Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2016, Az. III ZR 417/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3202

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:271016BIIIZR417.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 417/15
vom

27. Oktober 2016

in dem Rechtsstreit

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am
27. Oktober 2016 durch [X.]
[X.], [X.] und [X.] sowie die Richterinnen Dr. [X.] und Dr. Arend

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 27. Oktober 2015 -
10 [X.] -
wird zu-rückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Gründe:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). [X.] verletzt die Verwerfung der Berufung als unzulässig unter gleichzeitiger Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegrün-dungsfrist nicht den Anspruch der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Der Vorwurf der Klägerin, das 1
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Berufungsgericht habe ihr den Zugang zum Gericht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise versagt, ist unbegründet.

I.

Das [X.] ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Frist zur Berufungsbegründung, die nach Verlängerung am 30. September 2013 ablief, von der Klägerin nicht gewahrt worden ist.

1.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf das Fax vom 30. September 2013 ([X.]). Ihr Prozessbevollmächtigter hat dieses Fax, nachdem zuvor eine Übermittlung an das Hauptfaxgerät des [X.] ([X.]. 069/1367-2976) wegen einer dortigen Betriebsstörung gescheitert war, an die [X.]. 069/1367-6050 des [X.] gesandt, wo das Fax um 23.56
Uhr einging. Mit dem Eingang der Berufungsbegründung auf einem Fax-gerät des [X.] konnte die Frist des § 520 Abs. 2 ZPO aber nicht ge-wahrt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Der Hinweis der Klägerin, die im Übrigen dieses Thema erstmals in der Nichtzulassungsbeschwerde anspricht, auf die Beschlüsse des [X.] vom 9. Oktober 2007 (NJW-RR 2008, 446) und des [X.]. Zivilse-nats des [X.] vom 23. April 2013 ([X.] ZB 27/12, [X.], 879) geht fehl.

Zwar hat das [X.] (aaO S. 447) -
bezogen auf ei-nen Fall aus [X.] aus dem [X.] -
ausgeführt, dass es gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und der Gewährleistung effektiven Rechts-2
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schutzes verstößt, wenn ein ordnungsgemäß an das [X.] adres-sierter und per Fax übermittelter Schriftsatz als verspätet angesehen wird, ob-wohl er fristgerecht am Telefaxanschluss des [X.] eingeht und beide Gerichte gemeinsame [X.] dergestalt haben, dass die Anschlüsse des einen Gerichts zugleich als Anschlüsse des anderen Gerichts gelten. Das [X.] hat insoweit Bezug genommen darauf, dass für die Justizbehörden in [X.]
a.M.
(darunter auch das Land-
und das Oberlan-desgericht) damals entsprechend einer von der [X.] im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgelegten und erläuterten Geschäftsord-nungsregelung neben einer gemeinsamen Posteingangsstelle auch [X.] eingerichtet worden waren. Dabei war die Annahme von Faxschreiben so geregelt, dass die besonders bestimmten [X.] der beteiligten Behörden und Gerichte zugleich als Anschlüsse der anderen Behör-den und Gerichte galten beziehungsweise dass die bei einem dieser Anschlüs-se eingehenden Faxschreiben als bei der Geschäftsstelle der jeweils ange-schriebenen Behörden-
oder Gerichtsstelle eingegangen anzusehen waren. Diese von den Justizbehörden in [X.] a.M.
getroffene Regelung über die Annahme von [X.] habe -
so das [X.] -
zur Folge, dass ein per Fax übermittelter und an das [X.] adressier-ter Schriftsatz auch dann in die Verfügungsgewalt dieses Gerichts gelange, wenn für die Übermittlung versehentlich die Faxnummer einer anderen in den Behörden-
und Gerichtsverbund einbezogenen Stelle gewählt worden sei. Dass dem erkennenden Senat des [X.] diese Geschäftsordnungsre-gelung nicht bekannt gewesen sei, stehe dem Verfassungsverstoß nicht entge-gen.

An diese Entscheidung anknüpfend hat der [X.]. Zivilsenat
des Bundesge-richtshofs
(aaO Rn. 12 f) einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des 6
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[X.] [X.] a.M. stattgegeben und die Sache zurückverwie-sen, da nicht überprüft worden war, ob zum Zeitpunkt des Eingangs der dorti-gen Berufungsbegründung beim [X.] [X.] a.M. am 4. Mai 2011 die dem Beschluss des [X.]s zugrundeliegende Geschäfts-ordnungsregelung noch bestand.

