26. Senat | REWIS RS 2016, 288
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Markenbeschwerdeverfahren – "Wacholder (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 004 283.5
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 21. Dezember 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das [X.] (schwarz/weiß)
ist am 23. Juni 2014 unter der Nummer 30 2014 004 283.5 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für die Waren der
Klasse 33: Spirituosen.
Mit Beschlüssen vom 12. Oktober 2015 und 31. März 2016, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] wegen Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Beschreibung der Art oder Beschaffenheit der beanspruchten Waren, nämlich eines mit Wacholderbeeren bzw. deren Auszügen oder Aromen hergestellten Branntweins, dienen könne. Denn für Wacholderschnaps oder –[X.] sei auch die Kurzform „Wacholder“ gebräuchlich. Die graphische Gestaltung weise keine charakteristischen Merkmale auf, sondern beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe in einer typischen Frakturschrift. In Anbetracht des klar warenbezogenen Charakters des Wortes „Wacholder“ seien an die bildliche Ausgestaltung höhere Anforderungen zu stellen. Dem [X.] Wikipedia zum Stichwort „Fraktur (Schrift)“ sei zu entnehmen, dass [X.] in der Werbung und auf Warenverpackungen auch gegenwärtig noch gebräuchlich seien und Produkte von althergebrachter Art und Qualität signalisierten. Zusätzliche Schlaufen wie hier bei den Buchstaben „W“, „d“ und „r“ seien nicht ungewöhnlich und die Verlängerung des „h“ nach unten sei für die Frakturschrift typisch. Die zu einer Unterstreichung des ganzen Wortes erweiterte Schlaufe stelle in der [X.] eine gebräuchliche Form der Hervorhebung dar.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des [X.]s vom 12. Oktober 2015 und 31. März 2016 aufzuheben.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. November 2016 ist die Anmelderin unter [X.] (Anlagen 1 bis 2, [X.]. 20 – 26 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete [X.] nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise – sowohl der Endverbraucher als auch der Getränkefachhandel – werden im Anmeldezeichen wegen der darin enthaltenen Sachaussage keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennen.
1. a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – [X.]]; [X.] 2016, 934 Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rdnr. 53 - [X.]; [X.] a. a. [X.]. 10 – [X.]; a. a. [X.]. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.], 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops).
b) Diesen Anforderungen genügt das Anmeldezeichen nicht, das ausschließlich aus dem Substantiv „Wacholder“ besteht. Hierbei handelt es sich um eine Pflanzengattung aus der Familie der Zypressengewächse. Die Beeren sind ein wichtiger Rohstoff bei der Alkoholherstellung. Es entsteht Wacholderschnaps beziehungsweise Gin. Auch Spirituosen wie Krambambuli, [X.] und Genever gibt die Wacholderbeere die spezielle Geschmacksnote (www.wikipedia.de, [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis). Das Nomen „Wacholder“ wird auch als Kurzform für Wacholder[X.] verwendet (www.duden.de; [X.] 1 zum gerichtlichen Hinweis). Damit beschreibt die angemeldete Bezeichnung den Ausgangsstoff bzw. die Geschmacksrichtung für mehrere Waren, die dem Oberbegriff
aa) Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht ([X.] GRUR 2006, 229 Rdnr. 73 f. - BioID/[X.] [BioID]; [X.] 2010, 640 f. - hey!; [X.], 1153 - anti Kalk). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (vgl. [X.] WRP 2014, 573 Rdnr. 32 - [X.]; [X.], 376 Rdnr. [X.]). Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen, bzw. eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke ([X.] a. a. O. 1153, 1154 - anti Kalk). Zudem sind an die Ausgestaltung umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt ([X.] 2008,[X.] 29 W (pat) 22/13 - [X.]). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Grafik in Anbetracht des rein beschreibenden Charakters des [X.] „Wacholder“ nicht gerecht.
cc) Da es sich bei „Wacholder“ um eine warenbeschreibende Angabe handelt, vermögen die genannten werbeüblichen Grafikelemente - auch in ihrer Kombination - den Schutz der Anmeldung nicht zu begründen. Für die angesprochenen Verkehrskreise steht die beschreibende Angabe „Wacholder“ derart im Vordergrund, dass der bildlichen Gestaltung daneben keine über das Werbeübliche hinausgehende Besonderheit beigemessen wird (vgl. [X.] a. a. O. – antiKALK; [X.], 30 W (pat) 539/12 – Lawyering).
d) Das Anmeldezeichen ist auch nicht mit den beiden von der Anmelderin vorgelegten, als unterscheidungskräftig beurteilten Schriftbeispielen der „Gemeinsamen Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft – Wort-/Bildmarken mit beschreibenden/nicht unterscheidungskräftigen Wörtern“ des [X.] vom 2. Oktober 2015 vergleichbar.
ccc) Bei dieser Mitteilung handelt es sich im Übrigen um eine Verwaltungsvorschrift, die das [X.] nicht bindet. Selbst die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom [X.] aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428 Rdnr. 63 – [X.]; [X.], 674 Rdnr. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.] 2014, 569 Rdnr. 30 - [X.]; [X.], 778 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben).
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig ist.
Meta
21.12.2016
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.12.2016, Az. 26 W (pat) 57/16 (REWIS RS 2016, 288)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 288
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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