Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2017, Az. B 1 KR 3/16 R

1. Senat | REWIS RS 2017, 13330

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhausabrechnung - Überprüfungsrecht auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Krankenkassen - Einhaltung von Abrechnungs- und Informationspflichten - eigenes Prüfregime - Wirtschaftlichkeitsgebot - keine zeitliche Einschränkung über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben - getrennte Abrechnung von zwei Krankenhausaufenthalten trotz Fallzusammenführung - keine Fälligkeit des Vergütungsanspruchs


Leitsatz

1. Das Überprüfungsrecht der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen, und unterliegt einem eigenen Prüfregime.

2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verbietet es, Überprüfungsmöglichkeiten der Krankenkassen gegenüber Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben hinaus zeitlich einzuschränken.

3. Rechnet ein Krankenhaus zwei Krankenhausaufenthalte getrennt ab, obwohl sie zu einem Fall zusammenzuführen sind, ist der Vergütungsanspruch mangels sachlich-rechnerischer Richtigkeit nicht fällig.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2090,87 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Die klagende Krankenhausträgerin behandelte den bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherten [X.] in drei Krankenhausaufenthalten vollstationär wegen einer Verletzung an der rechten Hand. Sie amputierte ihm zunächst zwei [X.]inger (20. bis 24.11.2007), versorgte eine Wundheilungsstörung (Nekroseabtragung, Wunddebridement, [X.] mit [X.]; 30.11. bis 7.12.2007) und schloss die Wunde (Epigardentfernung, [X.]; 12. bis 22.12.2007). Die Klägerin berechnete für den ersten Aufenthalt die [X.]allpauschale (Diagnosis Related Group 2007 - [X.]) [X.] (andere Eingriffe bei Verletzungen der Hand; 1710,11 [X.]; 9.10.2008) und für den dritten Aufenthalt die [X.] I32C (Eingriffe an Handgelenk und Hand ohne mehrzeitigen Eingriff, mit komplexem Eingriff oder bei angeborener Anomalie der Hand, Alter > 5 Jahre; 2632,56 [X.]; 4.1.2008). Die Beklagte bezahlte beide Rechnungen, nicht hingegen die Rechnung für die zweite Behandlungsepisode ([X.] X01A: Gewebetransplantation mit mikrovaskulärer Anastomosierung oder [X.]ionen bei Verletzungen außer an der Hand mit äußerst schweren [X.]; 6771,65 [X.]; 9.10.2008). Der von ihr beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung ([X.]) hielt die Kodierung für unzutreffend. Im sich anschließenden Klageverfahren hat die Beklagte gemeint, richtig sei die [X.] I12C (Knochen- und [X.] mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe ohne äußerst schwere oder schwere [X.]). Sie hat der Klägerin deshalb 3505,84 [X.] gezahlt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und nur noch 3265,81 [X.] gefordert. Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin weitere 2090,87 [X.] nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 10.6.2013). Das L[X.] hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] geändert und die Klage insgesamt abgewiesen: Der Vergütungsanspruch sei mangels ordnungsgemäßer Abrechnung nicht fällig. Die Klägerin hätte die zweite und dritte Krankenhausbehandlung zusammen als einen [X.]all abrechnen müssen mit der [X.] X01B (Gewebetransplantation mit mikrovaskulärer Anastomosierung oder [X.]ion bei Verletzung außer an der Hand ohne äußerst schwere [X.]). Es bestehe kein Beweisverwertungsverbot (Urteil vom 21.1.2016).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung von § 275 Abs 1c [X.]B V (anzuwenden id[X.] durch Art 1 [X.] des [X.] des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung vom [X.], [X.]), § 17b Abs 1 S 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz ([X.], anzuwenden id[X.] des Art 2 [X.] a Doppelbuchst bb des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten [X.]allpauschalensystems für Krankenhäuser <[X.]allpauschalengesetz - [X.]PG> vom [X.], [X.] 1412), §§ 7 S 1 Nr 1, 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz ([X.], jeweils anzuwenden id[X.] des Art 5 [X.]PG) und § 2 [X.]allpauschalenvereinbarung ([X.]PV) 2007. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung liege vor. Die Prüfung der [X.]allzusammenführung sei durch [X.]ristablauf ausgeschlossen.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Juni 2013 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 [X.] [X.]G). Zu Recht hat das [X.] auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden [X.] zulässig (stRspr, zB B[X.]E 102, 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 9; B[X.]E 104, 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 12), jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 2090,87 [X.] nebst Zinsen. Die Beklagte beruft sich zu Recht darauf, dass die zweite und dritte Behandlungsepisode nicht isoliert, sondern mit einer gemeinsamen [X.] abzurechnen seien (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte vollständig den danach zu berechnenden Anspruch auf Krankenhausvergütung (dazu 2.). Ein Zinsanspruch kommt nicht in Betracht (dazu 3.).