Im vorliegenden Verfahren ist zwischen
den [X.]en aber unstreitig, dass entsprechend dem Inhalt des Beschlusses des [X.] Frank-furt a.M. vom 9. September 2013 (1 [X.], juris Rn. 1) bereits seit April 2008 andere Regeln gelten, d.h. die vormaligen Geschäftsordnungsbestimmungen
aufgehoben und bestimmte Faxnummern nunmehr ausschließlich bestimmten Gerichten -
d.h. hier die Nummer mit den [X.] 6050 nur dem [X.] und die Nummer mit den [X.] 2976 nur dem [X.] -
zuge-wiesen sind. Entsprechend ist auf den
Schriftstücken der Gerichte und in deren Internetauftritt die 6050 dem [X.], die 2976 dem [X.] zu-geordnet.

Der Einwand der Klägerin, es bestehe weiterhin eine gemeinsame Post-eingangsstelle, ist unerheblich. Es steht den Justizbehörden frei, den Eingang von Briefpost und per Telefax unterschiedlich zu regeln. Geht das Fax aber auf dem Faxgerät eines anderen Gerichts -
hier des [X.] -
ein, ist es nicht in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts -
hier des [X.] [X.] a.M. -
gelangt (vgl. nur [X.], Beschluss vom 23. Mai 2012 -
IV ZB 2/12, NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 ff mwN). Insoweit sind auch die Spekulationen der Klägerin in der Beschwerdeschrift über den örtlichen Standort der beiden Faxgeräte
ohne Bedeutung.

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2.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für den rechtzeitigen Eingang der Be-rufungsbegründung darauf, dass das weitere, von ihrem Prozessbevollmächtig-ten an einen Nebenanschluss der Zivilsenate des [X.] [X.] a.M. (Nr. 069/1367-8815) übermittelte Fax vom 30. September 2013 ([X.]) einen Stempel der Geschäftsstellenbeamtin des [X.] -
auf der dorti-gen Geschäftsstelle befindet sich der Nebenanschluss -
mit dem Aufdruck "30.
Sept. 2013" enthält. Das Berufungsgericht ist nach Durchführung einer Beweisaufnahme in tatrichterlicher -
revisionsrechtlich nur eingeschränkt über-prüfbarer -
Würdigung unter Berücksichtigung auch des übrigen Akteninhalts rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Beweiswert dieses Stempelauf-drucks widerlegt und die Berufungsbegründung erst am 1. Oktober 2013 und damit verspätet eingegangen ist.

Das Fax ([X.]) trägt unten unter anderem den Aufdruck "01-OKT-2013 00:02" und oben den Aufdruck "01-Okt 13 00:05". Das [X.] ([X.]) weist für den 30. September 2013 diverse Faxeingänge (zuletzt um 23.40 Uhr von einem [X.] Absender) und dann um "01-10 00:02" den Eingang des hier maßgeblichen Faxes auf. Nach einer vom Vorsitzenden des 10. Zivilsenats eingeholten Auskunft der Geschäftslei-tung war dieses -
inzwischen durch ein neueres Modell ersetzte -
Gerät mit [X.] ([X.]) ausge-rüstet. Wenn das [X.] vor diesem Hintergrund auf der Grundlage der Aussage der Geschäftsstellenbeamtin, die im Einklang mit ihrer früheren schriftlichen Darstellung ([X.]) steht, davon ausgegangen ist, dass die [X.] des 1. Oktober 2013 bei der Sortierung und Abstempelung der seit ihrem Dienstschluss am 30. September 2013 eingegangenen Faxe ver-sehentlich auch auf das hier fragliche Fax den Stempel "30.
Sept. 2013" aufge-druckt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
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Die Klägerin versucht mit ihrer Beschwerdebegründung nur in untaugli-cher Weise ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des [X.] zu setzen. Insoweit steht der Wertung des Berufungsgerichts auch nicht die im angefochtenen Beschluss erörterte Darstellung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 27. Mai 2015 entgegen. Dort hat dieser unter anderem vorgetragen, sein privates Faxgerät sei so voreingestellt, dass eine erfolgreiche Übermittlung nicht mit einem ausgedruckten Sendebericht ange-zeigt werde, sondern mit dem Vermerk "gesendet" auf dem Display und einem kurzen
Signalton. Nach seiner Erinnerung habe er am 30. September 2013 noch vor Mitternacht auf seinem Display "gesendet" gesehen und den Signalton gehört. Welche konkrete Fax-Nummer diese erfolgreiche Fax-Übertragung [X.] habe, könne er nicht mehr sagen.

Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, nachdem eine Übermittlung an den Hauptfaxanschluss des [X.] gescheitert war, kurz vor Mitternacht aber unstreitig erfolgreich die Berufungsbegründung per Fax an die [X.] des [X.] übermittelt hat, würde diese Darstellung nur dann für eine rechtzeitige Übermittlung vor Mitternacht auch an den Nebenanschluss des [X.] (Nr. 8815) sprechen, wenn das Faxgerät des [X.] zweimal "gesendet" angezeigt und zweimal einen Signalton abgegeben hätte. Dies wird mit dem Wiedereinsetzungsantrag aber nicht behauptet. Insoweit spricht alles dafür, dass sich der geschilderte Vorgang auf die Übermittlung an das [X.] bezogen hat.

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II.

Das [X.] hat im Ergebnis auch zu Recht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen.

Nach § 233 ZPO ist einer [X.], die ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, auf Antrag Wiederein-setzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierbei muss sich die [X.] das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Dass den Prozessbevollmächtigen der Klägerin an der Fristversäumung kein Verschulden trifft, lässt sich aber nicht feststellen. Zwar verweist die Kläge-rin zutreffend darauf, dass der Ausfall des [X.] beim [X.] ihr nicht angelastet werden kann. Allerdings hatte ihr Prozessbevoll-mächtigter danach noch ausreichend Zeit, die Berufungsbegründung vor Mitter-nacht beim [X.] einzureichen. Ihm war der Nebenanschluss der Zivilsenate des [X.] bekannt. In der Beschwerdebegründung wird insoweit darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte diese Kenntnis anlässlich eines anderen Prozesses erlangt und die Nummer vorsorg-lich in sein Handy eingespeichert gehabt habe. Hätte der [X.] der Klägerin bei der Übermittlung der um 23.56 Uhr beim [X.] ein-gegangenen Berufungsbegründung statt der Nummer des [X.] (6050) die des [X.] (8825) eingegeben, wäre die Frist gewahrt worden.

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Mangels unverschuldeter Fristversäumung kommt es nicht darauf an, ob die Jahresausschlussfrist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 234 Abs. 3 ZPO) gewahrt wurde. Insoweit ist lediglich Folgendes anzumerken: Zwar steht die Versäumung dieser Frist ausnahmsweise der Wiedereinsetzung nicht entge-gen, wenn die Versäumung ausschließlich im Verantwortungsbereich des [X.] liegt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Juli 2004 -
XII ZB 12/03, NJW-RR 2004, 1651, 1652 f; vom 19. März 2013 -
[X.] [X.]/12, NJW 2013, 1684 Rn. 10 und vom 21. Januar 2016 -
IX [X.] 24/15, NJW-RR 2016, 638 Rn. 7 f). Diese Voraussetzung ist hier allerdings bereits deshalb nicht gegeben, weil der Pro-zessbevollmächtigte der Klägerin angesichts der geschilderten Umstände der Übermittlung selbst Anlass gehabt hätte, am Folgetag den rechtzeitigen Ein-gang der Berufungsbegründung beim [X.] abzuklären; dies
zu-mal vor dem Hintergrund, dass zu einer verlässlichen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per Fax der Ausdruck eines Sendeberichts und die anschließende Kontrolle gehört, dass das [X.] und rechtzeitig an die richtige Adresse (Fax-Nummer) übermittelt worden ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 25. Februar 2016 -
III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 10 mwN). Soweit nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten beim Gebrauch seines privaten Faxgeräts eine solche Prüfung anhand eines Sendeberichts nicht möglich ist, hätte er umgehend den Eingang anderweitig verlässlich abklären müssen. Dass ihm bei einer etwaigen Anfrage beim [X.] dann unzutreffend mitgeteilt worden wäre, dass die [X.] rechtzeitig am 30. September 2013 eingegangen sei, das heißt. er nur über den [X.] auf dem Fax ([X.]), nicht aber auf die übri-

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gen oben genannten Umstände hingewiesen worden wäre, stellt insoweit eine nicht
plausible
Spekulation der Beschwerde dar.

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Arend
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.06.2013 -
2 [X.]/11 -

OLG [X.] am Main, Entscheidung vom 27.10.2015 -
10 [X.] -

Meta

III ZR 417/15

27.10.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2016, Az. III ZR 417/15 (REWIS RS 2016, 3202)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3202

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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10 U 26/06 (Oberlandesgericht Köln)


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Zitiert

III ZR 417/15

VI ZB 27/12

IV ZB 2/12

VI ZB 68/12

IX ZA 24/15

III ZB 42/15

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