Bundessozialgericht, Urteil vom 04.03.2021, Az. B 11 AL 5/20 R

11. Senat | REWIS RS 2021, 8181

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen - Feststellung des Erstattungsanspruchs durch Verwaltungsakt - Vorrang der 4-jährigen Verjährungsfrist - Sonderregelung - Hemmung einer bereits laufenden Verjährungsfrist - weitere Verwaltungsakte zur Durchsetzung des Erstattungsanspruchs - Übergang in 30-jährige Verjährungsfrist - Mahnschreiben


Leitsatz

Ein Erstattungsanspruch nach Aufhebung eines Verwaltungsakts verjährt nur dann erst nach 30 Jahren, wenn ein weiterer Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs während einer bereits laufenden Verjährung dieses Anspruchs bindend wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 26. Juni 2020 und des [X.] vom 14. August 2019 aufgehoben, soweit hierdurch der "Bescheid" vom 9. Februar 2018, der Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2019 und der Bescheid vom 19. Februar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2019 aufgehoben worden sind. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, macht die Verjährung gegen sie gerichteter Erstattungsforderungen geltend.

2

Die Beklagte nahm Bewilligungen von [X.] für Arbeitnehmer der Klägerin zurück und verlangte gleichzeitig die Erstattung von 2009,30 [X.] bzw 2435,29 [X.] (Bescheide vom 19.8.2011; Widerspruchsbescheide vom 4.11.2011). Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben. Später forderte die Beklagte die Zahlung des noch offenen Betrags und setzte Mahngebühren in Höhe von 22,50 [X.] fest (Schreiben vom 14.12.2011).

3

Im Oktober 2017 und Januar 2018 forderte die Beklagte einen Gesamtbetrag in Höhe von 4467,09 [X.] (bestehend aus den beiden Forderungen in Höhe von insgesamt 4444,59 [X.] zuzüglich Mahngebühren in Höhe von 22,50 [X.]). Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Feststellung, dass die geltend gemachten Forderungen wegen Verjährung erloschen seien; hilfsweise wandte sie Verwirkung ein (Schreiben vom [X.]). Die Beklagte widersprach dem (Schreiben vom 9.2.2018/16.8.2018). Den auf Anregung des [X.] eingelegten Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben vom 9.2.2018 wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom [X.]; Klageverfahren [X.] 862/19). Das Schreiben vom [X.] wertete die Beklagte nach Hinweis des [X.] als Überprüfungsantrag und lehnte diesen ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom [X.]; Klageverfahren [X.] 1862/19).

4

Nach Verbindung der Klageverfahren hat das [X.] den „Bescheid“ vom 9.2.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] sowie den Bescheid vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] aufgehoben und festgestellt, dass die mit den Bescheiden vom 19.8.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4.11.2011 geltend gemachten Forderungen wegen Verjährung erloschen seien. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass unter Aufhebung des Bescheids vom 09.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2019 und des Bescheids vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2019 festgestellt wird, dass die mit den Erstattungsbescheiden der Beklagten vom 19.8.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4.11.2011 geltend gemachten Forderungen verjährt sind" (Urteil vom 26.6.2020). Das Spannungsverhältnis zwischen § 50 Abs 4 [X.]B X und § 52 Abs 2 [X.]B X könne nur dergestalt aufgelöst werden, dass von einem Vorrang der Verjährungsregelung in § 50 Abs 4 [X.]B X gegenüber derjenigen in § 52 Abs 2 [X.]B X ausgegangen werde. Erst zusätzliche Verwaltungsakte zur Durchsetzung des Anspruchs unterfielen aufgrund der Verweisung in § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X der dreißigjährigen Verjährungsfrist. Bei einem anderen Verständnis bleibe § 50 Abs 4 [X.]B X ohne jeglichen Anwendungsbereich. Bei der Mahnung vom 14.12.2011 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt.

5

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 50 Abs 4 [X.]B X und § 52 Abs 2 [X.]B X. Aus § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X folge nicht, dass die Verjährungsfrist des § 52 Abs 2 [X.]B X nur durch (weitere) Verwaltungsakte, die zugleich mit der Festsetzung der Erstattungsforderung nach § 50 Abs 3 Satz 1 [X.]B X (oder nachfolgend) zur Durchsetzung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergingen, in Gang gesetzt werde. Die dreißigjährige Verjährungsfrist gelte im Sozialverwaltungsverfahren (§ 52 [X.]B X) ebenso wie im Verwaltungsverfahren (§ 53 VwVfG) sowie entsprechend im Bereich des BGB für rechtskräftig festgestellte Ansprüche (§ 197 Abs 1 [X.]). Da § 50 Abs 4 [X.]B X und § 52 Abs 2 [X.]B X unterschiedliche Regelungsbereiche hätten, sei § 50 Abs 4 [X.]B X weder nach dessen Systematik noch dem Wortlaut nach im Verhältnis zu § 52 Abs 2 [X.]B X als speziellere Norm zu begreifen. Dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X in der Praxis keine Wirkung entfalte. Bescheide über abzuführende Gesamtsozialversicherungsbeiträge habe das B[X.] als zur Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Leistungsträgers erlassene Verwaltungsakte iS des § 52 [X.]B X qualifiziert.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des L[X.] Baden-Württemberg vom 26. Juni 2020 und des [X.] Mannheim vom 14. August 2019 aufzuheben, soweit darin der Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2019 und der Bescheid vom 19. Februar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2019 aufgehoben und festgestellt worden ist, dass die mit den Erstattungsbescheiden der Beklagten vom 19. August 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. November 2011 geltend gemachten Forderungen wegen Verjährung erloschen sind und die Klagen abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie bezieht sich auf die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der [X.]n ist begründet, soweit die Vorinstanzen die angefochtenen [X.] aufgehoben haben (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]). Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass die Erstattungsansprüche der [X.]n verjährt sind.

