Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2020, Az. B 6 KA 2/19 B

6. Senat | REWIS RS 2020, 2473

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Gegenstand

(Vertragsärztliche Versorgung - Regelungen des Bewertungsausschusses - gerichtliche Überprüfung - Zuordnung der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zu den überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzten - kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger ist als Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (bis 9.11.2009 "Facharzt für Psychotherapeutische Medizin") zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist nach eigenen Angaben nicht ausschließlich psychotherapeutisch tätig; sein Anteil an psychotherapeutischen Leistungen habe unter 50 % gelegen. Gegen die Honorarbescheide der beklagten [X.] für die Quartale 1/2009 bis 1/2010 legte er Widerspruch ein. Im Rahmen der Vergütung sei er unzutreffend der Arztgruppe der Psychotherapeuten zugeordnet worden, die zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen unterlägen. Er werde hierdurch im Verhältnis zu Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, denen ein [X.] ([X.]) zugewiesen seien, bei der Bewertung und Mengensteuerung von Leistungen ungleich behandelt, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gebe. Die Beklagte wies die Widersprüche als unbegründet zurück. Weder die Bewertung der für die Fachgruppe des [X.] sowie Gesprächsleistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen ([X.]) noch die Anwendung von zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen auf seine Fachgruppe sei zu beanstanden.

2

Klage und Berufung sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat - teilweise unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des [X.] - zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Unterschiedlichkeit der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie einerseits und der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie andererseits verpflichte Art 3 Abs 1 GG nicht dazu, die für letztere getroffenen Regelungen zur Mengensteuerung durch [X.] auf die Facharztgruppe des [X.] zu übertragen. Dass es sich bei dem Kläger um einen untypischen Vertreter seiner Fachgruppe handele, weil er psychotherapeutische Leistungen von unter 50 % abrechne, rechtfertige keine Durchbrechung des Vergütungssystems. Zudem bleibe die Vergütung des [X.] unter Berücksichtigung durchschnittlich anfallender Praxiskosten nicht nennenswert hinter der durchschnittlichen Vergütung der Fachärzte für Psychiatrie zurück (Ertrag des [X.] im Jahr 2009 von 103 381 Euro gegenüber einem durchschnittlichen Jahresertrag der Fachärzte für Psychiatrie von 104 813 Euro; [X.]-Urteil vom 12.12.2018).

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 [X.] und 3 [X.]G) geltend.

4

II. Die Beschwerde des [X.] hat keinen Erfolg.

5

1. [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.] Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; s auch [X.] Beschluss vom 16.11.1995 - 11 [X.]/95 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]9 S 34 f; [X.] Beschluss vom [X.] B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] f mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung klar beantworten lässt ([X.] Beschluss vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 29/17 B - juris Rd[X.] 4).

6

Der Kläger hält die folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig:

        

"Ist es gerechtfertigt, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie bei der Honorarverteilung in Bezug auf die Leistungsbewertung und Mengensteuerung gegenüber Fachärzten für Psychosomatik und Psychotherapie deutlich besser zu stellen,

        

i)    

indem die [X.], 21220, 21222 und 35200 [X.] eine bei gleichen Leistungen deutlich höhere Vergütung sowohl hinsichtlich Punktwert als auch hinsichtlich Prüfzeit vorsehen als die bei den Fachärzten für Psychosomatik und Psychotherapie in Ansatz zu bringenden [X.], 22220, 22222 und 35200 [X.]
sowie

        

ii)     

indem die Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie pauschal und ohne jegliche Differenzierungsmöglichkeit hinsichtlich des von ihnen tatsächlich ausgeübten Umfanges ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit bzw des Umfanges ihrer psychosomatischen Tätigkeiten anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten gleichgestellt werden?"

