Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.2019, Az. B 9 V 4/18 R

9. Senat | REWIS RS 2019, 3637

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Soziales Entschädigungsrecht - zwangsweise Umsiedlung von Russlanddeutschen in eine Sondersiedlung im Zweiten Weltkrieg - sowjetische Kommandanturaufsicht - Geburt in der Internierung - Aufhebung der Kommandanturaufsicht - spätere Wohnortbeschränkung in der Sowjetunion - Anschlussgewahrsam - Atomwaffen-Tests in der Nähe des Wohnorts - atomare Strahlung - internierungseigentümliche Verhältnisse - fremdstaatlicher Entschädigungsanspruch nach § 7 Abs 2 BVG - Ermittlung der konkreten Strahlenkontamination am Internierungsort - sozialgerichtliches Verfahren - Revisibilität von ausländischem Recht - Überprüfung bei Aufklärungsrüge - Zurückverweisung)


Leitsatz

1. Eine Beschädigtenrente wegen internierungseigentümlicher Strahlenkontamination wird nicht durch einen Entschädigungsanspruch nach kasachischem Recht wegen Strahlenschäden nach Atomwaffentests ausgeschlossen.

2. Kasachisches Recht über die Klassifizierung strahlenbelasteter Territorien in der Nähe eines Atomwaffentestgeländes entbindet das Tatsachengericht nicht von der Ermittlung der konkreten Strahlenkontamination am Internierungsort.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 29. August 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des [X.] ([X.] - [X.]).

2

Der Kläger wurde 1954 im kasachischen Ort [X.], ca 55 km entfernt von der Stadt [X.] gelegen, als Kind [X.] Eltern geboren. Seine Familie lebte dort nach der als Folge des Ausbruchs des Deutsch-Sowjetischen [X.] erfolgten Deportation seines Vaters aus [X.] im Jahr 1941 unter [X.] Kommandanturaufsicht. Nach deren Aufhebung zog die Familie im August 1957 zu Verwandten nach [X.], [X.], wo der Kläger bis Juni 1976 lebte.

3

Auf einem rund 200 km von [X.] und ca 150 km von [X.] entfernt gelegenen Gebiet befand sich das Atomwaffentestgelände der [X.], die dort zwischen 1949 und 1989 überwiegend zu militärischen Zwecken nukleare Bombentests durchführte.

4

Im Jahr 1991 übersiedelte der Kläger in die [X.]. Er ist als Spätaussiedler anerkannt.

5

Im Jahr 2011 wurde bei dem Kläger ein Plasmozytom diagnostiziert. Ihm wurde ab Februar 2012 ein Grad der Behinderung von 90 und das [X.] zuerkannt. Seit März 2012 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Republik [X.] bescheinigte ihm mit Datum vom [X.] auf der Grundlage eines Gesetzes vom 18.12.1992 "Über den [X.] Schutz der Bürger, die in Folge der Atomversuche auf dem [X.]er Atomwaffenversuchsgelände geschädigt wurden" ein "Recht auf Vergünstigungen". Leistungen hieraus erhält der Kläger nicht.

6

Am 20.8.2012 beantragte der Kläger wegen des Plasmozytoms Beschädigtenversorgung nach dem [X.]. Aufgrund der Strahlenbelastung durch die [X.] Atomwaffentests sei er gesundheitlich geschädigt worden. Das beklagte Land lehnte den Antrag mangels eines versorgungsrechtlich geschützten Tatbestands ab (Bescheid vom 17.9.2012; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2013).

7

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.5.2016). Die Berufung des [X.] hat das L[X.] zurückgewiesen (Urteil vom 29.8.2018). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem [X.]. Der Kläger sei zwar in seinem Geburtsort [X.] interniert gewesen, weil er dort mit seinen Eltern unter [X.] Kommandanturaufsicht gestanden habe. Ob die Internierung in [X.] fortbestanden habe, könne aber dahingestellt bleiben. Denn ein Versorgungsanspruch komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger keine gesundheitliche Schädigung "durch eine Internierung" erlitten habe. Von der ionisierenden Strahlung durch die Atomwaffentests sei die gesamte im Gebiet [X.] ansässige Bevölkerung betroffen gewesen. [X.] wiederum sei - anders als [X.] - in dem Gesetz der Republik [X.] vom 18.12.1992 nicht als Ort mit [X.] für die Bewohner aufgeführt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Häftlingshilfegesetz ([X.]). Insoweit fehle es bereits an einer Bescheinigung nach § 10 Abs 4 [X.].

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.]. Der [X.] habe mit Urteil vom [X.] (B 9 V 2/17 R) entschieden, dass zu den internierungseigentümlichen Verhältnissen auch die in der Nähe des [X.] durch Atomwaffenversuche verursachte [X.] zähle. Soweit das L[X.] unter Berufung auf das Gesetz der Republik [X.] vom 18.12.1992 festgestellt habe, dass er in [X.] keiner radioaktiven Strahlung ausgesetzt gewesen sei, sei dies unzutreffend und unzureichend. Vielmehr hätte das Berufungsgericht im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht eigene Feststellungen zu Art und Ausmaß der Strahlenbelastung in [X.] treffen müssen. Überdies habe entgegen der Ansicht des L[X.] die Internierung in [X.] durch die Rückkehrverhinderung nach [X.] fortbestanden. Deshalb sei die atomwaffentestbedingte Strahlungseinwirkung auch während dieser [X.] als schädigendes Ereignis anzusehen.