1. Streitgegenstand sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der „Bescheid“ vom 9.2.2018 und der Wi[X.]pruchsbescheid vom [X.] sowie der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom [X.], durch welche der [X.] über die Verjährung der [X.] entschieden hat. Weiterer Streitgegenstand ist die von der [X.]lägerin begehrte Feststellung, die [X.] der [X.]n aus den bestandskräftigen [X.]en vom 19.8.2011 in der Gestalt der Wi[X.]pruchsbescheide vom 4.11.2011 seien verjährt.

In formeller Hinsicht war die [X.]lägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur [X.]lageerhebung berechtigt. Aufgrund ihrer inzwischen anerkannten Rechtsfähigkeit steht sie den in § 70 [X.] [X.] genannten juristischen Personen gleich (vgl B[X.] vom 4.3.2004 - [X.] [X.]R 12/03 R - [X.] 4-5425 § 24 [X.] Rd[X.]9 mwN).

2. Die Revision der [X.]n ist begründet, soweit das [X.] auf das Anfechtungsbegehren der [X.]lägerin die angegriffenen [X.] aufgehoben hat.

a) Die Anfechtungsklage gegen das Schreiben der [X.]n vom 9.2.2018, in dem diese lediglich ihre Rechtsauffassung mitgeteilt hat, dass der mit dem Bescheid vom 19.8.2011 festgesetzte Erstattungsanspruch nicht verjährt sei, ist bereits unzulässig. Diesem Schreiben wohnt keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 [X.]B X inne (vgl B[X.] vom 29.1.2003 - B 11 [X.] 47/02 R - juris Rd[X.] 22). Mangels Ermächtigungsgrundlage wäre die [X.] auch nicht berechtigt gewesen, durch Verwaltungsakt darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Einrede der Verjährung vorliegen oder nicht vorliegen. Es handelt sich bei dem Schreiben vom 9.2.2018 auch nicht um einen sog Formverwaltungsakt oder Anscheinsverwaltungsakt (vgl etwa B[X.] vom [X.] - B 7a [X.] 18/05 R - [X.], 176 = [X.] 4-4300 § 119 [X.], Rd[X.]1; B[X.] vom [X.] - [X.] R 71/06 R - [X.], 63 = [X.] 4-2500 § 255 [X.], Rd[X.] 20; B[X.] vom 29.12.2016 - [X.] [X.]/16 B - juris Rd[X.]4), denn dieses Schreiben war weder mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen noch trug es die Überschrift "Bescheid". Dieses Schreiben hat auch durch den Wi[X.]pruchsbescheid vom [X.] keinen Verwaltungsaktcharakter erhalten, weil sich dessen Regelung in der Zurückweisung des Wi[X.]pruchs erschöpft.

b) Dagegen ist die Anfechtungsklage gegen den Wi[X.]pruchsbescheid vom [X.] gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 [X.] statthaft. Bei einer Entscheidung über einen Wi[X.]pruch handelt es sich stets um einen Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 [X.]B X. Zwar ist gemäß § 95 [X.], wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, Gegenstand der [X.]lage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheides. Ein Wi[X.]pruchsbescheid kann daher grundsätzlich nicht isoliert Gegenstand einer [X.]lage sein; eine Ausnahme hiervon gilt aber unter anderem dann, wenn dem Wi[X.]pruch kein Ausgangsverwaltungsakt vorausgegangen ist (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 95 Rd[X.] 24 f, Stand 1.1.2021; [X.] in [X.], [X.], § 95 Rd[X.]0 ff, Stand August 2009). Dies ist hier der Fall, weil es sich bei dem Schreiben vom 9.2.2018 nicht um einen Verwaltungsakt handelt.

c) Soweit die [X.] zulässig sind, sind sie unbegründet. Bezogen auf den Wi[X.]pruchsbescheid vom [X.] hat die [X.] den Wi[X.]pruch der [X.]lägerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Ein Wi[X.]pruch ist nur gegen Verwaltungsakte statthaft (§ 78 Abs 1 Satz 1 [X.]), sodass der Wi[X.]pruch gegen das Schreiben vom 9.2.2018 nicht statthaft war. Zwar hat die [X.] den Wi[X.]pruch nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen. Hieraus erwächst der [X.]lägerin aber keine eigenständige Beschwer.

Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom [X.] ist gleichfalls unbegründet. Bei dem Bescheid vom [X.], mit dem die [X.] das Schreiben der [X.]lägerin vom [X.] nach Anregung durch das [X.] als Überprüfungsantrag hinsichtlich des [X.] ausgelegt und diesen abgelehnt hat, handelt es sich um eine Entscheidung nach § 44 [X.]B X und damit einen Verwaltungsakt. Allerdings ist die [X.]lage auch insofern unbegründet, weil die [X.] den als solchen ausgelegten Überprüfungsantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat. Der Überprüfungsantrag war unzulässig, weil Gegenstand des "Überprüfungsantrags" das Schreiben vom 9.2.2018 und damit kein Verwaltungsakt war; dass Gegenstand eines Überprüfungsantrags aber nur ein Verwaltungsakt sein kann, ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 44 Abs 1 Satz 1, Abs 2 [X.]B X.

3. Hinsichtlich des [X.] ist die Revision der [X.]n unbegründet. Das [X.] hat zu Recht die Verjährung der [X.] aus den [X.]n vom 19.8.2011 festgestellt.

a) Die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen bezogen auf die Feststellungsklage vor.

Nach § 55 Abs 1 [X.] [X.] kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der [X.]läger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Hiervon erfasst wird auch die Feststellung einzelner Beziehungen oder Berechtigungen aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis (vgl B[X.] vom 15.6.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-1500 § 55 [X.]6 Rd[X.] 25 mwN). Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht insbesondere dann, wenn zwischen den Beteiligten ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, [X.] oder Unterlassen der anderen Seite fordern zu können. Dies trifft hier zu, weil das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten durch die bindend festgestellten Erstattungsansprüche in den [X.]n vom 19.8.2011 begründet worden ist. Die [X.] nimmt hieraus für sich das Recht in Anspruch, die Erfüllung der [X.] zu verlangen und bei Weigerung zu erzwingen. Die [X.]lägerin bestreitet dieses Recht und hält diesem Anspruch die fehlende Durchsetzbarkeit wegen Verjährung entgegen (vgl zur Verjährung als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bereits B[X.] vom 9.2.1995 - 7 [X.] - [X.] 3-4427 § 5 [X.] S 5).

Ein berechtigtes Interesse der [X.]lägerin an der baldigen Feststellung iS des § 55 Abs 1 [X.], das jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse umfasst, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] U 30/07 R - B[X.]E 103, 45 = [X.] 4-5671 Anl 1 [X.]101 [X.] 4, Rd[X.]2), ergibt sich aus dem Verhalten der [X.]n. Diese behauptet weiterhin das Bestehen eines unverjährten Anspruchs auf Zahlung der [X.] und hat mit ihren Schreiben vom 10.10.2017 und [X.] weitere, mit zusätzlichen [X.]osten und Belastungen verbundene Schritte angekündigt. Mangels Ermächtigungsgrundlage wäre die [X.] nicht befugt gewesen, über den Eintritt der Verjährung durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Daher ist für die Bejahung eines Rechtsschutzbedürfnisses ausreichend, wenn der Betroffene die Einrede der Verjährung erhebt (vgl zur Notwendigkeit deren Erhebung B[X.] vom 19.9.2019 - [X.] [X.]R 21/19 R - B[X.]E 129, 106 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]3 ff zur Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV) und sich aus dem Verhalten der Behörde ergibt, dass sie nicht vom Eintritt der Verjährung ausgeht. Dies ist hier der Fall, weil die [X.]lägerin die Einrede der Verjährung mit Schreiben vom 30.1.2018 erhoben und die [X.] in ihren Schreiben vom 9.2.2018 und vom 16.8.2018 das Vorliegen der Verjährungsvoraussetzungen ausdrücklich verneint hat.

b) Grundlage der Verjährung der Erstattungsforderung ist § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X. Danach sind - soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist - bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (§ 50 Abs 3 Satz 1 [X.]B X). Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden (§ 50 Abs 3 Satz 2 [X.]B X). Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des [X.]alenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Abs 3 unanfechtbar geworden ist (§ 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X). Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des [X.] sinngemäß (§ 50 Abs 4 Satz 2 [X.]B X). § 52 [X.]B X bleibt unberührt (§ 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X).

Der Erstattungsanspruch nach § 50 Abs 1 [X.]B X entsteht dem Grunde nach nicht bereits mit dem Wegfall der Leistungsvoraussetzungen, sondern mit der Aufhebung der Leistungsbewilligung. Erst der [X.] nach § 50 Abs 3 Satz 1 [X.]B X begründet die Forderung, indem der Zahlungsanspruch verbindlich festgestellt wird, und § 50 Abs 3 Satz 1 [X.]B X ist damit zugleich Rechtsgrundlage für den Erlass einer [X.] (vgl B[X.] vom 14.5.2020 - [X.] AS 28/19 R - [X.] 4-4200 § 44b [X.], Rd[X.]4 mwN, zur Veröffentlichung auch in B[X.]E vorgesehen). Besondere Regelungen bestehen zudem zur Verjährung, weil § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X den Beginn der Verjährung erst mit einem ihn konkret festsetzenden schriftlichen Verwaltungsakt iS des § 50 Abs 3 [X.]B X und dessen Unanfechtbarkeit verknüpft (vgl B[X.] vom 27.7.1989 - 11 [X.] - [X.] 1300 § 45 [X.]). An[X.] als bei anderen Erstattungsansprüchen, etwa solchen auf Beitragserstattungen, beginnt die Verjährung des Anspruchs nicht bereits, wenn die Behörde den zugrunde liegenden Bewilligungsbescheid aufgehoben hat und der Erstattungsanspruch dem Grunde nach entstanden ist. Ergänzend erfordert der Beginn des Laufs der vierjährigen Verjährungsfrist, dass das jeweilige [X.]alenderjahr, in dem der [X.] unanfechtbar geworden ist, abgelaufen ist (§ 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X). Vor Unanfechtbarkeit des Feststellungsbescheids läuft keine Verjährungsfrist (vgl Schütze in [X.], [X.]B X, 9. Aufl 2020, § 50 Rd[X.]3; zu der durch diese Ausgestaltung bewirkten Ungleichmäßigkeiten in der Verjährung bezogen auf unterschiedliche Zeitpunkte des Erlasses von Aufhebungs- und [X.]en Guckelberger, [X.], 2004, S 376).

c) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen die Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährung nach § 50 Abs 4 [X.]B X bezogen auf die [X.] vom 19.8.2011 in der Fassung der Wi[X.]pruchsbescheide vom 4.11.2011 vor. Diese [X.] enthalten Aufhebungs- und zugleich [X.]e (§ 50 Abs 3 [X.]B X). Ausgehend von der Bekanntgabe bzw Zustellung der Wi[X.]pruchsbescheide vom 4.11.2011 sind die [X.]e im Jahre 2011 unanfechtbar geworden. Dies hat zur Folge, dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X mit Ende des Jahres 2011 begann und mit Ablauf des Jahres 2015 endete. Dies bewirkte den Eintritt der Verjährung mit Beginn des Jahres 2016. Nach den Feststellungen des [X.], an die der Senat gebunden ist, liegen Anhaltspunkte für Umstände, die eine Hemmung, Ablaufhemmung oder einen Neubeginn der Verjährung iS des § 50 Abs 4 Satz 2 [X.]B X bewirken könnten, nicht vor. Die [X.] hat erstmals im Oktober 2017 erneut die Erstattung der Forderungen aus dem [X.] begehrt.

Die [X.]lägerin hat sich auf die Verjährung berufen, ohne dass dies rechtlich zu beanstanden wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Verjährungseinrede der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstünde, der aus dem auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz von [X.] und Glauben folgt (§ 242 [X.]; vgl B[X.] vom 12.12.2007 - [X.] [X.] 1/06 R - B[X.]E 99, 271 = [X.] 4-2400 § 27 [X.], Rd[X.]3). Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Einrede der Verjährung nicht zum Erlöschen des Anspruchs führt, sondern ein Leistungsverweigerungsrecht gibt (vgl [X.] in Schütze, [X.]B X, 9. Aufl 2020, § 52 Rd[X.]7).

d) Aus der in § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X enthaltenen Regelung, wonach § 52 [X.]B X unberührt bleibt, ergibt sich nicht, dass bereits mit den [X.]n vom 19.8.2011 in der Gestalt der Wi[X.]pruchsbescheide vom 4.11.2011 eine hiervon abweichende dreißigjährige Verjährungsfrist verbunden war. § 52 [X.]B X findet auf die vorliegende [X.]onstellation eines [X.]s, der den Anspruch eines Leistungsträgers auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen erstmals nach § 50 Abs 3 [X.]B X festsetzt und damit den Lauf einer Verjährung beginnen lässt, nach dem Wortlaut beider Vorschriften keine Anwendung (vgl hierzu aa). Bestätigt wird dies durch deren Regelungssystematik (vgl hierzu [X.]). Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der §§ 50, 52 [X.]B X (vgl hierzu [X.]) sowie deren Sinn und Zweck (vgl hierzu dd).

aa) Nach § 52 Abs 1 [X.]B X in der Fassung des zum 1.1.2002 in [X.] getretenen Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten [X.] Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.6.2002 ([X.]l I 2167) hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs (Satz 1). Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung (Satz 2). Ist ein Verwaltungsakt iS des Abs 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 52 Abs 2 [X.]B X).

Die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 52 Abs 2 [X.]B X greift aber nur ein, wenn ein "Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1" unanfechtbar geworden ist. Ein Verwaltungsakt iS des § 52 Abs 1 [X.]B X ist jedoch nur ein solcher, der zur Feststellung oder Durchsetzung dieses Anspruchs und - in zeitlicher Hinsicht - zugleich während einer bereits laufenden Verjährung dieses Anspruchs erlassen wird. Der Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung „hemmt“ nach § 52 Abs 1 Satz 1 [X.]B X die Verjährung „dieses Anspruchs“. Diese Rechtsfolge kann nur bei einer bereits in Gang gesetzten Verjährungsfrist erreicht werden. Vorausgesetzt wird ein Anspruch, der schon der Verjährung unterliegt ([X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, [X.] § 52 Rd[X.] 40, Stand Mai 2015). Wie dies auch in der Bezeichnung der Norm ("Hemmung der Verjährung durch Verwaltungsakt") zum Ausdruck kommt, erfasst § 52 [X.]B X daher nur solche Verwaltungsakte, die eine Hemmung einer bereits laufenden Verjährungsfrist des vom öffentlich-rechtlichen Rechtsträger aus einer anderen Rechtsgrundlage geltend gemachten Anspruch bewirken können. Innerhalb der Verjährungsvorschriften betrifft daher § 52 Abs 1 [X.]B X nur den Teilbereich der Hemmung einer laufenden Verjährungsfrist, indem die Wirkung eines [X.]s zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs auf die Verjährung geregelt wird. Entsprechend ist nicht jeder [X.] zugleich auch ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers iS des § 52 Abs 1 [X.]B X ([X.] [X.]asseler [X.]omm, § 50 [X.]B X Rd[X.] 49a, Stand März 2019; aA mit ausführlicher Begründung [X.] Reutlingen vom 2.9.2020 - [X.] AS 1417/19 - juris Rd[X.]8 ff).

