Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 243/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1906

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 243/12
Verkündet am:

16. Oktober 2013

Ermel

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
StromGVV § 11; [X.] § 11
Zu den Rechtsfolgen einer nach §
11 Abs.
3 StromGVV/[X.] unzulässigen [X.]sschätzung.

[X.], Urteil vom 16. Oktober 2013 -
VIII ZR 243/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2013
durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die
Richterin [X.], [X.]
Schneider und die Rich-terin Dr.
Fetzer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 20. Juli 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte belieferte den Kläger im Rahmen der Grundversorgung
an den Abnahmestellen [X.] und [X.]36 in E.
mit Strom und Erdgas sowie an der Abnahmestelle A. Straße
1
in [X.]mit Erdgas. Der Kläger
kündigte die Strom-
und Gasliefe-rungsverträge mit der Beklagten zum 1.
Mai 2010
und wechselte zu diesem Zeitpunkt den Lieferanten. Die Beklagte las die Zählerstände nicht selbst ab und forderte den Kläger auch nicht auf, die Zählerstände mitzuteilen. Mit Schlussrechnungen vom 16. August 2010 verlangte die Beklagte für die Monate Januar bis April 2010 -
auf der Grundlage von geschätzten Verbrauchswerten -
1

-
3 -

für die Abnahmestelle [X.]für die Abnahmestelle [X.]36 und von 509,74

für die Abnahmestelle
[X.]
Straße 1.
Nachdem die Beklagte mit der Einstellung der Versorgung gedroht hatte, bezahlte der Kläger die Rechnungen unter Vorbehalt.
Er ist der Auffassung, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, weil die Beklagte zur Schätzung nicht berech-tigt gewesen sei; die Beklagte könne das Versäumnis einer Verbrauchsable-sung nicht durch eine Verbrauchsschätzung ungeschehen machen.
Der Kläger

n-sen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur
Begründung seiner Entscheidung
im We-sentlichen ausgeführt:
Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB 2
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Schlussrechnungen vom 16. August 2010 sei nicht fällig, weil
die Beklagte die Schlussrechnungen nicht ordnungsgemäß nach § 12 StromGVV/[X.] er-stellt habe. Denn die Abrechnungen beruhten auf einer
Verbrauchsschätzung, zu der die Beklagte nicht berechtigt gewesen
sei, weil
die Voraussetzungen einer Schätzung gemäß § 11 Abs. 3 StromGVV/[X.] nicht vorgelegen [X.]. Die Zulässigkeit einer Schätzung ergebe sich auch nicht aus den Regelun-gen der Stromnetz-
und der Gasnetzzugangsverordnung. Diese Verordnungen fänden keine Anwendung auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Versorger und dem Endabnehmer, sondern regelten Fragen der Messung zwischen [X.] und Netzbetreibern.
Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Kläger die Zahlung gemäß § 17 Abs. 1 StromGVV/[X.] nicht verweigern könne. Zum einen sei diese Vorschrift nicht anwendbar. Sie setze voraus, dass eine die Fäl-ligkeit der Forderung begründende Jahresabrechnung
vorliege. Das sei hier aufgrund der unzulässigen Schätzung der Beklagten nicht der Fall. Zum ande-ren liege ein offensichtlicher Fehler der Abrechnung nach §
17 Abs.
1 StromGVV/[X.] vor, weil die Voraussetzungen für eine Schätzung unstrei-tig und für alle
Beteiligten offensichtlich nicht gegeben gewesen seien.
Dem stehe nicht entgegen, dass der Verstoß gegen die Obliegenheit, den Verbrauch aufgrund einer Ablesung abzurechnen, im Einzelfall dazu führen könne, dass das Versorgungsunternehmen den Verbrauch
letztlich überhaupt nicht mehr abrechnen könne. Ein derartiger
Forderungsausschluss sei
dem Recht nicht unbekannt. So sei beispielsweise im Wohnraummietrecht der [X.] mit der an sich berechtigten Nachforderung aus einer Betriebskostenab-rechnung ausgeschlossen, wenn er dem Mieter die Abrechnung nicht [X.] bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des [X.] mitteile (§ 556 Abs. 3 BGB).
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5 -
Entgegen dem Vorbringen der Beklagten vernachlässige die Ansicht der Kammer nicht die Möglichkeit einer Schätzung durch das Gericht nach § 287 ZPO. Es wäre vielmehr unbillig, wenn der Verbrauch im Fall einer zu Unrecht erfolgten Verbrauchsschätzung nach §
11 Abs. 3 StromGVV/[X.] durch das Gericht gemäß § 287 ZPO geschätzt werden könnte. Dies liefe der [X.] der StromGVV/[X.], dass der Verbrauch nur unter den Voraussetzun-gen des § 11 Abs. 3 StromGVV/[X.] geschätzt werden dürfe, entgegen.
Selbst wenn man der Ansicht folgte, dass sich die Rechtsfolgen einer unzulässigen Schätzung darin erschöpften, dass der Energieversorger im Nachhinein auf andere Art und Weise den tatsächlichen Verbrauch darlegen müsse, wäre die Klage begründet. Denn die Beklagte habe den [X.] nicht auf andere Weise, also anders als durch eine Schätzung, darge-legt. Etwas anderes ergebe sich insbesondere nicht aus den Anfangszähler-ständen zum 1. Mai 2010, welche der Netzbetreiber dem neuen Lieferanten mitgeteilt und dieser seinen Abrechnungen zugrunde gelegt habe.
Denn diese "Zählerstände"
beruhten ausweislich
der von der Beklagten vorgelegten [X.] ebenfalls nur auf einer Schätzung.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung
nicht stand.

