Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.02.2011, Az. IX ZR 131/10

9. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9339

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Insolvenzverfahren: Gleichstellung des von einer nahestehenden Person des Schuldners gewährten Darlehens mit einem Gesellschafterdarlehen


Leitsatz

1. Die Forderung aus der Rechtshandlung eines Dritten entspricht einem Gesellschafterdarlehen nicht schon deshalb, weil es sich bei dem Dritten um eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO handelt .

2. Gewährt eine nahestehende Person (§ 138 InsO) dem Schuldner ein ungesichertes Darlehen, begründet dies keinen ersten Anschein für eine wirtschaftliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 14. Juli 2010 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die von der Klägerin zu 1 zur Insolvenztabelle der [X.], [X.]. [X.] 405/08, im Rang des § 38 [X.] in Höhe von 1.005.444,44 € angemeldete Forderung zugunsten der Klägerin zu 1 und die von der am 5. August 2010 verstorbenen [X.] zur Insolvenztabelle der [X.], [X.]. [X.] 405/08, im Rang des § 38 [X.] in Höhe von 228.046,52 € angemeldete Forderung als Forderung der Kläger zu 2a) bis d) in ungeteilter Erbengemeinschaft nach [X.] zur Insolvenztabelle festgestellt werden.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Verwalter in dem am 2. Februar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (fortan: Schuldnerin). [X.]leiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin der Schuldnerin ist [X.], der zugleich [X.]leingesellschafter der Komplementärin ist. Bei der Klägerin zu 1 handelt es sich ebenfalls um eine Gesellschaft in der Rechtsform der [X.]. [X.]leiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin ist [X.]. M., der Bruder des [X.] Die Klägerin zu 1 ist mit 85,72 vom Hundert an der A.-GmbH (fortan: A.-GmbH oder [X.]) beteiligt, deren Geschäftsführer ebenfalls [X.]. M. ist. Die nach Einlegung der Revision verstorbene vormalige Klägerin zu 2 (fortan nur Klägerin zu 2) war die Mutter des [X.] Sie ist von den [X.] zu 2 a) bis 2 d) beerbt worden. Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt.

2

Die Klägerin zu 2 gewährte der Schuldnerin am 3. August 2005 ein mit jährlich in Höhe von 4 vom Hundert zu verzinsendes ungesichertes Darlehen über 200.000 €. Mit [X.] gewährte auch die A.-GmbH der Schuldnerin ein ungesichertes Darlehen in Höhe von 1.000.000 €, das zunächst mit jährlich 7 vom Hundert zu verzinsen war. Die A.-GmbH verkaufte die Darlehensforderung mit Vertrag vom 30. Oktober 2008 an die Klägerin zu 1 und trat sie zugleich an diese ab. Die Klägerinnen meldeten die [X.] nebst der bis zur Insolvenzeröffnung aufgelaufenen vertraglichen Zinsen als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 [X.] zur Insolvenztabelle an. Im Prüfungstermin bestritt der Beklagte die Forderungen. Er hält die Klägerinnen für nachrangige Insolvenzgläubiger.

3

Die Klägerinnen haben auf Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle geklagt. Das [X.] hat den Klagen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte er die Abweisung der Klagen erreichen. Die Kläger zu 2 a) bis 2 d) haben als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin zu 2 den durch Tod unterbrochenen Rechtsstreit aufgenommen.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Forderungen der [X.] seien aufgrund der nach § 180 [X.] statthaften Feststellungsklagen zur Tabelle festzustellen, weil es sich um Insolvenzforderungen nach § 38 [X.], nicht aber um nachrangige Forderungen nach dem im Streitfall schon anwendbaren § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] in der Fassung des [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen ([X.]) vom 23. Oktober 2008 ([X.], S. 2026) handle. Diese Vorschrift sei zwar nicht nur auf die von [X.]ern selbst, sondern auch auf von [X.] gewährte Darlehen anwendbar. Jedoch reiche es für die Erstreckung auf dritte Personen nicht aus, wenn es sich bei ihnen - wie im Streitfall - um nahestehende Personen im Sinne des § 138 [X.] handle. Diese Vorschrift betreffe nach ihrer Stellung im Gesetz das Insolvenzanfechtungsrecht. Auch nach seinem Sinn und Zweck sei § 138 [X.] nicht anwendbar. Dem neuen Recht der [X.]erdarlehen in der Insolvenz liege nicht mehr das Konzept der Finanzierungsfolgenverantwortung, sondern der Gedanke zugrunde, dass von einem [X.]er zur Verfügung gestelltes Fremdkapital stets eine Sonderbehandlung verdiene. Hieraus sei zu folgern, dass bei der Einbeziehung Dritter in den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] Zurückhaltung geboten sei und eine nicht ausdrücklich vorgesehene Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs durch eine entsprechende Anwendung von § 138 [X.] nicht in Betracht komme.

