Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2013, Az. IX ZR 32/12

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7941

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Insolvenzanfechtung: Tilgung einer gegen die Gesellschaft gerichteten abgetretenen Darlehensforderung eines Gesellschafters binnen eines Jahres vor Antragstellung; gleichgestellte Forderungen


Leitsatz

1. Tritt der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung binnen eines Jahres vor Antragstellung ab und tilgt die Gesellschaft anschließend die Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar, unterliegt nach Verfahrenseröffnung neben dem Zessionar auch der Gesellschafter der Anfechtung.

2. Zu den gleichgestellten Forderungen gehören grundsätzlich auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 8. Februar 2012 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 3. August 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren fallen der Beklagten zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 16. August 2010 über das Vermögen der [X.] (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. November 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die [X.] (nachfolgend: U.        ) ist einzige Kommanditistin der Schuldnerin sowie alleinige Gesellschafterin ihrer Komplementärin, der [X.] Alleingesellschafterin der U.      ist die in der Rechtsform einer AG geführte Beklagte.

2

Durch einen Darlehensvertrag vom 30. Oktober/3. November 2009, der am 26./27. Januar 2010 neu gefasst wurde, verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der Schuldnerin zur Gewährung eines mit 9,5 vom Hundert jährlich zu verzinsenden Darlehens über 500.000 €. Das Darlehen wurde am 5. November 2009 an die Schuldnerin ausbezahlt. Am 17./22. März 2010 verkaufte die Beklagte die Darlehensforderung bei gleichzeitiger Abtretung zum Preis von 375.000 € an die [X.]                 (nachfolgend: [X.]          ). Vertraglich ist zugunsten der Beklagten ein Ausschluss jeglicher Gewährleistung betreffend Bestand, Einbringlichkeit und Höhe der Forderung vereinbart; der Haftungsausschluss erfasst auch Ansprüche aus Anfechtung (§§ 119 ff BGB) und Verschulden bei Vertragsschluss. Die [X.]   unterrichtete die Schuldnerin durch Schreiben vom 23. März 2010 von der Forderungsveräußerung. Nach Eintritt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs überwies die Schuldnerin auf Anforderung der [X.]   am 8. Juni 2010 einschließlich Zinsen den Betrag von 528.500 € auf deren Konto bei der [X.] in L.      .

3

Der Kläger verlangt von der Beklagten auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] Erstattung dieses Betrages. Das [X.] hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des [X.].

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

6

Die Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] seien im Verhältnis zur [X.]gegeben. Es handele sich um ein [X.]erdarlehen, weil die Beklagte zu 100 vom Hundert [X.]erin der alleinigen Anteilseignerin der Komplementär-GmbH der Schuldnerin und zugleich alleinige [X.]erin der alleinigen Kommanditistin der Schuldnerin sei. Verkauf und Abtretung der Forderung durch die Beklagte hätten nicht dazu geführt, dass die Forderung ihre Qualifikation als [X.]erdarlehen verloren habe. Erfolge die Abtretung der Darlehensforderung durch den [X.]er innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.], werde die Einstufung als [X.]erdarlehen gegenüber dem Erwerber nicht berührt. Deswegen sei die Rückzahlung des Darlehens an die [X.]nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar.

7

Die Beklagte sei hingegen nicht zutreffender Adressat des Rückzahlungsanspruchs. Die Anfechtung habe gegenüber dem Zessionar der Darlehensforderung als dem Empfänger der Leistung zu erfolgen. Eine Rückzahlung an den [X.]er liege nur vor, wenn dieser Forderungsinhaber geblieben und an einen [X.] auf dessen Weisung geleistet worden sei. Eine Grundlage für eine gesamtschuldnerische Haftung des [X.]ers neben dem Zessionar sei nicht ersichtlich. Allein eine mittelbare Begünstigung des [X.]ers durch die Zahlung könne eine Anfechtung ihm gegenüber nicht begründen. Eine solche mittelbare Begünstigung der Beklagten sei überdies nicht gegeben, weil ein Regressanspruch der [X.]infolge der Anfechtbarkeit der an sie bewirkten Darlehensrückzahlung im Verhältnis zu der Beklagten nicht entfallen sei. In der Zahlung an die [X.]liege im Falle eines Ausschlusses der Gewährleistung auch keine mittelbare Begünstigung der Beklagten, weil der Vorteil der Beklagten in diesem Fall nicht auf der anfechtbaren Leistung der Schuldnerin, sondern auf der ihr günstigen Vertragsgestaltung beruhe.

