Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2008, Az. VIII ZR 306/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 220

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[X.] [X.] ZR 306/06 vom 16. Dezember 2008 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 16. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden [X.], die Richter [X.] und [X.], die Rich-terin [X.] sowie [X.] Achilles beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 26. Oktober 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beklagte zu 2 war [X.] zusammen mit ihrem Ehemann, dem ehemals [X.] zu 1 [X.] Mieterin einer um das Jahr 1750 errichteten Fachwerkdoppel-haushälfte der Kläger in S.

. Die Miete belief sich auf 500 DM monatlich. Von November 1997 bis März 1999 führten die [X.] Arbeiten an der [X.] aus. Ihm wegen der Arbeiten zustehende Ansprüche hat der Beklagte zu 1 an die Beklagte zu 2 abgetreten. 1 [X.] sind die [X.] rechtskräftig zur Räumung der [X.] verurteilt worden. Mit ihrer [X.] jetzt noch allein streitgegenständlichen [X.] Wi-2 - 3 - derklage macht die Beklagte zu 2 Ansprüche wegen der auf die Mietsache ge-machten Verwendungen geltend. Sie trägt vor, vor Ausführung der [X.] sei die Mietsache nicht benutz- oder betretbar gewesen. Der Wert der im Einzelnen bezeichneten und von ihnen, den [X.], durchge-führten Arbeiten belaufe sich auf mindestens 76.693,78 •. Die Kläger behaupten, vor den von den [X.] durchgeführten Arbei-ten sei die Mietsache in einem bewohnbaren Zustand gewesen. Es sei lediglich eine übliche Schönheitsrenovierung erforderlich gewesen. Der Beklagte zu 1 habe Ende 1997 erklärt, ihm würden die Tapeten und die Ausgestaltung des Gebäudes nicht gefallen. Es sei den [X.] daher freigestellt worden, dies bei der Durchführung von Schönheitsreparaturen anders zu gestalten. Es sei ihnen auch freigestellt worden, das Bad durch den Austausch der sanitären [X.] zu renovieren. In der Folge hätten die [X.] noch weitere [X.] mitgeteilt, die sie durchführen wollten, wie den Austausch von Fliesen und die Verlegung von Dielen. Im Hinblick auf diese Arbeiten sei vereinbart worden, dass die Miete für fünf Jahre festgeschrieben werde. Zudem sei in Aussicht gestellt worden, dass während der Renovierung ein bis zwei Monate keine Miete gezahlt werden müsse. Die [X.] hätten nur kurze [X.] Miete gezahlt. Sie seien während der Durchführung der Arbeiten wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die durchgeführten Arbeiten nicht den angekündig-ten Arbeiten entsprächen und über Schönheitsreparaturen hinausgingen. Diese Arbeiten hätten für die Kläger keinen Wert. 3 Das Amtsgericht hat der Widerklage nach Einvernahme von Zeugen und der Einholung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 6.000 • stattge-geben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] zu 2 hat das [X.] die Kläger zur Zahlung von 66.000 • verurteilt. Dagegen [X.] sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Mit der von ihnen 4 - 4 - erstrebten Revision verfolgen sie ihren auf Zurückweisung der Berufung gerich-teten Antrag weiter. I[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 5 Zutreffend habe das Amtsgericht einen Bereicherungsanspruch der [X.] zu 2 aus § 547 Abs. 2 BGB aF, §§ 677, 684 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB bejaht. Indes sei die Wertsteigerung, die das Grundstück der Kläger durch die baulichen Maßnahmen der [X.] erfahren habe, auf 66.000 • zu veran-schlagen. Der Sachverständige habe ausgehend von einem Verkehrswert in Höhe von 130.000 • bei Besichtigung des Anwesens und unter Abzug des [X.] des bebauten Grundstücks vor Beginn der Sanierungs- und Moder-nisierungsmaßnahmen in Höhe von 48.000 • eine Wertsteigerung infolge der Arbeiten und Leistungen der [X.] um 82.000 • errechnet. Der Sachver-ständige habe diese [X.] überzeugend und auch nachvoll-ziehbar näher dargelegt. Dies gelte insbesondere auch, soweit der