6

Auch aus anderen Gründen seien die der Schuldnerin gewährten Darlehen nicht einem [X.]erdarlehen gleichzustellen. Es fehle an einer Kapitalbeteiligung der [X.] an der Schuldnerin. Die einzige gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen der Schuldnerin und der Klägerin zu 1 bestehe darin, dass beide [X.]en zusammen mit [X.]. M. als Kommanditisten an der [X.] beteiligt seien. Schließlich sei auch ein etwaiger Informationsvorsprung der [X.] gegenüber außenstehenden [X.] oder eine fehlende Kreditwürdigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der jeweiligen Kreditvergabe für den Rang der [X.] unerheblich.

II.

7

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

8

1. Die nach den §§ 38, 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 [X.] zulässigen Feststellungsklagen sind begründet, wenn die von den [X.] angemeldeten Insolvenzforderungen nicht nachrangig im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] sind. Dies beurteilt sich nach § 39 [X.] in der Fassung des [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008. Nach Art. 103d Satz 1 EG[X.] sind nur für die vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2008 eröffneten Insolvenzverfahren die bis dahin geltenden Vorschriften maßgeblich. Der Ausnahmefall des Art. 103d Satz 2 EG[X.], der für die Anfechtung von Rechtshandlungen unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung des zuvor geltenden Rechts anordnet, liegt nicht vor. Für bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung gewährte Darlehen gilt ein nach neuem Recht bestehender Nachrang, ohne dass darin eine unzulässige echte Rückwirkung liegt (vgl. [X.], [X.] der GmbH nach dem [X.] und zur Bekämpfung von Missbräuchen, 2010, [X.]; [X.], [X.], 214, 218).

9

2. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] werden nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 der Vorschrift Forderungen auf Rückgewähr eines [X.]erdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt. Hierunter lassen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die von den [X.] angemeldeten [X.] nicht fassen.

a) [X.]lerdings steht es der Anwendbarkeit der Vorschrift nicht von vornherein entgegen, dass es sich bei den [X.] nicht um [X.]er der Schuldnerin handelt. Auch wenn Rechtshandlungen Dritter in der Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt werden, sollte der Anwendungsbereich der durch das Gesetz vom 23. Oktober 2008 ([X.]) aufgehobenen Vorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in der Fassung des Gesetzes vom 4. Juli 1980 ([X.] S. 836, 838; fortan § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF) auch in personeller Hinsicht übernommen werden (vgl. BT-Drucks. 16/6140, [X.]). Von der Neuregelung werden daher auch Rechtshandlungen Dritter erfasst, welche der Darlehensgewährung durch einen [X.]er wirtschaftlich entsprechen (vgl. [X.]/Hirte, [X.], 13. Aufl., § 39 Rn. 40; [X.] in [X.], [X.], § 39 Rn. 62 [Stand: Mai 2009]; Graf-Schlicker/Neußner, [X.], 2. Aufl., § 39 Rn. 26; [X.]/[X.], GmbHG, Ergänzungsband [X.] 2010, § 30 Rn. 43; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 17. Aufl., [X.]. zu § 64 Rn. 120 f; [X.]/[X.], GmbHG, 2. Aufl., [X.]. II §§ 32a, 32b aF Rn. 11; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 19. Aufl., § 30 [X.]. Rn. 34; [X.], [X.], 846, 850; aA nur Wälzholz, [X.], 1914, 1918). Dies gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die von der bisherigen Rechtsprechung (zuletzt [X.], Urteil vom 5. Mai 2008 - [X.], [X.], 1230 Rn. 9 f mwN) hierzu aufgestellten Voraussetzungen nicht vor. Es besteht weder eine gesellschaftsrechtliche - vertikale oder horizontale - Verbindung zwischen der [X.] und einem der [X.]er der Schuldnerin, noch ist ein [X.]er an beiden [X.]en beteiligt (vgl. [X.], Urteil vom 5. Mai 2008, aaO). Eine Verbindung wird nur über das Verwandtschaftsverhältnis der an der [X.] und der Schuldnerin maßgeblich beteiligten [X.]er vermittelt. Das gleiche gilt im Verhältnis zu der Klägerin zu 2. Wie von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen wird, ist die allein vorliegende gemeinsame Beteiligung von Klägerin zu 1 und Schuldnerin an einer dritten [X.] ohne Belang. Es bedarf daher aus Anlass des Streitfalls keiner Prüfung, ob an der Rechtsprechung zu diesem [X.] im Anwendungsbereich des neuen [X.]sinsolvenzrechts festzuhalten ist (so [X.] 2010, 421, 422; [X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.]. zu § 64 Rn. 127; [X.]/[X.], aaO [X.]. II §§ 32a, 32b aF Rn. 12 f; [X.], [X.] 2010, 1051, 1052 f; aA mit unterschiedlichen Lösungsvorschlägen [X.]/[X.], GmbHG, Ergänzungsband [X.], 2010, § 30 Rn. 44 f; U. [X.] in Festschrift Priester, 2007, [X.], 280; [X.], [X.], 205, 209 f).