9

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 29. August 2018 und des [X.] vom 25. Mai 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 17. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2013 aufzuheben und dem Kläger wegen seiner Krebserkrankung als Folge einer Strahlenschädigung in [X.]/[X.] und [X.]/[X.] ab 1. August 2012 eine Beschädigtenrente nach dem [X.] zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ermöglichen dem [X.] keine abschließende Entscheidung, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung nach dem [X.] hat.

[X.] Den Streitgegenstand bildet der vom Kläger allein geltend gemachte Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem [X.] (vgl § 123 [X.]), den das beklagte Land mit Bescheid vom 17.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] (§ 95 [X.]) und die Vorinstanzen in den angefochtenen Urteilen verneint haben.

B. Als Anspruchsgrundlage für das vom Kläger verfolgte [X.] nach dem [X.] kommt lediglich § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c iVm §§ 30, 31 [X.] idF des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13.12.2007 ([X.] 2904) in Betracht. Nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.] erhält auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Einer Schädigung iS des Abs 1 steht eine Schädigung gleich, die durch eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter [X.] Verwaltung stehenden [X.] Gebieten wegen [X.] Staatsangehörigkeit oder [X.] Volkszugehörigkeit herbeigeführt worden ist. Ob diese Voraussetzungen im Fall des [X.] vorliegen, kann der [X.] aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des [X.] nicht abschließend entscheiden.

Der Kläger gehört grundsätzlich zu dem geschützten Personenkreis des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] (dazu unter 1.). Er war zusammen mit seinen Eltern während der [X.] der [X.] [X.] in [X.] wegen der [X.] Staatsangehörigkeit seiner Eltern kriegsbedingt interniert iS der vorgenannten Norm (dazu unter 2.). Ob der Kläger auch während seines anschließenden Aufenthalts in [X.] kriegsbedingt interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] war, kann der [X.] aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen (dazu unter 3.). Zwar liegt nach der Rechtsprechung des [X.]s (Urteil vom [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-3100 § 1 [X.] vorgesehen) mit einer Strahlenkontamination als Folge der im [X.] [X.] [X.] durchgeführten Atomwaffenversuche grundsätzlich ein mit der Internierung wesentlich zusammenhängender schädigender Vorgang am Ort der kriegsbedingten Internierung vor (dazu unter 4.). Ob und in welchem Umfang eine solche Strahlenkontamination auch während der Internierung des [X.] in [X.] vorlag, kann der [X.] aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des [X.] aber nicht prüfen (dazu unter 5.). Sollte sich herausstellen, dass der Kläger auch dort einer atomwaffentestbedingten Strahlenexposition ausgesetzt war, wird das Berufungsgericht weiter zu ermitteln haben, ob diese Strahlungseinwirkung zu einer oder mehreren Gesundheitsschädigungen beim Kläger geführt hat, die eine oder mehrere dauerhafte gesundheitliche Schädigungsfolgen bedingen. Dies gilt entsprechend für den Fall, dass der Kläger auch während seines Aufenthalts in [X.] noch kriegsbedingt interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] gewesen sein sollte (dazu unter 6.). Einem etwaigen Versorgungsanspruch des [X.] nach dem [X.] stehen keine vorrangigen Ansprüche iS des § 7 Abs 2 [X.] gegen die [X.] entgegen (dazu unter 7.). Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist ein etwaiger gegenüber einem Versorgungsanspruch nach dem [X.] nachrangiger Anspruch des [X.] nach § 4 Abs 1 [X.] (dazu unter 8.).

1. Der Kläger gehört grundsätzlich zum geschützten Personenkreis des § 1 Abs 2 Buchst c [X.].

Vom persönlichen Anwendungs- und Schutzbereich des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] werden Internierte wegen [X.] Staatsangehörigkeit oder [X.] Volkszugehörigkeit erfasst.

Nach den für den [X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) waren die Eltern des [X.] [X.]. Sein Vater lebte nach den zwischen den Beteiligten nicht streitigen Angaben des [X.] zuvor in [X.]. Er wurde während des [X.] nach Ausbruch des [X.] aufgrund des Beschlusses des Staatlichen Verteidigungskommitees der [X.] über die "Umsiedlung der [X.] aus der [X.], der Azerbajdžanischen und der [X.]" vom 8.10.1941 (abgedruckt bei [X.]/[X.], Deportation, Sondersiedlung, [X.] - [X.] in der [X.] 1941 bis 1956, 1996, 105 f) nach [X.] deportiert. Dort wurde er zusammen mit seiner Familie in [X.] unter [X.] [X.] gestellt und zum Verbleib gezwungen.