II.

8

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte Schuldnerin des auf § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beruhenden Anfechtungsanspruchs.

9

1. Die von Rechtsprechung und Schrifttum zum [X.] entwickelten Grundsätze können im Streitfall für die Auslegung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] grundsätzlich fruchtbar gemacht werden.

a) Durch den im Zuge des [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen ([X.]) vom 23. Oktober 2008 ([X.] I S. 2026) eingefügten § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG wurden die Rechtsprechungsregeln zu den eigenkapitalersetzenden [X.]erdarlehen aufgegeben, weil nach dieser Vorschrift [X.]erdarlehen und gleichgestellte Leistungen nicht mehr wie Stammkapital zu behandeln sind. Als Ausgleich für den Verzicht auf das [X.] wurden zur Vermeidung von Schutzlücken die [X.] der §§ 32a, 32b [X.] (Fassung des Gesetzes vom 4. Juli 1980, [X.] I S. 836, 838) in das Insolvenzrecht verlagert und insbesondere § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ausgebaut (BT-Drucks. 16/6140 [X.]). Bei der insolvenzrechtlichen Behandlung von [X.]erdarlehen wird nunmehr - vor dem Hintergrund einer erweiternden Auslegung des Begriffs der kapitalersetzenden Darlehen durch die Rechtsprechung, die jedes [X.]erdarlehen als potenziell kapitalersetzend einstufte ([X.] in FS Priester, 2007, [X.], 273 f) - generell auf das Merkmal "kapitalersetzend" verzichtet und jedes [X.]erdarlehen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] unterworfen (BT-Drucks, aaO [X.], 56; [X.], aaO [X.]). In Konsequenz dieser Änderung wird durch eine Verschärfung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Rückgewähr jedes - und nicht nur eines "kapitalersetzenden" - [X.]erdarlehens durch die [X.] binnen eines Jahres vor Antragstellung von der Insolvenzanfechtung erfasst, ohne dass das bisherige Erfordernis einer "[X.]" hinzutreten muss (BT-Drucks., aaO S. 26, 57; [X.], Urteil vom 28. Juni 2012 - [X.], [X.], 1874 Rn. 12; Eidenmüller, [X.] 2007, 168, 188; [X.] in [X.], 2010, [X.], 752).

b) Mit Hilfe der Einbeziehung "gleichgestellter Forderungen" wird außerdem der bisherige § 32a GmbHG aF in personeller - durch Einbeziehung Dritter - und sachlicher Hinsicht übernommen (BT-Drucks., aaO [X.]). Die Vorschrift des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] unterstellt die Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] wie auch einer gleichgestellten Forderung der Anfechtung. Gleichgestellte Forderungen sind Verbindlichkeiten, die einem [X.]erdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Die Einbeziehung gleichgestellter Forderungen ermöglicht es, den Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] und damit die Anfechtbarkeit auf Drittforderungen zu erstrecken. Im Blick auf die Reichweite der Regelungen im Verhältnis zu [X.] kann folglich auf die zum [X.] entwickelte Rechtsprechung zurückgegriffen werden ([X.], Urteil vom 17. Februar 2011 - [X.], [X.]Z 188, 363 Rn. 10; vom 28. Juni 2012 - [X.], [X.]Z 193, 378 Rn. 11).