b) Das Berufungsgericht hat auch damit Recht, dass nicht schon eine dem [X.]erdarlehen wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorliegt, weil es sich bei der A.-GmbH um eine dem [X.]er der Schuldnerin (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) und auch dieser selbst (§ 138 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) nahe stehende Person handelt. Entsprechendes gilt für die Klägerin zu 2 gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 [X.]. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Vorschrift des § 138 [X.] zur Abgrenzung von einfachen (§ 38 [X.]) zu nachrangigen Insolvenzforderungen (§ 39 [X.]) nicht herangezogen werden.

aa) [X.]s Indiz hiergegen spricht schon die systematische Stellung der Norm in dem Abschnitt über die Insolvenzanfechtung. § 138 [X.] findet allerdings nicht nur auf diese, sondern auch bei Entscheidungen über die Verwertung des Schuldnervermögens Anwendung. Wird das Unternehmen oder ein Betrieb an eine nahestehende Person veräußert, ist danach die Zustimmung der Gläubigerversammlung erforderlich (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Der Anwendung des § 138 [X.] steht auch nicht zwingend entgegen, dass eine solche Einbeziehung in § 39 [X.] nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Denn schon die nähere Ausgestaltung der in § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF kodifizierten Vorgängerregelung war bewusst der Rechtsprechung überlassen worden ([X.]/[X.], GmbHG, 2006, §§ 32a/b Rn. 101; vgl. auch [X.], Urteil vom 21. September 1981 - [X.], [X.]Z 81, 311, 315). Der damalige Regierungsentwurf hatte noch eine kasuistische Aufzählung von [X.] enthalten (BT-Drucks. 8/1347 S. 9 f, 40; hierzu [X.]/[X.], GmbHG, aaO Rn. 101 f). Auf Vorschlag des Rechtsausschusses war an seine Stelle eine Generalklausel getreten, weil der Versuch, die einzelnen Tatbestände zu umschreiben, die Gefahr in sich berge, dass Lücken bestehen blieben (BT-Drucks. 8/3908, [X.]). Die Begründung der Neuregelung enthält wiederum keine Konkretisierung möglicher Umgehungstatbestände (BT-Drucks. 16/6140, [X.]).