Unerheblich für den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] ist, dass der Kläger erst nach der zwangsweisen Umsiedlung seines deutschstämmigen [X.] im Jahr 1954 geboren wurde. Denn der von dieser Bestimmung bezweckte Versorgungsschutz ist auch den während einer Internierung der Eltern oder eines Elternteils geborenen Kindern einzuräumen. Maßgeblich dafür ist, dass sich ein internierungsbedingter Freiheitsentzug der Eltern oder eines Elternteils auf die Kinder dahingehend auswirkt, dass auch sie nicht in Freiheit geboren wurden und im Hinblick auf ihre völlige rechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit bis zu ihrer Volljährigkeit das Schicksal der Eltern und die in deren kriegsbedingter Internierung begründete, versorgungsrechtlich geschützte besondere Gefahrenlage zu teilen hatten ([X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]1 mwN). Dies war beim Kläger der Fall.

2. Der Kläger war in seinem Geburtsort [X.] während der [X.] der [X.] [X.] kriegsbedingt interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.].

a. Der im [X.] nicht definierte Begriff der Internierung stammt aus dem Völkerrecht. Der dort übliche Sprachgebrauch bestimmt auch seinen Inhalt im [X.]. Internierung ist völkerrechtlich der/die mit der Festnahme beginnende, auf eng begrenztem und überwachtem Raum des [X.] stattfindende und mit der Freilassung endende Freiheitsentzug/Festhaltung einer Zivilperson fremder Staatszugehörigkeit durch die [X.] (stRspr, zB [X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]3 mwN). Für das [X.] gilt davon abweichend die Besonderheit, dass der Betroffene nicht zwingend eine von der [X.] fremde Staatsangehörigkeit besitzen muss, so dass - anders als nach dem strengen völkerrechtlichen Begriff - auch [X.] Staatsangehörige [X.] Volkszugehörigkeit (Volks[X.]) von der [X.] interniert werden konnten (vgl stRspr, zB [X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]9, 23 mwN) . Die Internierung ist von der Zuweisung eines [X.] abzugrenzen. Sie unterscheidet sich von der Zuweisung eines [X.], die nur eine Aufenthaltsbeschränkung bedeutet, durch den allgemeinen Freiheitsentzug ([X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]4 mwN).

Im Fall des [X.] sind die Voraussetzungen für die Annahme einer Internierung in [X.] erfüllt. Er wurde 1954 in die dortige Internierung seiner Eltern "hineingeboren". Er erfuhr sie in [X.] ebenso wie sie. Wie oben unter 1. ausgeführt, steht der in Internierung Geborene seinen in Internierung genommenen Eltern gleich. Insoweit teilt er ihr rechtliches Schicksal. Während des zwangsweisen Aufenthalts in [X.] unter [X.]r [X.] war seinen Eltern und damit dem Kläger die Freiheit allgemein entzogen (vgl hierzu [X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]5 f). Sie verfügten über keine Personalausweise, mussten sich regelmäßig bei den örtlichen Behörden melden und durften ihren Aufenthaltsort ohne behördliche Genehmigung nicht verlassen. Die Familie des [X.] hatte durch die [X.] [X.] keine Möglichkeit, ihre Lebensweise nach eigenem Willen zu bestimmen und zu gestalten. Folgerichtig wird in der Rechtsprechung des [X.] zu § 250 Abs 1 [X.] die [X.] [X.] als gezielt gegen die [X.] gerichtete feindliche Maßnahme iS dieser Norm verstanden ([X.] Urteil vom [X.] - B 13 RJ 25/04 R - juris Rd[X.]5 mwN).

b. Auch die weitere Voraussetzung des [X.] des § 1 Abs 2 Buchst c [X.], dass die Internierung im Zusammenhang mit einem Krieg oder einem kriegerischen Ereignis gestanden haben muss (vgl [X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]8 mwN), ist erfüllt. Denn der Vater des [X.] wurde nach den Feststellungen des [X.] als [X.]r von der [X.] während des [X.] nach Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Krieges von [X.] nach [X.] deportiert und dort in [X.] mit seiner Familie unter [X.] [X.] gestellt und festgehalten.

3. Ob der Aufenthalt des [X.] in [X.] nach der Aufhebung der [X.] [X.] durch das Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der [X.] vom [X.] "Über die Aufhebung der Beschränkungen in der Rechtsstellung der [X.] und der Mitglieder ihrer Familien, die sich in [X.] befinden" (abgedruckt bei [X.]/[X.], Deportation, Sondersiedlung, [X.] - [X.] in der [X.] 1941 bis 1956, 1996, 454 f) auch noch eine kriegsbedingte Internierung iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] war, kann der [X.] wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des [X.] nicht ausreichend sicher beurteilen. Das Berufungsgericht hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen. Nähere Feststellungen zu den konkreten Lebensbedingungen des [X.] und seiner Familie in [X.] von August 1957 bis Juni 1976 hat es deshalb nicht getroffen. Da aber die vom Kläger behauptete Fortdauer der Internierung in [X.] als versorgungsrechtlich geschützte besondere Gefahrenlage im Hinblick auf die vom Kläger während der [X.] geltend gemachte Strahlenexposition durch die [X.] Atomwaffentests von Belang sein könnte, wird das [X.] Feststellungen hierzu nachzuholen haben.

