Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. I ZB 34/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 390

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] ZB 34/00vom23. November 2000in der [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 23. November 2000durch [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.]:Der Antrag der Beklagten, ihr Wiedereinsetzung in den vorigenStand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Be-schwerde gegen den [X.]uß des 6. Zivilsenats des [X.] vom 2. August 2000 zu gewähren, wirdabgelehnt.Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den [X.]uß des6. Zivilsenats des [X.] vom [X.] wird als unzulässig verworfen.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auf-erlegt.Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 6.063,13 [X.]:[X.] Die Beklagte, eine Betriebskrankenkasse, versandte im [X.] an die Personalabteilungen von Unternehmen und [X.] der gesetzlichen Krankenkassen im Raum [X.], in denen sie mitder Behauptung warb, sie sei mit einem allgemeinen Beitragssatz von 12,5 %die kostengünstigste Krankenkasse in [X.] und Umgebung. Die Klägerin,die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.] e.V., sieht darin einenVerstoß gegen § 3 UWG, weil die in [X.] vertretene [X.]lediglich einen Beitragssatz von 12,4 % erhebt. Sie nimmt die [X.] auf Unterlassung der Werbeaussage und Erstattung von [X.] in Anspruch.Die Beklagte hat bereits in der Erwiderung auf die im Jahre 1999 [X.] gewordene Klage den zu den ordentlichen Gerichten beschrittenenRechtsweg als unzulässig gerügt und die Verweisung des Rechtsstreits an daszuständige Sozialgericht beantragt.Das [X.] hat durch Urteil vom 9. Dezember 1999 der Klage statt-gegeben, ohne vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zuentscheiden.Das [X.] hat, nachdem die Beklagte gegen dieses [X.] eingelegt und weiterhin die Zulässigkeit des beschrittenen [X.] gerügt hatte, mit [X.]uß vom 2. August 2000 festgestellt, daß der be-schrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig [X.] diese, dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am [X.] zugestellte Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 4. Sep-tember 2000 eingegangenen (zugelassenen) sofortigen Beschwerde, mit dersie zugleich Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist beantragt.Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages trägt die Beklagte vor:Im Büro von Rechtsanwalt [X.]- dem bestellten Vertreter und [X.] Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt [X.]- seien die dort tätigenRechtsanwaltsgehilfinnen angewiesen, bei mit [X.] zugestelltenDokumenten zunächst oberhalb des [X.] einen entspre-chenden Vermerk anzubringen. Beginne mit der Zustellung der Lauf einer Frist,bestehe die Anweisung, dies auf dem entsprechenden Schriftstück durch [X.] kenntlich zu machen und den Fristablauf mit zwei [X.] sowohl imhandschriftlich geführten als auch im elektronischen Fristenkalender einzutra-gen. Danach sei das jeweilige Dokument unverzüglich mit Akte dem zuständi-gen anwaltlichen Sachbearbeiter vorzulegen. Dieser verfüge dann regelmäßigauf dem Dokument nochmals die Notierung zweier [X.] und der [X.]