Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.05.2022, Az. 26 W (pat) 596/20

26. Senat | REWIS RS 2022, 3408

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Pillopaul (Wortmarke)/Polipol (Wortmarke)“ – keine Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2019 219 126

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 30. Mai 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und der Richterin Dr. Rupp-Swienty

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]p[X.]

3

ist am 10. Juni 2019 angemeldet und am 10. September 2019 unter der Nummer 30 2019 219 126 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register als Marke eingetragen worden für Waren der Klassen 20, 24 und 25, darunter in

4

Klasse 24: [X.]; Bett- und Tischwäsche; Bezüge für Sitzkissen; Bettdecken [Bettwäsche]; Bezüge für Kissen; Überzüge für Betten.

5

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 11. Oktober 2019 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke

6

[X.]pol

7

die am 14. Juni 2017 angemeldet und am 20. September 2017 unter der Nummer 30 2017 015 083 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden ist für Waren der Klassen 18, 20, 22 und 24, darunter in

8

Klasse 20: Betten; Kissen;

9

Klasse 24: Haushaltswäsche; Decken; Schonerdecken.

Der Widerspruch richtet sich nur gegen die vorgenannten angegriffenen Waren der Klasse 24 und stützt sich nur auf die vorgenannten Widerspruchsprodukte der Klassen 20 und 24.

Mit Beschluss vom 18. September 2020 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 20 des [X.] eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die [X.] lägen in einem engen Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Identität. Die genaue Abstufung könne jedoch dahinstehen, da selbst bei identischen Waren eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden könne. Das Markenwort der Widerspruchsmarke sei eine Abwandlung des Fachbegriffs „[X.]olypol“, der sich aus den [X.] Wörtern [X.]y“ für „viel“ und „[X.]“ für „verkaufen“ zusammensetze und stelle in der Wirtschaft eine Marktform dar, die durch viele Marktteilnehmer gekennzeichnet sei. Da dieser spezielle Begriff außerhalb des Fachgebiets der Wirtschaftswissenschaft kaum Verwendung finde, könne der älteren Marke in Bezug auf die hier zu betrachtenden Widerspruchswaren keine beschreibende Bedeutung entnommen werden. Ihr komme daher ein normaler Schutzumfang zu. Der einzuhaltende [X.] werde in jeder Hinsicht noch gewahrt, weil keine Ähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliege. Die angegriffene Marke bestehe phonetisch aus dem an das [X.] Wort „pillow“ angelehnten Wortanfang „[X.]“ und dem bekannten [X.] Vornamen „[X.]“. Derartige Verbindungen aus zwei Sinneinheiten würden grundsätzlich auf dem ersten Bestandteil, dem Bestimmungswort, betont, wodurch das Grundwort „[X.]“ akustisch deutlich abgesetzt werde. Demgegenüber liege die Betonung bei Wörtern mit der Endung „ol“, also auch bei der Widerspruchsmarke regelmäßig auf der Endsilbe. Ferner erfolge durch den [X.] in der jüngeren Marke eine schnellere Aussprache der Anfangssilbe, so dass neben der unterschiedlichen Vokalfolge auch ein abweichender Sprechrhythmus entstehe. Trotz der annähernd identischen Wortlänge wiesen die schriftbildlichen [X.] ausreichende Unterschiede in der Breite der jeweils zweiten Buchstaben „l“ und „o“ auf. Da die ältere Marke die Abwandlung eines Fachbegriffs darstelle, während die angegriffene Marke einen [X.] Vornamen mit einer Abwandlung des [X.]n Substantivs für „Kissen“ kombiniere, scheide auch eine begriffliche Ähnlichkeit aus.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, die [X.] seien identisch und im Übrigen normal bis hochgradig ähnlich. Kissen, Bettdecken und deren Bezüge sowie Tischwäsche seien Waren des [X.], weil sie von jedermann täglich benötigt würden. Sie könnten in Discountern, Kaufhäusern, Möbelhäusern und im Online-Handel für geringe Beträge erworben werden. Ihnen bringe der Durchschnittsverbraucher daher normale bis eher unterdurchschnittliche Aufmerksamkeit entgegen. ([X.] sei relevanten Teilen der [X.] Bevölkerung nicht bekannt. Auch wenn der Begriff [X.]y“ noch einigermaßen geläufig sei, werde bestritten, dass der Verkehr ihn in der älteren Marke mit der Schreibweise „i“ wiedererkenne. Die Endung [X.]“ könnte höchstens an das Wort „[X.]ol“ im Sinne von „[X.]“, „[X.]“ oder „[X.]“ erinnern. Die Widerspruchsmarke werde vom Verkehr daher als reines Fantasiezeichen wahrgenommen. Aufgrund der anagrammatischen [X.] in der jüngeren Marke liege eine hochgradige Markenähnlichkeit vor. Beide Marken begännen mit dem klangstarken Konsonanten „[X.]“ und endeten auf dem Mitlaut „l“. Beide seien dreisilbig, verfügten über identische Vokale und Konsonanten, wobei letztere dieselbe Reihenfolge aufwiesen, während die Vokale „o“ und „i“ eine umgekehrte Abfolge einnähmen. Beide Kollisionsmarken würden entgegen der Ansicht der Markenstelle auf den ersten beiden Silben betont. Die jeweiligen Wortenden „p[X.]“ und [X.]“ seien klanglich sehr ähnlich. Die angegriffene Marke werde entweder insgesamt deutsch oder insgesamt englisch ausgesprochen, aber nicht gemischt. Das Wort „pillow“ gehöre nicht zum [X.]n Grundwortschatz. Auch wegen des fehlenden „w“ werde der Verkehr die angegriffene Marke ebenfalls als Fantasiewort betrachten und allenfalls den Namen „[X.]“ wiedererkennen. Der Verkehr werde sich daher nicht an die konkrete Silbenreihenfolge erinnern und keinen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt erkennen. Da die [X.] überwiegend auf Sicht gekauft würden, komme es vorwiegend auf den schriftbildlichen Vergleich an. Die beiden grundsätzlich stärker beachteten [X.] begännen mit demselben Anfangsschriftzeichen „[X.]“, die Buchstaben „o“ und „a“ ähnelten sich in ihrem Schriftbild deutlich und die Schriftzeichen „l“ stünden sich identisch gegenüber, während das „u“ nicht weiter auffalle.