Für den [X.] bindend festgestellt hat das Berufungsgericht zwar, dass die Wahl des Wohnorts [X.] durch die Eltern des [X.] darauf beruhte, dass Verwandte dort wohnten. [X.] bleiben kann, ob damit - wie das [X.] angenommen hat - eine freie Entscheidung hinsichtlich des [X.] deutlich wird, was grundsätzlich gegen das Fortbestehen eines internierungsbedingten Freiheitsentzugs der Familie des [X.] in [X.] sprechen würde. Zweifel könnten hier insoweit aber deshalb bestehen, weil das vorgenannte Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der [X.] vom [X.] (aaO) zwar die durch die [X.] bedingten (Freiheits-)Einschränkungen beseitigte, nicht aber die Beschlagnahme des Vermögens der Russland[X.] bei der Deportation. Darüber hinaus durften sie nicht mehr in ihre Herkunftsgebiete zurückkehren (vgl hierzu auch [X.], Geschichte der Russland[X.], 2014, [X.]). Vor diesem wirtschaftlichen, [X.] und rechtlichen Hintergrund blieb den weitgehend mittellosen deportierten [X.] und [X.] [X.] nach Aufhebung der [X.] möglicherweise kaum eine andere Wahl, als - soweit vorhanden - zu Verwandten in den ihnen "erlaubten Gebieten" zu ziehen und dort (zunächst) zu verbleiben.

Allerdings ist es für die Annahme einer fortgesetzten Internierung iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] in [X.] nicht ausreichend, dass den Eltern und damit dem Kläger auch nach Aufhebung der [X.] als [X.] oder [X.] Volkszugehörige in der [X.] untersagt blieb, das Herkunftsgebiet wieder aufzusuchen und dort Wohnsitz zu nehmen. Denn zum einen bestand nach der Auflösung der [X.] Siedlungsgebiete in der [X.] die Perspektive der Rückkehr in eine [X.] Umgebung innerhalb der früheren [X.] ohnehin nicht mehr (vgl [X.]surteil vom [X.], aaO RdNr 31; [X.] Urteil vom 12.12.1995 - 8 [X.] 4/94 - juris Rd[X.]9 mwN). Zum anderen erfüllen bloße Einschränkungen in der Freizügigkeit und Ausreiseschwierigkeiten oder -verbote für sich allein nicht den Begriff des internierungsbedingten Festgehaltenwerdens ([X.]surteil vom [X.], aaO mwN). Zu Recht hat das [X.] daher ausgeführt, dass es für die Annahme einer Internierung nicht ausreicht, dass die Familie des [X.] nach dem Ende der [X.] dem in der [X.] allgemein geltenden System der Propiska (Wohnsitzgenehmigung) unterlegen hat. Die Propiska diente in der [X.] der Steuerung der Binnenmigration. Sie war ein sehr restriktives Meldesystem, das auf behördlicher Genehmigung des [X.] basierte (vgl hierzu [X.], Zwischen Liberalisierung und Restriktion, [X.], 2 f, veröffentlicht im [X.] unter https://www.laenderanalysen.de/russland/). Bei ihr handelte es sich jedoch im [X.] lediglich um eine Beschränkung der Freizügigkeit innerhalb der [X.]. Zudem galt sie nicht nur für in der [X.] lebende [X.] oder andere Ausländer, sondern auch für [X.] Staatsbürger unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit. Ebenso wenig kann bei völliger Bewegungsfreiheit in einem bestimmten Gebiet und bei Eingliederung in das Wirtschafts- und Arbeitsleben des Aufenthaltsorts noch von Internierung gesprochen werden (vgl [X.]surteil vom [X.], aaO; [X.] Urteil vom 26.11.1968 - 8 RV 461/68 - juris Rd[X.]3; [X.]surteil vom [X.] - 9 RV 946/58 - [X.] 14, 50, 52 = [X.] [X.] zu § 1 [X.] = [X.] Nr 54 zu § 1 [X.]).