Wegen der notwendigen Voraussetzung des Erlasses eines Verwaltungsakts iS des § 52 Abs 1 [X.]B X ist hinsichtlich der Anwendbarkeit der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 52 Abs 2 [X.]B X danach zu differenzieren, welcher Anspruch von der Verjährung betroffen ist und wie dessen Verjährung in Gang gesetzt wird. Anwendbar ist § 52 [X.]B X auf Ansprüche, deren Verjährung bereits mit ihrer Entstehung beginnt und die (allein) zu ihrer Geltendmachung durch Verwaltungsakt (deklaratorisch) festgesetzt bzw durchgesetzt werden. Dies betrifft zum Beispiel [X.] nach Wegfall einer einstweiligen Anordnung (vgl B[X.] vom 9.12.2016 - [X.] [X.] 8/15 R - B[X.]E 122, 154 = [X.] 4-3500 § 53 [X.], Rd[X.]7; [X.] vom 13.6.1985 - 2 C 56/82 - [X.]E 71, 354 = juris Rd[X.] 22) und Ansprüche der Sozialversicherungsträger auf Beiträge, die bereits bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vier Jahre nach Ablauf des [X.]alenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (vgl etwa § 25 Abs 1 [X.]B IV), verjähren. Ein Verwaltungsakt zur (erstmaligen) Feststellung oder Durchsetzung der [X.] kann zugleich die bereits laufende Verjährungsfrist hemmen. Für diese Fallgestaltungen verweist die [X.] zur Recht auf die Anwendbarkeit des § 52 Abs 1 und 2 [X.]B X mit der Folge, dass erstmalig bestandskräftig festgestellte Beitragsansprüche der dreißigjährigen Verjährung unterliegen (B[X.] vom 31.10.2012 - [X.] R 13/12 R - juris Rd[X.] 23 f). Diese Folge greift auch dann, wenn der materielle Anspruch selbst an sich einer kürzeren (bereits laufenden) Verjährung unterliegt (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, [X.] § 52 Rd[X.] 49, Stand Mai 2015; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl 2021, § 53 Rd[X.]9; zum "Übergang" von einer zunächst dreijährigen Regelverjährungsfrist bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen nach § 49a Abs 1 Satz 1 [X.] in eine dreißigjährige Frist bei Erlass eines Verwaltungsakts nach § 53 Abs 1 [X.] vgl [X.] vom 15.3.2017 - 10 C 3/16 - [X.]E 158, 199, 205).

Bei Ansprüchen eines Sozialleistungsträgers nach § 50 [X.]B X liegt jedoch eine andere rechtliche Ausgangslage vor, weil der Beginn und Lauf der Verjährungsfrist den Erlass eines die zu erstattende Leistung festsetzenden Verwaltungsakts nach § 50 Abs 3 [X.]B X voraussetzt. In den Fallgestaltungen des § 50 [X.]B X kann daher erst ein weiterer Bescheid die erstmals durch den [X.] nach § 50 Abs 3 [X.]B X in Gang gesetzte Verjährung "hemmen". Erst ein (weiterer) Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers iS des § 52 Abs 1 [X.]B X löst nach dessen Unanfechtbarkeit den Übergang in eine längere Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 52 Abs 2 [X.]B X aus.

[X.]) Auch die Regelungssystematik der §§ 50, 52 [X.]B X spricht gegen eine Anwendbarkeit der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 52 Abs 2 [X.]B X in der vorliegenden [X.]onstellation (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, [X.] § 50 Rd[X.] 95, Stand November 2014, der § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X als speziellere Regelung ansieht; ebenso Baumeister in [X.]/Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B X, 2. Aufl 2017, § 52 Rd[X.]26).

Die vierjährige Verjährungsfrist des § 50 Abs 4 [X.]B X ist unmittelbar mit dem Erstattungsanspruch des Sozialleistungsträgers bei zu Unrecht erbrachten Leistungen verbunden und begründet eine allein auf diesen Anspruch bezogene Vollstreckungs- bzw Zahlungsverjährung. Dagegen findet sich die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 52 [X.]B X in einem gesonderten, ausschließlich diese Norm umfassenden Titel ("Verjährungsrechtliche Wirkungen des Verwaltungsaktes") und steht nicht in einem unmittelbaren [X.] mit den von § 50 [X.]B X erfassten Ansprüchen der Sozialleistungsträger auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen. § 52 [X.]B X regelt die Hemmung laufender Verjährungsfristen bei sämtlichen Ansprüchen öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und hat damit einen anderen Anwendungsbereich. Dass § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X eine spezialgesetzliche, unmittelbar mit dem Anspruch verknüpfte Regelung nicht nur hinsichtlich der Dauer der Verjährungsfrist, sondern auch hinsichtlich des Beginns dieser Verjährungsfrist enthält, unterstreicht die Eigenständigkeit dieser Verjährungsregelung. Ginge man davon aus, dass der den Erstattungsanspruch eines öffentlich-rechtlichen Trägers erstmals festsetzende Verwaltungsakt nach § 50 Abs 3 [X.]B X tatbestandlich zugleich ein solcher nach § 52 Abs 1 [X.]B X ist, würden sich Unklarheiten hinsichtlich des Verjährungsbeginns ergeben.