. Der Eintrag dieser Fristen in den elektronischen und handschriftlichenFristenkalender werde durch die zuständige Anwaltsgehilfin dann mit [X.] bestätigt.Am 9. August 2000 sei Frau [X.], die für Rechtsanwalt [X.]und [X.] Kollegen [X.]seit vielen Jahren tätig sei, mit der Postbearbeitung betrautgewesen. Sie sei ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin und Bürovorsteherin desBüros von Rechtsanwalt [X.]; sie habe sich stets als außerordentlich zuver-lässige Mitarbeiterin erwiesen. Auf dem [X.]uß habe sie oberhalb des [X.] vom 9. August 2000 den Vermerk über die Zustellung ange-- 5 -bracht; aus nicht erfindlichen Gründen sei jedoch der Hinweis auf die laufendeNotfrist sowie die Notierung der Vorfrist und der Schriftsatzfrist unterblieben.Auch Rechtsanwalt [X.]habe, nachdem ihm der [X.]uß am [X.] vorgelegt worden sei, augenscheinlich infolge erheblicher Arbeitsüberla-stung übersehen, daß das [X.] die sofortige Beschwerde [X.] im vorliegenden Fall zugelassen habe. Dies habe er erstbei Wiedervorlage der Akte am 25. August 2000 festgestellt.Rechtsanwalt [X.]sei seit dem 25. April 2000 bestellter Vertreter [X.] , der in deren Sozietät beim [X.] zugelassenund auch alleiniger Sachbearbeiter in dieser Angelegenheit sei. Rechtsanwalt[X.]habe am 24. April 2000 ([X.]) einen schweren Verkehrsunfall [X.], bei dem er lebensgefährliche Verletzungen erlitten und zunächst für meh-rere Wochen im Koma gelegen habe. Rechtsanwalt [X.]sei derzeit nicht ar-beitsfähig. Die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit werde voraussichtlichbis mindestens zum Jahresende andauern. Seit dem Unfalltag habe Rechtsan-walt [X.]neben seinem eigenen Dezernat auch das umfangreiche Dezernatseines Kollegen [X.]zu betreuen und als dessen bestellter Vertreter auch [X.] beim [X.] anhängiger Mandate zu gewährleisten.Aufgrund dessen habe Rechtsanwalt [X.]möglicherweise überlesen,daß das [X.] die sofortige Beschwerde gegen die [X.] zugelassen habe, zumal eine solche Beschwerdezulas-sung zum [X.] keinen Regelfall darstelle.I[X.] Der zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Be-schwerdefrist hat keinen Erfolg. Der Vortrag der Beklagten schließt es nicht- 6 -aus, daß die Fristversäumung auf einem ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2ZPO) anwaltlichen Verschulden beruht und daher für sie nicht unverschuldet imSinne des § 233 ZPO ist.Die Fristversäumung beruht nach dem eigenen Vorbringen der Beklagtennicht allein darauf, daß die mit der Postbearbeitung betraute Rechtsanwaltsge-hilfin und Bürovorsteherin es unterließ, auf die laufende Notfrist hinzuweisensowie die [X.] zu notieren, sondern auch darauf, [X.] [X.], der bestellte Vertreter und Kollege ihres [X.] Rechtsanwalt [X.] , zunächst übersah, daß das [X.]die sofortige Beschwerde zum [X.] zugelassen hatte.Rechtsanwalt [X.]hat damit die Fristversäumung zu vertreten. DieSorgfalt eines Rechtsanwalts erfordert es, daß dieser auch Sachen, die ihm [X.] vorgelegt werden, erst dann wieder zurückgibt, wenn erzuvor wenigstens festgestellt hat, um was es sich handelt und wie lange er sichmit der Bearbeitung [X.] lassen kann (vgl. [X.], [X.]. v. 3.11.1997- VI ZB 47/97, [X.], 460, 461). Wäre dies im vorliegenden Fall gesche-hen, hätte Rechtsanwalt [X.]bereits dem Tenor des [X.]usses entnom-men, daß das [X.] den beschrittenen Rechtsweg zu den ordent-lichen Gerichten für zulässig erklärt und gegen diese Entscheidung die [X.] Beschwerde zugelassen hatte. Er hätte dann erkannt, daß eine Beschwerdeinnerhalb von zwei Wochen eingelegt werden mußte.Es kann Rechtsanwalt [X.]nicht entlasten, daß er dies möglicherweisewegen seiner erheblichen zusätzlichen Arbeitsbelastung überlesen hat, als ihmder [X.]uß am 9. August 2000 vorgelegt wurde. Denn diese Arbeitsüberla-stung war kein Umstand, der plötzlich und unvorhersehbar eingetreten ist ([X.] -[X.], [X.]