Feststellungen über Bewegungs- und Freiheitsbeschränkungen des [X.] in [X.], die über das in der [X.] allgemein geltende System der Propiska hinausgingen, hat das Berufungsgericht jedoch ebenso wenig getroffen wie dazu, ob und inwieweit dem Kläger und seinen Eltern mit der Aufhebung der [X.], dem Erhalt von Personalpapieren und dem Umzug nach [X.] eine Teilnahme am örtlichen Wirtschafts- und Erwerbsleben möglich war. Dabei richtet sich die Stellung des [X.] während der [X.], in der er noch minderjährig war, grundsätzlich nach der seiner Eltern. Nach dem [X.]punkt seiner Volljährigkeit ist hingegen seine persönliche Lebens- und Wirtschaftssituation maßgebend. Ist eine Eingliederung in das allgemeine Wirtschafts- und Erwerbsleben in [X.] zu bejahen, besteht trotz des [X.] etwaiger Bewegungs- und Freiheitsbeschränkungen in und außerhalb der [X.] kein für das Vorliegen einer Internierung iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] notwendiger allgemeiner Freiheitsentzug mehr (vgl [X.]surteil vom [X.], aaO Rd[X.]5, 27; [X.]surteil vom [X.] [X.] - [X.] 73, 37, 39 = [X.] 3-3100 § 1 [X.]; [X.] Urteil vom 26.11.1968 - 8 RV 461/68 - juris Rd[X.]3; [X.]surteil vom [X.] - 9 RV 946/58 - [X.] 14, 50, 52 = [X.] [X.] zu § 1 [X.] = [X.] Nr 54 zu § 1 [X.]; [X.][X.], [X.], § 1 [X.] 21, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2007). Sollte nach den Feststellungen des [X.] in [X.] eine Internierung des [X.] wegen [X.] Staatsangehörigkeit oder [X.] Volkszugehörigkeit noch vorgelegen haben, wird das Berufungsgericht zusätzlich zu prüfen haben, ob diese - wie § 1 Abs 2 Buchst c [X.] voraussetzt - noch als kriegsbedingt zu werten ist.

4. Voraussetzung für einen Versorgungsanspruch des [X.] nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.] ist weiter das Vorliegen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen mit der Internierung zusammenhängenden schädigenden Vorgang herbeigeführt worden ist. Ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer Gesundheitsschädigung (iS eines Primär- oder Erstschadens) geführt haben, die wiederum die geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungsfolgen bedingt haben muss, also die verbliebenen Gesundheitsstörungen, deren Feststellung als Versorgungsleiden der Kläger durch die [X.] begehrt. Dabei müssen sich die drei Glieder (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht ([X.]surteil vom [X.], aaO RdNr 33 mwN).

Entgegen der Auffassung des [X.] liegt mit den im [X.] [X.] [X.] durchgeführten Atomwaffenversuchen und der durch sie über das unmittelbare Testgelände hinaus verursachten Strahlenkontamination am Ort der Internierung ein mit der Internierung zusammenhängender schädigender Vorgang als 1. Glied der für einen Versorgungsanspruch nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.] notwendigen Kausalkette vor. Dies hat der [X.] mit Urteil vom [X.] (aaO RdNr 34 ff) entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der [X.] fest (zustimmend Rasch, NZS 2019, 320; Busse, Behindertenrecht 2019, 121 ff).

5. Verneint hat das [X.] hingegen einen mit der Internierung des [X.] in [X.] zusammenhängenden schädigenden Vorgang in Form einer durch die [X.] Atomwaffenversuche verursachten ionisierenden Strahlung, weil [X.] als Ort der Internierung nicht von dieser Strahlenexposition betroffen gewesen sei. Gestützt hat sich das Berufungsgericht insoweit auf das vom Kläger in inoffizieller [X.] Übersetzung vorgelegte Gesetz der [X.] vom 18.12.1992 "Über den [X.] Schutz der Bürger, die als Folge der Atomtests auf dem [X.]er [X.] geschädigt wurden" (in inoffizieller [X.] Übersetzung im [X.] veröffentlicht unter https://adilet.zan.kz ). Denn in diesem Gesetz sei [X.] nicht als Ort aufgeführt, deren Bewohner radioaktiver Strahlung ausgesetzt worden seien.

Das [X.] Gesetz vom 18.12.1992 ist indes für die hier erforderliche Klärung einer versorgungsrechtlich relevanten Strahlenexposition des [X.] in [X.] nicht verbindlich. Zwar besteht grundsätzlich eine Bindung an die Feststellungen und Schlussfolgerungen des [X.] zum [X.]n Recht, weil es sich um ausländisches und damit irrevisibles Recht handelt (§ 162 [X.]; vgl [X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.] RdNr 39; [X.] Urteil vom 18.12.2008 - [X.] AL 32/07 R - [X.] 102, 211 = [X.] 4-4300 § 142 [X.], Rd[X.]4; [X.] Urteil vom 5.9.2007 - [X.]b [X.] - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]5). Jedoch unterliegt die Entscheidung, wonach ausländische Rechtsvorschriften heranzuziehen sind, insoweit der Überprüfung im Revisionsverfahren, wenn geltend gemacht wird, das [X.] habe die Feststellungen und Schlussfolgerungen zum ausländischen Recht verfahrensfehlerhaft, insbesondere unter Verletzung der Ermittlungspflicht getroffen. Eine solche Aufklärungsrüge unterliegt der vollen Überprüfungspflicht durch das Revisionsgericht und schließt erforderlichenfalls die Prüfung ausländischen Rechts mit ein (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] 197/12 - juris Rd[X.]5; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] - juris Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 162 RdNr 6c). Darüber hinaus kann das Revisionsgericht eine ausländische Rechtsnorm prüfen und anwenden, die das Berufungsgericht übersehen und infolgedessen in der angefochtenen Entscheidung nicht gewürdigt hat; denn dann handelt es sich nicht um die Auslegung einer irrevisiblen Norm, sondern um die Anwendung geltenden Rechts auf einen vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ([X.] Urteil vom 18.12.2008 - [X.] AL 32/07 R - [X.] 102, 211 = [X.] 4-4300 § 142 [X.], Rd[X.]4; [X.] Urteil vom 13.10.1992 - 4 RA 24/91 - [X.] 71, 163, 165 = [X.] 3-5050 § 15 [X.] S 12).