8

1. Die Klägerin durfte [X.] korrekt für die drei betroffenen [X.] nur zwei Fallpauschalen verlangen. Sie hatte dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung aller drei Episoden (dazu a). Neben der ersten durfte sie jedoch nur eine weitere Fallpauschale abrechnen, weil die zweite und dritte Episode zusammenzuführen waren (dazu b).

9

a) Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.]B V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB B[X.]E 102, 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 11; B[X.]E 104, 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 15; B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]; alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) für alle drei Episoden erfüllt.

b) Die Klägerin durfte [X.] nur die erste und gemeinsam die zweite und dritte Episode abrechnen. Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei [X.]-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 S 3 [X.]B V (idF durch Art 1 [X.] 3 FPG vom [X.], [X.]) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 [X.] 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, [X.] 3429) und § 17b [X.] (idF durch Art 18 [X.] 4 GKV-W[X.]; vgl entsprechend B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 15 f; B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] 14 Rd[X.] 15; B[X.] Urteil vom 5.7.2016 - B 1 KR 40/15 R - Juris Rd[X.] 12, für [X.]-2500 § 109 [X.] 58 vorgesehen). Der Anspruch wird auf [X.] durch [X.] ([X.], [X.]) konkretisiert. Die Spitzenverbände der [X.] (ab [X.]: [X.] [X.]) und der [X.] gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 [X.] [X.] 1 KHEntgG (idF durch Art 5 FPG) mit der [X.] als "Vertragsparteien auf [X.]" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (idF durch Art 2 [X.] 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur [X.] und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den [X.] auf der Grundlage des § 9 Abs 1 [X.] [X.] 3 KHEntgG (idF durch Art 5 FPG).

Welche [X.]-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 19 ff). Nach § 1 Abs 6 [X.] [X.] 2007 sind in diesem System zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der [X.], einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 1 [X.] [X.] (idF durch Art 1 [X.] Buchst a [X.] aa FPÄndG) und § 9 Abs 1 [X.] [X.] 1 [X.] genannten Vertragspartner auf [X.], zertifiziert worden sind (B[X.] Urteil vom 5.7.2016 - B 1 KR 40/15 R - Juris Rd[X.], für [X.]-2500 § 109 [X.] 58 vorgesehen).

Abzurechnen ist nach den [X.] das tatsächliche, nicht ein fiktives Geschehen. Die [X.] - und bei Anrufung die Gerichte - können die Abrechnung gesetzeskonform auf ihre [X.]e Richtigkeit hin überprüfen (stRspr, vgl nur B[X.] Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris, zur [X.] in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Die [X.]e Richtigkeit einer Krankenhausabrechnung ist unabhängig von hypothetischen Geschehensabläufen ausschließlich am tatsächlichen Behandlungsverlauf zu messen. Es stellt sich bei dieser Prüfung nicht die Frage eines "wirtschaftlichen Alternativverhaltens" (vgl B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] 52 L[X.] und Rd[X.] 14 f, dort zu § 3 Abs 3 [X.] 2009; vgl auch B[X.] Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris Rd[X.]0 = USK 2015-6). Das Krankenhaus, das eine das tatsächliche Geschehen zutreffend abbildende, [X.] richtige Abrechnung erstellt, aber erkennt, dass es den in Rechnung gestellten Betrag wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 [X.]B V) mindern muss, hat eine dies in geeigneter Weise verdeutlichende gekürzte Abrechnung vorzunehmen. Mit der Abrechnung muss die [X.] vollständig und zutreffend von der Kürzung Kenntnis erhalten (vgl B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] 52 Rd[X.] 16). Unterlässt das Krankenhaus eine solche Kürzung, kann die [X.] dies im Rahmen einer [X.] geltend machen (stRspr, vgl zur [X.] nur B[X.] Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris Rd[X.]n 9 ff, zur [X.] in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Das Überprüfungsrecht der [X.] auf [X.]e Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer [X.]. Es dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen und unterliegt einem eigenen Prüfregime (stRspr, vgl zB B[X.] Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - Juris Rd[X.] 16, für B[X.]E und [X.] vorgesehen; B[X.]E 119, 141 = [X.]-2500 § 108 [X.] 4, Rd[X.]4 f; B[X.]E 116, 165 = [X.]-2500 § 301 [X.] 4, Rd[X.]). Dementsprechend greift das Beweisverwertungsverbot für Behandlungsunterlagen wegen Verfristung der Prüfanzeige nur bei [X.]en, nicht aber bei Prüfungen der [X.]en Richtigkeit von Krankenhausabrechnungen ein (vgl B[X.]E 116, 165 = [X.]-2500 § 301 [X.] 4, Rd[X.]0 ff).