7

Zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit macht der Kläger geltend, es liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in Bezug auf die Mengensteuerung darin, dass Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie in Abhängigkeit von dem Umfang ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit unterschiedlich vergütet würden, während Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie unbeschadet des Umfangs ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit pauschal und ohne Einschränkung zeitbezogenen Grenzen unterworfen würden. Dies benachteilige Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie, die - wie er selbst - umfangreich in ihrem nach Weiterbildungsordnung psychosomatischen Kernbereich tätig werden. Dabei räumt der Kläger ein, dass die gerichtliche Kontrolle untergesetzlicher Normen wie der Beschlüsse des Bewertungsausschusses ([X.]) beschränkt ist und der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit grundsätzlich keine strikte Gleichstellung aller Facharztgruppen hinsichtlich der durchschnittlichen Erträge garantiere (Hinweis auf [X.] Urteil vom 8.12.2010 - [X.] [X.] 42/09 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.] 26 sowie die auch vom [X.] zitierten Entscheidungen: [X.] Urteil vom 28.5.2008 - [X.] [X.] 49/07 R - juris Rd[X.]6 = USK 2008-75; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 6/16 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.] 23). Der [X.] habe hier jedoch den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten.

8

Der [X.] lässt offen, ob der Kläger hiermit in vollem Umfang den aus § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G abzuleitenden Darlegungsanforderungen entspricht. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl [X.] Beschluss vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 45/17 B - juris Rd[X.] 8 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt die Beschwerde bereits vermissen. Insbesondere setzt sich der Kläger nicht mit der Zulässigkeit generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen zur Honorarverteilung auseinander (vgl etwa das von dem Kläger selbst angeführte [X.]surteil vom 28.5.2008 - [X.] [X.] 49/07 R - juris Rd[X.]8 = USK 2008-75). Zu Teil i. der Rechtsfrage betreffend die unterschiedliche Ausgestaltung der Gebührenordnungspositionen ([X.]) des [X.] für Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie einerseits ([X.] [X.] Kapitel 21) und Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ([X.] [X.] Kapitel 22) trägt der Kläger innerhalb der Begründungsfrist nur stichpunktartig vor.

9

Jedenfalls kann die Frage in ihren beiden Teilbereichen auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]s eindeutig beantwortet werden.

a) Soweit der Kläger in Teil i. seiner Rechtsfrage einzelne psychiatrische und psychotherapeutische [X.] des Kapitels 21 einzelnen [X.] der psychosomatischen Medizin und Psychotherapie in Kapitel 22 des [X.] gegenüberstellt, verkennt er bereits, dass eine solche Einzelbetrachtung angesichts der - auch von dem Kläger hervorgehobenen - Gestaltungsfreiheit des [X.] nicht zulässig ist. Der [X.] betont in ständiger Rechtsprechung, dass die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des [X.] nicht überspannt werden darf. Der an den [X.] gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind. Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der Steuerung dienenden [X.] darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen. Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne ist deshalb schon nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl [X.] Urteil vom 28.5.2008 - [X.] [X.] 49/07 R - juris Rd[X.]8 = USK 2008-75 mwN; [X.] Urteil vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 37/17 R - [X.]E 124, 218 = [X.] 4-2500 § 87 [X.], Rd[X.] 37 mwN).

Vor diesem Hintergrund ist die von dem Kläger kritisierte unterschiedliche Bewertung der zitierten [X.] der Kapitel 21 und 22 hinsichtlich Punktwert und [X.] - unabhängig davon, ob es sich, wie der Kläger meint, tatsächlich um "gleiche Leistungen" handelt - nicht zu beanstanden. Die Punktwerte des [X.] berücksichtigen neben einem ärztlichen Leistungsanteil auch die anfallenden Kosten (technischer Leistungsanteil). Zu Recht weist das [X.] in seinen Entscheidungsgründen, auf die das [X.]-Urteil Bezug nimmt, darauf hin, dass die Bewertung einer [X.] des [X.] ua von den Praxiskosten der betreffenden Fachärzte abhängt ([X.]-Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 238/11 - [X.] [X.] unter Hinweis auf [X.] Urteil vom 8.2.2012 - [X.] [X.] 14/11 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]6, vgl auch zu diesem Aspekt [X.] Urteil vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 37/17 R - [X.]E 124, 218 = [X.] 4-2500 § 87 [X.], Rd[X.] 56 ff). Dass die Kosten einer Einzelpraxis für Psychiatrie im Jahr 2009 deutlich höher waren als die einer Einzelpraxis für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ergibt sich aus dem vom [X.] in das Verfahren eingeführten ZI-Praxis-Panel, Jahresbericht 2011 (vgl hierzu unter 2.; zur Verwertbarkeit der [X.] als Datengrundlage vgl [X.] Urteil vom 28.6.2017 - [X.] [X.] 29/17 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.] 32 ff).