Der Kläger ist der Feststellung des [X.], dass [X.] nicht in dem vorgenannten Gesetz der [X.] vom 18.12.1992 genannt wird, mit einer Sachaufklärungsrüge (§ 103 [X.]) entgegen getreten. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass [X.] zum ([X.] [X.]skij ([X.]) gehöre. Die von ihm gezogene Schlussfolgerung, dass [X.] damit nach Art 6 Abs 2 des Gesetzes der [X.] vom 18.12.1992 in der aktenkundigen (vom Kläger vorgelegten) inoffiziellen [X.] Übersetzung zur "Zone mit einem maximalen Strahlenrisiko" gehöre, trifft aber nicht zu. Vielmehr werden nach dieser Norm von dieser Zone lediglich die "Siedlungen des [X.], [X.], [X.] und des Shanasemejskij rayony des [X.]er Gebiets, [X.] und [X.] Gemeinden des [X.] des [X.]skij Gebiets" erfasst. Dazu gehört [X.] - wie das [X.] zu Recht festgestellt hat - aber nicht. Selbst die näher als [X.] am [X.] gelegene Stadt [X.], auf die sich die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung der [X.] vom [X.] als Geschädigter/Opfer "in Folge der Atomversuche auf dem [X.]er [X.]" bezieht, gehört nach Art 7 des Gesetzes der [X.] vom 18.12.1992 "lediglich" zur "Zone mit einem erhöhten Strahlenrisiko", was bedeutet, dass die Bevölkerung in dieser Zone einer "radioaktiven Kontamination mit einer effektiven Dosis der Einwirkung … von 7 bis 35 rem über die gesamte [X.] der Atomtests" ausgesetzt war. Zudem werden von dem Gesetz der [X.] vom 18.12.1992 nicht alle Bezirke (Rayons) des Gebiets [X.] erfasst, und die dort aufgeführten Bezirke des Gebiets [X.] werden nach ihrer Strahlenbelastung unterteilt in Zonen mit einem "maximalen Strahlenrisiko" (Art 6), einem "erhöhtem Strahlenrisiko" (Art 7) und einem "minimalen Strahlenrisiko" (Art 8) sowie in Territorien mit einem "privilegierten sozial-ökonomischen Status" (Art 9). Diesbezüglich werden aber nach den ebenfalls zutreffenden Feststellungen des [X.] lediglich Bezirke des Gebiets [X.] genannt, die anders als [X.] südwestlich von der Stadt [X.] liegen und sich damit näher am [X.] befanden.

Unabhängig davon entbindet das [X.] Gesetz vom 18.12.1992 und die dort vorgenommene Klassifizierung strahlenbelasteter Territorien die [X.]e grundsätzlich nicht von der Ermittlung der konkreten Strahlenkontamination am Ort der Internierung als Voraussetzung eines Versorgungsanspruchs nach dem [X.]. Insofern rügt der Kläger zu Recht, dass sich das [X.] zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, ob sich aus den vorhandenen und erreichbaren wissenschaftlichen Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Atomwaffenversuche im [X.] [X.] [X.] auf die in der Nähe lebende Bevölkerung wissenschaftlich belastbare Angaben darüber entnehmen lassen, ob an einem Ort, der - wie sich aus den Feststellungen des [X.] zu [X.] ergibt - zwischen 200 und 300 km von dem [X.] entfernt war, eine schädliche Strahlenkontamination (und [X.] in welchem messbaren Ausmaß) für dort lebende Säuglinge und Kleinkinder aufgrund der Atomwaffentests im hier maßgeblichen Aufenthaltszeitraum des [X.] auftreten konnte.