Zudem enthält der Verweis des § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X auf § 52 [X.]B X keine konkrete Bezugnahme auf Einzelregelungen dieser Vorschrift. Insofern liegt es nahe, dass sich diese zunächst auf § 52 Abs 1 [X.]B X erstreckt, weil sowohl § 50 Abs 4 Satz 2 [X.]B X als auch § 52 Abs 1 [X.]B X die Hemmung von laufenden Verjährungsfristen regeln. [X.] über die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des [X.] wird eine weitere Möglichkeit zur Hemmung einer bereits laufenden Verjährungsfrist durch Erlass eines (weiteren) Verwaltungsakts zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Trägers geschaffen. In gesetzessystematischer Hinsicht hätte der Gesetzgeber anstelle der in § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X angeordneten vierjährigen Verjährungsfrist unmittelbar auf eine entsprechende Anwendung des § 52 Abs 2 [X.]B X verweisen können, wenn er den Lauf einer dreißigjährigen Verjährungsfrist bereits mit der Feststellung des Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs 3 [X.]B X hätte verbinden wollen.

Ginge man von einer Anwendbarkeit des § 52 Abs 2 [X.]B I aus, würde die in § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X geregelte vierjährige Verjährung in der Praxis zudem keine Wirkung mehr entfalten (so aber Tannen in [X.]b 1987, 15 ff, 19, der eine Verjährung des durch Bescheid festgestellten Erstattungsanspruchs "entgegen dem Wortlaut in § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X" grundsätzlich erst in 30 Jahren "gemäß § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X iVm § 52 [X.]B X" annimmt). Im Zweifel sind Normen jedoch so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich nicht leerläuft, sie also nicht überflüssig werden ([X.], Juristische Methodenlehre, 3. Aufl 2020, § 5 Rd[X.]3 mwN). Eine Nichtanwendung des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X hätte zudem zur Folge, dass keine Stufenfolge einer zunächst vierjährigen Verjährungsfrist mit einem nachfolgenden Übergang in eine dreißigjährige Verjährungsfrist durch einen Feststellungs- oder Durchsetzungsbescheid iS des § 52 Abs 1 [X.]B X bestünde. Unbesehen der verschiedenen Momente bei der Anknüpfung des Verjährungsbeginns sollte jedoch für Erstattungsansprüche von Sozialleistungsträgern nach § 50 [X.]B X in gleicher Weise wie für Ansprüche der Sozialleistungsträger auf Erstattung von Beiträgen zunächst eine vierjährige Verjährungsfrist gelten.

[X.]) Entgegen der Auffassung der [X.]n lässt sich auch der Entstehungsgeschichte der Regelungen nicht entnehmen, dass durch den Verweis des § 50 Abs 4 Satz 3 [X.]B X auf § 52 [X.]B X schon bei der erstmaligen Festsetzung des speziellen Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs 3 [X.]B X eine Verjährungsfrist von 30 Jahren in Gang gesetzt werden und die gesetzlich festgelegte vierjährige Verjährungsfrist ohne Bedeutung sein sollte.

Bereits seit Inkrafttreten des [X.]B X legt § 50 Abs 4 [X.]B X für den durch Verwaltungsakt festzusetzenden Erstattungsanspruch eine Verjährungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des [X.]alenderjahres fest, in dem dieser Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Dabei wollte sich der Gesetzgeber an die §§ 44, 45 [X.]B I "anlehnen" (BT-Drucks 8/2034 S 36; vgl auch B[X.] vom 28.11.2013 - [X.] [X.]R 27/12 R - B[X.]E 115, 40 = [X.] 4-2500 § 302 [X.]: "[X.]ehrseite des Leistungsanspruchs"; B[X.] vom 29.11.2017 - [X.] [X.]A 51/17 B - Rd[X.]1 mwN: "[X.]"). Zwar bringt der zeitgleich zu § 50 Abs 4 [X.]B X eingeführte § 52 [X.]B X zum Ausdruck, dass eine dreißigjährige Verjährungsfrist gelten soll, wenn ein feststellender oder durchsetzender Bescheid über die Zahlungspflicht eines Schuldners erlassen wird. In den Gesetzesmaterialien verweist der Gesetzgeber jedoch lediglich darauf, dass § 52 [X.]B X der Regelung des § 53 [X.] entspreche (vgl BT-Drucks 8/2034 S 36 mit dem Verweis auf § 53 [X.] [X.]). Dem lässt sich nicht entnehmen, dass sich der Gesetzgeber mit der Anwendbarkeit des § 52 [X.]B X auf die [X.]onstellation des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X mit deren besonderen Verjährungsregelung befasst hat.