bb) Entscheidend gegen die Anwendung des § 138 [X.] im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] spricht jedoch, dass die Vorschrift in der Sache auf einen anderen Regelungsbereich zugeschnitten ist. Soweit in den [X.] der Insolvenzordnung auf § 138 [X.] verwiesen wird, ist hiermit eine Umkehr der Beweislast zum Nachteil der nahestehenden Person verbunden. Hiervon werden Handlungen erfasst, die sich ohnehin durch eine besondere Verdächtigkeit auszeichnen (§ 131 Abs. 2 Satz 2, § 132 Abs. 3 i.V.m. § 130 Abs. 3, § 133 Abs. 2 [X.]) oder bei denen die in § 138 [X.] genannte Person der Insolvenz besonders nahe steht (§ 130 Abs. 3 [X.]). Gewährt hingegen eine nahestehende Person der [X.] ein Darlehen, ist dies für sich genommen unverdächtig. Erst die Zurechnung zum [X.]er löst den Verdacht aus und zieht die Abwertung der ansonsten einwandfreien Forderung nach sich (vgl. [X.], aaO S. 209). Bei einer Zurechnung allein über § 138 [X.] würde somit das unverdächtige Darlehen eines [X.] so behandelt, als stamme es aus dem Vermögen des [X.]ers. Eine solche generelle Gleichsetzung ließe unberücksichtigt, dass auch eine dem [X.]er nahestehende Person der [X.] ein Darlehen als außenstehender Dritter gewähren kann ([X.], [X.], 2007, [X.]; [X.]/[X.], [X.]erfinanzierung nach [X.], 6. Aufl., [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl., [X.] Rn. 124). Ein [X.], das auf eine Mithaftung für die Schulden des nahen Angehörigen hinausläuft, liegt auch der Neuregelung des [X.]sinsolvenzrechts fern.

cc) Schließlich kann die von der Revision erwogene Möglichkeit, einen Informationsvorsprung bei den dem [X.]er oder der [X.] nahe stehenden Personen zu vermuten, die entsprechende Anwendung des § 138 [X.] im hier vorliegenden Zusammenhang nicht rechtfertigen. Dies setzte zumindest voraus, dass maßgeblicher Grund für den in § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] angeordneten Nachrang der Informationsvorsprung des [X.]ers ist. Schon das ist nicht der Fall.

(1) Die in der Begründung des [X.] (BT-Drucks. 16/6140, [X.]) nicht behandelte und in der Literatur umstrittene Frage, welcher Grundgedanke der gesetzlichen Neuregelung der [X.]erdarlehen zugrunde liegt, braucht aus Anlass des Streitfalls nicht entschieden zu werden. Es kann im Einzelnen offen bleiben, ob weiterhin der Gedanke der Krisenfinanzierung (so [X.], GmbHG, 6. Aufl., [X.]. §§ 32a, b Rn. 9; [X.], [X.] 2007, 250, 257 f; Mock, [X.], 1645, 1647; [X.], [X.], 149, 153), der des Missbrauchs der Haftungsbeschränkung (so [X.]/[X.], GmbHG Ergänzungsband [X.], 2010, § 30 Rn. 37; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 39 Rn. 19; U. [X.], aaO S. 277 f) oder die Schaffung einer Gefahrenlage für den Rechtsverkehr (so Schäfer, Z[X.] 2010, 1311, 1313) maßgeblich sein sollte oder ob es sich um eine bloße gesetzgeberische Entscheidung handle, die an die Doppelrolle des [X.]ers und Gläubigers anknüpfe (so [X.]/[X.]/[X.], aaO [X.]. § 64 Rn. 115; [X.], Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009, [X.]; [X.], Z[X.] 2007, 617, 618).

(2) Jedenfalls ist nicht der typischerweise gegebene Informationsvorsprung des [X.]ers der maßgebliche Grund für den Nachrang des von ihm gewährten Darlehens (vgl. [X.], GmbHR 2009, 1009, 1016; [X.], GmbHR 2010, 897, 899 f, 901 f). Ein solcher vermag zwar die Insolvenzanfechtung (§ 135 Abs. 1 [X.]), nicht aber den gesetzlichen Nachrang noch offener Forderungen zu rechtfertigen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO [X.]. zu § 64 Rn. 115). Ein Informationsvorsprung kann zur Folge haben, dass ein gewährtes Darlehen vor der offenbar werdenden Insolvenz abgezogen wird; er führt aber gerade nicht dazu, dass ein mit den Verhältnissen der Schuldnerin besonders vertrauter "Insider" der [X.] ein Darlehen gewährt und er dieses vor der Insolvenz nicht mehr zurückfordert (vgl. [X.], aaO S. 507, 509 f; [X.], AG 2005, 217, 222). Der [X.] kann daher nicht herangezogen werden, um den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] über eine Anwendung des § 138 [X.] zu erweitern.

