26. Senat | REWIS RS 2016, 4107
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Markenbeschwerdeverfahren – "Hopfentraum" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine Täuschungseignung
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 074 222.5
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 12. Oktober 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und des Richters Schödel
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 22. Oktober 2015 wird aufgehoben.
I.
Das Wortzeichen
Hopfentraum
ist am 15. Dezember 2014 unter der Nummer 30 2014 074 222.5 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 32: Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken;
Klasse 33: alkoholische Getränke [ausgenommen Biere];
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 hat die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verkehr werde das Zeichen als sprach- und werbeübliches Kompositum und als werbliche Anpreisung von Produktmerkmalen verstehen. Das Wort „Traum“ werde im Verkehr vielfach und für die unterschiedlichsten Erzeugnisse verwendet, um darauf hinzuweisen, dass diese sich durch besonders hohe Qualität auszeichneten und den Wünschen des Verbrauchers entsprächen. Die beanspruchten Getränke könnten alle Hopfen als Zutat enthalten oder als Mischgetränke mit Hopfenaromen angeboten werden. Das Anmeldezeichen weise somit lediglich auf die Qualität und Beschaffenheit bzw. Geschmacksrichtung dahingehend hin, dass es sich um Getränke mit traumhaften Hopfenaromen handele. Die Anmelderin könne sich auch nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen, da diese keine Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im konkreten Einzelfall entfalteten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichen stelle eine schutzfähige originelle Wortneuschöpfung dar, das viele Interpretationsmöglichkeiten biete. Das Wort „Traum“ sei nicht nur positiv besetzt, wie der Begriff „Alptraum“ zeige. Da Hopfen schlaffördernde Wirkung habe, könne der Verkehr das Zeichen auch dahingehend verstehen, dass es sich bei einem so gekennzeichneten Produkt um ein Mittel zur Vorbeugung gegen Alpträume handele. Außerdem sei das Zeichen für alle beanspruchten Waren außer Biere nicht beschreibend, da diese keinen Hopfen oder Hopfenaromen enthielten. Im Übrigen seien in der Vergangenheit vergleichbare Marken unter Verwendung des Begriffs „Traum“ in das Register eingetragen worden.
Auf Hinweise des erkennenden Senats, insbesondere mit Schreiben vom 1. September 2016, dem zahlreiche Recherchebelege beigefügt waren ([X.] 1 bis 6, [X.]. 41 – 80 GA), hat die Beschwerdeführerin ihre Anmeldung beschränkt auf die Waren der
Klasse 32: Mineralwässer; Fruchtsäfte.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.]s vom 22. Oktober 2015 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig und, soweit darüber nach Beschränkung des [X.] durch die Anmelderin noch zu entscheiden ist, auch begründet. Der Eintragung des [X.] für die verbleibenden Waren stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 [X.]. 59 f. – [X.]]; [X.], [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]; [X.], 173 [X.]. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 - [X.]; [X.] a. a. [X.]. 10 – [X.]; a. a. [X.]. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] GRUR 2013, 1143, 1144 [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 2014, 376 [X.]. 11 - grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674 [X.]. 86 - Postkantoor; [X.] GRUR 2012, 270 [X.]. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. [X.]. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 [X.]. 21 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] GRUR 2014, 1204 [X.]. 12 - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] GRUR 2004, 146 [X.]. 32 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. - [X.]; [X.] a. a. [X.]. 16 - [X.]).
Hopfentraum“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 aufweist.
a) Bei den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen handelt es sich um die Endverbraucher und den Getränkefachhandel.
b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Substantiven „Hopfen“ und „Traum“ zusammen.
aa) Hopfen ist eine Kletterpflanze aus der Familie der Hanfgewächse. Der sog. Echte Hopfen wird zum Bierbrauen verwendet (www.wikipedia.de). Ein Stadtteil der [X.] nennt sich „Hopfen am See‘“, die am [X.] liegt.
bb) „Traum“ kann eine im Schlaf auftretende Abfolge von Vorstellungen, Bildern, Ereignissen, Erlebnissen; ein sehnlicher, unerfüllter Wunsch; (umgangssprachlich) etwas traumhaft Schönes“ oder eine Person oder Sache sein, „die wie die Erfüllung geheimer Wünsche erscheint“ (www.duden.de).
cc) Zwar ist die Wortverbindung „Hopfentraum“ lexikalisch nicht nachweisbar. Sie ist jedoch sprach- und werbeüblich gebildet. Außerdem werden Begriffskombinationen mit dem Wort „Traum“ seit langem und in den unterschiedlichsten Branchen zur Unterstreichung der Qualität und damit zur besonderen Anpreisung der damit beworbenen Ware oder Dienstleistung eingesetzt ([X.] W (pat) 152/96 – [X.]; 30 W (pat) 38/12 – [X.]; 26 W (pat) 28/15 – [X.]). Deshalb enthalten 171 Slogans das Wort „Traum“ (www.slogans.de).
dd) Das Anmeldezeichen „Hopfentraum“ bedeutet daher in seiner Gesamtheit „ein besonders gutes Produkt aus Hopfen oder mit Hopfenaroma“. Damit enthält es im Hinblick auf Waren, die Hopfen oder Hopfenaroma enthalten, eine Sachaussage verbunden mit einer werbeüblichen Anpreisung.
c) Für die im Entscheidungszeitpunkt noch beanspruchten Waren der Klasse 32 „
3. Wegen der fehlenden Eignung des Wortzeichens zur unmittelbaren Beschreibung der noch beschwerdegegenständlichen Produkte kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.
Mineralwässer;
Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 [X.]).
Diese Eignung ist hier zu verneinen. Da der Handel mit „Mineralwässern“ und „Fruchtsäften“ in [X.] durch die oben genannten Verordnungen reglementiert wird, haben die Endverbraucher keine Veranlassung anzunehmen, dass diese Produkte mit Inhalts- oder Geschmacksstoffen von Hopfen versetzt oder angeboten werden könnten (vgl. [X.] W (pat) 516/11 – [X.]; 26 W (pat) 546/10 – [X.]; 26 W (pat) 552/14 – [X.]). Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren weiß aufgrund entsprechender Unterrichtung in den Medien, vor allem in Verbraucher- und anderen Zeitschriften, im Fernsehen und im [X.], dass weder Mineralwasser noch Fruchtsaft Hopfen oder dessen Aroma enthalten:
2O – Die Gesundheitsformel für Ihr Wohlbefinden – Das kleine Wasser-Lexikon“;
- https://www.test.de/thema/mineralwasser/;
- http://www.chefkoch.de/magazin/artikel/752,0/Chefkoch/Wasser-alles-ueber-Mineralwasser-Trinkwasser-Co.html;
- http://www.apotheken-umschau.de/Fruchtsaft;
- https://www.was-wir-essen.de/abisz/fruchtsaefte.php;
- http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/Fruchtsaft-Konzentrat-oder-Direktsaft,markt8976.html
(vgl. auch [X.] W (pat) 552/14 – [X.]).
Deshalb kann er durch die beanspruchte Wortkombination auch nicht irregeführt werden. Dies gilt erst recht für den Getränkefachhandel, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann ([X.] GRUR 2004, 682 [X.]. 26 - Bostongurka; [X.] W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – [X.]).
Meta
12.10.2016
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2016, Az. 26 W (pat) 516/16 (REWIS RS 2016, 4107)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 4107
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
26 W (pat) 547/22 (Bundespatentgericht)
26 W (pat) 577/16 (Bundespatentgericht)
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26 W (pat) 552/14 (Bundespatentgericht)
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