1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein An-spruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der unter Vorbehalt entrichteten
Beträge aus den Schlussrechnungen vom [X.] 2010 nicht bejaht werden. Denn der Kläger hat die Zahlungen nach dem 9
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revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Beklagten nicht ohne rechtlichen Grund geleistet.
Zwar beruhen die Schlussrechnungen der Beklagten auf einer [X.]sschätzung, zu der
die Beklagte nicht berechtigt war. Dies führt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht zu einem Forderungs-ausschluss
auf Seiten des Versorgers, sondern hat nur zur Folge, dass die [X.] den ihren Schlussrechnungen zugrunde gelegten, bestrittenen
Verbrauch des Klägers gemäß §§ 286, 287 ZPO zur Überzeugung des Gerichts nachwei-sen muss.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die [X.] nicht auf der Grundlage von [X.] abrechnen durfte.
aa) Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 StromGVV/[X.]
darf der [X.], wenn der Netzbetreiber oder der Grundversorger das Grundstück oder die Räume des Kunden nicht zum Zwecke der Ablesung betreten kann, den Verbrauch auf der Grundlage der letzten Ablesung unter angemessener Be-rücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse schätzen. Dasselbe gilt gemäß §
11 Abs. 3 Satz 2 StromGVV/[X.], wenn der Kunde eine vereinbarte Selbstablesung nicht oder verspätet vornimmt. Wie das Berufungsgericht -
von der Revision unbeanstandet -
festgestellt hat, sind diese
Voraussetzungen
nicht gegeben.
bb) Entgegen der Auffassung
der Revision ist die Beklagte
auch nicht nach §
11 Abs. 1 StromGVV/[X.]
berechtigt, ihrer Abrechnung die ihr vom Netzbetreiber
übermittelten Schätzwerte zugrunde zu legen.

§
11 Abs.
1 StromGVV/[X.]
erlaubt es dem
Grundversorger, für Zwecke der Abrechnung die [X.] zu verwenden, die er von dem Netz-13
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betreiber oder vom Messstellenbetreiber oder von dem die Messung durchfüh-renden [X.] erhalten hat. Wie bereits der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, er-streckt sich die Berechtigung
nur auf [X.], also auf Daten, die im Wege der Ablesung gewonnen worden sind. Die Regelung, dass der Grundversorger auch [X.]
des Messstellenbetreibers oder des die Messung durchfüh-renden [X.] verwenden darf, weist ebenso darauf hin, dass nur Daten erfasst sind, die durch eine Ablesung und nicht durch bloße Schätzung erlangt worden sind. Diese Auslegung wird durch den Zweck der Vorschrift gestützt. Denn durch die Berechtigung
des Grundversorgers, bereits vorliegende [X.] zu verwenden,
sollen die Kosten unnötiger Doppelablesungen vermieden wer-den ([X.]. 306/06, [X.]). Die Gefahr einer unnötigen Doppelablesung besteht jedoch nicht, wenn dem Grundversorger nur Schätzwerte übermittelt worden sind.
Für den Grundversorger ist in einem solchen Fall
auch ersichtlich, dass noch keine Ablesung durchgeführt worden ist. Denn gemäß Kapitel [X.] der Anlage 2 zu dem Beschluss [X.]-09-034 der [X.] hat der Netzbetreiber eine [X.]bildung in geeigneter Weise kenntlich zu ma-chen. Das ist hier auch beachtet worden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass auf den von der Beklagten vorgelegten Ausdrucken unter der Spalte "Werttyp"
jeweils "[X.] -
geschätzt"
eingetragen ist.
Der Grundversorger ist
somit bei der Übermittlung bloßer
Schätzwerte
seitens des Netzbetreibers nicht von einer eigenen Verbrauchserfassung ent-bunden. Das die Verwendung fremder
[X.] (§
11 Abs.
1 StromGVV/[X.]) ergänzende eigene Ablesungsrecht des Grundversorgers nach §
11 Abs. 2 StromGVV/[X.] ist gerade für den Fall geschaffen [X.], dass dem Grundversorger
-
etwa anlässlich eines Lieferantenwechsels
-
[X.] Dritter nicht zur Verfügung stehen
([X.]. 306/06, [X.]).
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b) Eine
unzulässige Verbrauchsschätzung führt aber entgegen der [X.] des Berufungsgerichts nicht dazu, dass das Versorgungsunternehmen
überhaupt nicht mehr abrechnen könnte. Im Gegensatz zu der
vom Berufungs-gericht erwähnten
mietrechtlichen Ausschlussvorschrift des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB enthält die StromGVV/[X.]
keine Sanktionsbestimmung, die es dem Versorgungsunternehmen von vornherein verwehren würde, eine
auf einer [X.] Schätzung beruhende Forderung
gerichtlich geltend zu machen.