Nichts anderes folgt daraus, dass der [X.] mittlerweile in seiner 455. Sitzung vom 11.12.2019 die streitigen [X.] des [X.] mit Wirkung zum [X.] neu gefasst hat. Dabei hat er mit dem Ziel der Förderung der sprechenden Medizin nicht nur die Gesprächsleistungen im [X.] höher bewertet, sondern auch die Gesprächsleistungen der Kapitel 14, 16, 21, 22 und 23 angeglichen (vgl hierzu die Übersicht in der auch von dem Kläger vorgelegten Stellungnahme der zu 1. beigeladenen [X.] vom 8.1.2020 "Weiterentwicklung des [X.]", abrufbar unter www.kbv.de/html/weiterentwicklung-ebm.php). Die unterschiedliche Kostenstruktur der zwei Arztgruppen spiegelt sich jedoch weiterhin in der unterschiedlichen Höhe der [X.] (vgl zur psychiatrischen Grundpauschale die nunmehr mit 201, 192 und 191 Punkten bewerteten [X.] 21210, 21211 und 21212 und zur psychosomatischen Grundpauschale die nunmehr mit 134, 175 und 151 Punkten bewerteten [X.] 22210, 22211 und 22212) wieder. Anhaltspunkte, dass der [X.] im Jahr 2009 gehalten gewesen wäre, eine Angleichung der Gesprächsleistungen vorzunehmen, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.

b) Mit Teil ii. seiner Rechtsfrage begehrt der Kläger im Grunde eine Sonderregelung für Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die nicht überwiegend psychotherapeutisch tätig sind, wobei der Kläger mit "psychotherapeutisch" - entsprechend den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinie (vgl etwa § 5 Abs 6 [X.] Satz 5 der [X.] idF vom 15.2.2007, BAnz 2007, 3491, zuletzt geändert am 18.9.2008, BAnz 2008, 4163 mWv 31.7.2008: Leistungen der Abschnitte 35.2 und 35.3 sowie die Leistungen nach den Ziffern 35111 bis 35113, 35120, 35130, 35131, 35140 bis 35142 und 35150 [X.]) - ersichtlich allein die antrags- und genehmigungspflichtige Richtlinientherapie meint. Ausweislich der den angegriffenen Honorarbescheiden beigefügten [X.]-Statistik rechnete der Kläger durchaus überwiegend psychotherapeutische Leistungen ab, jedoch fast ausschließlich die [X.] 22220 (psychotherapeutisches Gespräch ; zwischen 1184 und 1587 Leistungen gegenüber den [X.] 35200 Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und 35201 Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie , die jeweils lediglich zwischen 52 bzw 53 und 114 bzw 102 mal erbracht wurden).

Unabhängig hiervon hat der [X.] - und ihm folgend die Vereinbarungen über die Honorarverteilung im Bezirk der Beklagten - mit der Zuordnung der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zu den überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzten, die außerhalb des [X.] zu vergüten sind, diese Arztgruppe nicht gleichheitswidrig benachteiligt.

Teil [X.] des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008 ([X.], [X.]) ordnet unter [X.] 4.1 Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie anderen gemäß den Kriterien der [X.]n ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten zeitbezogene Kapazitätsgrenzen pro Quartal zu. Dies entspricht den normativen Vorgaben. Nach § 87b Abs 2 Satz 6 [X.]B V in der hier maßgebenden Fassung des [X.] des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-[X.]stärkungsgesetz - GKV-W[X.]) vom [X.] ([X.]) sind antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte außerhalb des [X.] zu vergüten.

Der [X.] hat in seinem auch vom Kläger zitierten Urteil vom [X.] die Gründe für die unterschiedliche Vergütung von Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie anderen gemäß den Kriterien der [X.]n ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten nach zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen einerseits und der arzt- und praxisbezogenen [X.] unterliegenden Arztgruppen, zu denen auch die Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie gehören, andererseits ausführlich dargelegt. Maßgebend dafür war, dass sich Psychotherapeuten bezogen auf die Leistungserbringung von der Mehrzahl der Arztgruppen dadurch unterscheiden, dass sie fast nur Leistungen erbringen dürfen, die zeitgebunden sind und ganz überwiegend vorab von den Krankenkassen genehmigt werden müssen (vgl [X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 6/16 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.] 25 ff, insbesondere Rd[X.] 26 mwN; vgl auch [X.] Beschluss vom 28.6.2017 - [X.] [X.] 82/16 B - juris Rd[X.]). Psychotherapeuten werden hierdurch in verschiedener Hinsicht rechtlich besser gestellt als die in den [X.] einbezogenen Arztgruppen und können nicht verlangen, dass einzelne günstigere Regelungen, die im Rahmen der [X.]-Systematik gelten, auf die zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen übertragen werden ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 6/16 R - [X.] 4-2500 § 87b [X.] Rd[X.] 33). Dass diese besonderen Leistungsbedingungen für andere Arztgruppen nur dann gelten, wenn diese die Erklärung abgeben, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu sein, hat der [X.] ausdrücklich gebilligt (vgl [X.] Beschluss vom 28.6.2017 - [X.] [X.] 82/16 B - juris Rd[X.] für einen Arzt für Allgemeinmedizin).

