Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.11.2022, Az. 1 B 57/22

1. Senat | REWIS RS 2022, 9136

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Gegenstand

Zum Stichtag für das Bekenntnis zum deutschen Volkstum für in der ehemaligen Sowjetunion diesseits des Urals lebende Volksdeutsche


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 9. Mai 2022 wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) (1.), auf eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) (2.) und auf eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) (3.) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg, weil sie bezüglich sämtlicher Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen von der [X.]eschwerde geltend gemachter Verfahrensmängel zuzulassen, weil das Vorliegen dieses [X.] nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt ist.

3

Ein Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (stRspr, [X.], [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 15. Juli 2022 - 4 [X.] 32.21 - juris Rn. 18). Das [X.] schließt die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ein (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 22. Dezember 2021 - 1 [X.] 62.21 - juris Rn. 2).

4

a) Für die [X.]ezeichnung der von der [X.]eschwerde erhobenen Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs bedeutet dies insbesondere, dass es der substantiierten Darlegung dessen bedarf, was der Verfahrensbeteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung vorgetragen hätte und inwieweit dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre oder zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 19. März 1991 - 9 [X.] - [X.] 310 § 104 VwGO Nr. 25 S. 12, vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15, vom 11. März 1999 - 9 [X.] - [X.] 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 54 S. 1 und vom 7. Oktober 2004 - 3 [X.] - juris Rn. 7). Das Erfordernis der substantiierten [X.]ezeichnung der für die Gehörsverletzung maßgeblichen Umstände setzt bei einer Gehörsverletzung durch das Ergehen einer Überraschungsentscheidung zudem die detaillierte Darlegung voraus, auf welche nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte die Vorinstanz die angegriffene Entscheidung gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen [X.] nicht zu rechnen brauchte ([X.], [X.]eschluss vom 10. Juli 2008 - 6 P[X.] 10.08 - [X.] 250 § 83 [X.]PersVG Nr. 81 Rn. 2; vgl. zu den [X.]egriffsmerkmalen der Überraschungsentscheidung [X.], [X.]eschluss vom 1. August 2017 - 2 [X.]vR 3068/14 - NJW 2017, 3218 Rn. 51 sowie [X.], [X.]eschlüsse vom 18. Dezember 2017 - 6 [X.] - [X.] 310 § 133 Nr. 114 Rn. 6 und vom 28. Juli 2022 - 7 [X.] 15.21 - juris Rn. 39). Diesen Vorgaben wird die [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

5

Ohne Erfolg rügt die [X.]eschwerdebegründung, das [X.]erufungsgericht habe das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es der angefochtenen Entscheidung ohne vorherigen Hinweis als maßgeblichen Stichtag für das [X.] [X.] nicht den 22. Juni 1941, sondern auf der Grundlage historisch unhaltbarer Annahmen zu [X.], dem Herkunftsort der Klägerin, den Zeitraum von 1943 bis März/April 1944 zugrunde gelegt habe. Dieser Annahme des [X.]erufungsgerichts liege ein vollständig neuer Sachverhalt zugrunde, zu dem die Klägerin keine Gelegenheit zur Äußerung erhalten habe. Das [X.]erufungsgericht sei davon ausgegangen, dass die westlich des [X.] lebenden [X.], und damit insbesondere auch diejenigen im [X.], zunächst in ihren Gebieten hätten verbleiben dürfen, jedoch nach dem Rückzug der [X.]n Truppen und der Zivilverwaltung ab November 1943 in zwei Trecks aus dem [X.] und ab Januar 1944 aus dem damaligen [X.] geflohen seien. Wäre der Klägerin rechtliches Gehör gewährt worden, so hätte sie klargestellt, dass ihr Urgroßvater und ihr Großvater nicht in [X.], sondern im Raum [X.] gelebt hätten, dass von dort seit dem Jahre 1939 aufgrund des [X.] zwischen [X.] und der [X.] durch die Nationalsozialisten Umsiedlungen der [X.]n [X.]evölkerung ins [X.] bewirkt worden seien, die nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ([X.]undesvertriebenengesetz) i. d. F. der [X.]ekanntmachung vom 10. August 2007, zuletzt geändert durch Art. 162 der Verordnung vom 19. Juni 2020 ([X.] 1328) ([X.]) als [X.] anzusehen seien, und dass in [X.]ezug auf die ehemalige [X.] einheitlich vom Stichtag des 22. Juni 1941 auszugehen sei, weil das Gesetz maßgeblich auf den [X.]eginn der allgemeinen [X.] abstelle. Ein Verhalten nach dem maßgeblichen Zeitpunkt sei irrelevant. Hätte das [X.]erufungsgericht auf den zwingend erscheinenden Stichtag des 22. Juni 1941 abgestellt, so hätte es das [X.]ekenntnis der [X.]ezugspersonen der Klägerin zum [X.]n Volkstum bejahen müssen. Dieses werde aufgrund der objektiven [X.]estätigungsmerkmale der die Zugehörigkeit zum [X.]n Kulturkreis [X.] [X.]n Muttersprache, der Pflege [X.]r Kultur, Sitten und Gebräuche in der Familie vermutet. Somit könne nicht ausgeschlossen werden, dass das [X.]erufungsgericht aufgrund der [X.]ekenntnisvermutung zu einer für die Klägerin günstigen Entscheidung gelangt wäre (vgl. Nr. II.2. bis 12. der [X.]eschwerdebegründungsschrift).