aa) Wenn eine vorprozessuale Verbrauchsschätzung durch das Versor-gungsunternehmen unzulässig war und eine Ablesung der Zählerstände nicht mehr möglich ist, muss das Versorgungsunternehmen
den tatsächlichen [X.], sofern er bestritten ist, im gerichtlichen Verfahren zur Überzeugung des Tatrichters nachweisen
(vgl. [X.], NJW-RR 2007, 1650, 1651; [X.], [X.], 227, 228). Dabei ist, wenn eine exakte Ermittlung
des tatsächlichen Verbrauchs auf andere Weise nicht möglich ist, eine gerichtliche Schätzung nach § 287 ZPO zulässig, sofern der Vortrag der Parteien eine hin-reichende Grundlage für eine tatrichterliche Schätzung des Verbrauchs bietet (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2010 -
VIII ZR 112/10, [X.], 21 Rn.
13).

Die gerichtliche Schätzung ist nicht, wie das Berufungsgericht meint, mit einer (ordnungsgemäßen) Schätzung nach §
11 Abs.
3 StromGVV/[X.] identisch. Zum einen kann sie als unparteiische, häufig durch einen Sachver-ständigen unterstützte Schätzung eine höhere Richtigkeitsgewähr für sich be-anspruchen als die vorprozessuale Schätzung des Versorgers.
Zum anderen dient sie nur der Beweiserleichterung für den Versorger mit dem Risiko, dass mit ihr unter Umständen
nur der Mindestumfang des Anspruchs ermittelt wer-den kann (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 1967 -
VIII ZR 64/65, juris Rn. 11).
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bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
läuft eine
gerichtliche Schätzung nach § 287 ZPO auch nicht den Intentionen
der StromGVV/[X.]
zuwider. Zwar trifft es zu, dass der Verbrauch vom Versorger nur unter den Vo-raussetzungen des §
11 Abs. 3 StromGVV/[X.] geschätzt werden darf. Das steht jedoch einer gerichtlichen Überprüfung, ob und inwieweit die -
wenn auch unzulässige -
vorprozessuale Schätzung des tatsächlichen Verbrauchs zutrifft, nicht entgegen und hindert nicht daran, dem Versorger bei dem ihm ob-liegenden Nachweis des tatsächlichen Verbrauchs die Beweiserleichterung des
§ 287 Abs. 2 ZPO zugutekommen zu lassen.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, es bestehe die
Gefahr, dass die Versorgungsunternehmen im Vertrauen darauf, dass es ohnehin zu einer [X.]sschätzung nach § 287 ZPO durch die Gerichte kommen werde, den Verbrauch stets schätzen könnten, auch wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 StromGVV/[X.] nicht gegeben seien, vermag der Senat nicht zu teilen. Ein Interesse der Versorgungsunternehmen, durch unzulässige [X.] massenhaft Gerichtsverfahren mit allen Risiken für die Beweisführung zu provozieren, erscheint fernliegend. Hätte der Gesetzgeber die vom [X.] gesehene Gefahr ebenso eingeschätzt wie das Berufungsgericht, so hätte es nahe gelegen, eine
unzulässige vorprozessuale Verbrauchsschät-zung durch einen Forderungsausschluss zu sanktionieren. An einer solchen Bestimmung fehlt es jedoch. Sie kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbil-dung geschaffen werden.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts
stellt sich auch nicht aus an-deren Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
a) Zwar kann nach § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB
das (mit rechtlichem Grund) zum Zwecke der Erfüllung Geleistete auch dann zurückgefordert werden, wenn 23
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dem Anspruch eine Einrede entgegensteht, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs
dauerhaft ausgeschlossen wurde. Diese Voraussetzungen lie-gen hier jedoch nicht vor. Die unzulässige Verbrauchsschätzung durch die [X.] hat nicht zur Folge, dass der Kläger nach
§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 StromGVV/[X.] zur
Zahlungsverweigerung berechtigt wäre.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass bereits durch die [X.] nach dem geschätzten
Verbrauch die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers bestehe
und der Kläger deshalb gegenüber der Beklagten nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV/[X.]
zur Zahlungsver-weigerung berechtigt sei, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat verkannt,
dass die offensichtliche
Fehlerhaftigkeit
einer Rechnung des Versorgers, wie der
Se-nat bereits zu § 30 Nr. 1 [X.] entschieden hat, nur dann ein Recht zur Zahlungsverweigerung begründet, wenn sie
zu einer den Kunden [X.] objektiven Unrichtigkeit der Rechnung, also zu einer Zuvielforderung führt
(Senatsurteil vom 6. Dezember 1989 -
VIII ZR 8/89, [X.], 608 unter [X.]). Für § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV/[X.] gilt nichts ande-res.

