Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.06.2017, Az. 26 W (pat) 544/16

26. Senat | REWIS RS 2017, 9135

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Schloss (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 105 546.1

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 23. Juni 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.] (grau, gold, weiß, schwarz)

Abbildung

2

ist am 26. August 2015 unter der Nummer 30 2015 105 546.1 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren der

3

Klasse 32: Bier; Biermischgetränke

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angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 28. April 2016 hat die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Wortbestandteil "[X.]" in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren eine beschreibende geografische Angabe darstelle. Biere und Biermischgetränke könnten in einer sich auf einem [X.] befindlichen oder zu einem [X.] gehörenden Brauerei hergestellt, abgefüllt oder angeboten werden. Häufig genössen die Besitzer von Schlössern auch ein Braurecht und könnten gleichzeitig aufgrund zum [X.] gehörender landwirtschaftlicher Flächen auf eigenproduzierte Rohstoffe zurückgreifen. Auch die grafische Gestaltung vermöge die Schutzfähigkeit der angemeldeten Wort-/Bildmarke nicht zu begründen. Die Gestaltungsmerkmale seien nicht ungewöhnlich und würden daher eine den schutzunfähigen Charakter der Wortbestandteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks des [X.] nicht bewirken.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, die beanspruchten Waren richteten sich in erster Linie an Endverbraucher, die sich weder für die Geschichte noch den Ort der Herstellung interessierten. Bei einem [X.] handele es sich um ein im Auftrag eines Landesherrn oder des Adels errichtetes Gebäude, das sich ohne Zusatz nicht geographisch lokalisieren lasse. Ein Kunde, welcher im Supermarkt eine Bierflasche mit dem Anmeldezeichen erblicke, werde es als Marke des [X.] verstehen. Die erforderliche Unterscheidungskraft ergebe sich jedenfalls aus der grafischen Gestaltung, insbesondere der dynamischen Leserichtung von links unten nach rechts oben. Zudem seien mehrere Voreintragungen mit dem Wortelement "[X.]" bei der Prüfung der Schutzfähigkeit zu berücksichtigen.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.]s vom 28. April 2016 aufzuheben.

9

Mit gerichtlichem Schreiben vom 10. April 2017 ist die Anmelderin unter Beifügung von [X.] ([X.] 1 bis 3, [X.] 56 – 84 GA) darauf hingewiesen worden, dass das Anmeldezeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]; [X.], 173, 174 [X.]. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 228 [X.]. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – [X.]; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 10 – [X.]; a. a. [X.]. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.]. 13 – for you; GRUR 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – [X.]).

Ausgehend hiervon besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] [X.]. 12 – [X.]; [X.], 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 2014, 1204 [X.]. 12 – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Zeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] GRUR 2004, 146 [X.]. 32 – DOUBLEMINT).

a) Vorliegend sind breite Verkehrskreise angesprochen, nämlich sowohl die mit der Brauerei befassten Fachkreise, der Getränkefachhandel als auch die Endverbraucher.

b) Das Anmeldezeichen weist zwar nicht auf Eigenschaften der beanspruchten Getränke selbst hin, aber auf ihre Produktions- und/oder [X.]. Die angesprochenen Verkehrskreise werden das angemeldete [X.] nur als Hinweis darauf verstehen, dass das

- [X.]brauerei [X.] eine kleine traditionelle Brauerei (www.schloss-scherneck.de);

- [X.]brauerei [X.] (www.auerbier.de);

www.recken.de);

www.schlossbrauerei-unterbaar.de);

www.schlossbrauerei-stelzer.de);

http://schlossbrauerei-haimhausen.de);

- [X.]brauerei Stein (www.steiner-bier.de);

- [X.] (www.koenig-ludwig-brauerei.com);

- [X.] [X.] (www.eichhofen.de);

- "Ein [X.] fürs Bier - … Seit 330 Jahren wird dort Bier gebraut. … Die Brauerei ist in der … Vorburg des [X.]es untergebracht. … (Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben v. 12.5.2016, www.wochenblatt.com);

- [X.]brauerei [X.] (www.fuchsberger-bier.de);

www.bier.by/brauerei-guide/schloss-brauerei-illertissen ; für alles Vorstehende: Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis);

- [X.]brauerei Maxlrain;

- [X.] [X.]brauerei (für alles Vorstehende: angefochtener Beschluss).

Es gibt sogar – wie den schon von der Markenstelle sowie vom Senat recherchierten Belegen zu entnehmen ist (Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis) – auch eine Vielzahl so genannter [X.]biere.

