Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2015, Az. 28 W (pat) 113/12

28. Senat | REWIS RS 2015, 14384

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MY PLACE SELFSTORAGE (Wort-Bild-Marke, IR-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke [X.] 997 683

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 9. März 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. Himmelmann

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Inhaberin der schutzsuchenden [X.]-Marke 997 683 werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 [X.] des [X.] vom 4. Januar 2011 und vom 24. August 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für Klasse 6 [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 4. Januar 2011 der für die Waren und Dienstleistungen

2

Klasse 6: Metal and goods of metal, included in this class; locks of metal, other than electric, in [X.], in particular padlocks; cask stands of metal; pallets, of metal; furniture casters of metal; ladders of metal; bicycle parking installations of metal; containers of metal.

3

Klasse 16: Cardboard articles; adhesive bands [X.]; plastic film for wrapping; boxes of cardboard or paper; self-adhesive tapes [X.]; wrappers of cardboard or paper; [X.] ([X.], pouches) of paper or plastic; plastic film for wrapping; cardboard articles.

4

Klasse 17: Plastic substances, [X.]; [X.]; [X.] ([X.], pouches) of rubber, for packaging; packing (cushioning, stuffing) materials of rubber or plastics; self-adhesive tapes, other than stationery and not for medical or household purposes.

5

Klasse 22: Ropes, nets, [X.], [X.], sails, [X.], not included in other classes; [X.] (sacks) for the transport and storage of materials in bulk; packing (cushioning, stuffing) materials, not of rubber or plastics; sacks ([X.]) of textile, for packaging; packing rope.

6

Klasse 39: Transport; packaging and storage of goods; storage information; car transport; courier services ([X.]); removal services; rental of storage containers, [X.], [X.], [X.], vehicles, vehicle roof racks; packaging of goods.

7

international registrierten [X.] 683

Abbildung

8

den Schutz in der [X.] vollständig verweigert, weil der Eintragung der Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne der §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6

9

Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 24. August 2012 den Beschluss vom 4. Januar 2011 teilweise aufgehoben, soweit der Marke der Schutz in der [X.] für die Waren und Dienstleistungen

Klasse 6: ladders of metal

Klasse 16: Cardboard articles; adhesive bands [X.]; plastic film for wrapping; self-adhesive tapes [X.]; wrappers of cardboard or paper; [X.] ([X.], pouches) of paper or plastic; plastic film for wrapping; cardboard articles

Klasse 17: Plastic substances, [X.]; [X.]; self-adhesive tapes, other than stationery and not for medical or household purposes

Klasse 22: Ropes, nets, [X.], [X.], sails, [X.], [X.] in other classes

Klasse 39: car transport; courier services ([X.]); removal services; rental of [X.], vehicles; vehicle roof racks; packaging of goods

verweigert wurde. Im Übrigen hat die Markenstelle die Erinnerung zurückgewiesen, weil der Marke für die Waren und Dienstleistungen

Klasse 6: Metal and goods of metal, included in this class; locks of metal, other than electric, in [X.], in particular padlocks; cask stands of metal; pallets, of metal; furniture casters of metal; bicycle parking installations of metal; containers of metal

Klasse 16: boxes of cardboard or paper

Klasse 17: [X.] ([X.], pouches) of rubber for packaging; packing (cushioning, stuffing) materials of rubber or plastics

Klasse 22: [X.] (sacks) for the transport and storage of materials in bulk; packing (cushioning, stuffing) materials, not of rubber or plastics, sacks ([X.]) of textile, for packaging; packing rope

Klasse 39: Transport; packaging and storage of goods; storage Information; rental of storage containers, [X.], [X.]

Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie hat vorgetragen, die Marke verfüge auch hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Markenstelle ihr den Schutz verweigert habe, über die erforderliche Unterscheidungskraft, für deren Beurteilung es auf den Gesamteindruck der Marke ankomme. Die [X.] der Marke seien schon für sich betrachtet nicht rein beschreibend. Die erforderliche Unterscheidungskraft ergebe sich jedenfalls aus der Gesamtbetrachtung der [X.] mit dem Bildbestandteil. Auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] stünde der Eintragung der Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht entgegen.

Die Markeninhaberin beantragt,

den angefochtenen Beschluss, soweit er zu ihrem Nachteil ergangen ist, aufzuheben und dem [X.] Teil der internationalen Registrierung [X.] 997 683 vollumfänglich Schutz zu gewähren und

hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die nach §§ 113, 124, 66 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 [X.] zulässige Beschwerde ist begründet, weil die [X.]-Marke 997 683 weder im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können, noch der [X.]-Marke in ihrer Gesamtheit für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt.

1. Gegenstand der Prüfung ist die [X.] 683

Abbildung

Es handelt es sich um eine [X.], denn sie weist mehrere getrennte Bestandteile auf, insbesondere Wort und Bild.

Bei einer mehrteiligen [X.] kommt es nicht auf die Schutzfähigkeit der einzelnen Markenbestandteile, sondern auf die der Marke in ihrer Gesamtheit an. Deshalb darf aus dem beschreibenden Charakter der einzelnen Bestandteile nicht ohne weiteres auch für die [X.] ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] hergeleitet werden. Dieser Grundsatz schließt jedoch nicht aus, dass die einzelnen Markenteile zunächst getrennt geprüft werden.