6

Mit diesem Vorbringen bezeichnet die [X.]eschwerde den Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs in der Einkleidung weder der Verletzung der gerichtlichen Hinweis- und Erörterungspflicht noch des [X.] einer Überraschungsentscheidung. Zwar trägt die [X.]eschwerde vor, die Klägerin hätte im [X.]erufungsverfahren in mehrerlei Hinsicht - nämlich bezüglich des Wohnortes ihres Urgroßvaters und Großvaters, der Umsiedlungen im Rahmen des sog. Hitler-Stalin-Paktes und des maßgeblichen [X.]ekenntnisstichtages - Klarstellungen und Hinweise vorgenommen, wenn ihr das [X.]erufungsgericht seine Auffassung über den maßgeblichen Stichtag für das [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum mitgeteilt hätte. Dem [X.]eschwerdevorbringen ist aber die darüber hinaus zur [X.]ezeichnung eines jeden Gehörsverstoßes erforderliche substantiierte Angabe nicht zu entnehmen, weshalb gerade dieser weitere Vortrag zu einer abweichenden Entscheidung hätte führen können. Die [X.]eschwerdebegründung belässt die Schlussfolgerungen, die das [X.]erufungsgericht aus diesen Klarstellungen und Hinweisen für die Entscheidung im Falle der Klägerin zu ihren Gunsten hätte ziehen können, letztlich bei der bloßen [X.]ehauptung einer für sie möglicherweise günstigen Entscheidung. Es hätte ihr oblegen, nicht nur den (vermeintlich) abgeschnittenen Vortrag zu benennen, sondern diesen auch in dessen [X.]edeutung für den Ausgang des Verfahrens hinreichend nachvollziehbar einzuordnen. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das [X.]erufungsgericht zu irgendeinem Zeitpunkt von einem unzutreffenden Wohnort des Urgroßvaters und des Großvaters der Klägerin ausgegangen ist.