Ein abweichendes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien zum [X.]. Durch dieses Gesetz wurde der Wortlaut des § 52 [X.]B X sowie der Parallelregelung des § 53 [X.] unter Berücksichtigung der Novellierung des bürgerlich-rechtlichen Verjährungsrechts durch das [X.] ([X.]l I 3138) angepasst und teilweise neu gefasst, indem die nach dem früheren Rechtszustand geltende Unterbrechung der Verjährung in eine Hemmung überführt werden musste. Ansonsten beabsichtigte der Gesetzgeber, die bisherige Rechtslage im Wesentlichen beizubehalten (vgl BT-Drucks 14/9007, [X.]0; Guckelberger, [X.], 2004, [X.]). Soweit in § 52 Abs 1 [X.]B X in gleicher Weise wie in die Parallelregelung des § 53 Abs 1 [X.] ergänzend aufgenommen worden ist, dass auch ein Verwaltungsakt zur Feststellung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Trägers die Verjährung hemmt, sollte die Hemmungswirkung von Verwaltungsakten auf anspruchsfeststellende Verwaltungsakte erstreckt werden, was in der verwaltungsgerichtlichen Literatur zuvor umstritten war (vgl [X.]/Schlatmann, NVwZ 2002, 1293; Sachs in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2018, § 53 Rd[X.] 48). Eine neue [X.]onzeption der §§ 50, 52 [X.]B X war hiermit nicht verbunden. Auch in den Gesetzesmaterialien kommt nicht zum Ausdruck, dass bereits der [X.] nach § 50 Abs 3 [X.]B X entgegen dem Wortlaut des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X mit einer dreißigjährigen Verjährungsfrist verbunden sein sollte (vgl BT-Drucks 14/9007, [X.]0).

dd) Ergeben sich demnach weder aus dem Wortlaut der §§ 50, 52 [X.]B X noch aus deren Regelungssystematik oder Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte für eine Nichtanwendbarkeit des § 50 Abs 4 Satz 1 [X.]B X, greift die vierjährige Verjährungsfrist. Diese gesetzlich festgelegte Verjährungsfrist ist mit Wertungen und vom Gesetzgeber beabsichtigten Wirkungen des Ausgleichs unberechtigt erlangter Vorteile in der Zeitschiene verbunden. Der Erstattungspflichtige kann sich berechtigt darauf einstellen, dass innerhalb des [X.], nicht jedoch in ferner Zukunft, ggf weitere Handlungen des Sozialversicherungsträgers zum Ausgleich der Forderungen erfolgen.

Zwar kann den Gesetzesmaterialien zu der § 52 [X.]B X entsprechenden Parallelregelung in § 53 [X.] entnommen werden, dass die Sozialleistungsträger nicht genötigt sein sollten, hinsichtlich der ihrerseits bestehenden Ansprüche noch nicht gebotene Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten oder den [X.]lageweg zu beschreiten (BT-Drucks 7/910, [X.]). Sie sollten sich durch den Erlass eines Verwaltungsakts einen Titel beschaffen können, aus dem der Anspruch dann 30 Jahre lang geltend gemacht werden kann ([X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, § 52 Rd[X.] 7, Stand Mai 2015). Für den (Teil-)Bereich der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen nach Aufhebung eines Verwaltungsakts hat der Gesetzgeber mit § 50 Abs 4 [X.]B X jedoch zeitgleich eine abweichende Regelung geschaffen. Damit hat er zugleich die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass mit einer vierjährigen Verjährungsfrist ausreichend Gelegenheit zum Gesetzesvollzug besteht. Dies entspricht auch § 76 Abs 1 [X.]B IV, wonach Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind. Hieraus ergibt sich eine Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers, die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs rechtzeitig und vollständig zu betreiben (vgl allgemein zum Grundsatz der rechtzeitigen und vollständigen Einnahmeerhebung: B[X.] vom 7.7.2000 - [X.] R 28/18 R - juris Rd[X.]4, zur Veröffentlichung in [X.] 4 vorgesehen). Vor Erlass einer Vollstreckungsanordnung (§ 3 VwVG) muss er prüfen, ob die Voraussetzungen einer Vollstreckung vorliegen (vgl zur Vollstreckung des Leistungsträgers im Einzelnen [X.], [X.]b 2018, 456 ff; vgl zur Garantenstellung der Anordnungsbehörde für eine ggf erforderliche Einstellung der Vollstreckung: B[X.] vom 25.6.2015 - [X.] [X.]/14 R - B[X.]E 119, 170 = [X.] 4-1300 § 63 [X.] 23, Rd[X.] 20). Steht fest, dass die Forderung wegen (aktueller) Zahlungsunfähigkeit nicht zum Erfolg führen wird, kann auf Antrag des Schuldners eine Stundung durch Verwaltungsakt nach § 76 Abs 2 [X.] [X.]B IV erfolgen (vgl auch B[X.] vom 7.10.2004 - B 11 [X.] 43/03 R - Rd[X.] 20 zum Stundungsantrag als Anerkennungshandlung iS des § 212 [X.]; Segebrecht in [X.]/Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B IV, 3. Aufl 2016, § 25 Rd[X.]4). In gleicher Weise wie weitere Tatbestände des [X.], auf die § 50 Abs 4 Satz 2 [X.]B X verweist, bewirkt eine vereinbarte Stundung eine Hemmung der Verjährung (§ 205 [X.]).