Die Beklagte macht die [X.]e Unrichtigkeit der Kodierung des zweiten und dritten Krankenhausaufenthalts unter Missachtung des § 2 [X.] 2007 geltend (zu Abgrenzung vgl B[X.] Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris Rd[X.] 16 ff = USK 2015-6; B[X.] Urteil vom [X.] KR 29/16 R - Rd[X.] 11, zur [X.] in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Eine Verfristung der Prüfanzeige ist hierfür ohne Belang. Das erstinstanzlich angenommene Teilanerkenntnis (§ 101 Abs 2 [X.]G) der Beklagten steht einer Prüfung der [X.]en Richtigkeit ebenfalls nicht entgegen. Es bejaht lediglich den prozessualen Anspruch (vgl B[X.]E 119, 293 = [X.]-1500 § 101 [X.], Rd[X.] 11, 14), hier auf Zahlung weiterer 3505,84 [X.] wegen der Krankenbehandlung des Versicherten ab 30.11.2007 durch die Klägerin, ohne die weiteren Rechtsüberlegungen der Beteiligten einzubeziehen. Die auf der Grundlage von § 112 Abs 2 [X.] 1 [X.]B V für [X.] vereinbarte landesrechtliche Regelung des § 11 Abs 2 Vertrag Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 19.12.2002 steht einer Überprüfung nicht entgegen, denn sie ist unwirksam. Sie bestimmt, dass Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung (nur) innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden können. Nach der Rspr des erkennenden Senats verbietet das Wirtschaftlichkeitsgebot, Überprüfungsmöglichkeiten der [X.] gegenüber Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben hinaus zeitlich einzuschränken (B[X.]E 112, 156 = [X.]-2500 § 114 [X.] 1, Rd[X.] 35 ff; B[X.]E 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.] 8, Rd[X.] 45; zum Ausschluss von Erstattungsansprüchen B[X.] [X.]-2500 § 69 [X.] 10 Rd[X.] ff; B[X.] Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 33/15 R - Juris Rd[X.] 10, zur [X.] in B[X.]E und [X.]-2500 § 109 [X.] 57 vorgesehen).

Die Klägerin durfte die erste Episode [X.] isoliert von den weiteren Episoden abrechnen. Die Voraussetzungen einer abrechnungstechnisch gebotenen Fallzusammenführung (§ 2 [X.] 2007) schon mit dem zweiten, erst recht mit dem dritten Krankenhausaufenthalt waren nicht erfüllt. Die Fallzusammenführung setzt nach § 2 Abs 1 und Abs 3 [X.] 2007 jeweils voraus, dass ein Patient innerhalb der oberen [X.], bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts, wieder aufgenommen wird. Daran fehlte es. Die obere [X.] für die während der ersten Episode (20. bis 24.11.2007) maßgebliche [X.] X05Z belief sich auf 8 Tage, während die Wiederaufnahme erst am 30.11.2007 erfolgte. Eine Zusammenfassung nach § 2 Abs 2 [X.] 2007 bei Wiederaufnahme innerhalb von 30 Tagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts setzt voraus, dass innerhalb der gleichen [X.] ([X.]) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist. Demgegenüber sind sowohl die [X.] X05Z als auch die anschließende [X.] X01B in die "operative Partition" einzugruppieren.

