Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 498/11

11. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7845

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Verjährungsfristbeginn für Ersatzansprüche wegen verschwiegener Rückvergütung


Leitsatz

Weiß ein Anleger, dass die ihn beratende Bank für den Vertrieb der empfohlenen Kapitalanlage eine Rückvergütung erhält, deren Höhe ihm die Bank vor seiner Anlageentscheidung nicht mitgeteilt hat, so hängt der Beginn der Verjährungsfrist seines Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückvergütung nicht von der Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütung ab.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 8. November 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an dem [X.] in Anspruch.

2

Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 15. September 2003 eine Beteiligung an dem Filmfonds (im Folgenden: [X.]) im Nennwert von 100.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 5.000 €. Davon erbrachte er 65.000 € aus eigenen Mitteln und weitere 40.000 € durch ein Darlehen der Beklagten. Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme sowie das Agio zur Eigenkapitalvermittlung durch die [X.] (im Folgenden: [X.]) verwendet werden. Die [X.] durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der [X.] übertragen. Die Beklagte erhielt eine Vertriebsprovision in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme. Dies wurde dem Kläger im [X.] nicht offengelegt.

3

Der Kläger begehrt unter Berufung auf mehrere Beratungsfehler, darunter auch die unterbliebene Aufklärung über die von der Beklagten bezogene Vertriebsprovision, die Erstattung des eingesetzten Kapitals, der aufgewendeten Kreditzinsen und von Steuernachzahlungen in Höhe von insgesamt 79.852 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehen keine Ansprüche zustehen, sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Übertragung der Beteiligung.

4

Das [X.] hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist weitgehend erfolglos geblieben. Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7

Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen, aufgrund dessen die [X.] verpflichtet gewesen sei, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sie von der [X.] eine Rückvergütung in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme erhalten habe. Diese Verpflichtung habe die [X.] schuldhaft verletzt und sich insoweit auch nicht in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden.

8

Die unterbliebene Aufklärung über die vereinnahmte Rückvergütung sei kausal für die Anlageentscheidung des [X.] gewesen. Zwar greife die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem [X.] befunden hätte. Die [X.] habe die Kausalitätsvermutung jedoch nicht widerlegt. Das [X.] habe auf der Grundlage der Vernehmung eines Angestellten des [X.] und des Anlageberaters der [X.] sowie der Anhörung des [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die fehlerhafte Beratung der [X.] kausal für die Anlageentscheidung des [X.] gewesen sei. Selbst wenn der Kläger von einem hohen Anteil weicher Kosten im Strukturvertrieb Kenntnis gehabt habe, spreche dies nicht dagegen, dass er davon ausgegangen sei, dass die [X.] nicht mehr als einen Anteil am [X.] erhalte. Ohne die genaue Höhe der Zuwendungen an die [X.] zu kennen, habe er deren Interessenkollision jedoch nicht einschätzen können. Der Kläger habe die Problematik der Rückvergütungen erkannt, da er sich im Falle einer Aufklärung gefragt hätte, inwieweit die [X.] im eigenen Interesse handelt, was für ihn "alles sehr in Frage gestellt" hätte. Dies habe das [X.] in nicht zu beanstandender Weise ausreichen lassen, um die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens als nicht widerlegt anzusehen.

9

Die [X.] könne sich nicht auf Verjährung berufen, denn sie habe nicht dargelegt, dass der Kläger bereits im Jahre 2003 erkannt gehabt habe, dass die [X.] Provisionen in einer Höhe erhalten habe, die für den Kläger Zweifel an einer seinen Interessen entsprechenden Beratung begründet hätten. Selbst wenn der Kläger angenommen habe, dass die [X.] einen Teil des [X.]s erhalte, sei er davon ausgegangen, dass die [X.] jedenfalls nicht mehr erhalte. Der Kläger habe die Pflichtverletzung der [X.], nicht auf das Maß ihres Eigeninteresses hinzuweisen, deshalb nicht erkannt gehabt. Er habe nicht sicher gewusst, dass die [X.] eine ihm nicht offen gelegte Provision erhalten habe, sondern nur gedacht, dass die [X.] vielleicht 2 bis 3% des [X.]s bekomme.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des [X.] ([X.]surteil vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.], 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des [X.] aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. [X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur [X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 20 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 17).

b) Bei den von der [X.] empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der [X.] für die [X.] und [X.] bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der [X.]srechtsprechung (vgl. nur [X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 26 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 18). Wie der [X.] in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des [X.] über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die [X.] in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist ([X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 27 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 22 mwN).

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung des [X.] über diese Rückvergütung durch die [X.] nicht im Beratungsgespräch erfolgt ist.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich der Kläger zwar "gedacht", dass die [X.] einen Teil des [X.]s erhält; die Höhe der Provision der [X.] war ihm jedoch nicht bekannt. Darüber ist bei der Anlageberatung nicht gesprochen worden. Nach der [X.]srechtsprechung muss von der [X.] aber auch die Höhe der Rückvergütung ungefragt offen gelegt werden ([X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 27 und [X.]surteile vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.], 226 Rn. 24 und vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 22).

3. Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der [X.] angenommen (vgl. nur [X.]sbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.], 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 10 ff. sowie [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 25, jeweils mwN).

4. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auch insofern stand, als das Berufungsgericht die Kausalität der [X.] für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht dabei angenommen, dass die [X.] die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.

[X.]) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 159 Rn. 28 ff. mwN).

bb) Soweit die Revision entgegen der Annahme des Berufungsgerichts geltend macht, beim Kläger habe auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung ein [X.] bestanden, weswegen die Beweislastumkehr nicht eingreife, kann sie damit keinen Erfolg haben. Der [X.] hat seine frühere Rechtsprechung, nach der die Beweislastumkehr zulasten der beratenden Bank davon abhing, dass für den Anleger vernünftigerweise nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens bestand, die gehörige Aufklärung beim Anleger also keinen [X.] ausgelöst hätte, mit Urteil vom 8. Mai 2012 ([X.], [X.], 159 Rn. 33 ff.) aufgegeben. Die Beweislastumkehr greift daher bereits bei - wie hier - feststehender [X.] ein.

b) Rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiterhin den der [X.] obliegenden Nachweis, dass der Kläger die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben hätte, im Ergebnis der vom [X.] durchgeführten Beweisaufnahme als nicht geführt angesehen.

[X.]) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Die dabei vorzunehmende Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Im Revisionsverfahren ist somit lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also alle Umstände vollständig berücksichtigt hat, rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt ([X.]surteile vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.], 96 Rn. 38 und vom 18. Dezember 2007 - [X.], [X.], 292 Rn. 20).

bb) Hier hat der Kläger angegeben, er habe erkannt gehabt, dass sich im Hinblick auf die Vereinnahmung von Rückvergütungen die Frage stelle, inwieweit eine Bank bei der Anlageberatung im eigenen Interesse handele, weshalb er bei einer Aufklärung über die von der [X.] vereinnahmte Provision seinen Anlageentschluss grundsätzlich in Frage gestellt hätte. Angesichts dessen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht geschlussfolgert hat, der Kläger hätte bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung die Fondsbeteiligung nicht gezeichnet.

5. Das Berufungsurteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit es die Verjährung des [X.] nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verneint hat. Wie die Revision zu Recht geltend macht, war der Schadensersatzanspruch des [X.], soweit er auf die Verletzung von Beratungspflichten der [X.] über Rückvergütungen gestützt wird, entgegen der Ansicht des [X.] bei Klageerhebung Mitte 2008 bereits verjährt.

a) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Schadensersatzanspruch des [X.] bereits mit Zeichnung der Fondsbeteiligung am 15. September 2003 im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist ([X.]surteile vom 8. März 2005 - [X.], [X.], 306, 309 f. und vom 12. Mai 2009 - [X.], [X.], 1274 Rn. 22; [X.], Urteil vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.], 152 Rn. 24 mwN). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob und wann die Kapitalanlage gegebenenfalls später im Wert gefallen ist ([X.], Urteile vom 19. Juli 2004 - [X.], [X.], 1823 und vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.], 152 Rn. 24; [X.]surteil vom 12. Mai 2009 - [X.], [X.], 1274 Rn. 22).

b) [X.] hat das Berufungsgericht aber angenommen, der Kläger habe nicht bereits bei Zeichnung der Beteiligung an [X.] im Jahr 2003 ausreichende Kenntnis sämtlicher anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehabt, weil er die genaue Höhe der an die [X.] geflossenen Rückvergütung nicht gekannt habe.

[X.]) Die erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (st. Rspr., [X.], Urteile vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.], 260 Rn. 28 und vom 19. März 2008 - [X.], [X.], 1077 Rn. 7; [X.]surteil vom 3. Juni 2008 - [X.], [X.], 1346 Rn. 27). Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt ([X.], Urteile vom 25. Februar 1999 - [X.], [X.], 974, 975 und vom 3. März 2005 - [X.], [X.], 1328, 1331).

In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt ([X.]surteile vom 29. Januar 2002 - [X.], [X.], 557, 558, vom 28. Mai 2002 - [X.], [X.], 1445, 1447 und vom 3. Juni 2008 - [X.], [X.], 1346 Rn. 27; [X.], Urteile vom 2. April 1998 - [X.], [X.]Z 138, 247, 252, vom 14. März 2002 - [X.], [X.]Z 150, 172, 186 und vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.], 260 Rn. 28).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert der Verjährungsbeginn des Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückvergütung auch nicht die Kenntnis des Anlegers von deren konkreter Höhe. Die [X.] muss den Anleger zwar über Grund und Höhe einer Rückvergütung ungefragt aufklären, so dass die unterlassene Mitteilung über die Höhe der Rückvergütung ein anspruchsbegründender Umstand ist. Von diesem Umstand hat ein Anleger aber [X.] bereits dann positive Kenntnis, wenn er weiß, dass die ihn [X.] Provisionen für das von ihm getätigte Anlagegeschäft erhält, deren Höhe ihm die Bank nicht mitteilt ([X.], Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 6 U 30/10, juris Rn. 34 f., rechtskräftig durch [X.], Beschluss vom 26. Januar 2012 - [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 2245, 2247, rechtskräftig durch [X.]sbeschluss vom 3. April 2012 - [X.] und [X.], BeckRS 2012, 24831, rechtskräftig durch [X.]sbeschluss vom 19. Juni 2012 - [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21 Rn. 60 [X.]).