c) Die Bestimmung des § 135 [X.] knüpft an die sogenannten [X.] der §§ 32a, 32b [X.] an (BT-Drucks., 16/6140 [X.]; [X.], Urteil vom 21. Juli 2011 - [X.], [X.]Z 190, 364 Rn. 30; [X.], Die Reform des [X.]s durch das [X.], Rn. 345; [X.], [X.], 149, 153). Im Blick auf die Vielgestaltigkeit der Sachverhalte, die der Darlehensgewährung durch einen [X.]er wirtschaftlich gleichen und daher im Interesse des [X.] entsprechenden Rechtsfolgen unterworfen werden müssen, hat der Gesetzgeber bereits bei Einführung der [X.], die für das geltende Recht Leitbildfunktion haben, von dem Versuch Abstand genommen, die in Betracht kommenden Tatbestände im Einzelnen kasuistisch zu regeln. Vielmehr sollte die Rechtsprechung mit Hilfe der Generalklausel des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF in den Stand gesetzt werden, nicht ausdrücklich vom Wortlaut des Gesetzes erfasste, jedoch vergleichbare Sachverhalte gleich zu behandeln (BT-Drucks. 8/3908 [X.]). Diese Regelungstechnik hat das [X.] in Anlehnung an § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF durch die Einführung des Merkmals der "gleichgestellten Forderung" in § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 [X.] beibehalten (BT-Drucks. 16/6140 [X.]). Darum ist auch bei der Auslegung des Tatbestands der gleichgestellten Forderung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) in Übereinstimmung mit dem früheren Recht Vorsorge dagegen zu treffen, dass der [X.]er das mit einer Darlehensgewährung verbundene Risiko auf die [X.] (BT-Drucks. 8/1347 S. 39).

2. Im Streitfall wurde durch die Zahlung an die [X.]  ein [X.]erdarlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] befriedigt. Die Vorschrift ist gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 [X.] anwendbar, weil die in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführte Schuldnerin keine natürliche Person als persönlich haftenden [X.]er hat (BT-Drucks. 16/6140 [X.]).

a) Die Kreditgewährung durch die Beklagte zugunsten der Schuldnerin ist [X.] als [X.]erdarlehen zu behandeln.

aa) Allerdings war die Beklagte im Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht selbst [X.]erin der Schuldnerin. Auch wenn Rechtshandlungen Dritter in § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 [X.] nicht ausdrücklich erwähnt werden, sollte durch die tatbestandliche Einbeziehung gleichgestellter Forderungen in diese Vorschriften der Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF auch in personeller Hinsicht übernommen werden (vgl. BT-Drucks., aaO). Von der Neuregelung werden daher auch Rechtshandlungen Dritter erfasst, welche der Darlehensgewährung durch einen [X.]er wirtschaftlich entsprechen. Dies gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen ([X.], Urteil vom 17. Februar 2011 - [X.], [X.]Z 188, 363 Rn. 10).

bb) Eine im Vergleich zu dem früheren Recht einschränkende Auslegung bei der Inanspruchnahme verbundener Unternehmen ist sowohl nach dem Wortlaut der Regelungen als auch nach dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen nicht angezeigt ([X.], aaO Rn. 478; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 39 Rn. 42; [X.]/Kirchhof, § 6 Rn. 13; [X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag [X.], §§ 32a/b Rn. 23; [X.], GmbHR 2009, 1009, 1018; [X.]/[X.], [X.]erfinanzierung nach [X.] und das [X.] in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 265; aA insbesondere [X.], [X.], 2385, 2387 ff; [X.] in FS Priester, 2007, [X.], 279 f).

(1) Eine einschränkende Auslegung, die aus einer vermeintlichen Änderung des dem neuen Recht mit der Inanspruchnahme des Prinzips der Haftungsbeschränkung anstelle der Finanzierungsfolgenverantwortung zugrundeliegenden Schutzzwecks hergeleitet wird ([X.], aaO), wäre mit der tatbestandlichen Verschärfung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] unvereinbar, der abweichend vom früheren Recht krisenunabhängig die Rückgewähr sämtlicher und nicht nur eigenkapitalersetzender [X.]erdarlehen (zutreffend [X.], aaO [X.]; [X.], [X.], 149, 153) im Interesse einer Gleichbehandlung sämtlicher [X.]erdarlehen ([X.], aaO S. 273) vorschreibt. Da die Rückzahlung von [X.]erdarlehen sowohl ungeachtet ihres Zwecks als auch ungeachtet der wirtschaftlichen Situation der [X.] anfechtbar ist ([X.], aaO S. 276), können verbundene Unternehmen nicht unter Berufung auf eine fehlende Finanzierungsfolgenverantwortung entgegen dem erklärten Willen des Gesetzgebers vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen werden.