Das angemeldete [X.] bezeichnet somit einen Umstand, der zwar die Waren selbst nicht unmittelbar betrifft, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren sieht (vgl. [X.] [X.]. 12 – [X.]; BPatG 33 W (pat) 525/12 – [X.]; 25 W (pat) 70/09 – [X.]; GRUR 2007, 61, 62 – [X.]). Denn wenn eine Bezeichnung in erster Linie als Umschreibung eines Ortes verstanden wird, an dem üblicherweise die betroffenen Waren hergestellt und/oder vertrieben werden, ist sie nicht geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die Waren dieses konkreten Unternehmens von denen anderer, auf demselben Gebiet tätiger Firmen markenmäßig abzugrenzen.

aa) Dafür müssten die Bildbestandteile charakteristische Gestaltungsmerkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Daran fehlt es, wenn sich das Bildelement in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft ([X.] 2008, 710 [X.]. 20 – [X.]; [X.], 1153 – antiKALK; a. a. [X.]. 18 – [X.]). Letzteres ist vorliegend der Fall.

bb) Das Bildelement besteht aus einem schwarzen, schräg von links unten nach rechts oben verlaufenden, sich leicht verjüngenden Schriftzug mit einem schwarzen Unterstrich, mittig platziert vor einem weißen rechteckigen, ebenfalls schräg gestellten Hintergrund. Sowohl Schriftzug als auch Unterstrich sind weiß-goldfarben schattiert. Der weiße Hintergrund verfügt oben und unten über eine horizontale goldene Linie. Umrahmt wird das weiße Rechteck mit dem schräg verlaufenden Schriftzug von einem gerade ausgerichteten grauen Rechteck.

Denn an die grafische Ausgestaltung sind umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der nicht unterscheidungskräftige Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt ([X.] – antiKALK; GRUR 2009, 954 [X.]. 17 – Kinder III; [X.], 640 [X.]. 17 – hey!; [X.], 569 [X.]. 20 - [X.]). Vorliegend steht der sachbezogene Charakter des [X.] derart stark im Vordergrund, dass der bildlichen Gestaltung daneben keine Besonderheit beigemessen wird, zumal sie weder hinreichend komplex noch eigentümlich ist.

d) Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft wird auch nicht durch die üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten bei den in Rede stehenden Waren beseitigt. Die Ansicht der Anmelderin, dass ein Kunde, welcher im Supermarkt eine Bierflasche mit dem Anmeldezeichen erblicke, dieses als Marke des [X.] verstehen werde, teilt der Senat nicht.

Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt es insoweit darauf an, ob es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es eingetragen werden soll, so zu verwenden, dass der Verkehr es ohne weiteres als Marke versteht (vgl. [X.] a. a. [X.]. 21 – [X.]; [X.]Z 185, 152 [X.]. 21 - [X.]; [X.], [X.], 1100 [X.]. 28 - [X.]!). Bei der Beurteilung der Kennzeichnungsgewohnheiten ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nicht ausgeschlossen, die Prüfung auf die wahrscheinlichste und naheliegendste Verwendungsform zu beschränken (vgl. [X.] GRUR 2013, 519 [X.]. 55 - [X.] [umsäumter Winkel]). Die wahrscheinlichste und naheliegendste Verwendungsform im vorliegenden Fall ist der Aufdruck auf einem Etikett einer (Bier-)Flasche. Bei einer derartigen Verwendung wird der Verkehr das Anmeldezeichen aber wegen ihrer unauffälligen, werbeüblichen Gestaltung und dem mit dem Wortbestandteil verbundenen Sachhinweis nicht als Hinweis auf die Herkunft der Getränke aus einem bestimmten Unternehmen verstehen. Denn nach den vom Senat festgestellten Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem Biermarkt erwartet der Verkehr, um das Getränk einem bestimmten Unternehmen zuordnen zu können, neben der abstrakten, allgemeinen Produktions- und [X.]nangabe "[X.]" weitere konkretisierende, betriebskennzeichnende Zusätze, die hier fehlen.

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Waren freihaltungsbedürftig ist.

4. Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung der von der Anmelderin genannten identischen oder anderen Voreintragungen mit dem Bestandteil "[X.]" geboten. Denn diese sind entweder zu alt oder wegen einer wesentlich komplexeren graphischen Ausgestaltung nicht vergleichbar. Darauf ist die Beschwerdeführerin bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 10. April 2017 ausführlich hingewiesen worden.

Meta

26 W (pat) 544/16

23.06.2017

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.06.2017, Az. 26 W (pat) 544/16 (REWIS RS 2017, 9135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9135

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