An dahingehenden Feststellungen und entsprechendem Vortrag fehlt es hier. Der Kläger hat nicht dargelegt
und unter Beweis
gestellt, dass ihm ein zu hoher Verbrauch in Rechnung gestellt worden wäre. Die bloße Berufung auf die Unzulässigkeit der
vorprozessualen Schätzung und das Bestreiten der Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Forderung
reichen hierfür nicht aus. Zudem würde
selbst eine
offensichtliche
Zuvielforderung nicht zur vollständigen Zahlungsverweigerung berechtigen; nur der (Teil)Betrag, der offensichtlich [X.] in Rechnung gestellt worden ist, kann zurückbehalten werden ([X.], [X.], Stand August 1996, § 30 [X.]. d aE).
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b) [X.] ist auch
die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Forderungen
der Beklagten
aus den Schlussrechnungen vom 16. August 2010
nicht fällig wären. § 17 Abs. 1 StromGVV/[X.]
knüpft die Fälligkeit der Strom-
beziehungsweise Gasrechnungen lediglich an deren Zugang beim [X.] und an bestimmte Fristen
(vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 1989
-
VIII ZR 8/89, aaO unter [X.]; [X.], [X.], Stand Februar 2009, § 17 Rn.
1 ff.).
Ob die von der Beklagten angesetzten Werte dem tatsächlichen [X.] entsprechen, berührt
dagegen allein die materielle Richtigkeit der [X.] (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2008 -
VIII ZR 261/07, NJW
2008, 2260 Rn. 14). Einwände dagegen berechtigen nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/[X.] zur Zahlungsverweigerung (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2012 -
VIII ZR 17/12, [X.], 19 Rn.
11
ff. zu § 30 [X.], [X.] und [X.]), die hier nicht vorliegen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergeben sich aus §
12 StromGVV/[X.] keine weiter gehenden Voraussetzungen für die Fälligkeit der Forderung. Gemäß § 12 StromGVV/[X.] in der bis zum 9. Mai 2012 geltenden Fassung wird der Elektrizitätsverbrauch
nach Maßgabe des §
40 Abs.
2
[X.] abgerechnet. Die Lieferanten sind gemäß § 40 Abs. 2 [X.] in der bis zum 3. August 2011 geltenden Fassung verpflichtet, den [X.] nach ihrer Wahl monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abzurechnen. Sofern der Letztverbraucher dies wünscht, ist der Lieferant verpflichtet, eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung zu vereinbaren.
Die Vorschrift regelt somit nur den Zeitpunkt der Abrechnungspflicht. Dieser
ist
aber unab-hängig von der Fälligkeit des sich aus der Abrechnung ergebenden Zahlungs-anspruchs des Lieferanten und sagt darüber
nichts aus ([X.]/[X.], Recht 29
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12 -
der Energie-
und Wasserversorgung, Stand Dezember 2003, § 24 [X.] Rn.
12).

III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs der Beklagten getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball

Dr. Frellesen

[X.]

Dr. Schneider

Dr. Fetzer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.11.2011 -
9 [X.]/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.07.2012 -
5 S 156/11 -

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Meta

VIII ZR 243/12

16.10.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 243/12 (REWIS RS 2013, 1906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1906

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 243/12

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