(3) Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Berufungsgericht - wie die Revision mit ihrer ersten Hilfsrüge geltend macht - einen tatsächlich vorliegenden Informationsvorsprung der [X.] unterstellt hat. Einen solchen hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen allerdings auch nicht substantiiert behauptet.

c) Nach dem auslaufenden Recht unterliegt ein nicht von einem [X.]er selbst gewährtes Darlehen gleichwohl den Regeln des Eigenkapitalersatzes, wenn der [X.]er dem Darlehensgeber die Mittel für [X.]szwecke zur Verfügung gestellt hat ([X.], Urteil vom 18. Februar 1991 - [X.], [X.], 366, 367; vom 14. Juni 1993 - [X.], [X.], 1072, 1073; vom 18. November 1996 - [X.], [X.], 115, 116; vom 6. April 2009 - [X.], [X.], 1288 Rn. 9). Hierzu reicht es aus, dass die von dem [X.] gewährte Hilfe wirtschaftlich aus dem Vermögen des [X.]ers aufgebracht werden soll ([X.], Urteil vom 14. Juni 1993, aaO; vom 7. November 1994 - II ZR 270/93, [X.], 1934, 1939, insoweit nicht in [X.]Z 127, 336; vom 18. November 1996, aaO; vom 26. Juni 2000 - [X.], [X.], 1697, 1698). Dies ist etwa der Fall, wenn dem [X.] im Verhältnis zu dem [X.]er ein Freistellungsanspruch zusteht ([X.], Urteil vom 18. November 1996, aaO; vom 26. Juni 2000, aaO), selbst wenn der Dritte als naher Angehöriger die Mittel vorübergehend für den [X.]er [X.] hat ([X.], Urteil vom 7. November 1994, aaO). Nach Auffassung der Literatur kann an diesen Grundsätzen auch für das neue Recht festgehalten werden ([X.]/[X.], aaO § 30 Rn. 44; [X.]/[X.], aaO [X.]. II §§ 32a, 32b aF Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.], aaO [X.] § 64 Rn. 122; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO § 30 [X.]. Rn. 39 f; FK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 39 Rn. 12; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO § 39 Rn. 35, § 135 Rn. 142 f; [X.], GmbHR 2009, 1009, 1018; [X.], aaO S. 850). Inwieweit diese Rechtsgrundsätze mit herangezogen werden können, um den Kreis der Forderungen aus Rechtshandlungen zu konkretisieren, die einem [X.]erdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] gleichzustellen sind, bedarf an dieser Stelle keiner Vertiefung. Es fehlt bereits an entsprechendem Sachvortrag des Beklagten.

aa) Nach Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung außer [X.] gelassen, wonach zugunsten des Beklagten eine Beweiserleichterung eingreife.

An der angegebenen Stelle hat der Beklagte geltend gemacht, dass kein außenstehender Dritter der Schuldnerin Darlehen zu vergleichbaren Konditionen, insbesondere ohne die Gewährung einer Sicherheit und ohne die Vereinbarung von Informationsrechten, gewährt hätte. Dies spreche dafür, dass die Kreditgewährung "causa societatis" erfolgt und aus diesem Grund als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren sei. Die [X.] sind dieser von dem Beklagten geäußerten Vermutung entgegengetreten. Die streitgegenständlichen Darlehen seien aus eigenem Vermögen geleistet worden; die Darlehensgeber hätten weder im Auftrag noch auf Rechnung der Schuldnerin gehandelt. Dagegen hat sich der Beklagte nicht mehr gewandt.

bb) Danach hat das Berufungsgericht keinen entscheidungserheblichen Vortrag entgegen § 286 ZPO außer [X.] gelassen. Insbesondere hat es die Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt.