Gegebenenfalls können während der vierjährigen Verjährungsfrist weitere Verwaltungsakte, etwa in Form von Aufrechnungs- und Verrechnungsbescheiden (§§ 51, 52 [X.]B I), aber auch Verwaltungsakte im [X.] oder Verwaltungsvollstreckungsverfahren erfolgen (vgl B[X.] vom 15.2.1989 - 12 R[X.] 3/88 - B[X.]E 64, 289, 291 = [X.] 1300 § 44 [X.]6, Rd[X.]9; B[X.] vom 7.10.2004 - B 11 [X.] 43/03 R - juris Rd[X.] 20; vgl zu Verwaltungsakten in Form von Zwangsmaßnahmen der Vollstreckungsbehörde iS des § 53 Abs 1 [X.] Troidl in [X.]/App/Schlatmann, VwVG/[X.], 11. Aufl 2017, § 3 Rd[X.] 9), die dann nach § 52 Abs 2 [X.]B X den Übergang in eine dreißigjährige Verjährungsfrist bewirken (vgl aber auch [X.] Reutlingen vom 2.9.2020 - [X.] AS 1417/19 - juris Rd[X.] 49 ff zur nur eingeschränkten Möglichkeit zum Erlass eines [X.] in den Fallgestaltungen des § 50 [X.]B X).

e) Das [X.] ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das Schreiben der [X.]n vom 14.12.2011, das allein hinsichtlich der Festsetzung der Mahngebühr mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbunden war, nicht dazu führen konnte, dass die mit den [X.]en in Lauf gesetzte vierjährige Verjährungsfrist in eine dreißigjährige Verjährungsfrist übergegangen ist. § 52 Abs 1 [X.]B X, an den die Verjährungsfrist des § 52 Abs 2 [X.]B X anknüpft, setzt den Erlass eines Verwaltungsakts zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers voraus. Dieser Verwaltungsakt muss den Anspruch, um dessen Verjährung es geht, zumindest dem Grunde unmittelbar nach betreffen (vgl [X.] vom [X.] - 8 C 2/12 - NVwZ-RR 2013, 489).

Bei der in dem Schreiben vom 14.12.2011 als eigenständige Regelung enthaltenen Zahlungsaufforderung ohne Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht als Verwaltungsakt ergangen ist, handelt es sich jedoch lediglich um eine Mahnung iS des § 3 Abs 3 VwVG, die als unselbständige Vorbereitungshandlung zur Vollstreckungsanordnung (§ 3 Abs 4 VwVG) nicht anfechtbar ist. Mit ihr war keine weitergehende Regelungsabsicht der [X.]n im Sinne einer verbindlichen Entscheidung verbunden (vgl B[X.] vom 5.8.1997 - 11 [X.]/97 - juris Rd[X.]; B[X.] vom [X.] - B 7 [X.] 264/98 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] vom 7.10.2004 - B 11 [X.] 43/03 R - juris Rd[X.]9; [X.] vom 30.9.2002 - VII S 16/02 - juris Rd[X.] 8; vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl 2020, § 53 Rd[X.]0 sowie § 35 Rd[X.]06 mwN).

Lediglich bei der in dem Schreiben vom 14.12.2011 als weitere eigenständige Regelung enthaltenen Festsetzung der Mahngebühr in Höhe von 22,50 Euro, auf die sich die angefügte Rechtsbehelfsbelehrung allein bezieht, handelt es sich um einen Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 [X.]B X (vgl B[X.] vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/10 R - B[X.]E 108, 229 = [X.] 4-4200 § 44b [X.], Rd[X.]4). Dies macht das Mahnschreiben nicht insgesamt zu einem Verwaltungsakt iS des § 52 Abs 1 Satz 1 [X.]B X (aA offenbar [X.], info also 2019, 201, 202). Zwar kann die Festsetzung der Mahngebühr mittelbar der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs dienen, weil sie einer Mahnung Nachdruck verleiht und auf die Einleitung der Vollstreckung zielt (B[X.] vom 14.2.2018 - [X.] AS 12/17 R - B[X.]E 125, 137 = [X.] 4-4200 § 44c [X.], Rd[X.]8). Wie dies jedoch bereits in der Verortung des die Mahngebühr regelnden § 19 VwVG im Abschnitt "[X.]osten" seinen Ausdruck findet, kommt dem Mahngebührenbescheid eine Regelungswirkung nur in Bezug auf die Mahngebühr selbst zu; es wird keine den Erstattungsanspruch unmittelbar berührende Regelung getroffen. Die weitreichende Folgewirkung einer dreißigjährigen Verjährungsfrist könne jedoch nicht bereits Verwaltungsakte auslösen, die lediglich einer mittelbaren Durchsetzung des Anspruchs dienen.

4. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 11 AL 5/20 R

04.03.2021

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Mannheim, 14. August 2019, Az: S 11 AL 862/19, Urteil

§ 31 S 1 SGB 10, § 50 Abs 3 S 1 SGB 10, § 50 Abs 4 S 1 SGB 10, § 50 Abs 4 S 3 SGB 10, § 52 Abs 1 SGB 10, § 52 Abs 2 SGB 10, § 3 Abs 3 VwVG, § 3 Abs 4 VwVG, § 19 Abs 2 VwVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 04.03.2021, Az. B 11 AL 5/20 R (REWIS RS 2021, 8181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8181

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10 C 3/16

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