Ob diesbezüglich - wie der Kläger meint - auf Unterlagen des "Dispensariums [X.]" zurückgegriffen werden kann, vermag der [X.] nicht zu beurteilen. Zwar hatte diese Klinik offenbar die Aufgabe, den Gesundheitszustand der Menschen, die am Testgelände lebten, zu untersuchen und die strahlenmedizinische Situation in der Region zu überwachen. Feststellungen zu den Inhalten der vom Kläger im Verfahren - allerdings auch nur auszugsweise - vorgelegten Dokumente des "Dispensariums [X.]" hat das [X.] nicht getroffen. Unabhängig von der wissenschaftlichen Belastbarkeit etwaiger dortiger Angaben zu der Strahlenbelastung und deren Auswirkung auf die Menschen in der Region um das [X.] hätte sich bezogen auf die hier interessierende Fragestellung möglicherweise zunächst ein entsprechendes Auskunftsersuchen an fachkundige Behörden (zB [X.], S.) oder Organisationen (zB [X.], [X.]) zu diesbezüglich dort vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisquellen oder Erfahrungswerten angeboten. Anlass zu entsprechenden Ermittlungen hätte schon deshalb bestanden, weil - worauf das Berufungsgericht selbst zutreffend hinweist - die [X.] Atomwaffentests im [X.] [X.] bis 1963 oberirdisch durchgeführt wurden und dies immerhin 111 der insgesamt 456 in der [X.] von 1949 bis 1989 vorgenommenen Tests betraf (Zahlen nach der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des [X.] Bundestags "Gesundheitliche Auswirkungen der Atomwaffentests in [X.]" vom 10.3.2014, [X.] 9 - 3000 - 091/13, 4 mwN).

6. Ist geklärt, ob und [X.] wie lange der Kläger auch in [X.] interniert iS des § 1 Abs 2 Buchst c [X.] gewesen ist, wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob es aufgrund der im festgestellten [X.]raum durch die Atomwaffenversuche verursachten Strahlungsexposition beim Kläger zu Gesundheitsschädigungen (hier insbesondere zum Plasmozytom) mit dauerhaften Schädigungsfolgen gekommen ist. Hierfür wird es die bereits aktenkundigen und möglicherweise weitere noch beizuziehende aktuelle medizinische Befunde des [X.] sowie das vorhandene wissenschaftliche Material zu der durch die [X.] Atomwaffentests verursachten Strahlenbelastung an dem Ort oder den Orten der kriegsbedingten Internierung des [X.] auszuwerten und gegebenenfalls ergänzend auch ein strahlenmedizinisches Gutachten (vgl hierzu [X.]surteil vom heutigen Tage - B 9 V 2/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen) einzuholen haben. Sollte der Kläger auch noch während seines Aufenthalts in [X.] kriegsbedingt interniert gewesen sein, hätte der [X.] nach derzeitigem Erkenntnisstand keine durchgreifenden Bedenken, als ersten Ansatz für die Abschätzung der vermutlich dort aufgetretenen Strahlendosen auf die im oben genannten Gesetz der [X.] vom 18.12.1992 genannten Werte zurückzugreifen. Danach lag - wie bereits ausgeführt - die Stadt [X.] in der "Zone mit einem erhöhtem Strahlenrisiko“, in der die dort lebende Bevölkerung einer radioaktiven Kontamination mit einer effektiven Dosis der Einwirkung von 7 bis 35 rem (= 70 bis 350 mSv) über die gesamte [X.] der Atomtests (also von 1949 bis 1989) ausgesetzt war. [X.] Anhaltspunkte, dass diese Dosiszuordnung fehlerhaft ist, hat der [X.] derzeit nicht.

7. Sollte sich hiernach ein Anspruch des [X.] auf die begehrte Beschädigtenrente nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c iVm §§ 30, 31 [X.] ergeben, steht ihm nicht die Bestimmung des § 7 Abs 2 [X.] entgegen.

Danach ist das [X.] nicht auf Personen anzuwenden, die aus "derselben Ursache" einen Anspruch auf Kriegsopferversorgung gegen einen anderen Staat besitzen, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen. Zwischen der [X.] und [X.] gibt es keine derartige zwischenstaatliche Vereinbarung. Der Zweck des § 7 Abs 2 [X.] besteht allerdings nicht nur darin, eine Doppelversorgung für Kriegsopfer zu vermeiden, die aus derselben Ursache Anspruch gegen einen anderen Staat besitzen. Vielmehr soll die Bestimmung schon allein wegen der Zugehörigkeit des Geschädigten zum Kriegsopferversorgungssystem eines anderen Staates sämtliche Ansprüche nach dem [X.] ausschließen ([X.]surteil vom 28.7.1999 - B 9 V 19/98 R - [X.] 3-3100 § 7 [X.]; [X.] Urteil vom 20.5.1992 - 9a RV 12/91 - [X.] 3-3100 § 7 [X.]). Dies gilt unabhängig davon, ob der Anspruch gegen den anderen Staat mit dem Anspruch nach dem [X.] zB in der Höhe gleichwertig ist ([X.] Urteil vom 20.5.1992 - 9a [X.] - [X.] 3-3100 § 7 [X.] S 3 f; [X.] in [X.], Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 65 [X.] Rd[X.]). Insoweit ist die Wirkung des § 7 Abs 2 [X.] weitreichender als die in Teilen vergleichbare Regelung in § 65 [X.] zur Konkurrenz versorgungsrechtlicher mit unfallversicherungs- oder beamtenrechtlichen Ansprüchen mit der Folge des Ruhens des Anspruchs auf Versorgungsbezüge nach dem [X.] in Höhe der Ansprüche aus den anderen beiden Systemen (s hierzu [X.]surteil vom 16.3.2016 - B 9 V 4/15 R - [X.] 4-3100 § 65 [X.] Rd[X.]8 ff).