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss vom 18. September 2020 der Markenstelle für Klasse 20 des [X.] aufzuheben und das [X.] anzuweisen, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2017 015 083 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertritt die Auffassung, es fehle bereits an einer Überschneidung der [X.] mit der Möbelbranche, weil sie Hundekissen herstelle, die sie mit dem Namen und einer Karikatur ihres Hundes „[X.]“ kennzeichne, während die Widersprechende [X.]olstermöbel produziere. Sie trete ausschließlich im [X.] über ihren Shop und gelegentlich in Hundeforen im Social Media Bereich auf. Der Bestandteil „[X.]“ sei vom [X.]n Wort für „Kissen“ abgeleitet. Um einen schönen Klang zu erreichen, sei das „w“ weggelassen worden. Eine phonetische Ähnlichkeit zwischen den Vergleichsmarken liege nicht vor.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 16. Februar 2022 sind die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Zwischen der angegriffenen Marke „[X.]p[X.]“ und der älteren Wortmarke „[X.]pol“ besteht keine Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. [X.] GRUR 2020, 52 [X.]. 41 - 43 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 356 [X.]. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2021, 482 [X.]. 24 – [X.]; GRUR 2021, 724 [X.]. 31 – [X.]/[X.]URE [X.] m. w. N.).

1. Nach der hier maßgeblichen [X.] sind die [X.] identisch, weil alle angegriffenen [X.]rodukte von dem weiten Oberbegriff „Haushaltswäsche“ der Widerspruchsmarke umfasst sind. Denn „Haushaltswäsche“ wird definiert als „Wäsche, die in einem Haushalt verwendet wird“ ([X.]). Darunter fällt sowohl Bettwäsche (Laken, Bezüge) als auch Tischwäsche.