(2) Die ausdrückliche Bezugnahme des Gesetzgebers auf die [X.] verbunden mit der Erläuterung, die Regelungen zu den [X.]erdarlehen in das Insolvenzrecht verlagert zu haben (BT-Drucks. 16/6140 [X.]), legt überdies die Annahme nahe, dass das durch das [X.] umgestaltete Recht und damit auch § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mit der Legitimationsgrundlage des früheren Rechts im Sinne einer Finanzierungsfolgenverantwortung harmoniert. Diese Würdigung entspricht der Zielsetzung des Gesetzgebers, fragwürdige Auszahlungen an [X.]er in einer typischerweise kritischen Zeitspanne einem konsequenten Anfechtungsregime zu unterwerfen (vgl. BT-Drucks., aaO, S. 26). Der daraus ableitbare [X.]e Regelungszweck, infolge des gesellschaftsrechtlichen [X.] über die finanzielle Lage ihres Betriebs regelmäßig wohlinformierten [X.]ern die Möglichkeit zu versagen, der [X.] Kreditmittel zu Lasten der Gläubigergesamtheit zu entziehen ([X.]/Kirchhof, § 6 Rn. 1 mwN; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 18. Aufl., [X.]. § 64 Rn. 115; [X.], Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, 418 f; Eidenmüller in [X.], 2007, [X.], 61 ff), gilt infolge der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung gleichermaßen für verbundene Unternehmen.

(3) Selbst wenn man im Unterschied zu vorstehenden Ausführungen dem neuen Regelungswerk aus rechtsdogmatischen Erwägungen eine andere Legitimationsgrundlage beimisst, können mit ihrer Hilfe keine Auslegungsergebnisse gerechtfertigt werden, die von dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers nicht getragen werden. Deswegen wird die Grenze einer zulässigen Auslegung überschritten, wenn typische Fälle der Finanzierung durch ein Verbundunternehmen mangels eines Handelns mit Mitteln oder für Rechnung des [X.]ers (vgl. [X.], [X.]) dem Merkmal der gleichgestellten Forderung entzogen werden. Die auf die Einrichtung eines konsequenten Anfechtungsregimes (BT-Drucks. 16/6140, aaO) zielende Regelung will den Kreis haftender Dritter in Anlehnung an den bisherigen Rechtszustand festlegen. Davon abgesehen ist nicht einsichtig, warum sich ein mittelbarer [X.]er das kapitalgesellschaftliche Prinzip der Haftungsbeschränkung nicht zunutze macht, wenn er ein Darlehen nicht unmittelbar, sondern über eine von ihm beherrschte [X.] ausreicht. Die gegenteilige Beurteilung würde den verfehlten Anreiz schaffen, Kreditmittel nach Möglichkeit nur über eine zwischengeschaltete, mitunter eigens zu diesem Zweck gegründete (Unternehmer-)[X.] zu gewähren.

cc) Das Darlehen eines [X.] ist danach als [X.]erdarlehen zu bewerten, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem [X.]er gleichsteht. Dies ist zu Lasten der Beklagten infolge ihrer mittelbaren Beteiligung an der Schuldnerin anzunehmen.

(1) Der mittelbar an einer [X.] Beteiligte ist hinsichtlich seiner Kredithilfen für die [X.] wie ein unmittelbarer [X.]er zu behandeln. Dies gilt jedenfalls für den [X.]er-[X.]er, also denjenigen, der an der [X.]erin der [X.] beteiligt ist und aufgrund einer qualifizierten Anteilsmehrheit einen beherrschenden Einfluss auf die [X.]erin ausüben kann ([X.], Urteil vom 13. Dezember 2004 - [X.], [X.], 176, 177; vom 21. November 2005 - [X.], [X.], 399, 401, insoweit in [X.]Z 165, 106 nicht abgedruckt; vom 5. Mai 2008 - [X.], [X.], 1164 Rn. 9; vom 28. Februar 2012 - [X.], [X.], 843 Rn. 15 ff).