Die Klägerin musste dagegen den zweiten (30.11. bis 7.12.2007) und dritten Krankenhausaufenthalt (12. bis 22.12.2007) zu einer [X.] zusammenfassen (§ 2 Abs 1 [X.] 2007). Das Krankenhaus hat danach eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Die Regelung setzt voraus, dass (1.) ein Patient innerhalb der oberen [X.], bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts, wieder aufgenommen wird und (2.) für die Wiederaufnahme eine Einstufung in dieselbe Basis-[X.] vorgenommen wird (§ 2 Abs 1 [X.] [X.] 2007). Maßgebend für die Einstufung in dieselbe Basis-[X.] ist hierbei nicht, welche Einstufung die Klägerin vorgenommen hat, sondern welche Einstufung tatsächlich zutreffend war (B[X.] Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R - Juris Rd[X.] 16 = USK 2015-6). Eine Zusammenfassung und Neueinstufung nach [X.] wird nicht vorgenommen, wenn die Fallpauschalen dieser Basis-[X.] bei Versorgung in einer Hauptabteilung in Spalte 13 oder bei belegärztlicher Versorgung in Spalte 15 des [X.] gekennzeichnet sind (§ 2 Abs 1 S 2 [X.] 2007).

Diese Voraussetzungen einer Fallzusammenführung liegen hier nach den nicht mit durchgreifenden [X.] angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) vor. Beide Aufenthalte sind zu kodieren nach der [X.] X01B (Gewebetransplantation mit mikrovaskulärer Anastomosierung oder Hauttransplantation bei Verletzungen außer an der Hand ohne äußerst schwere [X.]). Sowohl bei dem zweiten als auch bei dem dritten Krankenhausaufenthalt waren die nach [X.] (2007) zu bestimmenden Voraussetzungen der Hauptdiagnose [X.] (sonstige Frühkomplikationen eines Traumas) erfüllt. D002f [X.] Version 2007 ([X.] 2007) definiert die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Nach der operativ versorgten traumatischen Verletzung der rechten Hand des Versicherten war Gewebe abgestorben. Nach der Entfernung des nekrotischen Gewebes erfolgte zunächst eine (nur) temporäre Weichteildeckung mit [X.]. Die von der Beklagten und dem [X.] für den zweiten Aufenthalt gewählte Hauptdiagnose T84.6 (Infektion und entzündliche Reaktion durch eine interne Osteosynthesevorrichtung) war unzutreffend, da die Osteosynthesevorrichtung nicht zu einer entzündlichen Reaktion führte. Für den dritten Aufenthalt war die gleiche Hauptdiagnose wie für den zweiten Aufenthalt zu bejahen, da das Anlegen der Lappenplastik zur weiteren Behandlung des abgestorbenen Gewebes erfolgte. Zudem waren die [X.] (einfache chronische Bronchitis) und F17.1 (psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak) zu kodieren. Die Voraussetzungen der Nebendiagnose T84.1 (mechanische Komplikation durch eine interne Osteosynthesevorrichtung an Extremitätenknochen) waren nicht erfüllt. [X.] [X.] 2007 definiert [X.] als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt und diagnostische oder therapeutische Maßnahmen oder einen erhöhten Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand zur Folge hat. T84.1 ist als ein Aspekt der Nekrose in der umfassenden Hauptdiagnose [X.] enthalten. Auch fehlte es an den Voraussetzungen der [X.] (chronische respiratorische Insuffizienz). So erfolgte nach den den Senat bindenden (§ 163 [X.]G) Feststellungen des [X.] weder eine Röntgendiagnostik des Brustkorbes noch eine Vorstellung beim Lungenfacharzt. Im Ergebnis unerheblich ist die Kodierung der [X.] I10.90 (Hypertonus) und E66.0 (Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr). Zutreffend waren die jeweiligen, nach dem [X.] und Prozedurenschlüssel ([X.]) Version 2007 zu kodierenden Prozeduren (hinsichtlich des zweiten Aufenthalts: [X.] 5-984 R, 5-983 R, 5-893.29 R, [X.], [X.]; hinsichtlich des dritten Aufenthalts: [X.] 5906.19 R, 8-191.41 R, 5-984 R, 5-983 R, 5901.18 R, 5-904.19 R). Die Klägerin nahm den Versicherten auch innerhalb der oberen [X.] von 31 Tagen wieder in das Krankenhaus auf (Aufnahme am 30.11.2007, Wiederaufnahme am 12.12.2007). Die [X.] ist schließlich nicht in Spalte 13 gekennzeichnet.

2. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte Anspruch auf 4492,84 [X.] für die Behandlung des Versicherten vom 30.11. bis 7.12. und vom 12. bis 22.12.2007 unter Zugrundelegung eines Basisfallwertes von 2463,18 [X.] mit der [X.] X01B. Der Anspruch erlosch, da die Beklagte hierfür jedoch bereits 6138,40 [X.] zahlte (dritte Abrechnung 2632,56 [X.]; Teilanerkenntnis 3505,84 [X.]).

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Zinsanspruch. Die Klägerin erteilte der Beklagten für die zusammenzufassende Behandlung der zweiten und dritten Episode keine die Fälligkeit begründende Rechnung. Nach der Regelung des § 2 Abs 4 [X.] 2007 ist bei der Anwendung der Abs 1 bis 3 für jeden Krankenhausaufenthalt eine [X.]-Eingruppierung vorzunehmen. Auf dieser Grundlage hat das Krankenhaus eine Neueinstufung in eine Fallpauschale mit den Falldaten aller zusammenzuführenden Krankenhausaufenthalte durchzuführen. Dabei sind zur Ermittlung der Verweildauer die Belegungstage der Aufenthalte in diesem Krankenhaus zusammenzurechnen. Die obere [X.], die nach § 2 Abs 1 [X.] [X.] 1 [X.] 2007 für die Fallzusammenführung maßgeblich ist, ergibt sich aus dem Aufnahmedatum und der [X.]-Eingruppierung des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts in diesem Krankenhaus. Hat das Krankenhaus einen der zusammenzuführenden Aufenthalte bereits abgerechnet, ist die Abrechnung zu stornieren.

Selbst wenn danach zunächst ein erster Aufenthalt zutreffend abgerechnet war, sich aber ein zweiter, mit ersterem zusammenzufassender Aufenthalt anschließt, entfällt die Fälligkeit der ersten Abrechnung mit Zugang der zweiten, die Aufenthalte zusammenfassenden Abrechnung, die ihrerseits Fälligkeit begründet. Eine die Zusammenführung missachtende Abrechnung des zweiten Aufenthalts begründet mangels [X.]er Richtigkeit keine Fälligkeit. Es fehlt für einen Zinsanspruch der Klägerin an einer [X.] richtigen Rechnung über die zweite und dritte Behandlungsepisode.

4. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 [X.] Teils 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 [X.] Teils 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 3/16 R

28.03.2017

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hamburg, 10. Juni 2013, Az: S 18 KR 1192/09, Urteil

§ 39 Abs 1 S 2 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 23.04.2002, § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5, § 275 Abs 1c SGB 5 vom 26.03.2007, § 301 Abs 2 SGB 5, § 1 Abs 6 S 1 KFPVbg 2007, § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 KFPVbg 2007, § 2 Abs 1 S 2 KFPVbg 2007, § 2 Abs 3 KFPVbg 2007, § 2 Abs 4 KFPVbg 2007, § 7 KHEntgG vom 15.12.2004, § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 23.04.2002, § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG vom 23.04.2002, § 11 KHEntgG vom 15.12.2004, § 17b Abs 1 S 1 KHG vom 23.04.2002, § 17b Abs 1 S 10 KHG vom 23.04.2002, Anl 1 Teil a Nr X01B KFPVbg 2007, Anl 1 Teil a Nr X05Z KFPVbg 2007, Nr D002f DKR 2007, Nr D003d DKR 2007, Nr T79.8 ICD-10-GM 2007, Nr T84.1 ICD-10-GM 2007, Nr T84.6 ICD-10-GM 2007, Nr J41,0 ICD-10-GM 2007, Nr F17.1 ICD-10-GM 2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2017, Az. B 1 KR 3/16 R (REWIS RS 2017, 13330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13330

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