Da allein von den im Register eingetragenen Waren und Dienstleistungen auszugehen ist, kommt es nicht darauf an, für welche Waren und Dienstleistungen die Marken tatsächlich im Verkehr eingesetzt werden und welcher Art die tatsächlichen Umstände der Benutzung sind, weil Vermarktungsstrategien oder Marketingkonzeptionen jederzeit geändert werden können ([X.] GRUR 2020, 640 [X.]. 72 – [X.]/[X.]; [X.] 2004, 600, 601 – d-c-fix/[X.], [X.]. 21; GRUR 2002, 544, 546 – [X.], [X.]. 50; GRUR 1999, 245, 247 – [X.], [X.]. 36; 1998, 1034, 1036 – [X.], [X.] 31; B[X.]atG 33 W (pat) 554/10 – [X.] iNFOM/[X.]). Es spielt daher keine Rolle, in welcher Branche die [X.]arteien tatsächlich tätig sind.

2. Die im Identitätsbereich liegenden Kollisionswaren der Klasse 24 richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ([X.] [X.], 411 RdNr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 1999, 723 [X.]. 29 – [X.]) als auch an den Fachhandel für Heimtextilien.

Da die Anschaffung von Bett- und Tischwäsche regelmäßig für einen längeren Zeitraum erfolgt und im Hinblick auf Optik bzw. Ästhetik erst nach genauerer [X.]rüfung ausgesucht wird (B[X.]atG 26 W (pat) 515/17 – [X.]/[X.]), werden die angesprochenen Verkehrskreise diesen regelmäßig mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen (B[X.]atG 26 W (pat) 548/19 – [X.]/rohi). Im Niedrigpreissegment dürfte die Aufmerksamkeit eher normal sein.

3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]pol“ ist als durchschnittlich einzustufen.

a) Ihre originäre Kennzeichnungskraft ist normal.

aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.], 1096 [X.]. 31 – BORCO/[X.] [Buchstabe a]; [X.] 2020, 870 [X.]. 41 – [X.]/[X.]). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen. Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft ([X.] 2017, 412 [X.]. 19 – [X.]/[X.]; [X.], 1358 [X.]. 10 – [X.]/[X.]solar; [X.], 1040 [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ([X.] – [X.]/[X.]).

aa) Die ältere Wortmarke „[X.]pol“ hat keine Bedeutung in der [X.] Sprache. Soweit der angesprochene Verkehr überhaupt Anlass haben sollte, die Widerspruchsmarke in „[X.]“ und [X.]“ aufzuspalten, führt dies nicht zu ihrer Kennzeichnungsschwäche.

aaa) „[X.]“ ist der Name einiger weniger bekannter ausländischer Städte und im Übrigen überwiegend ein [X.] Familienname (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]). Die Vorsilbe [X.]i“ stammt vom [X.] Wort [X.]is“ für „Burg, Stadt“ ab und ist im Inland vor allem aufgrund der Wortkombination „[X.]klinik“ im Sinne von „[X.]“ oder „Ärztezentrum“ bekannt (https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]klinik).

bbb) Das Substantiv „[X.]ol“ bezeichnet den „Endpunkt der Erdachse (und seine Umgebung); [X.], [X.]“. In der Astronomie ist es der „Himmelspol“, in der [X.]hysik der „Aus- oder Eintrittspunkt magnetischer Kraftlinien beim Magneten“, in der Elektrotechnik der „Aus- oder Eintrittspunkt des Stromes bei einer elektrischen Stromquelle“ und in der Mathematik ein „[X.]unkt, der eine ausgezeichnete Lage oder eine besondere Bedeutung hat“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/[X.]ol_Endpunkt).

bb) [X.]“ oder „Stadtendpunkt der Erdachse“ enthält schon an sich keine sinnvolle Aussage, geschweige denn über die Widerspruchsprodukte „Haushaltswäsche“. Es verbleibt daher bei einem [X.].

cc) Dass der angesprochene Verkehr im vorliegenden [X.] in der Widerspruchsmarke den Begriff „[X.]olypol“ erkennt und versteht, dürfte fernliegend sein, zumal es sich um einen wirtschaftswissenschaftlichen Fachbegriff handelt.