(2) [X.]ist sowohl Alleingesellschafterin der Komplementärin der Schuldnerin als auch deren einzige Kommanditistin. Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der U.     und daher als [X.]er-[X.]er der Schuldnerin zu qualifizieren. Angesichts dieser Beteiligungsverhältnisse kann dahinstehen, ob - was nahe liegt - auch bereits nach Überschreiten der [X.] ein von dem [X.]er-[X.]er gewährtes Darlehen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 unterliegt (in diesem Sinne HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 39 Rn. 42). Als mittelbare, die Schuldnerin beherrschende Alleingesellschafterin ist die Beklagte wie ein [X.]er zu behandeln ([X.], Urteil vom 18. November 1996 - [X.], [X.], 116). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den [X.]er einer GmbH, die ihrerseits bei einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende [X.]erin fungiert, dem Regelungswerk der § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu unterwerfen (BT-Drucks. 16/6140 [X.] f).

b) Die Einstufung der Kredithilfe als [X.]erdarlehen ging nicht durch die Abtretung der Forderung von der Beklagten auf die [X.]verloren.

aa) Der für ein [X.]erdarlehen durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] angeordnete Nachrang kann nicht ohne weiteres dadurch unterlaufen werden, dass der [X.]er als Darlehensgeber seine Beteiligung an der [X.] aufgibt oder die Darlehensforderung an einen Nichtgesellschafter abtritt. Das [X.] muss der Zessionar mangels der Möglichkeit eines gutgläubigen einredefreien Erwerbs gemäß § 404 BGB gegen sich gelten lassen ([X.], Z[X.] 2007, 617, 626; [X.], [X.], 2145, 2149; [X.], [X.], 13. Aufl., § 39 Rn. 46 mwN; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 18. Aufl., § 31 Rn. 6; aA, aber durch Bezug auf die Frist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mit gleichem Ergebnis etwa [X.], Die Reform des [X.]s durch das [X.], Rn. 253). Der Rückgriff auf § 404 BGB entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, bei der Einbeziehung Dritter die zum Kapitalersatzrecht entwickelten Rechtsgrundsätze anzuwenden (BT-Drucks. 16/6140 [X.]).

bb) Allerdings wäre in Fällen einer Übertragung der [X.]erstellung oder der Abtretung der Forderung an einen außenstehenden [X.] ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung unangemessen. Vielmehr bleibt auf der Grundlage des in § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens der Nachrang für ein [X.]erdarlehen nur erhalten, wenn der [X.]er innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung entweder seine [X.]erposition aufgibt oder die Forderung auf einen Nichtgesellschafter überträgt ([X.], Beschluss vom 15. November 2011 - [X.], [X.], 78 Rn. 14 ff; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 39 Rn. 38; HmbKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 135 Rn. 15, 16; [X.], [X.], 13. Aufl., § 39 Rn. 46; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], § 39 [X.] Rn. 32; [X.], [X.], 2145, 2149).

Soweit bei Abtretung der Darlehensforderung an einen Nichtgesellschafter innerhalb der Frist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Nachrangigkeit abgelehnt wird ([X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 20. Aufl., [X.]. § 30 Rn. 30; HmbKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 39 Rn. 32), kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden, weil auch nach dem das Verständnis des neuen Rechts prägenden § 32a GmbHG aF (BT-Drucks. 16/6140 [X.]) der Zessionar den Eigenkapitalersatzcharakter einer abgetretenen Forderung gegen sich gelten lassen musste ([X.], Urteil vom 21. März 1988 - [X.], [X.]Z 104, 33, 43; vom 2. Februar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 125 Rn. 12; vom 5. Dezember 2007 - [X.], [X.], 162 Rn. 29 ff). Überdies beugt allein diese Würdigung nicht billigenswerten Umgehungsversuchen vor, ein [X.]erdarlehen mit Hilfe einer Abtretung vor Antragstellung dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] und dadurch im Falle einer Befriedigung außerdem der Anfechtung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu entziehen.