Dies bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass es einem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - sollte er aufgrund einer atypischen Praxisausrichtung nur in einem geringen Umfang antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen abrechnen - möglich sein muss, die Anwendung der [X.]-Systematik anstelle der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen zu wählen. Wie oben dargelegt (Rd[X.] 8, 10), darf der Gesetzgeber bei der komplexen Materie der Honorarverteilung auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zurückgreifen. Vor dem Hintergrund, dass (1) der Anteil der psychotherapeutischen Leistungen - wie von der zu 1. beigeladenen KÄBV vorgetragen - bei den Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie regelmäßig über 70 %, bei den Psychiatern jedoch nur zwischen 15 und 20 % beträgt und (2) dieser Fachgruppe - anders als den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie - nur ein sehr eingeschränktes Spektrum an im Wesentlichen zeitgebundenen arztgruppenspezifischen [X.] zur Verfügung steht, ist deren ausnahmslose Zuordnung zu der Gruppe der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen unterliegenden Psychotherapeuten nicht sachwidrig. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl [X.] Beschluss vom 6.7.2010 - 2 BvL 13/09 - [X.]E 126, 268, 278 f; [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvR 909/06 ua - [X.]E 133, 377, 412 Rd[X.] 87, jeweils mwN). Dementsprechend war der Gesetzgeber nicht gehalten, einer untypischen Praxisausrichtung eines Facharztes für Psychosomatik und Psychotherapie durch eine Ausnahmeregelung gerecht zu werden.

2. Soweit der Kläger einen Verfahrensmangel geltend macht, ist die Beschwerde bereits unzulässig. Nach § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.]G und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Dies hat der Kläger nicht dargelegt. Er hat zwar vorgetragen, zuletzt hilfsweise in der mündlichen Verhandlung beantragt zu haben, "darüber Beweis zu erheben, dass die Durchführung einer psychosomatischen Sprechstunde eine - im Vergleich zu einer ausschließlich psychotherapeutisch ausgerichteten Sprechstunde - kostenintensivere Infrastruktur bedingt, in der mehrere Behandlungsräume, zugehörig mehr Personal und weitere Geräte zur diagnostischen Abklärung vorgehalten werden müssen". Darüber hinaus hat er jedoch lediglich mitgeteilt, der Antrag sei "verfahrensfehlerhaft und nicht nachvollziehbar als zu unbestimmt abgelehnt" worden. Es fehlt jegliche Darlegung dazu, weshalb das [X.] objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht gehalten gewesen wäre, den Sachverhalt weiter in die beantragte Richtung aufzuklären und weshalb die angefochtene Entscheidung auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruhen kann.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

4. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der von den Beteiligten nicht angegriffenen Festsetzung des [X.] in Höhe des [X.] pro Quartal (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Meta

B 6 KA 2/19 B

15.07.2020

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Berlin, 4. Juni 2014, Az: S 79 KA 238/11, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, § 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, § 87 Abs 3 SGB 5, Nr 21211 EBM-Ä 2008, Nr 21220 EBM-Ä 2008, Nr 21222 EBM-Ä 2008, Nr 22211 EBM-Ä 2008, Nr 22220 EBM-Ä 2008, Nr 22222 EBM-Ä 2008, Nr 35200 EBM-Ä 2008, Kap 21 EBM-Ä 2008, Kap 22 EBM-Ä 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.07.2020, Az. B 6 KA 2/19 B (REWIS RS 2020, 2473)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2473

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2 BvL 13/09

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