b) Anhaltspunkte für eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

4. Der bei identischen [X.] und normaler Kennzeichnungskraft der älteren Marke gebotene Abstand zur angegriffenen Marke wird selbst bei nur normaler Aufmerksamkeit wegen geringer Markenähnlichkeit noch eingehalten.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] GRUR 2020, 52 [X.]. 48 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.] GRUR 2021, 482 [X.]. 28 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2007, 700 [X.]. 41 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] [X.]. 31 – [X.]; [X.], 64 [X.]. 14 – Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 [X.]. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] [X.]. 28 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] a. a. O. – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.] – [X.]).

b) Es stehen sich die Vergleichswortmarken „[X.]p[X.]“ und „[X.]pol“ gegenüber.

aa) Eine begriffliche Markenähnlichkeit scheidet aus.

Die Voraussetzung, dass zumindest eine der beiden zu vergleichenden Marken eine dem Verkehr erkennbare Bedeutung hat (vgl. [X.] [X.], 413 [X.]. 47 – [X.]/SIR; [X.], 237 [X.]. 20 – [X.]/[X.]ICARO), ist vorliegend nicht erfüllt.

aaa) Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich um ein Kunstwort, wie bereits bei der Frage der Kennzeichnungskraft eingehend dargelegt worden ist.

bbb) Der angegriffenen Marke kann ebenfalls kein klarer Begriffsgehalt entnommen werden.

(1) Während die Endsilbe „[X.]“ einen geläufigen männlichen Vornamen wiedergibt, kommt der Vorsilbe „[X.]“ im Inland keine Bedeutung zu. Im [X.] wird das Adjektiv „pillo“ mit „verschmitzt, pfiffig“ und das gleichlautende Substantiv mit „Lausbub, Lausebengel, Schlauberger, Spitzbube, Gauner“ übersetzt (https://dict.leo.org/spanisch-deutsch/pillo). Diese Bedeutungen sind weder dem [X.] Durchschnittsverbraucher noch dem Fachverkehr geläufig.

(2) Auch wenn bei der phonetischen Wiedergabe das [X.] Substantiv „pillow“ für „(Kopf-)Kissen, [X.]olster“ artikuliert wird (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/pillow), ist dieses Wort dem Durchschnittsverbraucher nicht bekannt, weil es weder zum Grundwortschatz gehört (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977), noch im Inland zur Bezeichnung eines (Kopf-)Kissens gebräuchlich ist.

(3) Aber selbst der Fachverkehr für Heimtextilien, dem unterstellt werden kann, dass er die Bedeutung von „pillow“ kennt, wird die Kombination von „[X.]“ mit dem Vornamen „[X.]“ in ihrer Gesamtheit nur als einen [X.] wahrnehmen.

bb) Die schriftbildliche Ähnlichkeit ist ebenfalls gering.

Die angegriffene Marke „[X.]p[X.]“ verfügt über neun Buchstaben, die Widerspruchsmarke „[X.]pol“ nur über sieben Buchstaben, so dass sie sich schon in der Länge unterscheiden. Ferner weichen die Vergleichsmarken am stärker beachteten Wortanfang und am Wortende deutlich voneinander ab. Während die ältere Marke mit der Buchstabenfolge „[X.]o“ beginnt und mit der Buchstabenfolge „ol“ endet, fängt die jüngere Marke mit „[X.]“ an und schließt mit „[X.]“ ab. Gerade die Vokale weisen eine deutlich unterschiedliche Umrisscharakteristik auf (o zu i) und (o zu au), insbesondere bedingt durch den kreisrunden Vokal „o“ (B[X.]atG 25 W (pat) 27/10 – [X.]/[X.]). Sie befinden sich zudem nicht an gleicher Stelle, was den Unterschied verstärkt (vgl. [X.] (pat) 49/06 – [X.]/[X.]). Außerdem wird der Vokal „o“ in der Widerspruchsmarke wiederholt, während er in der jüngeren Marke nur einmal auftaucht. Die Buchstabenfolge „[X.]ll“ in der angegriffenen Marke bildet zudem wegen der doppelten Oberlänge der Buchstaben „ll“ zusammen mit dem i-[X.]unkt und dem Deckstrich des „[X.]“ eine optisch geschlossene Einheit in [X.], während in der älteren Marke das „o“ zwischen „[X.]“ und „l“ eine erkennbare Lücke bildet.