cc) Vor diesem Hintergrund unterliegt das von der Beklagten an die [X.] abgetretene Darlehen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.], weil die Zession binnen eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin vereinbart wurde. Mit dem Nachrang ist folgerichtig die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verbunden. Wegen der ebenfalls binnen der Jahresfrist zu ihren Gunsten bewirkten Befriedigung ist die [X.]  als Zessionarin auch der Anfechtung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] unterworfen ([X.], Urteil vom 28. September 1981 - [X.], [X.]Z 81, 365, 368; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO; HK-[X.]/[X.], aaO, § 39 Rn. 38; [X.]/Kirchhof, § 6 Rn. 51; [X.] in [X.], 2010, [X.], 772 f; [X.], NJW 2008, 3601, 3603 f; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 7. Aufl., [X.]. §§ 32a, b Rn. 30 f; im Ergebnis ebenso [X.] in [X.]/[X.][X.], GmbHG, § 31 Rn. 18 sowie MünchKomm-GmbHG/Ekkenga, § 31 Rn. 30 unter Rückgriff auf § 812 BGB; anders aber nunmehr Ekkenga in [X.], 2010, 125, 126 ff).

3. Wird die Forderung aus einem abgetretenen [X.]erdarlehen von der [X.] durch Zahlung an den Zessionar getilgt, kann diese Befriedigung entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auch gegenüber dem [X.]er angefochten werden. Der Zessionar und der [X.]er sind Gesamtschuldner der anfechtbaren Leistung.

a) Tritt ein [X.]er die gegen seine GmbH gerichtete Darlehensforderung ab und begleicht die GmbH die Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar, so wird verschiedentlich angenommen, dass nur den Zessionar und nicht auch den [X.]er eine [X.]e Erstattungspflicht trifft. Zur Begründung wird angeführt, dass allein der Zessionar Empfänger der Leistung sei ([X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 20. Aufl., § 31 Rn. 11; Rowedder/Schmidt-Leithoff/[X.], GmbHG, 5. Aufl., § 31 Rn. 8). Demgegenüber wird überwiegend eine gesamtschuldnerische Haftung von [X.]er und Zahlungsempfänger befürwortet, wenn der [X.]er durch die Abtretung der Darlehensforderung die Zahlung an den Zessionar als seine [X.] veranlasst hat ([X.] in [X.][X.], GmbHG, 7. Aufl., § 30 Rn. 26, § 31 Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.][X.], GmbHG, § 31 Rn. 18; [X.]/Goerdeler/[X.], GmbHG, 8. Aufl., § 31 Rn. 20; [X.] in Sernetz/[X.], Kapitalaufbringung und -erhaltung in der GmbH, Rn. 405).

b) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Sie führt zu einer Inanspruchnahme der Beklagten, der die von der Schuldnerin an die [X.]  bewirkte Zahlung [X.] zuzuordnen ist. Die Beklagte ist Verpflichtete des hier geltend gemachten Anfechtungsanspruchs, weil sie im Wege von Abtretung und Forderungsverkauf die Zahlung der Schuldnerin an die [X.]veranlasst hat.

aa) Infolge der den [X.]er treffenden Finanzierungsfolgenverantwortung dürfen die Rechtsfolgen des zwingenden § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht durch die Wahl einer bestimmten rechtlichen Konstruktion aufgeweicht oder unterlaufen werden (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2005 - [X.], [X.], 747, 748; Urteil vom 26. Juni 2006 - [X.], [X.], 20 Rn. 10; vom 11. Januar 2011 - [X.], [X.], 314 Rn. 24; [X.], [X.], 661, 665). Darum kann nicht gebilligt werden, dass ein [X.]er, der seiner GmbH Darlehensmittel zuwendet, die mit ihrer Rückgewähr verbundenen rechtlichen Folgen einer Anfechtung durch eine Abtretung seiner Forderung vermeidet (vgl. [X.], Urteil vom 2. Februar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 125 Rn. 12). Aus dieser Erwägung werden angesichts der schier unerschöpflichen Gestaltungsfantasie der [X.]er und ihrer Berater ([X.], [X.], 2. Aufl., § 4 Rn. 8) im Rahmen von § 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.] Umgehungstatbestände erfasst ([X.], Urteil vom 26. Juni 2000 - [X.], [X.], 1697, 1698), denen bereits der allein an objektive Merkmale anknüpfende Tatbestand des § 135 [X.] vorzubeugen sucht (vgl. [X.], GmbHR 2009, 397, 399 f; [X.] in [X.], 2010, 747, 766). Deshalb ist aufgrund der im Rahmen dieser Vorschrift anzustellenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise ([X.], Urteil vom 20. Juli 2009 - [X.], [X.], 1798 Rn. 16; vom 11. Januar 2011, aaO; vom 11. Oktober 2011 - [X.], [X.], 2235 Rn. 18; vom 28. Februar 2012 - [X.], [X.], 843 Rn. 16) die im Wege einer Abtretung ebenso wie die durch eine Anweisung (vgl. [X.], Urteil vom 29. Mai 2000 - [X.], [X.], 1445, 1449) bewirkte [X.] als Leistung an den [X.]er zu behandeln. Entscheidend ist dabei, dass die Zahlung, auch wenn sie äußerlich an einen [X.] erfolgt, in diesen Gestaltungen auf eine der Durchsetzung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen gerichtete Willensentschließung des [X.]ers zurückgeht und sich darum auch als solche an ihn darstellt.