7

Die [X.]eschwerdebegründung legt nicht substantiiert dar, inwiefern die ihr durch die Verfahrensweise des [X.]erufungsgerichts vermeintlich abgeschnittene Gelegenheit zum Hinweis auf die Maßgeblichkeit des in der Rechtsprechung für die ehemalige [X.] angenommenen Stichtags des 22. Juni 1941 Einfluss auf das Entscheidungsergebnis hätte nehmen können. Dazu genügt nicht das Vorbringen, das [X.]erufungsgericht wäre bei der zwingend erscheinenden Heranziehung des [X.] zu einem für die Klägerin günstigen Entscheidungsergebnis gelangt, weil das [X.]ekenntnis ihrer [X.]ezugspersonen zum [X.]n Volkstum zwar nicht ausdrücklich, aber aufgrund der auf objektiven [X.]ekenntnismerkmalen beruhenden Vermutung festzustellen sei. Die [X.]eschwerdebegründung lässt eine hinreichend substantiierte Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der [X.]estimmung des maßgeblichen Stichtages vermissen. Dem [X.]eschwerdevorbringen fehlt es an der Darlegung, welche objektiven [X.]estätigungsmerkmale, die die Grundlage der [X.]ekenntnisvermutung bilden sollen, an dem von der [X.]eschwerde für richtig gehaltenen Stichtag im Gegensatz zu der Tatsachenwürdigung des [X.]erufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu beurteilen gewesen wären. Der [X.]eschwerdebegründung lässt sich nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise entnehmen, inwiefern gerade der aus Sicht der [X.]eschwerdebegründung zutreffende [X.]ekenntnisstichtag zu einer anderen [X.]eurteilung der Voraussetzungen für die geltend gemachte [X.]ekenntnisvermutung Veranlassung gegeben hätte.

8

Dementsprechend fehlt es auch an einer im Hinblick auf die geltend gemachte Gehörsverletzung durch Überraschungsentscheidung erforderlichen Substantiierung der Wendung, die der Rechtsstreit durch die Zugrundelegung des unerörtert gebliebenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkts erfahren haben soll. Eine solche Wendung des Verfahrens, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassung nicht zu rechnen brauchte, ergibt sich im Übrigen nicht aus dem der Sache nach zutreffenden Verweis der [X.]eschwerde darauf, dass die [X.] Volkszugehörigkeit von Personen aus [X.] zu vermuten war, wenn objektive [X.]estätigungsmerkmale im Sinne des § 6 [X.] in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden und für die [X.]eurteilung der [X.]n Volkszugehörigkeit der bekenntnisfähigen Vorfahren (Urgroßvater und Großvater) der Klägerin maßgeblichen Fassung (im Folgenden: [X.] a. F.) vorliegen, die hinreichend für ein [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum sprechen. Zu den Indizien, aus denen ein [X.]ekenntnissachverhalt hergeleitet werden kann, gehören auch die in § 6 [X.] a. F. bezeichneten [X.]estätigungsmerkmale. Diesen kommt neben der Funktion der [X.]estätigung eines abgegebenen [X.]ekenntnisses zum [X.]n Volkstum auch eine wichtige Indizfunktion in [X.]ezug auf ein nicht unmittelbar nachzuweisendes [X.] zu ([X.], [X.]eschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 [X.]vR 898/79 u. a. - [X.]E 59, 128 <158>; [X.], Urteil vom 23. März 2000 - 5 C 9.99 - [X.] 412.3 § 1 [X.] Nr. 56 S. 1 <3> m. w. N.). Danach kann auch die [X.] Sprache als Muttersprache oder als bevorzugte Umgangssprache ein gewichtiges Indiz für das [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum sein. In der Regel war von der [X.]n Volkszugehörigkeit auszugehen, wenn [X.] die Muttersprache geworden ist, weil dies regelmäßig eine [X.] Erziehung und die Zugehörigkeit zum [X.]n Kulturkreis indiziert ([X.], Urteil vom 23. März 2000 - 5 C 9.99 - [X.] 412.3 § 1 [X.] Nr. 56 S. 1 <4>). Abgesehen davon, dass die Annahme einer Indizwirkung der "[X.]sprachigkeit" voraussetzt, dass die [X.] Sprache im maßgeblichen Zeitpunkt des [X.]eginns der allgemeinen Vertreibungs- und Verfolgungsmaßnahmen gegen [X.]e im jeweiligen [X.] für Dritte erkennbar gebraucht worden ist, für den [X.]ekenntnischarakter der [X.]n Sprache es also gerade nicht ausreicht, wenn sie nur im Umgang mit nahen Verwandten gebraucht wird, ohne nach außen zu dringen und in der Öffentlichkeit oder zumindest in der Umgebung wahrgenommen zu werden (vgl. dazu [X.], [X.]eschluss vom 28. März 2002 - 5 [X.] - juris Rn. 3 und 5), wendet sich die [X.]eschwerde mit dem Vorbringen zur [X.]ekenntnisvermutung im [X.] gegen die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung. Mit der Rüge einer fehlerhaften Auslegung und/oder Anwendung des materiellen Rechts kann indes ein Verfahrensmangel nicht begründet werden. Sinn der Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Kontrolle des [X.], nicht der Rechtsfindung (stRspr, [X.], [X.]eschlüsse vom 2. November 1995 - 9 [X.] - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 15. Juli 2022 - 4 [X.] 32.21 - juris Rn. 18).