cc) Auch die phonetische Ähnlichkeit ist als unterdurchschnittlich zu beurteilen.

aaa) In klanglicher Hinsicht ist maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie diese in ihrer registrierten Form vor sich haben (B[X.]atG LMuR 2020, 355 – [X.]Réa; 29 W (pat) 587/17 – [X.]/[X.]; 27 W (pat) 116/16 – [X.] [X.]/[X.]; [X.], 441 – pn printnet/[X.]rinect). Dabei sind sämtliche dem Sprachgefühl entsprechenden und wahrscheinlichen Möglichkeiten der Aussprache und Betonung zu beachten (vgl. B[X.]atG 29 W (pat) 517/15 – elAMARA/Esmara; 24 W (pat) 47/14 – [X.]/[X.]; 29 W (pat) 31/13 – [X.]/Cars).

bbb) Bei einer [X.] Aussprache der angegriffenen Marke, nämlich „pill-o:-p[X.]“ ([X.]), sowie „[X.]o:-li:-po:l“ der Widerspruchsmarke, unterscheiden sich die Zeichen hinreichend, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Zwar stimmen die Vergleichsmarken in der [X.], der Betonung und weitgehend in der [X.] überein. Allerdings differieren sie im Wortanfang erheblich, dem ein größeres Gewicht zukommt als den nachfolgenden Bestandteilen, weil der Verkehr dem Beginn eines Wortzeichens im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit schenkt ([X.] [X.], 1219 [X.]. 36 – I[X.]S/IS[X.]). Denn die jüngere Marke beginnt mit einem hellen Vokal und die ältere Marke mit einem dunklen Selbstlaut. Ferner weichen die Vokalfolgen ([X.][X.]) deutlich voneinander ab.

ccc) Eine [X.] Aussprache kommt nicht in Betracht.

(1) Da „pillow“ nicht zum [X.]n Grundwortschatz gehört, stellt der [X.] Durchschnittsverbraucher keine Verbindung zu einem [X.]n Wort her, zumal er das zweite Element „p[X.]“ sofort als [X.] Vornamen erkennt und die Vorsilbe für einen [X.] hält.

(2) Zwar kennt der Fachverkehr für Heimtextilien das [X.] Wort für „pillow“, so dass er dessen Bedeutung auch ohne den Endkonsonanten „w“ bei einer Kennzeichnung von Bettwäsche erfassen und „[X.]“ für eine Abwandlung halten kann, aber gleichzeitig ist ihm auch bekannt, dass eine Vielzahl von Kissenprodukten mit der [X.] Bezeichnung „[X.]“ u. a. nebst Zusätzen angeboten wird ([X.] zum gerichtlichen Hinweis), so dass er aufgrund dieser Kennzeichnungsgewohnheit auch den Bestandteil „p[X.]“ der angegriffenen Marke deutsch aussprechen wird.

(3) Aber selbst bei [X.]r Aussprache der angegriffenen Marke [pɪləʊpɔːl] bleiben die markanten Unterschiede am Wortanfang durch die unterschiedlichen Vokale (hell/dunkel) bestehen. Außerdem wird dann das Wortende der jüngeren Marke mit einem lang gedehnten „o“ ausgesprochen, während das „o“ in der Schlusssilbe der Widerspruchsmarke nur kurz artikuliert wird.

ddd) Der Fall einer anagrammatischen [X.] läge nur dann vor, wenn sich der Markenvergleich auf die Buchstabenfolge „[X.]“ und „[X.]“ beschränken würde. Vorliegend kommen aber noch die stark voneinander abweichenden Endsilben „p[X.]“ und [X.]“ hinzu.

c) Aus den vorgenannten Gründen ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in jeder Hinsicht ausgeschlossen.

5. Für eine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben.

Meta

26 W (pat) 596/20

30.05.2022

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.05.2022, Az. 26 W (pat) 596/20 (REWIS RS 2022, 3408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3408

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