. v. 23.11.1995 - [X.], NJW 1996, 997, 998). Rechtsanwalt[X.]war am 25. April 2000 zum Vertreter seines Kollegen Rechtsanwalt [X.] bestellt worden, der am 24. April 2000 einen schweren Verkehrsunfall mit le-bensgefährlichen Verletzungen erlitten hatte, aufgrund dessen er mehrere [X.] im Koma lag und voraussichtlich bis zum Jahresende arbeitsunfähig ist.Für Rechtsanwalt [X.]war daher absehbar, daß er die umfangreichen Aufga-ben seines Kollegen für längere [X.] zusätzlich zu seinen eigenen Aufgabenwerde wahrnehmen müssen. Er durfte nicht darauf vertrauen, daß er dieserBelastung standhalten würde, ohne Fehler zu begehen. Deshalb hätte er [X.] wie möglich geeignete Maßnahmen treffen - beispielsweise zusätzlicheMitarbeiter heranziehen - müssen, um die zu erwartende Mehrarbeit fehlerfreibewältigen zu können. Ihm ist anzulasten, daß er dies ein Vierteljahr nach [X.] seines Kollegen und der Bestellung zu dessen Vertreter noch nicht ge-tan hatte.Die Beklagte muß sich das Verschulden von Rechtsanwalt [X.]zurech-nen lassen, da dieser als bestellter Vertreter (vgl. [X.], [X.]. v. 23.6.1994- VII ZB 5/94, NJW 1994, 2957, 2958 m.w.N.) und Sozius (vgl. [X.]Z 124, 47,48 f. m.w.N.) ihres Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt [X.]ebenfalls Be-vollmächtigter im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO ist.II[X.] Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist als unzulässig zu verwer-fen, da sie erst am 4. September 2000 eingegangen ist, nachdem die zweiwö-chige Notfrist zur Einlegung der Beschwerde (§ 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO) gegenden am 9. August 2000 zugestellten [X.]uß bereits mit dem 23. August 2000abgelaufen [X.] der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der gemäß § 17aAbs. 4 Satz 4 [X.] zugelassenen weiteren Beschwerde um eine (befristete)sofortige und nicht etwa um eine (unbefristete) einfache Beschwerde. Die ge-mäß § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] zugelassene Beschwerde ist allerdings eineweitere Beschwerde im Sinne des § 568 Abs. 2 ZPO. Dem steht nicht entge-gen, daß sie sich erstmals gegen einen [X.]uß richtet, mit dem über die Zu-lässigkeit des Rechtswegs entschieden worden ist. Denn dies ist nur daraufzurückzuführen, daß entgegen § 17a [X.] nicht bereits das [X.] durch[X.]uß über die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden hatte (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 22. Aufl., § 17a [X.], Rdn. 16 m.w.N.). Daraus ergibt [X.] nicht, daß es sich um eine einfache und nicht um eine sofortige Be-schwerde handelt. Für die weitere Beschwerde ist regelmäßig dieselbe Art [X.] wie für die erste Beschwerde gegeben, wenn nicht [X.] eine anderweitige gesetzliche Regelung besteht ([X.], ZPO, [X.], § 568 [X.]. [X.] a). Demnach gilt § 17a Abs. 4 Satz 2 [X.], der gegenden [X.]uß über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs die [X.] Beschwerde eröffnet, nicht nur für die erste, sondern auch für die [X.] (vgl. [X.], [X.], 2. Aufl., § 17 Rdn. [X.]. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.- 9 -V. Den Gegenstandswert der Beschwerde hat der Senat auf 1/5 [X.] der Hauptsache festgesetzt (vgl. [X.], [X.]. v. 19.12.1996- III ZB 105/96, [X.], 909, 910).Erdmann[X.][X.]BüscherSchaffert

Meta

I ZB 34/00

23.11.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. I ZB 34/00 (REWIS RS 2000, 390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 390

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.