bb) Könnte sich der [X.]er durch eine mit dem Verkauf der Darlehensforderung verbundene Abtretung enthaften, wäre ihm die Möglichkeit eröffnet, zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil eine Forderung zu verwerten, die im Insolvenzverfahren zum Schutz der [X.]sgläubiger dem Vermögen der GmbH zugeordnet bleiben muss (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Dem [X.]er ist es jedoch versagt, durch den Verkauf eines [X.]erdarlehens auf dem Rücken der Gläubiger zu spekulieren und das Anfechtungsrisiko auf sie abzuwälzen (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 1984 - [X.], [X.]Z 90, 381, 388; [X.] in [X.]/[X.][X.], GmbHG, § 31 Rn. 18). Folglich ist es ohne Bedeutung, ob die Beklagte infolge der Anfechtbarkeit der Zahlung der Schuldnerin im Verhältnis zu der [X.]  Rückgriffsansprüchen ausgesetzt war oder solche Ansprüche wegen eines Haftungsausschlusses nicht zu befürchten hatte (vgl. [X.]/[X.], aaO, § 31 Rn. 18; [X.], aaO S. 666). Würde auf die [X.] abgestellt, wäre einer missbräuchlichen Umgehung der Anfechtung durch die Möglichkeit einer entsprechenden Vertragsgestaltung Tür und [X.] geöffnet. Vor allem in Gestaltungen der vorliegenden - auf ein kollusives Zusammenwirken hindeutenden (vgl. [X.], Beschluss vom 20. September 1982 - [X.], [X.], 1402; [X.]/[X.], aaO § 31 Rn. 19) - Art bestünde die Gefahr, dass durch Verkauf und Abtretung der Forderung an einen vermögenslosen oder prozessual unerreichbaren Zessionar die Anfechtung ausgehöhlt wird. Auch zur Vermeidung eines solchen Nachteils ist der [X.]er verpflichtet, die [X.] von den Folgen einer der insolvenzrechtlichen Verstrickung seiner Darlehensforderung widersprechenden Inanspruchnahme durch den Zessionar freizustellen ([X.] in [X.], [X.], 2009, § 39 Rn. 57).

III.

Das angefochtene Urteil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Kayser                       Raebel                           [X.]

                Grupp                        [X.]

Meta

IX ZR 32/12

21.02.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 8. Februar 2012, Az: 14 U 27/11

§ 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 135 Abs 1 Nr 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2013, Az. IX ZR 32/12 (REWIS RS 2013, 7941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7941

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 32/12 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 184/14 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Auszahlung eines Gesellschafterdarlehens an die Gesellschaft in der Insolvenz des Gesellschafters als unentgeltliche Leistung; …


IX ZR 184/14 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 131/10 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverfahren: Gleichstellung des von einer nahestehenden Person des Schuldners gewährten Darlehens mit einem Gesellschafterdarlehen


6 AZR 204/12 (Bundesarbeitsgericht)

Nachrang von Entgeltansprüchen eines Gesellschafters


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.