Der Kläger hat zwar gegen die [X.] ein "Recht auf Vergünstigungen als Geschädigter/Opfer der Atomversuche auf dem [X.]er [X.]" auf Grundlage des oben genannten Gesetzes der [X.] vom 18.12.1992. Nach den Feststellungen des [X.] ist aber nicht ersichtlich, dass es sich bei diesem "Recht" um einen Anspruch iS des § 7 Abs 2 [X.] handelt. Zweck des [X.] ist nämlich nicht, dem Kläger einen Anspruch auf Kriegsopferversorgung gegen die [X.] als Nachfolgestaat der ehemaligen [X.] zu ermöglichen. Auch sind für eine Anspruchsberechtigung nach diesem Gesetz nicht die Ursachen von Bedeutung, die für eine Kriegsopferversorgung nach [X.]m Recht maßgeblich sind. Denn der vom Kläger geltend gemachte Versorgungsanspruch nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.] setzt zwingend voraus, dass die Einwirkung der ionisierenden Strahlung durch die [X.] Atomwaffentests wesentlich durch eine kriegsbedingte Internierung wegen [X.] Staatsangehörigkeit oder [X.] Volkszugehörigkeit in der Nähe des [X.] [X.]s [X.] bedingt war (vgl [X.]surteil vom [X.], aaO RdNr 37).

8. Abschließend weist der [X.] darauf hin, dass ein Versorgungsanspruch des [X.] nach § 4 Abs 1 [X.] (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Vorschriften vom [X.], [X.] 1114) nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist (zu einem Anspruch nach § 4 Abs 1 [X.] bei einem Aufenthalt in der Nähe des [X.] [X.]s [X.] aufgrund politischen [X.] s [X.]surteil vom heutigen Tage - B 9 V 2/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen). Gegenstand des hier streitgegenständlichen Bescheids des Beklagten vom 17.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] (§ 95 [X.]) ist - wie oben unter [X.] bereits ausgeführt - ausschließlich der vom Kläger im gesamten Verfahren auch nur geltend gemachte Anspruch auf Versorgung nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.]. Damit korrespondierend hat der Kläger im Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahren sein Klagebegehren in seinen Anträgen (vgl § 123 [X.]) auf die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem [X.] beschränkt.

Da im vorliegenden Fall noch nicht verbindlich feststeht, ob ein gegenüber einem Versorgungsanspruch nach § 4 Abs 1 [X.] vorrangiger Versorgungsanspruch des [X.] nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c [X.] in Betracht kommt, war der [X.] nicht gehalten zu prüfen, ob dem Kläger ein Versorgungsanspruch nach § 4 Abs 1 [X.] zustehen könnte. Über den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem [X.] wird der Beklagte noch zu entscheiden haben.

Im Übrigen verfügt der Kläger derzeit nicht über eine Bescheinigung nach § 10 Abs 4 Satz 1 [X.], die bestätigt, dass er sich während seines Aufenthalts in [X.] und in [X.] in politischem Gewahrsam iS des § 1 Abs 5 [X.] befand. Gerade für den Nachweis des für einen Versorgungsanspruch nach § 4 Abs 1 [X.] bedeutsamen Tatbestands des politischen [X.] werden solche Bescheinigungen aber ausgestellt. Sie sind für alle Behörden und Stellen, die über diese Vorfrage als Voraussetzung (ua) für einen Anspruch nach § 4 Abs 1 [X.] zu entscheiden haben, verbindlich (§ 10 Abs 7 Satz 1 [X.]). Allerdings wird durch eine solche Bescheinigung nicht bewiesen, dass ein Versorgungsanspruch nach § 4 Abs 1 [X.] besteht, sondern nur der politische Gewahrsam als Voraussetzung, sodass ein solcher Anspruch entstehen kann ([X.]surteil vom [X.] - 9a [X.]/82 - juris Rd[X.]0; [X.] in [X.], Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 10 [X.] RdNr 6). Weitere Voraussetzung für einen Anspruch nach § 4 Abs 1 [X.] ist im hier maßgeblichen Zusammenhang aber stets, dass es durch die atomwaffentestbedingte Strahlenexposition am Ort des [X.] beim [X.]betroffenen zu einer Gesundheitsschädigung mit dauerhafter Schädigungsfolge gekommen ist (vgl hierzu [X.]surteil vom heutigen Tage - B 9 V 2/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen).

C. Das [X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 9 V 4/18 R

12.09.2019

Bundessozialgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: V

vorgehend SG Hannover, 25. Mai 2016, Az: S 18 VE 25/13, Urteil

§ 1 Abs 1 BVG, § 1 Abs 2 Buchst c BVG, § 7 Abs 2 BVG, § 30 BVG, § 31 BVG, § 4 Abs 1 HHG, § 10 Abs 4 S 1 HHG, § 10 Abs 7 S 1 HHG, § 103 SGG, § 163 SGG, § 170 Abs 2 S 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.2019, Az. B 9 V 4/18 R (REWIS RS 2019, 3637)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3637

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