Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.11.2021, Az. 25 W (pat) 34/20

25. Senat | REWIS RS 2021, 1020

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Halk (Wort-Bildmarke, IR-Marke/Halkra“ – zur Statthaftigkeit der Beschwerde – Unwirksamkeit des Erinnerungsbeschlusses des DPMA – zur elektronischen Unterzeichnung von Beschlüssen - wesentlicher Mangel – Zurückverweisung an das DPMA – Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 17. November 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 28. April 2020 unwirksam ist. Die Sache wird zur Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Am 31. Januar 2013 ist die Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

unter der Nummer 1 170 069 für folgende Waren international registriert worden:

3

Klasse 03:

4

Bleaching preparations and other substances for laundry use; perfumery; [X.]; perfumes and colognes; [X.]; soaps; dentifrices; cleaning, polishing, scouring and abrasive preparations;

5

Klasse 05:

6

Products for dental purposes other than dental tools and equipment; dental cements, [X.]; dental wax; [X.]; molding wax for dentists; precious metal alloys for dental purposes; hygienic products; [X.]; disposable diapers for incontinence; plaster for medical purposes; [X.]; air purifying preparations; deodorants other than for personal purposes; disinfectants; antiseptics ([X.]); detergents for medical purposes;

7

Klasse 16:

8

Paper; [X.]; goods made from paper and [X.], [X.] other classes; plastic bubble packs for wrapping or packaging; binding materials for books and papers; stationery; typewriters and office requisites; envelope sealing machines; franking machines [office requisites]; paint brushes, paint applicator rollers.

9

Nachdem die Inhaberin der schutzsuchenden Marke mit Schriftsatz vom 3. September 2014 das [X.] eingeschränkt hat, ist dem Antrag auf Schutzerstreckung auf [X.] die nachfolgende Fassung des Verzeichnisses der Klasse 16 zugrunde zu legen:

Klasse 16:

Paper; [X.]; goods made from paper and [X.] for household and personal use; plastic bubble packs for wrapping or packaging; binding materials for books and papers; stationery; typewriters and office requisites; envelope sealing machines; franking machines [office requisites]; paint brushes, paint applicator rollers.

Gegen die Schutzgewährung hat die Widersprechende aus ihrer am 28. Februar 1934 angemeldeten und am 9. Januar 1935 für die Waren

Klasse 16: Frisierschutzstreifen aus Papier, insbesondere Krepppapier

eingetragenen Wortmarke 472 213

Halkra

am 4. September 2013 Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5, [X.], des [X.] hat mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 21. Juni 2016 die Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 119 Abs. 1, 124, 114, 43 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde mit Beschluss des [X.] vom 28. April 2020 zurückgewiesen. In dem Beschlussdokument, das im Rahmen der elektronischen Aktenführung erstellt wurde, ist als entscheidende Stelle und Urheber der Entscheidung „[X.] [X.] [X.]...“ genannt. Ausweislich des beigefügten [X.] wurde der Beschluss qualifiziert signiert von „[X.]...“.

Die Beschwerde der Widersprechenden vom 28. Mai 2020 richtet sich gegen die Zurückweisung des Widerspruchs. Demzufolge beantragt sie sinngemäß,

die Beschlüsse des [X.] vom 21. Juni 2016 und vom 28. April 2020 aufzuheben und der angegriffenen Marke [X.] 069 den Schutz für alle identischen und ähnlichen Waren in der Bundesrepublik [X.] zu verweigern.

Mit gerichtlichem Hinweis vom 30. September 2021 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Erinnerungsbeschluss vom 28. April 2020 insbesondere wegen nicht ordnungsgemäßer Unterzeichnung als unwirksam erachtet werde, und angekündigt, das Verfahren an das [X.] zurückzuverweisen. Die Beteiligten haben auf den Hinweis keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthaft, weil sie sich gegen eine die Beschwerdeführerin formell beschwerende Entscheidung richtet, und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses vom 28. April 2020, weil er nicht ordnungsgemäß unterschrieben bzw. ersatzweise elektronisch signiert worden ist. Das Verfahren vor dem [X.] leidet daher an einem wesentlichen Mangel, so dass die Sache gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.] dorthin zurückzuverweisen ist.

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind Beschlüsse des [X.] vom Verfasser zu unterzeichnen (vgl. auch [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 61 Rn. 4). Das Erfordernis der Unterschrift ergibt sich im Übrigen auch aus einer analogen Anwendung der §§ 315 Abs. 1 Satz 1, 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO und aus dem allgemeinen Schriftformerfordernis gemäß § 126 Abs. 1 BGB (vgl. BPatG 25 W (pat) 44/15 – [X.] DEUTSCHER ZWEITMARKTINDEX).

Bei elektronischen Beschlussdokumenten wird die Unterschrift gemäß § 5 Abs. 3 [X.] bewirkt, indem der Name der unterzeichnenden Person eingefügt und das Dokument mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird. Das Erfordernis der Unterschrift bzw. Signatur beruht auf dem Gebot der Rechtssicherheit und -klarheit. Danach muss eindeutig erkennbar sein, wer an der Entscheidung mitgewirkt hat und dass diese kein bloßer Entwurf ist (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 61 Rn. 4).

Der vorliegend angefochtene Beschluss vom 28. April 2020 ist als elektronisches Dokument erstellt worden. Als Name des Verfassers ist „[X.]...“ angegeben. Ausweislich des mit dem Beschlussdokument an die Beteiligten versandten sowie in der Akte abgelegten [X.] wurde das Dokument jedoch qualifiziert signiert von „[X.]...“. Damit sind schon deshalb die Anforderungen an eine rechtswirksame Unterschrift nicht erfüllt, weil nicht erkennbar ist, wer den Beschluss verfasst hat und ob er mit Willen des Verfassers („[X.]...“ oder „[X.]...“) in den Verkehr gebracht worden ist. Der Beschluss ist daher unwirksam, so dass es an einer abschließenden Entscheidung über den Rechtsbehelf der Erinnerung fehlt.

Dieser Mangel kann nicht im laufenden Verfahren geheilt werden. Vielmehr ist ein entsprechend den Vorgaben des § 5 Abs. 3 [X.] unterzeichneter Erinnerungsbeschluss den Beteiligten erneut zuzustellen, um die Beschwerdefrist in [X.] zu setzen, innerhalb derer dann ggf. wiederum Beschwerde erhoben werden kann (vgl. BPatG 28 W (pat) 41/11 – [X.] [X.]; 25 W (pat) 44/15 – [X.] DEUTSCHER ZWEITMARKTINDEX).

2. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, inwieweit der Wirksamkeit der Entscheidung auch entgegensteht, dass sie ausweislich des [X.] von der [X.], [X.], getroffen worden ist und nicht, wie in § 56 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehen, von der Markenstelle, die auch für Entscheidungen über [X.] von [X.] zuständig ist (§§119, 124 [X.] m. § 113 [X.]).

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 71 Abs. 3 [X.] aus Billigkeitsgründen angezeigt, weil die mit der Beschwerde begehrte Sachentscheidung des Gerichts allein aufgrund eines Verfahrensfehlers des [X.] nicht getroffen werden kann.

Meta

25 W (pat) 34/20

17.11.2021

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG, § 20 Abs 1 S 1 DPMAV, § 5 Abs 3 EAPatV

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.11.2021, Az. 25 W (pat) 34/20 (REWIS RS 2021, 1020)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1020

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