9

b) Sollte die [X.]eschwerde darüber hinaus eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend machen, so genügt die [X.]egründung auch dieser Rüge nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

Hierfür muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen [X.]eweisantrag hingewirkt worden ist und die Ablehnung der [X.]eweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 15. Februar 2013 - 8 [X.] 58.12 - [X.] 2013, 40 und vom 12. Juli 2018 - 7 [X.] - [X.] 451.224 § 36 KrWG Nr. 1 Rn. 23).

Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung ersichtlich nicht gerecht. Sie hat schon keine Ermittlungsmaßnahmen aufgezeigt, die das [X.]erufungsgericht pflichtwidrig unterlassen haben soll, und auch nicht vorgetragen, welche tatsächlichen Feststellungen bei deren Vornahme voraussichtlich getroffen worden wären. Zudem ergibt sich aus dem [X.]eschwerdevorbringen nicht, dass die Klägerin durch einen [X.]eweisantrag oder eine hinreichend bestimmte [X.]eweisanregung im [X.]erufungsverfahren auf eine [X.]eweiserhebung hingewirkt hätte oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem [X.]erufungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.

2. Ebenso wenig ist die Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf ([X.], [X.]eschluss vom 8. Mai 2018 - 5 [X.] 18.18 - juris Rn. 3). Das [X.] des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung besteht. Die [X.]eschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die [X.]egründungspflicht verlangt, dass sich die [X.]eschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher [X.]edeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 4. April 2012 - 5 [X.] 58.11 - juris Rn. 2 und vom 12. März 2018 - 5 [X.] 26.17 D - juris Rn. 3 m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist die Revision nicht im Hinblick auf die von der [X.]eschwerde für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen zuzulassen,

"ob es für eine Person, die sich als [X.] Volkszugehörige zwischen dem 22.06.194[1] bis spätestens Ende April 1944 während der [X.]n [X.]esatzung in [X.] aufgehalten hat, der ... Stichtag ['März bis April 1944'] zur [X.]eurteilung des [X.]ekenntnisses zum [X.]n Volkstum ergibt" und

"ob der Stichtag für die Feststellung des [X.]ekenntnisses eines [X.]n [X.] im Sinne des § 6 Abs. 1 [X.] in den von der [X.]n [X.] besetzten Gebieten und insbesondere in dem Gebiet [X.] nicht der [X.]eginn der allgemeinen [X.] in der [X.] (22.06.1941)[,] sondern ein Zeitpunkt im März/April 1944 ist".

Die [X.]eschwerde legt nicht substantiiert dar, dass die zu klärende Rechtsfrage für den zu entscheidenden Streitfall entscheidungserheblich ist (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 22. Dezember 2021 - 1 [X.] 62.21 - juris Rn. 2 und vom 10. Januar 2022 - 1 [X.] 65.21 - juris Rn. 3).

Die [X.]eschwerdebegründung stellt den von dem Oberverwaltungsgericht für die Abgabe des [X.]ekenntnisses zum [X.]n Volkstum für die Herkunftsregion der Klägerin als maßgeblich herangezogenen Zeitraum in Frage, erläutert dabei aber nicht in der erforderlichen Weise nachvollziehbar, inwiefern der festgestellte Sachverhalt bei Anwendung des von ihr favorisierten [X.]ekenntnisstichtages des 22. Juni 1941 eine andere [X.]ewertung der Volkszugehörigkeit der [X.]ezugspersonen der Klägerin nach § 6 [X.] a. F. verlangt. Stattdessen führt sie etwa aus, dass, auch wenn von der Stichtagssetzung des [X.]erufungsgerichts auszugehen wäre, aufgrund der von dem Gericht festgestellten Tatsache, dass nur deutsch gesprochen worden sei und [X.] Festtage nach [X.]n Sitten begangen worden seien, von der Vermutung des [X.]ekenntnisses aufgrund der objektiven [X.]estätigungsmerkmale auszugehen gewesen wäre.

3. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet ebenfalls aus.

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung u. a. des [X.]undesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine hiernach die Revision eröffnende Abweichung setzt voraus, dass sich das [X.]erufungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift des revisiblen Rechts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem ebensolchen abstrakten Rechtssatz eines der divergenzfähigen Gerichte in Widerspruch gesetzt hat (stRspr, [X.], [X.]eschlüsse vom 21. Juli 1988 - 1 [X.] 44.88 - [X.] 130 § 8 RuStAG Nr. 32 S. 5 und vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Zu einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden [X.]ezeichnung der Abweichung muss die [X.]eschwerde den der angefochtenen Entscheidung tragend zugrunde gelegten abstrakten Rechtssatz inhaltlich bestimmt und zweifelsfrei benennen und dem divergenzfähigen Rechtssatz, dem die Vorinstanz ausdrücklich oder zumindest konkludent widersprochen hat, gegenüberstellen. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Rechtsanwendung reicht zur [X.]ezeichnung einer Abweichung nicht. Die Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze ist für [X.]ezeichnung der Abweichung unverzichtbar (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 20. Dezember 1995 - 6 [X.] 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713> und vom 8. Juli 2011 - 5 [X.] 22.11 - juris Rn. 4). Diesen Anforderungen genügt die [X.]eschwerdebegründung nicht.

Die [X.]eschwerdebegründung versäumt es, dem von ihr herausgearbeiteten Rechtssatz des [X.]undesverwaltungsgerichts, dass von einer im [X.] lebenden Person, die im Wesentlichen die objektiven [X.]estätigungsmerkmale des § 6 [X.] erfüllt, nach dem [X.]eginn der [X.] ein für Dritte wahrnehmbares subjektives [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum nicht zu verlangen ist, weil nach diesem Zeitpunkt Verfolgungsmaßnahmen schlechthin für alle [X.]e zu befürchten gewesen sind ([X.], Urteil vom 26. Februar 1987 - 3 C 39.86 - [X.]E 77, 65 <68>8; ebenso [X.], [X.]eschluss vom 5. Februar 1973 - 8 [X.] 77.72 - [X.] 412.3 § 6 [X.] Nr. 22 S. 10 f.), einen von dem Oberverwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz gegenüberzustellen, der von dem vorbezeichneten Rechtssatz des [X.]undesverwaltungsgerichts abweicht. Soweit die [X.]eschwerdebegründung ausführt, das [X.]erufungsgericht weiche von dem höchstrichterlichen Rechtssatz dadurch ab, dass es nicht nur auf bekenntnisrelevante Sachverhalte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt zur [X.]egründung des [X.]ekenntnisses eines [X.]ekenntnisfähigen, sondern auf Tatsachen abstelle, die erst nach [X.]eginn der allgemeinen bzw. spezieller [X.] eingetreten seien, umschreibt sie die Konsequenzen aus der Argumentation des [X.]erufungsgerichts, ohne indes einen abstrakten rechtlichen Maßstab herauszuarbeiten, von dem das Oberverwaltungsgericht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ausgegangen ist. Soweit sie im Übrigen bemängelt, die angefochtene Entscheidung sei mit der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts nicht in Einklang zu bringen, wendet sie sich der Sache nach gegen nach ihrer Ansicht fehlerhafte Rechtsanwendung des [X.]erufungsgerichts, auf die indes auch eine [X.] nicht gestützt werden kann.

4. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

5. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

1 B 57/22

01.11.2022

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 9. Mai 2022, Az: 11 A 2097/20, Urteil

§ 6 BVFG vom 01.01.1992, § 1 Abs 2 Nr 2 BVFG, § 6 Abs 1 BVFG, § 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.11.2022, Az. 1 B 57/22 (REWIS RS 2022, 9136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9136

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