustisch auffälligen Unterschiede zu finden sind, kann nur von unterdurchschnittlicher klanglicher Ähnlichkeit ausgegangen werden.

Zu Recht hat aber die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass dem klanglichen Vergleich auch eine mündliche Wiedergabe der Widerspruchsmarke mit "e-de-lohn" zugrunde zu legen ist; denn diese Aussprachemöglichkeit ist ebenfalls wahrscheinlich und naheliegend. Insoweit ergibt sich eine größere Übereinstimmung der Klangbilder. So unterscheiden sich die Markenwörter zwar in der Silbenanzahl (zweisilbig bzw. dreisilbig) und der [X.] ([X.] bzw. e-[X.]); die zweite und dritte Silbe stimmen aber vollständig überein. [X.]er einzige Unterschied besteht daher in dem vorangestellten Vokal "e", der aber nicht besonders klangstark gegenüber den übrigen identischen Lautfolgen hervortritt. [X.]ie beiden Markenwörter mögen danach nicht sehr ähnlich sein, so sind die klanglichen Gemeinsamkeiten zumindest doch so ausgeprägt, als dass eine (noch) durchschnittliche Ähnlichkeit der Zeichen in Frage gestellt werden könnte.

5. Bei Gesamtwürdigung kann selbst bei höherer Aufmerksamkeit der hier angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls im Bereich der identischen und hochgradig ähnlichen [X.]ienstleistungen bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und unter Berücksichtigung einer in klanglicher Hinsicht noch durchschnittlichen Markenähnlichkeit eine klangliche [X.] gemäß §§ 9 Abs.1 Nr. 2, 125 b Nr. 1 [X.] nicht verneint werden. In Bezug auf die [X.]ienstleistungen "Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchführung und Buchhaltung; Buchprüfung; Computergeschützten Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen" hat die Beschwerde daher Erfolg.

Im Bereich der übrigen Waren und [X.]ienstleistungen - nämlich der Klasse 09 "Software; Computerhardware" und der [X.] "Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste" - ist dagegen, selbst wenn man insgesamt eine geringe Ähnlichkeit der Waren und [X.]ienstleistungen unterstellte, keine unmittelbare klangliche [X.] mehr zu besorgen. [X.]enn die angegriffene Marke wird den insofern geringeren Anforderungen an den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke gerecht. Auch eine [X.] durch gedankliches Inverbindungbringen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 2 [X.] in Form einer Serienmarkenverwechslung kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht. [X.]ie Beschwerdeführerin hat zwar geltend gemacht, dass es sich bei dem Bestandteil ">ed" der Widerspruchsmarke um einen Stammbestandteil handle. Allerdings übernimmt die angegriffene Marke diesen gerade nicht, sondern durch "[X.]" nur einen Teil davon. Schließlich liegen in diesem Umfang auch keine Anhaltspunkte für andere Arten der [X.] im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.] 2 [X.] vor.

Insoweit bleibt die Beschwerde daher erfolglos.

C) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 [X.] besteht kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 504/19

21.04.2021

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 42 Abs 2 MarkenG vom 04.04.2016, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.04.2021, Az. 29 W (pat) 504/19 (REWIS RS 2021, 6719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6719

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