Die fehlende Kenntnis des Anlegers von der Höhe der Rückvergütung steht allenfalls in solchen Fällen dem Verjährungsbeginn entgegen, in denen die [X.] konkrete, jedoch fehlerhafte Angaben zur Höhe der Rückvergütung macht ([X.], Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 6 U 30/10, juris Rn. 36; [X.] in [X.]/[X.]/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21 Rn. 60 [X.]). Denn in diesen Fällen meint der Anleger, über die Höhe der Rückvergütung pflichtgemäß aufgeklärt worden zu sein, weshalb es an der Kenntnis der tatsächlichen Umstände fehlt, aus denen sich die Verletzung der Aufklärungspflicht durch die [X.] ergibt.

bb) Nach diesen Grundsätzen waren hier nicht nur die objektiven, sondern - was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu Recht rügt - auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bereits bei Zeichnung der Beteiligung an [X.] am 15. September 2003 erfüllt. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits bei Zeichnung der Fondsbeteiligung wusste, dass die [X.] für deren Vermittlung eine Rückvergütung in Form eines Anteils am [X.] erhielt.

(1) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat ([X.]surteile vom 15. Juni 2010 - [X.], [X.], 1399 Rn. 13 und vom 23. September 2008 - [X.], [X.], 2155 Rn. 17, jeweils mwN). Ein solcher Fehler liegt hier jedoch vor.

(2) Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat das Berufungsgericht die protokollierten Angaben des [X.] im Rahmen seiner erstinstanzlichen Anhörung zu der Frage, ob er bei Zeichnung der Fondsbeteiligung bereits davon wusste, dass die [X.] für deren Vermittlung eine Rückvergütung in Form eines Anteils am [X.] erhielt, nicht ausreichend gewürdigt. Anders als das Berufungsgericht ausführt, hat der Kläger nicht nur "angenommen" oder sich nur "gedacht" - also nicht gewusst - dass die [X.] einen Teil des [X.]s erhält. Er hat vielmehr ausdrücklich erklärt: "Dass da ein [X.] von 5 % berechnet wurde, das war [X.] damals bekannt gewesen. Dass die [X.] an diesem [X.] beteiligt würde, das war [X.] damals auch bekannt." Aus diesen - vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten - Einlassungen ergibt sich, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zeichnung seiner Beteiligung positive Kenntnis davon hatte, dass die [X.] an dem von ihm zu entrichtenden [X.] beteiligt wird. Seine durch die spätere Einschränkung ("Ich dachte damals, dass die [X.] vielleicht 2 bis 3 % von den 5 % [X.] bekommt") zum Ausdruck gebrachte Vermutung bezog sich demgegenüber nur auf die Höhe dieser Rückvergütung.

c) Da der Anspruch des [X.] somit bereits im Jahre 2003 entstanden ist und der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis von den seinen Anspruch begründenden Umständen hatte, ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB ab dem 1. Januar 2004 zu berechnen (§ 199 Abs. 1 BGB); sie lief mithin zum Schluss des Jahres 2006 ab. Die am 30. Juni 2008 eingereichte Klage konnte die Verjährung nicht mehr gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei wird sich das Berufungsgericht mit den vom Kläger behaupteten weiteren [X.]en durch unrichtige Angaben der Anlageberater der [X.] über den durch Kapitalgarantien verschiedener Banken sichergestellten 100%igen Geldrückfluss auseinanderzusetzen haben (vgl. [X.]sbeschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 13 ff.; vgl. auch [X.], [X.], 153 ff.).

Wiechers                        Joeres                          Matthias

                   Pamp                         [X.]

Meta

XI ZR 498/11

26.02.2013

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 8. November 2011, Az: 9 U 54/10

§ 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 498/11 (REWIS RS 2013, 7845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7845

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZR 318/10 (Bundesgerichtshof)

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Beweislastumkehr bei Aufklärungspflichtverletzung; Beweis der Behauptung des Anlageerwerbs auch bei Kenntnis von …


XI ZR 113/11 (Bundesgerichtshof)

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Beweislastumkehr bei Aufklärungspflichtverletzung; Nachweis der Behauptung des Anlageerwerbs auch bei Kenntnis von …


XI ZR 431/10 (Bundesgerichtshof)

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in Abgrenzung zu Innenprovisionen


XI ZR 240/10 (Bundesgerichtshof)

(Bankenhaftung bei Anlageberatung: Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich Rückvergütungen; Kausalitätsvermutung bei vom Anleger gewünschter steueroptimierter Anlage auf Empfehlung …


XI ZR 498/11 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.