Die [X.] „[X.]“ und „Selfstorage“ fassen die beteiligten inländischen Verkehrskreise, nämlich der Handel und/oder der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher für die das Lagerwesen betreffenden Waren und Dienstleistungen als glatt beschreibend auf. Den zum [X.] Grundwortschatz zählenden Wortbestandteil „[X.]“ verstehen die beteiligten Verkehrskreise als das im [X.] sehr ähnliche „[X.]“. Den Wortbestandteil „Selfstorage“ werden die Verkehrskreise, sofern ihnen der Begriff „Selfstorage“ nicht ohnehin bekannt ist – mühelos in die ebenfalls zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Worte „self“ und „storage“ teilen und als „selbst“ und „Lagerung“ erfassen. Die [X.] „[X.] Selfstorage“ begreifen die maßgebenden Verkehrskreise damit als „[X.] zur [X.]“, was die das Lagerwesen betreffenden Waren und Dienstleistungen glatt beschreibt.

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schließt allerdings nur „ausschließlich“ aus beschreibenden Zeichen und Angaben bestehende Marken vom Schutz aus. Weist eine Marke neben schutzunfähigen Elementen einen hinreichenden schutzfähigen Überschuss auf, auf den der Schutz der Marke bezogen und beschränkt werden kann, ist sie eintragungsfähig.

Beim Zusammentreffen schutzfähiger mit [X.] ist nicht erforderlich, dass der schutzfähige Teil die Marke dominiert oder deren Gesamteindruck prägt. Ebenso wenig ist erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem schutzfähigen Markenteil einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Es muss nur möglich sein, ihn als schutzbegründenden Überschuss zu bewerten, auf den der Schutz der eingetragen [X.] bezogen und beschränkt werden kann (

Ein schutzbegründender Überschuss kann durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung schutzunfähiger [X.] erreicht werden, die allerdings besondere Gestaltungselemente aufweisen muss (BPatGE 33, 167, 169 f. – KAMILL (mit Blütendarstellung); [X.]. 1993, 367, 368 - [X.] (mit Bild eines Kletterers); [X.] PROMA 27 W (pat) 81/08 - [X.] mit Kleeblatt; [X.] 2011, 80 - Premium Ingrediens International (mit Weltkugel)).

Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die [X.]-Marke nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen ist. Der erforderliche schutzbegründende Überschuss liegt begründet

- in der besonderen farblichen Gestaltung des selbst beschreibenden [X.] der Marke „[X.]“, der in signalrot auf weißem Grund gehalten ist, und des beschreibenden [X.] „[X.]“, der in weißer Schrift auf blauem Grund dargestellt ist,

- in der ungewöhnlichen graphischen Gestaltung der Marke als dreidimensionalem Schild, was durch die vier Befestigungslöcher des Schilds hervorgehoben wird und vor allem

- in dem in dem Buchstaben A des Wortes „[X.]“ enthaltenen Schlüsselloch. Der Buchstabe A dieses Wortes beschreibt ein Trapez und wird als A erst erkennbar durch das eingefügte Schlüsselloch.

In ihrem Gesamteindruck enthält die um Schutz nachsuchende [X.]-Marke im Blick auf die genannten graphischen Besonderheiten, die in ihrer Gesamtheit ungewöhnlich und nicht werbeüblich sind, was insbesondere für das symbolisierte Schlüsselloch gilt, über die beschreibenden [X.] „[X.] [X.] [X.]“ hinaus einen Überschuss, der ihren Schutz begründet, weshalb der Eintragung der [X.]-Marke nicht § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht.

2. Der [X.]-Marke fehlt hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Für die Schutzfähigkeit einer mehrteiligen [X.] kommt es nicht auf die Schutzfähigkeit der Markenteile, sondern auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit an, weshalb aus der fehlenden Unterscheidungskraft der einzelnen Bestandteile nicht ohne Weiteres auch für die [X.] ein Schutzhindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] hergeleitet werden darf. Dieser Grundsatz schließt jedoch auch insoweit nicht aus, dass die einzelnen Markenteile zunächst getrennt geprüft werden.

Für die Frage, ob einer [X.] jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt, ist entscheidend, ob sich aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die [X.] in der bloßen Aneinanderreihung nicht unterscheidungskräftiger Angaben erschöpft oder einen darüber hinausreichenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck vermittelt (

Ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis kann durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] erreicht werden. Diese Ausgestaltung muss eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile bedeutungslos macht. Die graphische Ausgestaltung einer rein sachbezogenen Angabe vermag einen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck zu bewirken, soweit sie entsprechende herkunftshinweisende Merkmale aufweist.

[X.]n können im Blick auf ihre bildliche Ausgestaltung oder andere Zusätze schutzfähig sein. Das setzt voraus, dass sie charakteristische Gestaltungselemente aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen kann. Auch hier gilt, dass eine die bloße Summenwirkung übersteigende und damit schutzbegründende Wirkung durch die Ungewöhnlichkeit der Kombination erzielt werden kann.

Zwar verstehen die maßgebenden Verkehrskreise die [X.] „[X.] Selfstorage“ als „[X.] zur [X.]“, was die das Lagerwesen betreffenden Waren und Dienstleistungen glatt beschreibt (siehe oben). Doch vermitteln die

- farbliche Gestaltung der Marke,

- ihre ungewöhnliche graphische Gestaltung als dreidimensionales Schild und vor allem

- das ungewöhnliche in dem in dem Buchstaben A des Wortes „[X.]“ enthaltene Schlüsselloch

jedenfalls in ihrer Kombination einen herkunftshinweisenden Gesamteindruck, weshalb der [X.]-Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abzusprechen ist.

Auf die Beschwerde der Inhaberin der schutzsuchenden [X.]-Marke waren deshalb die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Meta

28 W (pat) 113/12

09.03.2015

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2015, Az. 28 W (pat) 113/12 (REWIS RS 2015, 14384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14384

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