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] begründet ein Ehe- oder Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Darlehensgeber und dem [X.]er für sich genommen noch keine Beweiserleichterung dafür, dass die Mittel von dem [X.]er stammen ([X.], Urteil vom 18. Februar 1991, aaO; vom 8. Februar 1999 - [X.], [X.], 1379, 1381; vom 6. April 2009, aaO). Eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises kommt aber dann in Betracht, wenn es sonstige konkrete Hinweise darauf gibt, dass diese Voraussetzung vorliegt ([X.], Urteil vom 18. Februar 1991, aaO; vom 6. April 2009, aaO). Der [X.] hatte bislang nicht zu entscheiden, in welchen Fällen sonstige Hinweise für eine solche Herkunft der Mittel vorliegen, weil entweder hierzu konkreter Sachvortrag fehlte ([X.], Urteil vom 18. Februar 1991, aaO), als unstreitig festgestellt war, dass die [X.] aus dem Vermögen des [X.] und nicht aus dem des [X.]ers stammten ([X.], Urteil vom 6. April 2009, aaO Rn. 10)oder umgekehrt sich bereits aus dem festgestellten Sachverhalt ergab, dass die Mittel aus dem Vermögen des [X.]ers und nicht des formellen Darlehensgebers ([X.]) stammten ([X.], Urteil vom 7. November 1994, aaO; vom 26. Juni 2000, aaO).

In der Literatur wird zum auslaufenden Kapitalersatzrecht teilweise angenommen, das [X.] könne für sich bereits den ersten Anschein dafür begründen, dass das Darlehen mit Mitteln des [X.]ers gewährt worden sei ([X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 146; Ockelmann in [X.]/[X.]/Ockelmann, Handbuch GmbH-Recht, 2009, [X.]), oder aber es seien je nach Lage des Falles solche Beweiserleichterungen zu gewähren, wenn zumindest [X.]altspunkte dafür beständen, dass es sich um Mittel handle, die dem Darlehensgeber zu diesem Zweck vom [X.]er zur Verfügung gestellt waren ([X.]/[X.], GmbHG, 2006, §§ 32a/b Rn. 143; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Rn 40; [X.] in von [X.]/[X.]/Johlke, Handbuch des [X.], 2. Aufl., [X.], 488; von [X.], [X.] 1997, 173, 184).

(2) Für die nach der neuen Gesetzeslage zu beurteilenden Fälle kann an das Merkmal der "Krise der [X.]" oder das der "fehlenden Kreditwürdigkeit" zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens nicht mehr angeknüpft werden. Deswegen kann es keinen Beweis des ersten Anscheins begründen, dass der zur Familie des Schuldners gehörende Darlehensgeber den Kredit ohne entsprechende Sicherheiten und ohne Informationsrechte ausgereicht hat. Gleiches gilt für den Kredit einer [X.], die sich in der Hand eines Familienangehörigen befindet. Im Übrigen dürfte es nicht ungewöhnlich sein, Privatdarlehen innerhalb der Familie allein im Vertrauen auf die Person des zur Familie gehörenden Darlehensnehmers zu gewähren. Für die Annahme eines feststehenden Erfahrungssatzes, der geeignet ist, die Darlegungs- und Beweislast allein im Hinblick auf die fehlenden Sicherheiten zu Lasten des Darlehensgebers zu verschieben, wie dies offenbar der Revision vorschwebt, ist deshalb kein Raum.

(3) Die [X.] haben behauptet, dass die Darlehensvaluta aus ihrem eigenen Vermögen herrühre. Der Beklagte ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten. Er hat auch kein "Umgehungsgeschäft", nicht einmal in den Grundzügen, behauptet. Deshalb brauchte sich das Berufungsgericht mit diesen Fragen nicht zu befassen.

[X.]                               Lohmann

                   Grupp                                [X.]

Meta

IX ZR 131/10

17.02.2011

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 14. Juli 2010, Az: 3 U 50/10, Urteil

§ 38 InsO, § 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 138 InsO, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.02.2011, Az. IX ZR 131/10 (REWIS RS 2011, 9339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9339

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 131/10 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 32/12 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Tilgung einer gegen die Gesellschaft gerichteten abgetretenen Darlehensforderung eines Gesellschafters binnen eines Jahres vor …


IX ZR 32/12 (Bundesgerichtshof)


II ZR 6/11 (Bundesgerichtshof)

Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren für eine Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren gegen eine - insolvente - GmbH auf Rückzahlung eines …


II ZR 6/11 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.