Sachver-ständige nicht nur den reinen Sachwert des bebauten Grundstücks zu den [X.] maßgeblichen [X.]punkten als Ausgangspunkt für seine Berechnungen genommen habe, sondern darüber hinaus auch den Verkehrswert maßgeblich in die Wertermittlung habe einfließen lassen. Das Amtsgericht sei bei seiner Entscheidung im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass es vorliegend darum gehe, den Wertzuwachs, den die Kläger durch die Arbeiten und Leistun-gen der [X.] erfahren hätten, zu ermitteln und diesen letztlich nach berei-cherungsrechtlichen Grundsätzen der [X.] zu 2 zugute zu bringen. Sei aber der Verkehrswert des Grundstücks der Kläger infolge der Maßnahmen der [X.] gestiegen, sei dies in die Wertermittlung einzubeziehen. Dem [X.] - 5 - spreche das Gutachten. Eine Betrachtung nur der Steigerung der Sachwerte genüge dagegen nicht. 7 Nicht berücksichtigt werden könne aber die Bodenwertsteigerung, deren Höhe der Sachverständige mit 16.000 • veranschlagt habe. Zwar habe er [X.], dass auch der Bodenwert durch bauliche Maßnahmen eine Wertsteige-rung erfahren könne. Ob dies aber auch vorliegend gelte, könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Die Kläger könnten dem Anspruch der [X.] auch nicht mit dem Argument der so genannten fiaufgedrängten [X.] begegnen. Dies gelte allein schon deswegen, weil sie das [X.] unter Verwendung der Arbeiten der [X.] fertig gestellt hätten. [X.][X.] 1. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbe-schwerde der Kläger (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO) hat Erfolg. 8 Entgegen der Auffassung der Kläger ist allerdings eine Entscheidung des [X.] nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur erforderlich, wenn der Einzel-fall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen ([X.], 221, 225). Die Kläger meinen, es sei die für eine Viel-zahl weiterer Fälle bedeutsame Rechtsfrage zu klären, ob das Ertragswertver-fahren zur Bestimmung der Höhe einer durch Verwendungen auf die Mietsache hervorgerufenen Wertsteigerung anwendbar sei; diese Frage sei höchstrichter-lich noch nicht entschieden. 9 - 6 - 10 Das ist nicht richtig. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze [X.] nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt ([X.]Z aaO). Das ist vorliegend nicht der Fall. Das Amtsgericht und ihm folgend das Berufungsgericht bejahen einen Bereicherungsanspruch der [X.] zu 2 aus § 547 Abs. 2 BGB aF, §§ 677, 684 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Bemessung des Anspruchs auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB auf die Erhöhung des Verkehrswerts des errichteten, ausgebauten oder umge-stalteten Gebäudes an ([X.], 171, 180; 17, 236, 239). Auch zu einem [X.] wie hier [X.] auf der Grundlage von § 547 Abs. 2 BGB aF, §§ 677, 684 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB geltend gemachten Bereicherungsanspruch hat der [X.] bereits entschieden, dass auf die durch die Verwendungen bewirkte Erhöhung des Verkehrswerts des Gebäudes abzustellen ist ([X.]surteil vom 20. Januar 1993 [X.] [X.] ZR 22/92, NJW-RR 1993, 522, unter [X.]). Ob aber der Verkehrswert eines bestimmten Gebäudes unter Heranziehung des Ertragswertverfahrens oder nach anderen [X.]n zu bestimmen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die der Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze entzogen ist. 3. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber begründet, weil das angegrif-fene Urteil den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 [X.] in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung erfordert deshalb eine Entscheidung des [X.] (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). 11 a) Art. 103 Abs. 1 [X.] ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht Vorbringen der [X.] nicht zur Kenntnis genommen und in Erwä-gung gezogen hat. Dabei ist das Gericht nicht verpflichtet, sich mit jedem [X.] in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein 12 - 7 - Verstoß gegen Art. 103 [X.] feststellen lässt, müssen besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tat-sächliches Vorbringen eines Beteiligten bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist ([X.], 288, 300 m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 [X.] gewährleistet [X.] das Recht der Verfahrensbeteiligten, vor einer gerichtlichen Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Auf einen Gesichtspunkt, mit dem ein gewis-senhafter und kundiger [X.] nicht zu rechnen braucht, darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den [X.]en nicht abstel-len ([X.] 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.). Eine in erster Instanz siegreiche [X.] darf dabei darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will ([X.], Beschluss vom 28. September 2006 [X.] V[X.] ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17, [X.]. 4). b) Die Kläger hatten ausweislich des Urteils des Amtsgerichts, auf das das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO Bezug genommen hat, vorgetragen, dass hinsichtlich der Durchführung der Schönheitsreparaturen, des Austau-sches der sanitären Installationen und Fliesen und der Verlegung von Dielen-boden eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach die Miete für fünf Jahre festgeschrieben werden sollte und für die zur Renovierung benötigten ein bis zwei Monate Mietfreiheit gewährt werden sollte. Aufgrund dieses Vortrags hat das Amtsgericht bei seiner Entscheidung einen Abschlag von der von ihm er-mittelten Wertsteigerung in Höhe von 2.000 • für durchgeführte Schönheitsre-paraturen vorgenommen. Das Berufungsgericht ist auf diese Frage in seinen Entscheidungsgründen nicht eingegangen. Seinem Urteil lässt sich nicht ent-nehmen, warum es den Vortrag der Kläger bei der Entscheidung nicht berück-sichtigt hat. Angesichts der Tatsache, dass der [X.] erhebliche [X.] Vortrag der Klä-ger in der Entscheidung vollständig übergangen wurde, spricht viel dafür, dass 13 - 8 - er vom Berufungsgericht nicht erwogen wurde. Jedenfalls aber mussten die Kläger ohne einen gerichtlichen Hinweis nicht damit rechnen, dass das [X.] die Frage anders beurteilt als das Amtsgericht. Das [X.] hätte den [X.] daher zur Vermeidung einer Überraschungsentschei-dung Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. c) [X.] beruht auch auf diesem Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungs-gericht anders entschieden hätte, wenn es sich mit dem Vortrag auseinander-gesetzt oder den Klägern Gelegenheit gegeben hätte, Stellung zu nehmen. Die Kläger hätten dann [X.] wie jetzt in der Beschwerdebegründung vorgetragen [X.] schon im [X.] darauf hingewiesen, dass bei der im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB zu ermittelnden Wertsteigerung die Arbeiten, die auf der Grundlage einer getroffenen Vereinbarung erfolgten, nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. [X.] Die Verletzung der Kläger in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Im neuerlichen Berufungsverfahren werden die [X.]en auch Gelegenheit haben, zum [X.] der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Es wird ferner zu prüfen sein, ob ein [X.] weiterer - Abschlag von der vom Berufungsgericht angenommenen [X.] im Hinblick darauf gerechtfertigt ist, dass [X.] wie die Kläger vorliegend geltend machen und sich auch aus dem Sachverständigengutachten (Band [X.], 15 - 9 - Blatt 466 der Akte) ergibt [X.] sechs der von den [X.] eingebauten Fenster von den Klägern bezahlt worden sind. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.01.2005 - 12 C 590/03 - [X.], Entscheidung vom 26.10.2006 - 9 S 57/05 -

Meta

VIII ZR 306/06

16.12.2008

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2008, Az. VIII ZR 306/06 (REWIS RS 2008, 220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 220

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